Ein per Internet-Gewinnspiel erhobenes Opt-In kann keinen Nachweis für den Werbekanal Telefon begründen (OVG Saarlouis, Beschl. v. 16.02.2021 - Az.: 2 A 355/19).
Die Klägerin war im Bereich der Versicherungsvermittlung tätig und betrieb in diesem Zusammenhang telefonische Werbeansprachen. Sie stützte sich dabei auf per Online-Gewinnspiel erhobene Einwilligungen (DOI per E-Mail).
Die Datenschutzbehörde sah hierin eine Verletzung der DSGVO und erließ eine Untersagungsverfügung, entsprechende Daten zur Telefonwerbung zu benutzen, wenn keine wirksame Einwilligung vorlag. Hiergegen wehrte sich die Klägerin vor Gericht.
In der 1. Instanz gab das VG Saarlouis (Urt. v. 29.10.2019 - Az.: 1 K 732/19) den Datenschützern Recht und wies die Klage ab, vgl. unsere Kanzlei-News v. 30.12.2019.
Das VG Saarlouis hatte klargemacht, dass das behauptete Double-Opt-In-Verfahren allenfalls eine Zustimmung zur E-Mail-Werbung dokumentieren könne, jedoch nicht zur Telefonwerbung:
"Für die Bedeutung einer Bestätigungsmail im elektronischen Double-Opt-In-Verfahren für das Einverständnis des Verbrauchers mit Werbeanrufen ist demgegenüber zu berücksichtigen, dass kein notwendiger Zusammenhang zwischen der E-Mail-Adresse, unter der der Teilnahmeantrag abgesandt wurde, und der in ihm angegebenen Telefonnummer besteht.
So kann es zahlreiche Gründe dafür geben, dass eine falsche Telefonnummer in ein Online-Teilnahmeformular eingetragen wird. Sie reichen von der versehentlichen Falscheingabe über den vermeintlich guten Dienst, eine andere Person für ein Gewinnspiel anzumelden, bis zur Angabe der elterlichen Telefonnummer durch Minderjährige.
Nicht auszuschließen ist ferner die bewusste Falscheingabe in Belästigungs- und Schädigungsabsicht oder sogar durch den tatsächlichen Inhaber der E-Mail-Adresse, um gerade nicht selbst zu Werbezwecken angerufen zu werden. Insgesamt liegt eine fehlerhafte Angabe einer Telefonnummer bei derartigen Online-Formularen keinesfalls fern."
In der Berufungsinstanz folgte das OVG Saarlouis dieser Rechtsansicht und bestätigte diesen Standpunkt.
Zusätzlich hatte die Klägerin sich als Rechtsgrund noch auf die berechtigten Interessen nach Art. 6 Abs.1 f) DSGVO berufen.
Die OVG-Richter äußern bereits erhebliche Zweifel, ob ein solcher Rückgriff aufgrund der Sperrwirkung des UWG überhaupt möglich sei. Im Ergebnis sei dies aber unerheblich, da in diesen Konstellationen in jedem Fall nicht die berechtigten Interessen der Klägerin überwiegen würden:
"Selbst wenn man aber - wie die Klägerin meint - dennoch einen Rückgriff auf Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO im Falle einer - wie vorliegend - fehlenden Einwilligung des Betroffenen grundsätzlich als möglich erachten würde, wäre ein berechtigtes Interesse der Klägerin vorliegend bereits aufgrund der wettbewerbswidrigen Verarbeitung zu verneinen.
Die Klägerin meint, mit Artikel 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO habe der europäische Gesetzgeber sich für den Weg einer flexiblen Interessenabwägung zwischen den berechtigten Interessen des Verantwortlichen und den Interessen des Betroffenen entschieden. Dies führe dazu, dass sich die Erfahrungswerte der bisherigen Praxis nur begrenzt auf die Regelungen in der DS-GVO übertragen ließen. Auch erfolge die Interessenabwägung in Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO nach einem anderen Maßstab, da nun auf andere Leitlinien zurückgegriffen werde. Durch Nennung der Direktwerbung stelle der europäische Gesetzgeber klar, dass die werbliche Datennutzung als besonders wichtiger Anwendungsfall eines berechtigten Interesses anzusehen sei. Die Datenverarbeitung sei nur noch dann ausgeschlossen, wenn die Interessen und Rechte des Betroffenen die berechtigten Interessen des Verantwortlichen überwiegen würden. Eine gleichrangige Betroffenheit der betroffenen Personen genüge nicht mehr. Sie macht weiterhin geltend, das wettbewerbsrechtliche Ergebnis ziehe gerade nicht für sich alleine die datenschutzrechtliche Zu- bzw. Unzulässigkeit der Werbemaßnahmen nach sich, sondern stelle lediglich einen von mehreren Faktoren dar."
Und weiter:
"Das überzeugt nicht. Die Klägerin verkennt, dass die Bewertungsmaßstäbe des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG, welcher der Umsetzung der Richtlinie 2002/58/EG dient, auch im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO zu berücksichtigen wären. Es ist zwar zutreffend, dass auch die Verarbeitung personenbezogener Daten für Direktwerbung ein berechtigtes Interesse nach dem Erwägungsgrund 47 DS-GVO darstellen kann. Aber auch in diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Ziele, die mit der Verarbeitung verfolgt werden, unionrechtskonform sein müssen.
Daher gilt auch in diesem Zusammenhang die Wertung des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG Geltung beanspruchen, mit der Folge, dass sich die Klägerin nicht auf ein „berechtigtes“ Interesse berufen kann. Für dieses Ergebnis spricht im Übrigen auch die Forderung, für die Auslegung des Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO als Ausgangspunkt konkret gefasste Erlaubnistatbestände aus dem nationalen Recht heranzuziehen, um dem allgemeinen Erlaubnistatbestand Konturen zu verleihen und Rechtssicherheit herzustellen.4 Dennoch begründen die von der Klägerin im Zulassungsverfahren erhobenen Einwände nicht den Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO)."
Mit anderen Worten: Man könne sich nicht eine fehlende UWG-Einwilligung durch die "Hintertür" der berechtigten Interessen nach Art. 6 Abs.1 f) DSGVO basteln.
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Die Entscheidung entspricht der herrschenden Rechtsprechung, wonach Opt-Ins, die im Wege eines DOI-Verfahrens per E-Mail erhoben wurden, keinen Nachweis für den Werbekanal Telefon darstellen können. Denn technisch sagen sie nichts darüber aus, ob der Inhaber der betreffenden E-Mail-Adresse auch Besitzer der angegebenen Rufnummer ist.
Die Löschungsanordnung der Behörde betraf daher auch nur die Nutzung der Daten zu Telefonmarketing-Zwecken, nicht zu Zwecken der E-Mail-Werbung.