Verfassungsmäßigkeit des deutschen Sportwetten-Monopols
Leitsatz
Ein staatliches Monopol für Sportwetten ist mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG nur vereinbar, wenn es konsequent am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichtet ist.
Tenor
In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde (...)gegen a) das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. März 2001 - BVerwG 6 C 2.01 -,
b) das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. August 2000 - 22 B 00.1833 –hat das Bundesverfassungsgericht - Erster Senat - (...) aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8. November 2005 durch Urteil für Recht erkannt:
1. Es ist nach Maßgabe der Gründe mit Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, dass nach dem Gesetz über die vom Freistaat Bayern veranstalteten Lotterien und Wetten (Staatslotteriegesetz) vom 29. April 1999 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 226) in Bayern Sportwetten nur vom Freistaat Bayern veranstaltet und nur derartige Wetten gewerblich vermittelt werden dürfen, ohne das Monopol konsequent am Ziel der Bekämpfung der Suchtgefahren auszurichten.
2. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten unter Beachtung der sich aus den Gründen ergebenden verfassungsrechtlichen Vorgaben bis zum 31. Dezember 2007 neu zu regeln.
3. Bis zu einer Neuregelung darf das Staatslotteriegesetz nach Maßgabe der Gründe weiter angewandt werden.
4. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen.
5. Der Freistaat Bayern hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.
Sachverhalt
(vgl. Entscheidungsgründe)
Entscheidungsgründe
A.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft das Veranstalten und Vermitteln von Sportwetten, bei denen sich der Veranstalter gegenüber den einzelnen Wettteilnehmern für den Fall der richtigen Voraussage des Ergebnisses eines zukünftigen Sportereignisses zur Vervielfachung des Wetteinsatzes mit einer festen Gewinnquote verpflichtet.
I.
Wetten auf den Ausgang von Sportereignissen gibt es einerseits nach dem Totalisatorprinzip, bei dem ein Teil der Wetteinsätze unter den Gewinnern mit den jeweils richtigen Ergebnissen aufgeteilt wird, wie dies etwa beim herkömmlichen Fußballtoto der Fall ist. Davon unterscheiden sich Wetten nach dem Buchmacherprinzip (Oddset-Wetten), bei denen so genannte "odds" gesetzt werden, indem der Veranstalter eine feste Gewinnquote festlegt, die er dem Gewinner auf jeden Fall auszahlen muss, wenn ein oder mehrere Sportereignisse ein bestimmtes Ergebnis haben. Solche Wetten sind im Pferdesport seit längerem bekannt. Sie werden in Deutschland nach dem als Bundesrecht fortgeltenden und vom Bundesgesetzgeber mehrfach geänderten Rennwett- und Lotteriegesetz vom 8. April 1922 (RGBl I S. 335, 393) von konzessionierten gewerblichen Buchmachern angeboten. Im Ausland gibt es solche Wetten auch auf andere Sportarten und Ereignisse. Auf der Grundlage eines im Jahre 1990 liberalisierten, aber nur bis zur Wiedervereinigung geltenden Gewerberechts wurden durch Behörden der Deutschen Demokratischen Republik einige wenige Erlaubnisse für das gewerbliche Anbieten von Sportwetten erteilt. Seitdem existiert ein gewerbliches Sportwettenangebot auch in Deutschland. Seit dem Jahre 1999 bieten die im Deutschen Lotto- und Totoblock zusammengeschlossenen Lotterieunternehmen der Länder die Sportwette ODDSET an und vertreiben sie über die Lotto-Annahmestellen sowie über das Internet.
II.
1.
Das Bundesrecht stellt unerlaubtes öffentliches Glücksspiel in § 284 StGB unter Strafe. Nach dessen Absatz 1 wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer "ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt". Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird nach § 284 Abs. 4 StGB außerdem bestraft, wer für ein öffentliches Glücksspiel wirbt.
Außer für Wetten bei öffentlichen Leistungsprüfungen für Pferde, die nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung und sonstiger gewerberechtlicher Vorschriften vom 24. August 2002 (BGBl I S. 3412, 3420) erlaubt werden können, kennt das Bundesrecht keine weiteren Tatbestände, aufgrund derer eine die Strafbarkeit nach § 284 Abs. 1 StGB ausschließende Erlaubnis erteilt werden kann.
