Vermittlung von Sportwetten; Werbung für Sportwetten im Internet

Verwaltungsgericht Aachen

Urteil v. 20.12.2007 - Az.: 8 K 110/07

Leitsatz

1. Die Werbung für private Sportwetten im Internet ist rechtswidrig.

2. Das staatliche Glücksspiel-Monopol ist mit dem EU-Recht vereinbar.

Tenor

1. Ziffer 3 der Allgemeinverfügung der Beklagten vom 22. Mai 2006 wird - klarstellend - aufgehoben, soweit sie den Kläger betrifft.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Sachverhalt

Der Kläger wendet sich gegen die Untersagung von Werbung für Sportwetten im Internet. Der Kläger war Veranstalter der "(…)" ("(…)") in der Zeit vom (…) bis (…) in (…). Sponsor der Veranstaltung war unter anderem das Unternehmen "(…)" (später "(…)") - eine 100 %ige Tochtergesellschaft des Konzerns "(…)", das Sportwetten vor allem im Internet anbietet und eigenen Angaben nach im Besitz einer gibraltaischen Erlaubnis zur Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten ist. Auf der Internetseite des Klägers (…), auf der sämtliche Informationen im Zusammenhang mit den Weltmeisterschaften abrufbar sind, war im Rahmen der Aufstellung der Sponsoren das Logo "(…)" mit Verlinkung auf die Homepage des Unternehmens (…) eingestellt.

Mit Allgemeinverfügung vom 22. Mai 2006, öffentlich bekannt gemacht im Amtsblatt für den Regierungsbezirk Düsseldorf vom 1. Juni 2006, untersagte die Beklagte die Werbung für Sportwetten, die nicht von der Westdeutschen Lotterie GmbH & Co OHG (WestLotto) angeboten werden, im Internet auf der Homepage eines Internetanbieters mit Sitz in Nordrhein-Westfalen und setzte eine Frist von zwei Wochen ab Bekanntgabe der Verfügung, innerhalb der die Werbung einzustellen war (Ziffer 1). Gleichzeitig ordnete sie die sofortige Vollziehung der Maßnahme an (Ziffer 2) und drohte für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,- EUR an (Ziffer 3).

Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, Werbung im Internet für in Nordrhein-Westfalen unerlaubte Sportwettenangebote privater Wettunternehmer verstoße gegen § 11 Abs. 1 Satz 2 des Mediendienste-Staatsvertrags (MDStV), weil damit gegen § 284 Abs. 4 des Strafgesetzbuchs (StGB) und § 1 Abs. 1 des Sportwettengesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (SportwettenG NRW) als Vorschriften der allgemeinen Gesetze verstoßen werde.

Nach § 284 Abs. 4 i.V.m. 1 StGB mache sich strafbar, wer für ein öffentliches Glücksspiel werbe, das ohne behördliche Erlaubnis veranstaltet oder abgehalten werde. Sportwetten seine Glücksspiele im Sinne dieser Bestimmung. Bei Sportwettenangeboten im Internet werde unerlaubtes Glückspiel an allen Orten veranstaltet, an denen auf das Internet zugegriffen werden könne, also überall im In- und Ausland, und damit auch in Nordrhein-Westfalen.

Genehmigungen, die Wettunternehmen zur Veranstaltung von Sportwetten von anderen Bundesländer oder nach dem Gewerberecht der Deutschen Demokratischen Republik oder von Behörden eines Mitgliedstaates der Europäischen Union erteilt worden seien, entfalteten in Nordrhein-Westfalen keine Wirkung und legitimierten damit weder das Veranstalten von Sportwetten in Nordrhein-Westfalen noch die Werbung für solche Sportwettenveranstalter durch Anbieter von Internetinhalten mit Sitz in Nordrhein-Westfalen.

Die Zuständigkeit für die Zulassung von Wettunternehmen im Bereich der Sportwetten liege allein bei den Bundesländern. Nach der in Nordrhein-Westfalen geltenden Rechtslage bedürfe jeder Wettunternehmer, der Sportwetten veranstalten wolle, einer Erlaubnis. Diese könne jedoch nur juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder juristischen Personen des Privatrechts, deren Anteile überwiegend juristischen Personen des öffentlichen Rechts gehörten, erteilt werden. "Rein" private Sportwettenveranstalter seien daher von einer Genehmigungserteilung generell ausgeschlossen.

Der Kläger erhob gegen die Allgemeinverfügung am 30. Juni 2006 Widerspruch.

