Die Bewerbung eines Versicherungsvertrages mit einem 50 EUR-Amazon-Gutschein ist wettbewerbswidrig, wenn dabei die Grenze des § 48b VAG überschritten wird (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 27.05.2021 - Az.: 6 U 81/20).
Die Beklagte, ein Versicherungsunternehmen, bot für den Abschluss einer Risikolebensversicherung einen Amazon-Gutschein im Werte von 50 EUR an.
Der klägerische Versicherungsvermittler bewertete dies als wettbewerbswidrig, weil damit die 15 EUR-Grenze des § 48b VAG überschritten werde:
§ 48b Sondervergütungs- und Provisionsabgabeverbot
(1) Versicherungsunternehmen und Versicherungsvermittlern im Sinne von § 59 Absatz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes ist es untersagt, Versicherungsnehmern, versicherten Personen oder Bezugsberechtigten aus einem Versicherungsvertrag Sondervergütungen zu gewähren oder zu versprechen. (...)(2) Eine Sondervergütung ist jede unmittelbare oder mittelbare Zuwendung neben der im Versicherungsvertrag vereinbarten Leistung (...), sofern sie nicht geringwertig ist. Als geringwertig gelten Belohnungen oder Geschenke zur Anbahnung oder anlässlich eines Vertragsabschlusses, soweit diese einen Gesamtwert von 15 Euro pro Versicherungsverhältnis und Kalenderjahr nicht überschreiten."
Das OLG Frankfurt a.M. Folgt der Ansicht des Klägers und verurteilte die Beklagte zur Unterlassung.
Der Wettbewerbsverstoß ergebe sich jedoch nicht automatisch aus der Höhe von 50 EUR. Denn maßgeblich sei die Zuwendung pro Kalenderjahr.
Abzustellen sei somit auf die genaue Mindestlaufzeit des Vertrages:
"Nach dem Wortlaut der Regelung ist entscheidend, dass der Gesamtwert von 15,- € pro Versicherungsverhältnis und Kalenderjahr nicht überschritten wird (...).
Das bedeutet, dass sich bei einer Mindestlaufzeit von mehreren Jahren die zulässige Sondervergütung grundsätzlich entsprechend erhöhen kann.
Gibt es jedoch die Möglichkeit, den Vertrag vor Ablauf der Mindestlaufzeit zu kündigen, dürfen nur jeweils 15,- € im jeweiligen Vertragsjahr gezahlt werden. Denn es kommt maßgeblich darauf an, für welchen Zeitraum der Versicherungsnehmer mindestens gebunden ist, nicht welche Vertragslaufzeit ursprünglich vereinbart worden ist."
Die Richter nahmen im vorliegenden Fall eine Wettbewerbsverletzung an.
Die beworbene Lehrrisikolebensversicherung konnte im vorliegenden Fall zwar nur mit einer Mindestvertragslaufzeit von fünf Jahren abgeschlossen werden. Doch könne ein Kunde zum Ende eines jeden Versicherungsjahres kündigen. Insofern würden dann bereits für das erste Versicherungsjahr eine Sondervergütung von 50 EUR bezahlt, was rechtswidrig sei.
Es liege auch keine Ungleichbehandlung gegenüber langlaufenden Versicherungsverträgen vor:
"Entgegen der Ansicht der Beklagten steht der vorgenannten Auslegung auch nicht eine ungleiche Behandlung langlaufender Lebensversicherungsverträge gegenüber anderen, kurzfristigeren Versicherungsverträgen entgegen.
Eine Ungleichbehandlung ist nicht erkennbar.
Für alle Vertragsmodelle gilt, dass pro Versicherungsjahr keine Sondervergütung über 15,- € versprochen werden darf. Das Argument der Beklagten, eine Prämie von 15,- € sei bei langfristigen Verträgen „ohne jede Attraktivität“, verfängt nicht. Die Regelung des § 48b VAG dient nicht den Interessen der Versicherungswirtschaft an möglichst wirksamen Verkaufsförderungsmaßnahmen, sondern dem Schutz der Verbraucher vor Fehlanreizen. Außerdem bleibt es der Beklagten unbenommen, eine Prämie sukzessive pro Versicherungsjahr auszuloben."