2.
Im Anschluss daran erlauben die Länder auf landesgesetzlicher Grundlage die Veranstaltung von Lotterien und Wetten durch den Staat oder von ihm beherrschte Unternehmen in Privatrechtsform. In Bayern ist dies durch das Gesetz über die vom Freistaat Bayern veranstalteten Lotterien und Wetten (Staatslotteriegesetz) vom 29. April 1999 (BayGVBl S. 226) geschehen, das ausweislich seines Artikels 1 für die Veranstaltung von Glücksspielen durch den Freistaat Bayern gilt (Abs. 1), sofern es sich nicht um Wetten nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz, den Betrieb einer Spielbank oder von der Süddeutschen Klassenlotterie veranstaltete Lotterien handelt (Abs. 2).
Gemäß Art. 2 des Staatslotteriegesetzes veranstaltet der Freistaat Bayern Glücksspiele in Form von Lotterien und Wetten (Abs. 1) einschließlich von Zusatzspielen (Abs. 2), deren Art, Form und Umfang vom Staatsministerium der Finanzen bestimmt (Abs. 3) und die von der Staatlichen Lotterieverwaltung als einer staatlichen Einrichtung ohne eigene Rechtspersönlichkeit im Geschäftsbereich dieses Ministeriums durchgeführt werden (Abs. 4). Nach Absatz 5 kann die Staatliche Lotterieverwaltung mit Zustimmung des Ministeriums die Durchführung von Glücksspielen auf eine juristische Person des Privatrechts übertragen, soweit der Freistaat Bayern deren alleiniger Gesellschafter ist und die juristische Person der Kontrolle des Ministeriums unterliegt.
Die weiteren Regelungen des Staatslotteriegesetzes betreffen neben der gewerblichen Vermittlung der vom Freistaat Bayern veranstalteten Glücksspiele durch Annahmestellen (Art. 3) die amtlichen Spielbedingungen und die Aufteilung des Spielkapitals (Art. 4) sowie die gemeinsame Veranstaltung und Durchführung von Glücksspielen mit anderen Ländern (Art. 5).
3.
Durch den am 1. Juli 2004 in Kraft getretenen Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland (BayGVBl 2004, S. 230; im Folgenden: Lotteriestaatsvertrag) haben die Länder einen bundesweit einheitlichen Rahmen für die Veranstaltung, Durchführung und gewerbliche Vermittlung von Glücksspielen mit Ausnahme von Spielbanken geschaffen. Nach § 1 des Lotteriestaatsvertrags ist es Ziel des Vertrags,
1. den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken, insbesondere ein Ausweichen auf nicht erlaubte Glücksspiele zu verhindern,
2. übermäßige Spielanreize zu verhindern,
3. eine Ausnutzung des Spieltriebs zu privaten oder gewerblichen Gewinnzwecken auszuschließen,
4. sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß und nachvollziehbar durchgeführt werden und
5. sicherzustellen, dass ein erheblicher Teil der Einnahmen aus Glücksspielen zur Förderung öffentlicher oder steuerbegünstigter Zwecke im Sinne der Abgabenordnung verwendet wird.
Zu diesem Zweck schreibt § 4 des Lotteriestaatsvertrags vor:
Allgemeine Bestimmungen
(1) Die Veranstaltung, Durchführung und gewerbliche Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen muss mit den Zielen des § 1 in Einklang stehen.
(2) Die Veranstaltung, Durchführung und gewerbliche Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen darf den Erfordernissen des Jugendschutzes nicht zuwiderlaufen. Die Teilnahme von Minderjährigen ist unzulässig.
(3) Art und Umfang der Werbemaßnahmen für Glücksspiele müssen angemessen sein und dürfen nicht in Widerspruch zu den Zielen des § 1 stehen. Die Werbung darf nicht irreführend sein, insbesondere nicht darauf abzielen, unzutreffende Vorstellungen über die Gewinnchancen hervorzurufen.
(4) Die Veranstalter, Durchführer und die gewerblichen Spielvermittler haben Informationen über Spielsucht, Prävention und Behandlungsmöglichkeiten bereitzuhalten.
