Vermittlung von Sportwetten

Verwaltungsgericht Halle

Beschluss v. 04.05.2006 - Az.: 3 B 56/06 HAL

Leitsatz

Sportwetten dürfen in Deutschland nur mit einer deutschen Lizenz angeboten oder vermittelt werden.

Tenor

In der Verwaltungsrechtssache (...) hat die 3. Kammer des Verwaltungsgericht Halle (...) beschlossen:

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Vorfahrens.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500 Euro festgesetzt

Sachverhalt

(vgl. Entscheidungsgründe)

Entscheidungsgründe

Das Rechtsschutzgesuch nach § 80 Abs. 5 VwGO, mit dem die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 03. Februar 2006 begehrt, bleibt erfolglos.

Mit dieser Ordnungsverfügung wird dem Antragsteller, der ein Geschäftslokal in der (...) unterhalt, auf Dauer untersagt, Glücksspiele - insbesondere Sportwetten - zu veranstalten, zu halten und Einrichtungen hierzu bereitzustellen, sofern auch einer sich in Sachsen-Arthalt aufhaltenden Person die Gelegenheit zur Beteiligung am Glücksspiel eröffnet wird, welches durch ein in Sachsen-Anhalt nicht nach dem Glucksspielgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (GlüG) vom 22. Dezember 2004 (GVBI S.846), geändert durch das Gesetz vom 05. Dezember 2005 (GVBI S.715) zugelassenes Wettunterehmen veranstaltet wird. Insbesondere ist von diesem Verbot das gewerbsmäßige Entgegennehmen und Vermitteln von Sportwetten sowie die Förderung oder Unterstützung solcher Tätigkeit erfasst (Ziffer 1 der Ordnungsverfügung).

Außerdem ist dem Antragsteller die Werbung für ein in Sachsen-Anhalt nicht erlaubtes Glucksspiel sowie die Förderung oder Unterstützung einer solchen Tätigkeit untersagt (Ziffer 2 der Ordnungsverfügung).

Der Antragsteller soll ferner die genannten Tätigkeiten innerhalb von spätestens 15 Tagen nach der Bekanntgabe der genannten Ordnungsverfügung einstellen und dies der Antragsgegnerin mitteilen (Ziffer 3 der Ordnungsverfügung).

Schließlich wird dem Antragsteller in dieser Ordnungsverfügung ein Zwangsgeld für den Fall der Nichteinstellung oder Wiederaufnahme der untersagten Geschäftstätigkeit in Höhe von € 5.000 angedroht.

Im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen Abwägung des privaten Verschonungsinteresses des Antragstellers mit dem öffentlichen Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung ist davon auszugehen, dass das öffentliche Vollzugsinteresse hier überwiegt, da der Widerspruch des Antragstellers gegen die genannte Ordnungsverfügung keine Aussicht auf Erfolg hat Es ist vielmehr im Rahmen der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung davon auszugehen, dass diese Ordnungsverfügung rechtmäßig ist und aus diesem Grunde den Antragsteller auch nicht in seinen Rechten verletzt. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Zunächst ist davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin die Anordnung des Sofortvollzuges in einer der Regelung des § 80 Abs. 3 VwGO genügenden Weise begründet hat.

Die Antragsgegnerin hat hierzu in nachvollziehbarer Weise darauf hingewiesen, dass sich die untersagte Geschäftstätigkeit als Straftat nach § 284 StGB und § 16 GlüG LSA darstellt und daher schon auf der Stelle zu unterbinden ist.

Der Antragsteller kann der einfachgesetzlichen Rechtslage, die die Antragsgegnerin in der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung jedenfalls im Hinblick auf den hier allein rechtlich relevanten Kern ausführlich und zutreffend dargelegt hat, nicht mit Erfolg seine im Wesentlichen auf europarechtliche Vorgaben reflektierenden Überlegungen entgegenhalten. Danach handelt es sich bei der streitbefangenen Tätigkeit um unter Strafe gestelltes Verhalten, gegen das mit der auf der Rechtsgrundlage der ordnungsrechtlichen Generalklausel des § 13 SOG LSA mit der hier gegenständlichen Ordnungsverfügung vorzugehen ist.

Zur Vermeidung von Wiederholungen kam insoweit auf die Begründung der Ordnungsverfügung verwiesen werden.

