VG Köln: Glücksspielrechtliche Untersagung auch bei 50 Cent-Spielen durchsetzbar

Zufallsbezogene Spiele mit einem Einsatz von 50 Cent unterfallen vollständig den glücksspielrechtlichen Regelungen und können daher verboten werden (VG Köln, Beschl. v. 31.08.2022 - Az.: 24 L 1095/22).

Die Klägerin bot Gewinnspiele mit einem Einsatz von 0,50 EUR an.

Die zuständige Behörde erließ daraufhin eine Untersagungsverfügung, weil die Regelungen des GlüStV auch bei Kleinstbeträgen anwendbar seien. 

Dagegen wehrte sich die Klägerin vor Gericht.

Ohne Erfolg. Das VG Köln stufte die behördliche Untersagungsverfügung als rechtmäßig ein:

"Entgegen der Auffassung der Antragstellerin entfällt die Glücksspieleigenschaft der auf der Internetseite angebotenen Spiele auch nicht deshalb, weil der Einsatz für eine Einzelteilnahme maximal 0,50 EUR pro Spiel, bei Abschluss eines Monatsabos auf das einzelne Spiel gerechnet 9 Cent betrage und die tägliche Teilnahme derzeit auf zehn Spiele und damit 5,00 EUR begrenzt sei. Ihr Einwand, der ordnungsrechtliche Begriff des Glücksspiels könne nicht weitergehen als der Glücksspielbegriff des § 284 Strafgesetzbuch (StGB), weshalb wie im Strafrecht hinsichtlich des verlangten Entgelts von einer Unerheblichkeitsschwelle ausgegangen werden müsse, greift nach summarischer Prüfung nicht durch.

(aa.) Zunächst lässt sich dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2021 keinerlei „Bagatellgrenze“ bzw. „Erheblichkeitsschwelle“ entnehmen. Danach liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt.

Mit der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV haben die Landesgesetzgeber des Glücksspielstaatsvertrages eine eigene Definition normiert und dabei von der Aufnahme einer Erheblichkeitsschwelle abgesehen. Der Wortlaut umfasst „jegliches“ Entgelt, das für den Erwerb einer Gewinnchance verlangt wird. Der Gesetzgeber des Glücksspielstaatsvertrages hat auch ansonsten den Begriff des „Entgelts“ selbst nicht definiert. Nach allgemeiner Bedeutung des Begriffs ist unter einem „Entgelt“ grundsätzlich jede Gegenleistung zu verstehen.

Etwas anderes folgt auch nicht nach einer weiteren Auslegung.

(bb.) Aus der amtlichen Erläuterung zum Glückspielstaatsvertrag (...) ergibt sich ebenfalls nicht, dass für die Entgeltlichkeit ein Mindestbetrag erforderlich wäre.

Dort heißt es vielmehr, dass ein Glücksspiel (nur) dann nicht vorliege, wenn ein Entgelt nicht verlangt werde.

Weiter heißt es dort: „Ein solches Verlangen ist nicht gegeben, wenn neben einer entgeltlichen Teilnahmemöglichkeit (z.B. Mehrwertdienst) eine gleichwertige, praktikable und unentgeltliche Alternative - z.B. durch Postkarte, E-Mail oder via Internet - zur Teilnahme an demselben Spiel angeboten wird“. Dadurch hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass er eine Spielteilnahme bei Gewinnspielen über Telefonmehrwertdienste - und zwar unabhängig von der Höhe der Mehrwertdienstgebühren - bei überwiegendem Zufallselement als Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages ansieht. Kein Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages ist somit nur dann gegeben, wenn ausschließlich für die Übermittlung der Erklärung des Spielteilnehmers Beförderungskosten, aber nicht darüber hinaus Kosten für den Telefonmehrwertdienst anfallen, oder eine unentgeltliche Alternative im oben beschriebenen Sinne angeboten wird, vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 7. März 2012      - 10 CS 10.1347 -, juris Rn. 23."

Und weiter:

"Darüber hinaus sprechen der Sinn und Zweck des Glückspielstaatsvertrages ebenfalls dafür, auch Kleinstbeträge nicht von dessen Anwendungsbereich auszunehmen, denn dieser ist auf eine präventive Verhinderung von Gefahren ausgerichtet und damit dem Gefahrenabwehrrecht zuzuordnen.

Deshalb werden die öffentlichen entgeltlichen Glücksspielangebote einem Erlaubnisvorbehalt unterstellt, vgl. § 4 Abs. 1 GlüStV 2021. Hierdurch kann etwa bereits im Vorfeld unterbunden werden, dass das Veranstalten des Glücksspiels den Zielen des § 1 GlüStV 2021 zuwider läuft. Demgegenüber lässt sich die strafrechtliche Erheblichkeitsschwelle mit der Ultima Ratio des Strafrechts begründen.

Im Strafrecht wird stets an eine in der Vergangenheit liegende Rechtsgutverletzung angeknüpft, wobei nur ausgewählte Verhaltensweisen pönalisiert werden. Aus diesen unterschiedlichen Zwecksetzungen heraus ist es nicht angezeigt, eine teleologische Reduktion des Tatbestands vorzunehmen, die in einschränkender Weise ein Einschreiten verhindern soll, da entscheidend die präventive Verhinderung von Gefahren ist. Damit bleibt vor dem Hintergrund der Effektivität der Gefahrenabwehr kein Raum für eine Erheblichkeitsschwelle,"