Im Rahmen der Ziele des Lotteriestaatsvertrags obliegt den Ländern gemäß § 5 die ordnungsrechtliche Aufgabe, ein ausreichendes Glücksspielangebot sicherzustellen (Abs. 1). Diese Aufgabe können sie auf landesgesetzlicher Grundlage selbst, durch juristische Personen des öffentlichen Rechts oder durch privatrechtliche Gesellschaften mit maßgeblicher öffentlicher Beteiligung wahrnehmen (Abs. 2). Dabei sind sie, außer im Falle der Zustimmung eines anderen Landes, auf ihr jeweiliges Landesgebiet beschränkt (Abs. 3). § 14 des Lotteriestaatsvertrags enthält zudem Anforderungen an die gewerbliche Spielvermittlung (Abs. 2) und unterstellt die Einhaltung dieser Verpflichtungen der Überwachung durch die zuständige Behörde (Abs. 3).
III.
1.
Die Beschwerdeführerin betreibt aufgrund einer Erlaubnis nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz ein Wettbüro in München, in dem sie als Buchmacherin gewerbsmäßig Wetten bei öffentlichen Leistungsprüfungen für Pferde abschließt und vermittelt. Im Juli 1997 meldete sie bei der Landeshauptstadt München eine Erweiterung ihres Gewerbes auf die Vermittlung von Sportwetten an Wettunternehmen im EU-Ausland an. Dies lehnte die Stadt im Benehmen mit dem Bayerischen Staatsministerium des Innern mit Hinweis auf das umfassende strafbewehrte Verbot öffentlichen Glücksspiels gemäß § 284 StGB ab.
Die Beschwerdeführerin erhob vor dem Verwaltungsgericht Klage gegen die Stadt mit dem Ziel einer Feststellung der Erlaubnisfreiheit der Veranstaltung von Festquoten-Sportwetten mit Ausnahme von Pferdewetten, hilfsweise der Vermittlung von Sportwetten in das EU-Ausland. Infolge eines während des Klageverfahrens gestellten Antrags auf Erlaubniserteilung, der von der Beklagten abgelehnt wurde, ergänzte sie ihren Klageantrag hilfsweise um die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Erlaubnis zur Veranstaltung oder Vermittlung von Sportwetten.
2.
Das Verwaltungsgericht wies den Feststellungsantrag als unzulässig ab, gab jedoch dem Verpflichtungsantrag insoweit statt, als es die Beklagte zur Neubescheidung des Antrags auf Erlaubniserteilung unter Beachtung seiner Rechtsauffassung verpflichtete (SpuRt 2001, S. 208). Im Wesentlichen stützte es sich dabei auf die Erwägung, dass über den Antrag der Beschwerdeführerin aufgrund von Art. 12 Abs. 1 GG nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden sei, da es an einer - landesrechtlichen - Regelung des Berufs des Sportwettunternehmers fehle. Unter den Voraussetzungen der Zuverlässigkeit der Beschwerdeführerin sowie der Gefahrlosigkeit der Betätigung, die von der Beklagten festzustellen seien, sei eine Unbedenklichkeitsbescheinigung zu erteilen.
3.
Der Verwaltungsgerichtshof wies die Klage auf die Berufung des Vertreters des öffentlichen Interesses unter Zurückweisung der Berufung der Beschwerdeführerin insgesamt ab (GewArch 2001, S. 65).
Der begehrten Feststellung stehe entgegen, dass die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten mit festen Gewinnquoten in Bayern verboten seien. Zwar sehe das bayerische Landesrecht, insbesondere das Staatslotteriegesetz, ausdrücklich weder ein dahingehendes Verbot noch eine Erlaubnispflicht vor. Das Staatslotteriegesetz lasse aber erkennen, dass der Landesgesetzgeber es bei dem entsprechenden Verbot unerlaubten öffentlichen Glücksspiels durch § 284 Abs. 1 StGB habe belassen wollen. Diese Bestimmung verbiete die Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen auch dann, wenn die in ihm angesprochene behördliche Erlaubnis für Glücksspiele, die zur Straflosigkeit führe, weder in verwaltungsrechtlichen Vorschriften des Bundes noch in solchen des Landes geregelt sei. § 284 Abs. 1 StGB enthalte ein repressives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, welches der Abwehr der mit der Ausnutzung der Spielleidenschaft der Bevölkerung verbundenen Gefahren diene.