Die damit in Zusammenhang stehenden verfassungsrechtlichen Fragen hat das beschließende Gericht insbesondere unter Berücksichtigung der europarechtlichen Bezüge ausführlich unter anderem in seinem Beschluss vom 17. Januar 2005 (- 3 B 84/04 HAL -) dargestellt. Diese Darstellung hat durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (- 1 BvR 1054/01 -) Bestätigung gefunden.

Wie das beschließende Gericht bereits damals ausgeführt hat, obliegt der Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedsstaat der Europäischen Union die Rechtspflicht die Vorgaben den EuGH in seiner Entscheidung vom 06. November 2003 - Gambelli - in nationales Recht umzusetzen. Der EuGH hat in dieser Entscheidung die Möglichkeiten der Umsetzung aufgezeigt Es entspricht im Übrigen der besonderen Eigenart des europäischen Gemeinschaftsrechts, dass Gemeinschaftsrecht im Regefall der Umsetzung (Transformation) in nationales Recht bedarf.

Die Mitgliedsstaaten haben hierbei die Möglichkeit, den besonderen Umständen, die sich nach der jeweiligen nationalen Rechtsordnung stellen, durch entsprechend angepasste Transformationsfegelungen zu entsprechen.

Mit dem Antragsteller ist zwar davon auszugehen, dass die Bundesrepublik Deutschland in der Pflicht steht, den vom beschließenden Gericht in seinem Beschluss vom 17. Januar 2005 dargestellten "State of Compliance" mit den Vorgaben des EuGH insbesondere in der genannten Gambelli-Entscheidung zu erreichen.

Aus dieser Entscheidung ergibt sich allerdings nicht, dass der EuGH diese Compliance im Sinne einer Transformation "auf der Stelle* anordnen wollte. Die Einzelstaaten müssen zwar - im Sinne eines weiteren europarechtlichen Terminus - die Compliance zwar "in due courae", also angemessener Zeit erreichen, können aber die im nationalen Recht - sei es in Rechtsnormen oder in der Rechtstradition vorhandenen Mittel für die Regelung von Übergangszuständen einsetzen.

Von diesen Möglichkeiten hat das Bundesverfassungsgericht in der genannten Entscheidung Gebrauch gemacht, indem es für die auch seiner Auffassung nach unbestrittene Pflicht zur Transformation der Vorgaben des EuGH entsprechend der ständigen Rechtsprechung eine den tatsächlichen Erfordernissen entsprechende und hinreichend lange Übergangsfrist eingeräumt hat.

Ob diese recht großzugig bemessen ist oder nicht, kann dahingestellt bleiben, da nicht erkennbar ist, dass das Bundesverfassungsgericht diese Umsetzungsfrist außerhalb der ihm insoweit zustehenden Prärogative festgelegt hat.

Der Antragsteller hat zu akzeptieren, dass das Bundesverfassungsgericht mit der genannten Entscheidung eine letztverbindliche Rechtslage im Sinne einer "causa finita" geschaffen hat und dass die hier gegenständliche Tätigkeit jedenfalls bis auf weiteres verboten und mit Strafe bedroht ist.

Wie das Land Sachsen-Anhalt im Übrigen der bestehenden Pflicht zur Compliance nunmehr nachkommt, muss dem Landesgesetzgeber überlassen bleiben. Angesichts der soeben erst begonnenen Anpassungsfrist, die das Bundesverfassungsgericht gesetzt hat, kann gegenwärtig keine Rede davon sein, dass bereits der Nachweis einer Noncompliance wegen noch nicht implementierter Anpassungsregelungen geführt werden kann.

Vor allem kann der Antragsteller nicht mit seinen (abweichenden) Vorstellungen Einfluss auf die Beantwortung der Frage nehmen, ob sein hier gegenständliches Verhalten verboten und unter Strafe gestellt ist. Falls der Antragsteller danach strebt, die streitbefangene Tätigkeit in rechtmäßiger Weise auszuüben, kann danach nur im Rahmen des Verfahrens nach § 3 GlüG LSA durch Stellung eines entsprechenden Antrages gestrebt werden.

Aus den genannten Erwägungen besteht auch kein Anlass für die vom Antragsteller gewünschte Befassung des EuGH.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 62 Abs. 2, 53 Abs. 3 Ziff. 2 GKG n. F. in Verbindung mit Ziff. 1.6.2. 36.1 und 54 des Streitwertkataloges 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, wobei das angedrohte Zwangsgeld im vorliegenden Form bei der Streitwertfestsetzung außer Betracht bleibt und der hier anzusetzende Betrag zu halbieren war, weil die Beteiligten im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes streiten.