Vermittlungen von Sportwetten
Leitsatz
1. Nach Maßgabe der Gründe der Entscheidung des BVerfG vom 28.3.2006 (NJW 2006, 1261) verstößt §284 StGB bei Beachtung der durch das BVerfG gemachten Vorgaben auch für die Übergangszeit weder gegen das Grundgesetz noch gegen Gemeinschaftsrecht in der durch den EuGH in der Entscheidung vom 26.11.2003 (GewArch 2004, 30 - Gambelli) vorgenommenen Auslegung.
2. Nach Maßgabe der Gründe der Entscheidung des BVerfG vom 28.3.2006 (NJW 2006, 1261) dürfen das gewerbliche Veranstalten von Sportwetten durch private Wettunternehmen und die Vermittlung von Sportwetten, die nicht vom Freistaat Bayern veranstaltet werden, bei Beachtung der durch das BVerfG gemachten Vorgaben auch für die Übergangszeit weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden. Dies gilt auch für die grenzüberschreitende Vermittlung von Sportwetten in das EU-Ausland an einen dort konzessionierten Veranstalter.
3. Das BVerfG hat die seinem Kammerbeschluss vom 27.4.2005 (GewArch 2005, 246) zugrunde liegende rechtliche Beurteilung, wonach erhebliche Zweifel an der gemeinschaftsrechtlichen Vereinbarkeit des § 284 StGB nicht ausgeschlossen werden könnten und die Begründung des Sofortvollzugs von Untersagungsverfügungen daher über die Strafbarkeit nach § 284 StGB hinausgehende Feststellungen für eine konkrete Gefahr im Einzelfall erfordere, in der Senatsentscheidung vom 28.3.2006 (NJW 2006, 1261) ersichtlich nicht aufrecht erhalten.
Tenor
In der Verwaltungsstreitsache (...) erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 22. Kammer, (...) ohne mündliche Verhandlung
am 11. Mai 2006 folgenden Beschluss:
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 10.000,00 € festgesetzt.
Sachverhalt
(vgl. Entscheidungsgründe)
Entscheidungsgründe
I.
Der Antragsteller meldete bei der zuständigen Gemeinde am 18. Januar 2006 die Ausübung der Tätigkeit "Callshop, Telefon- und Internetdienste, Verkauf von alkoholfreien Getränken, Vermittlung von Sportwetten" in der Betriebsstätte (...) ab dem 24. Januar 2006 an. Die Kriminalpolizeiinspektion (...) führte am 6. März 2006 eine Kontrolle der Betriebsstätte durch.
Dabei gab der Antragsteller an, als Betreiber des Wettbüros Sportwetten für den Wettanbieter (...) auf Malta, dem eine maltesische Lizenz erteilt worden sei, zu vermitteln. Die KPI (...) stellte fest, dass es sich bei (...) um eine Marke der Firma (...) Ltd., Malta, handelt. Ein Vermittlungsvertrag mit (...) wurde nicht vorgelegt. Der Antragsteller wurde laut Aktenvermerk der KPI (...) auf die Strafbarkeit der Vermittlung von Sportwetten ohne behördliche Erlaubnis hingewiesen. Die in der vorgelegten Behördenakte befindlichen Wettscheine und Wettlisten haben den Aufdruck "(...) Sportwetten".
Mit Bescheid vom 10. April 2006 untersagte das Landratsamt (...) dem Antragsteller die Annahme, Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten in der Betriebsstätte (...) in (...) und ordnete die Einstellung des Betriebs spätestens mit Ablauf des auf den Tag der Zustellung des Bescheides folgenden Tages an, drohte für den Fall der Nichterfüllung dieser Verpflichtung ein Zwangsgeld in Höhe von € 10.000,- an und erklärte die getroffenen Verfügungen für sofort vollziehbar.
Auf die Begründung des Bescheides wird verwiesen.
Mit Schreiben vom 13. April 2006 ließ der Antragsteller gegen diesen Bescheid Widerspruch einlegen.
Am 13. April 2006 ließ der Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgericht München beantragen, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom heutigen Tag gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 10.4.2006 wiederherzustellen.Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen: Der Bescheid sei offensichtlich rechtswidrig und könne daher ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung nicht begründen. Die Tätigkeit des Antragstellers und des Wettanbieters bewege sich im Schutzbereich der europarechtlich garantierten Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 EG und sei von der dem Anbieter erteilten maltesischen Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten gedeckt.
Die Tätigkeit des Antragstellers sei aufgrund europarechtlicher Vorschriften erlaubnisfrei zulässig.
Hierfür wurde auf eine Reihe verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen verwiesen, in denen die Gerichte Vermittlern, die Wetten an Buchmacher aus dem EU-Ausland vermittelten, die Tätigkeit vorläufig erlaubt hätten. Das bayerische Sportwetten recht erlaube Wettanbietern aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union nicht, auch in Bayern als Wettanbieter tätig zu sein, das bayerische Recht sehe ein Monopol für staatliche oder staatlich kontrollierte Anbieter vor. Dieser Eingriff in die garantierte Dienstleistungsfreiheit sei nicht gerechtfertigt.
Er erfolge weder unter ordnungsrechtlichen Gesichtspunkten, noch sei er auf das erforderliche Maß beschränkt. Das EU-Recht genieße Anwendungsvorrang. Eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit sei nach der Rechtsprechung des EuGH nur zulässig, wenn diese aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt sei. Nicht zu diesen zwingenden Gründen des Allgemeinwohls gehöre das fiskalische Interesse des Staates an der Erzielung von Steuer- oder sonstigen Einnahmen für die Staatskasse. Beschränkungen müssten kohärent und systematisch