Ebenso bleibe der Bescheidungsantrag ohne Erfolg. Die einfachgesetzliche Rechtslage in Bayern bewege sich zwar am Rande des verfassungsrechtlich Hinnehmbaren. Gleichwohl habe die Beschwerdeführerin keinen aus Art. 12 Abs. 1 GG folgenden Anspruch auf Erlaubniserteilung. Obwohl ein Vorrang der Belange der öffentlichen Sicherheit vor dem privaten Interesse an der Wahl des Berufs des Wettunternehmers nicht zwingend sei, habe der Landesgesetzgeber das Anbieten von Lotterien und Wetten dem Staat vorbehalten, da so ein Schutz vor den mit der Spielleidenschaft verbundenen Gefahren besser gewährleistet werden könne als durch die staatliche Kontrolle privater Betriebe. Dieses auf eine bestmögliche Gefahrenabwehr zielende restriktive Regelungskonzept sei durch die Zwecke des § 284 Abs. 1 StGB vorgegeben und gerechtfertigt und werde auch tatsächlich effektiv umgesetzt.
4.
Die dagegen eingelegte Revision wies das Bundesverwaltungsgericht zurück (BVerwGE 114, 92). Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs verstoße nicht gegen Bundesrecht.
Sportwetten seien Glücksspiele im Sinne des § 284 Abs. 1 StGB. Dieser sei eine Verbotsnorm für unerwünschtes, weil sozial schädliches Verhalten. Der Vorbehalt einer behördlichen Erlaubnis diene ebenfalls der Abwehr von Gefahren des Glücksspiels. Zweck der Strafandrohung des § 284 StGB sei es unter anderem, eine übermäßige Anregung der Nachfrage nach Glücksspielen zu verhindern, durch staatliche Kontrolle einen ordnungsgemäßen Spielablauf zu gewährleisten und eine Ausnutzung des natürlichen Spieltriebs zu privaten oder gewerblichen Gewinnzwecken zu verhindern. Mit dieser Zielsetzung habe der Gesetzgeber im Rahmen einer Strafrechtsreform eine Verschärfung des § 284 StGB vorgenommen.
Dem liege die Einschätzung zugrunde, dass das Glücksspiel grundsätzlich wegen seiner möglichen Auswirkungen auf die psychische (Spielsucht) und wirtschaftliche Situation der Spieler (Vermögensverlust) und seiner Eignung, Kriminalität namentlich im Bereich der Geldwäsche zu befördern, unerwünscht und schädlich sei.
Andererseits sei dem Gesetzgeber bewusst, dass der Spieltrieb nicht gänzlich unterbunden werden könne. § 284 Abs. 1 StGB biete deshalb mit der die Strafbewehrung aufhebenden behördlichen Erlaubnis ein Instrument zur Kanalisierung des Spieltriebs. Es obliege dem für das Strafrecht zuständigen Bundesgesetzgeber, im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu entscheiden, welches Verhalten er als so gefährlich einschätze, dass er es unter Androhung von Strafe verbiete. Sei ein Verhalten grundsätzlich mit Strafe bedroht, liege darin die Einschätzung begründet, dass es generell für die geschützten Rechtsgüter gefährlich sei. Die gesetzliche Einschätzung der Gefährlichkeit der Glücksspielveranstaltung stehe einem Verständnis des § 284 Abs. 1 StGB entgegen, nach dem die Norm nur eingreife, wenn Glücksspiele unter Verletzung bestehender Vorschriften über die Erlaubnisbedürftigkeit ohne Gestattung veranstaltet oder vermittelt würden. Das Verständnis des § 284 Abs. 1 StGB als Repressivverbot liege auch dem Spielbankenbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Juli 2000 - 1 BvR 539/96 - (BVerfGE 102, 197 223 f.>) zugrunde.
Das Bundesrecht lasse für die hier in Rede stehenden Glücksspiele eine Befreiung von dem Repressivverbot des § 284 Abs. 1 StGB nicht zu. Nach den irrevisiblen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs beständen auch keine landesrechtlichen Vorschriften über die Zulassung der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten mit fester Gewinnquote durch Private. Die als Landesrecht fortgeltende Verordnung über die Genehmigung öffentlicher Lotterien und Ausspielungen vom 6. März 1937 (RGBl I S. 283; BayRS 2187-3-I) regele nicht die hier umstrittenen Sportwetten. Auch das Staatslotteriegesetz enthalte keine Regelung über privat veranstaltete Sportwetten, sondern behalte die Veranstaltung solcher Wetten der Staatlichen Lotterieverwaltung vor.
