Strafbarkeit des Mitspielens bei Online-Casinos

Wer als Veranstalter ein Glücksspiel, worunter auch ein Online-Casino fällt, anbietet, ohne über die entsprechende staatliche Genehmigung zu verfügen, macht sich strafbar (§ 284 StGB). Auf den durch das Gambelli-Urteil des Europäischen Gerichtshof (Urt. v. 6 . November 2003 - Az.: C-243/01) ausgelösten Streit, ob es sich hierbei um eine deutsche Genehmigung handeln muss oder ob die eines anderen europäischen Staates ausreichend ist, soll hier nicht weiter eingegangen werden.

Vielmehr soll hier die Frage geklärt werden, ob und wenn ja, unter welchen Bedingungen sich der Teilnehmer eines Online-Casinos strafbar macht. Vorauszuschicken ist, dass die Betrachtung ausschließlich nach deutschem Recht geschieht. Leider existieren in diesem Bereich keinerlei internationale Abkommen, so dass jedes Land seine eigenen, speziellen Regelungen hat. Gemäß § 285 StGB wird derjenige bestraft, der an einem nicht genehmigten Glücksspiel teilnimmt. Es droht dabei eine Freiheitsstrafe von bis zu 6 Monaten.

Hier stellt sich nun die Frage, ob diese Norm für alle Online-Casinos weltweit gilt: Macht sich somit der Surfer strafbar, wenn er von Deutschland aus über das Internet bei einem ausländischen Veranstalter mitspielt? Und was ist, wenn der ausländische Veranstalter zwar über keine deutsche Genehmigung verfügt, aber über eine Konzession seines Heimatlandes? Liegt auch dann eine Straftat vor? Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgeber soll unter die §§ 284ff. StGB grundsätzlich auch jedes ausländische Online-Casino fallen, wenn es in Deutschland abrufbar ist. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass der Veranstalter sich im Ausland verstecke und die Strafvorschriften ins Leere liefen. Da von Deutschland aus jede Webseite abrufbar ist, hieße dies, dass man zu einer uferlosen Anwendung des deutschen Strafrechts kommen würde.

Daher begrenzt die Rechtsprechung anhand bestimmter Kriterien die Anwendung deutschen Rechts. In der zivilgerichtlichen Rechtsprechung hat sich inzwischen die Ansicht durchgesetzt, dass deutsches Recht nur dann zum Zuge kommen soll, wenn die Webseite (auch) in Deutschland bestimmungsgemäß abgerufen wird. Dies wird anhand bestimmter Merkmale (u.a. Sprache, Währung, Top-Level-Domain, Leistungsort) ermittelt.

In der strafgerichtlichen Rechtsprechung dagegen herrscht noch große Uneinigkeit. Eine klare Linie ist hier nur sehr schwer erkennbar. Das wichtigste Urteil ist in diesem Zusammenhang ist der Fall „Ausschwitz-Lüge“, den der BGH Ende 2000 zu beurteilen hatte (Urt. v. 12.12.2000 - Az.: 1 StR 184/00). Ein Australier hatte auf dem Fünften Kontinent eine Webseite ins Internet gestellt, auf der er den Völkermord an den Juden leugnete. Dies erfüllt nach deutschem Recht den Tatbestand der Volksverhetzung. Der BGH bejahte die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts mit dem Argument, dass die Webseiten den Internetnutzern auch in Deutschland zugänglich gemacht worden waren. Der BGH hat sich damit praktisch der Meinung des Gesetzgebers angeschlossen, dass die bloße Abrufbarkeit ausreicht, um das StGB anzuwenden.

Folgt man dieser Ansicht, hieße dies, dass sich sogar derjenige strafbar macht, der bei einem ausländischen Online-Casino teilnimmt, auch wenn das Glücksspiel im Heimatland des Veranstalters staatlich zugelassen und rechtmäßig ist. Auch käme man bei einer solchen Interpretation zu dem absurden Ergebnis, dass sich ein Teilnehmer beim Aufruf der Online-Casino-Seiten von Deutschland aus strafbar macht. Reist der Teilnehmer dagegen in das Heimatland des Online-Casinos und ruft dort die Seiten ab oder spielt gar vor Ort, geht er straffrei aus. Ein wohl nicht nachvollziehbares Ergebnis.

Der BGH hat daher zur Recht für dieses Urteil weitestgehend harsche Kritik aus der Literatur einstecken müssen. Zu recht wird den Richtern vorgeworfen, dass sie damit ausnahmslos alle Fälle, unabhängig davon, ob sie überhaupt einen inneren Bezug zur Bundesrepublik haben, deutschem Recht unterstellen. Eine solche Sichtweise verkennt den globalen Charakter des Internets. Würde nämlich jeder Staat dieser Erde einer solch uferlosen Ansicht folgen, käme es zum absoluten Chaos. Die Literatur wendet daher die aus der zivilgerichtlichen Rechtsprechung bekannten Kriterien entsprechend auf den strafrechtlichen Bereich an und überprüft, ob ein bestimmungsgemäßer Abruf vorliegt.

In der Praxis wird dieser eigentlich unhaltbare Zustand dadurch ausgeglichen, dass Verurteilungen wegen der bloßen Teilnahme an Online-Casinos praktisch so gut wie kaum vorkommen. Sollte es dennoch einmal zu staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen kommen, wird das Verfahren in aller Regel wegen der Geringe der Schuld eingestellt.