Das danach in Bayern bestehende uneingeschränkte Verbot der privaten Veranstaltung und Vermittlung von Oddset-Wetten verstoße nicht gegen das Grundgesetz, namentlich nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Die gewerbliche Veranstaltung und Vermittlung von Oddset-Wetten unterfalle zwar dem Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG. Das Verbot der Oddset-Wetten sei jedoch gerechtfertigt. Beschränkungen des Grundrechts der Berufswahlfreiheit durch objektive Bedingungen für die Berufszulassung seien im Allgemeinen nur zulässig, wenn sie zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut zwingend geboten seien. Komme eine Berufsausübungsregelung - wie im Falle der Beschwerdeführerin - einer objektiven Berufszugangsregelung nahe, müsse sie mit Allgemeininteressen gerechtfertigt werden, die so schwer wögen, dass sie "den Vorrang vor der Berufsbehinderung" verdienten (BVerfGE 77, 84 106>). Im Beschluss vom 19. Juli 2000 (BVerfGE 102, 197) habe das Bundesverfassungsgericht die Anforderungen an das Gewicht, das die Gründe für eine objektive Zulassungsbeschränkung zu einem Beruf haben müssten, für den Fall des Zugangs zum Beruf des Spielbankunternehmers reduziert.
Der Gesichtspunkt der Abwehr von Gefahren, die der Bevölkerung und den Spielteilnehmern durch das öffentliche Glücksspiel drohten, erlaube selbst dann Berufszugangsbeschränkungen, wenn es zu ihrer Rechtfertigung des Schutzes überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter bedürfe. Diese Voraussetzungen seien erfüllt. Durch das öffentliche Glücksspiel drohten der Bevölkerung Gefahren. Diese beträfen das Vermögen des einzelnen Spielers und seiner Angehörigen sowie in Fällen des Vermögensverlustes mittelbar die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte und bei Spielsucht die Gesundheit des Spielers. Die Bewertung der genannten Rechtsgüter als überragend wichtige Gemeinschaftsgüter liege der Strafgesetzgebung zugrunde, wie die Verschärfung der §§ 284 ff. StGB durch das Sechste Strafrechtsreformgesetz belege. Die Einschätzung des Gesetzgebers, zur Abwehr oder doch Reduzierung der von ihm der Teilnahme am Glücksspiel beigemessenen Gefahren ein Repressivverbot zu erlassen, beruhe auf seiner Bewertung dieser Gefahren.
Von derselben Bewertung sei der bayerische Landesgesetzgeber beim Erlass des Staatslotteriegesetzes ausgegangen. Mit diesem Gesetz habe dem Wunsche der Bevölkerung nach Spielmöglichkeiten nachgegeben werden sollen. Gleichzeitig aber hätten die damit verbundenen Gefahren "Spielsucht und ihre negativen Auswirkungen wie Zerstörung der Lebensgrundlage und Beschaffungskriminalität, Manipulation, Betrug, Geldwäsche und nicht ordnungsgemäße Gewinnauszahlung durch unlautere private Glücksspielveranstalter etc." möglichst gering gehalten werden sollen.
Die gesetzgeberische Einschätzung, dass mit der Teilnahme an Glücksspielen der in Rede stehenden Art die aufgezeigten Gefahren verbunden seien, sei nicht widerlegt. Insbesondere führten die als positiv dargestellten Erfahrungen mit Pferdewetten nicht dazu, die gesetzgeberische Einschätzung der Gefahren durch sonstige Sportwetten für erschüttert zu halten. Pferdewetten bezögen sich nur auf ein enges und deshalb leichter überschaubares Sportgeschehen und seien in einer besonderen wirtschaftlichen Situation zur Bekämpfung des "Winkelbuchmachertums" der privaten Veranstaltung zugänglich gemacht worden. Erfahrungen auf diesem speziellen Sektor ließen nicht ohne weiteres Prognosen für andere Glücksspiele mit ähnlichem Ablauf zu. Das verbiete zugleich die Annahme einer unzulässigen Ungleichbehandlung von Oddset-Wettunternehmen und Buchmachern.
In Anbetracht des ihm zustehenden Beurteilungs- und Prognosespielraums habe der Landesgesetzgeber die alleinige Veranstaltung von Oddset-Wetten durch die Staatliche Lotterieverwaltung unter strafbewehrter Fernhaltung privater Anbieter als zur Abwehr der von ihm angenommenen Gefahren des Glücksspiels geeignet und erforderlich ansehen dürfen. Namentlich im Hinblick auf die in Deutschland angesichts der Neuartigkeit der Oddset-Wetten fehlenden Erfahrungen mit diesem Glücksspiel und auf das große Publikumsinteresse habe kein hinreichend gesicherter Anhalt dafür bestanden, dass eine private Veranstaltung oder Vermittlung bei einem strengen Konzessions- und Kontrollsystem ebenso gut wie die Veranstaltung in staatlicher Regie die Gefahren des Glücksspiels beherrschbar machen könnte. Das unterscheide die Situation von der dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Juli 2000 (BVerfGE 102, 197) zugrunde liegenden, die durch langjährige und positive Erfahrung mit privaten Betreibern der Spielbanken gekennzeichnet gewesen sei. Immerhin habe das Bundesverfassungsgericht auch in dieser Entscheidung die Einschätzung des Landesgesetzgebers, dass bei staatlicher Trägerschaft der Spielbanken die Kontrolle des Spielbetriebs und die Eindämmung der Spielleidenschaft besser gewährleistet seien als im Falle der Zulassung privater Veranstalter, im Grundsatz unbeanstandet gelassen.
In Übereinstimmung hiermit sei im Verfahren zum Erlass des Staatslotteriegesetzes betont worden, dass die Staatliche Lotterieverwaltung eine manipulationssichere und zuverlässige Durchführung der Glücksspiele ohne eigenes Gewinnstreben gewährleiste. Das Fehlen eines eigenen Gewinnstrebens des Veranstalters könne zur Eindämmung des Spieltriebs beitragen. Der Verwaltungsgerichtshof habe außerdem mit Recht darauf hingewiesen, dass die Eigentümlichkeit der Oddset-Wette einen besonderen Schutz des einzelnen Spielers nicht nur vor den allgemeinen Gefahren des Glücksspiels erforderlich mache, sondern auch in Bezug auf die einzelvertragliche Abwicklung, da ein für alle Spieler verbindlicher Spielplan nicht bestehe. Unter diesen Umständen könne das Verbot von Oddset-Wetten den privaten Veranstaltern oder Vermittlern aus überwiegenden Allgemeinwohlgründen auch zugemutet werden.
Allerdings werde der Gesetzgeber nach Ablauf einer gewissen Zeitspanne, in der weitere Erfahrungen mit Oddset-Wetten, auch hinsichtlich ihrer privaten Veranstaltung im Ausland, gewonnen werden könnten und müssten, zu überprüfen haben, ob seine Einschätzung über das Erfordernis der Fernhaltung privater Veranstalter und Vermittler von derartigen Glücksspielen noch durch sachgerechte Erwägungen, die namentlich auch die Grundrechtsposition potenzieller privater Interessenten einbezögen, gerechtfertigt werden könne.
Zudem bedürfe es der kritischen Überprüfung durch den Gesetzgeber, ob die Veranstaltung von Sportwetten in staatlicher Monopolregie wirklich geeignet sei, die mit Glücksspielen verbundenen Gefahren einzudämmen, wovon bei mit aggressiver Werbung einhergehender extremer Ausweitung des Spielangebots keine Rede mehr sein könne. Es werde insbesondere darauf Bedacht zu nehmen sein, dass die in § 284 StGB vorausgesetzte Unerwünschtheit des Glücksspiels nicht in einen unauflösbaren Widerspruch zum staatlichen Veranstalterverhalten gerate. Gegenwärtig sei die gesetzgeberische Bewertung aus den genannten Gründen jedoch nicht zu beanstanden.
Gemeinschaftsrecht führe zu keiner anderen Beurteilung. Allerdings unterfalle die Vermittlung von Oddset-Wetten in das zur Europäischen Gemeinschaft gehörende Ausland nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs der Regelung des Art. 49 EG-Vertrag (neu) über den freien Dienstleistungsverkehr. Die Bestimmungen des EG-Vertrags über den freien Dienstleistungsverkehr ständen indessen nationalen Rechtsvorschriften über den Vorbehalt staatlicher Veranstaltung von Wetten nicht entgegen, wenn diese Rechtsvorschriften tatsächlich durch Ziele der "Sozialpolitik", nämlich der Beschränkung der schädlichen Wirkung solcher Aktivitäten, gerechtfertigt und verhältnismäßig seien. Das sei hier der Fall.
IV.
1.
Mit ihrer gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG sowie des europäischen Gemeinschaftsrechts.
a) Bei Sportwetten mit festen Gewinnquoten handele es sich entgegen der Auslegung in den angegriffenen Entscheidungen nicht um Glücksspiele im Sinne von § 284 Abs. 1 StGB, da nicht der Zufall, sondern die Sachkenntnis der Wettenden für den Gewinn entscheidend sei. Sportwetten und Glücksspiele seien auch keine unerwünschten Betätigungen; denn der Freistaat Bayern mache Sportwetten durch das stark beworbene Anbieten der Sportwette ODDSET selbst zu einer allgegenwärtigen Alltagserscheinung. Angesichts dessen seien auch die zur Rechtfertigung des Wettmonopols angeführten Gefahren für die Bevölkerung zweifelhaft. Hinsichtlich derer habe der Gesetzgeber ohne hinreichende Ermittlung einer tragfähigen Grundlage vorschnell auf seinen Einschätzungs- und Prognosespielraum verwiesen.
Auch das Bundesverwaltungsgericht übersehe, dass es aufgrund des Rennwett- und Lotteriegesetzes durchaus langjährige positive Erfahrungen mit gewerblichen Buchmachern für Pferdewetten und deren staatlicher Kontrolle gebe und das Begehren der Beschwerdeführerin im Grunde nur auf eine Ausweitung der Buchmachertätigkeit auf andere Sportarten gerichtet sei. Eben solche Erfahrungen lägen auch aufgrund des seit 1990 in Deutschland tatsächlich stattfindenden gewerblichen Sportwettenangebots durch einige Unternehmen vor, die noch in der Deutschen Demokratischen Republik zugelassen worden seien. Schließlich würden auch im europäischen Ausland, insbesondere in Österreich, gewerbliche Wettunternehmer zugelassen. Jedenfalls sei ein großes Bedürfnis nach Wetten in Deutschland vorhanden.
b) Auch bei Vorliegen zwingender Gründe des Gemeinwohls stelle der Ausschluss gewerblicher Wettunternehmer einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit dar. Das Verbot gewerblicher Wettangebote sei zur Vermeidung der angeführten Gefahren ungeeignet, da der Bevölkerung zahlreiche Spielmöglichkeiten ausländischer Wettunternehmer im Internet zur Verfügung stünden. Der Ausschluss gewerblicher Wettunternehmer sei zudem weder erforderlich noch zumutbar. Die angeführten Gefahren resultierten nicht aus der Gewerblichkeit der Wettveranstaltung. Das Gewinnstreben gewerblicher Wettunternehmer werde zu Unrecht mit Manipulation und Unzuverlässigkeit gleichgesetzt. Es gebe keine Gründe für die Annahme, dass durch ein Wettangebot des Staates oder einer von ihm beherrschten Gesellschaft die angeführten Gefahren besser beherrscht werden könnten als durch rechtliche Regulierung und behördliche Kontrolle Privater. Vielmehr habe der Gesetzgeber mit der ausschließlichen Zulassung staatlicher Wettangebote unter vorgeblich ordnungsrechtlichen Motiven vorrangig fiskalische Interessen verfolgt.
Aus denselben Gründen sei auch Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Gewerbliche Wettunternehmen würden sowohl gegenüber staatlichen Veranstaltern als auch gegenüber nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz zugelassenen Buchmachern in verfassungswidriger Weise ungleich behandelt.
c) Entgegen der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts sei das Wettmonopol mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht unvereinbar. Der Europäische Gerichtshof halte nach seiner Entscheidung vom 21. Oktober 1999 (GewArch 2000, S. 19) ein Monopol nur dann für gerechtfertigt, wenn die mit ihm einhergehende Begrenzung in erster Linie wirklich dem Ziel der Verminderung der Gelegenheit zum Spiel diene und die Finanzierung sozialer Aktivitäten aus Glücksspieleinnahmen nur erfreuliche Nebenfolge sei, nicht aber der eigentliche Grund der restriktiven Politik. Davon könne angesichts der Allgegenwärtigkeit des staatlichen Wettangebots und des vorrangig fiskalischen Interesses des Staates an der Wettveranstaltung keine Rede sein.
d) Nach alldem könne das staatliche Wettmonopol verfassungsrechtlich keinen Bestand haben. Zur Vermeidung eines unverhältnismäßigen Eingriffs sei es verfassungsrechtlich geboten, § 284 Abs. 1 StGB verfassungskonform dahingehend eng auszulegen, dass Sportwetten mit festen Gewinnquoten nicht als Glücks-, sondern als Geschicklichkeitsspiele anzusehen und deren Veranstaltung und Vermittlung somit nicht verboten seien.
2.
Auf entsprechende Aufforderung des Bundesverfassungsgerichts hat die Beschwerdeführerin ergänzend zu den Auswirkungen des Lotteriestaatsvertrags Stellung genommen und an ihrer bisherigen Auffassung festgehalten. Der Lotteriestaatsvertrag habe die verfassungsrechtlichen Bedenken gegenüber § 284 Abs. 1 StGB, insbesondere aber gegen dessen Auslegung in den angegriffenen Entscheidungen, nicht beseitigt; denn ebenso wie das Staatslotteriegesetz enthalte er kein eigenständiges Verbot der Veranstaltung und Vermittlung von Wetten, die er überdies nicht einmal ausdrücklich erwähne. Auch nach der Regelungslage aufgrund des Lotteriestaatsvertrags werde der Beschwerdeführerin in verfassungswidriger Weise die Erteilung einer Erlaubnis vorenthalten und das bisherige System ohne die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte kritische Überprüfung weiterhin festgeschrieben.
V.
Zu der Verfassungsbeschwerde haben das Bundesministerium der Justiz namens der Bundesregierung, die Bayerische Staatsregierung, die Landesregierung Nordrhein-Westfalen, die Thüringer Landesregierung, die Landeshauptstadt München, der Deutsche Buchmacherverband Essen, die Interessengemeinschaft Freier Europäischer Buchmacher, der Verband Europäischer Wettunternehmer, der Deutsche Sportbund sowie der Fachverband Glücksspielsucht Stellung genommen.
1.
Das Bundesministerium der Justiz hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet. Hinsichtlich § 284 Abs. 1 StGB müsse zwischen dem grundsätzlichen Verbot und der Strafsanktion unterschieden werden. Ein Eingriff in die Berufsfreiheit liege zunächst darin, dass § 284 Abs. 1 StGB die Veranstaltung und - jedenfalls als Teilnahmehandlung - auch die Vermittlung von Glücksspielen grundsätzlich verbiete, sofern dies ohne vorherige behördliche Erlaubnis geschehe. Das Verbot stelle insoweit nur einen ausfüllungsbedürftigen Rahmen dar; denn § 284 StGB regele selbst nicht die Erlaubniserteilung. Eine Regelung darüber könne sich mangels einer Kompetenz des Bundes in der Sache, die sich auch nicht aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG ergebe, nur nach Landesrecht bestimmen. Das Verbot in § 284 Abs. 1 StGB stelle sich daher als materiell landesrechtsakzessorisch dar und könne als solches die Berufsfreiheit nicht verletzen.
Art und Umfang des Eingriffs ließen sich erst im Zusammenwirken mit dem Landesrecht ermitteln, in dem der eigentliche Grundrechtseingriff zu sehen sei. Die Kritik an der Ausgestaltung des staatlichen Sportwettenangebots treffe daher allein die Länder. § 284 StGB bedürfe demgegenüber nur hinsichtlich der durch ihn getroffenen Grundsatzentscheidung der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung, die eine Berufszulassungsschranke darstelle, wenn - wie es im Freistaat Bayern der Fall sei -