Als die Beklagte anlässlich einer Überprüfung am 29. August 2006 feststellte, dass der Kläger nach Ablauf der mit der Allgemeinverfügung gesetzten Frist auf seinem Internetauftritt (…) weiterhin das Sportwettenangebot des Unternehmens "(…)" mit dessen Logo "(…)" bewarb, setzte sie mit Ordnungsverfügung vom gleichen Tag das in der Allgemeinverfügung angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 2.000,- EUR fest und drohte für den Fall einer erneuten Zuwiderhandlung gegen die Allgemeinverfügung vom 22. Mai 2006 ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 5.000,- EUR an. Auch hiergegen erhob der Kläger unter dem 28. September 2006 Widerspruch. Er entfernte allerdings das Logo "(…)" von seiner Internetseite.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 28. Dezember 2006, dem Kläger zugestellt am 2. Januar 2007, wies die Beklagte beide Widersprüche zurück. Hinsichtlich der Allgemeinverfügung vom 22. Mai 2006 führte sie zur Begründung ergänzend aus, die Firma "(…)" ((…)), besitze keine Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten in Nordrhein-Westfalen nach dem Sportwettengesetz NRW. Daher verstoße die Werbung des Klägers für das Sportwettenangebot dieser Firma auf seinem Internetauftritt (…) gegen § 284 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 StGB und damit auch gegen § 11 Abs. 1 Satz 2 MDStV.

Bei den Sportwetten der von dem beworbenen Unternehmen veranstalteten Art handle es sich um u.a. in Nordrhein-Westfalen unerlaubte Glücksspiele im Sinne des § 284 StGB. Die (Fort-)Geltung des § 284 StGB habe das Bundesverfassungsgericht in seiner Grundsatzentscheidung zum staatlichen Sportwettenmonopol nicht in Frage gestellt. Zwar habe es festgestellt, dass das Staatsmonopol für Sportwetten in seiner derzeitigen Ausgestaltung gegen Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verstoße, weil es nicht konsequent an dem Ziel der Bekämpfung der Suchtgefahren und der Begrenzung der Wettleidenschaft ausgerichtet sei.

Das Bundesverfassungsgericht habe jedoch davon abgesehen, die Vorschriften über das staatliche Wettmonopol und dessen Durchsetzung für nichtig zu erklären. Vielmehr habe es die bisherige Rechtslage für eine Übergangszeit bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, für die es eine Frist bis zum 31. Dezember 2007 gesetzt habe, mit bestimmten, auf die Bekämpfung der Wettsucht gerichteten Maßnahmen für weiter anwendbar erklärt und ausdrücklich hinzugefügt, dass das gewerbliche Veranstalten von Wetten durch private Wettunternehmen und die Vermittlung von Wetten, die nicht von den Ländern bzw. den öffentlich-rechtlichen Wetteinrichtungen veranstaltet würden, weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden dürften.

Gemeinschaftsrechtliche Bedenken gegen die Untersagung der Werbung für private Sportwettenveranstalter, die in einem anderen Mitgliedstaat er Europäischen Union ansässig seien, bestünden ebenfalls nicht. Abzustellen sei diesbezüglich nicht auf die als verfassungswidrig erkannte gesetzliche Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols, sondern auf die vom Bundesverfassungsgericht verbindlich festgelegte Übergangsrechtslage.

Der Kläger hat am 29. Januar 2007 sowohl gegen die Allgemeinverfügung vom 22. Mai 2006 (8 K 110/07) als auch gegen die Ordnungsverfügung vom 29. August 2006 - Zwangsgeldfestsetzung und Zwangsgeldandrohung - (8 K 86/07) Klage erhoben. Das Verfahren betreffend die Ordnungsverfügung vom 29. August 2006 (8 K 86/07) wurde mit Beschluss vom 28. November 2007 eingestellt, nachdem die Beklagte die Verfügung mit Schriftsatz vom 8. November 2007 aufgehoben hatte.

Zur Begründung der vorliegenden Klage gegen die Allgemeinverfügung vom 22. Mai 2006 führt der Kläger im Wesentlichen aus, das deutsche Sportwetten-Monopol verstoße gegen zwingendes und vorrangig anwendbares Gemeinschaftsrecht. Die auf § 284 Abs. 1 StGB i.V.m. § 1 Abs. 1 SportwettenG NRW beruhende Strafbarkeit der Veranstaltung von Sportwetten durch private Wettunternehmen sei nicht vereinbar mit der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit nach Art. 43 und 49 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG).

Dies führe wegen des Anwendungsvorrangs des europäischen Gemeinschaftsrechts zur Unanwendbarkeit der nationalen Rechtsnormen. Auch das - noch zweifelhafte - Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags werde die von den Gerichten kritisierte Inkohärenz der deutschen Rechtslage, nach der Lotterien und Sportwetten monopolisiert, Casinos und Automatenspiele aber privat betrieben würden, nicht auflösen.

Die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, wonach der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts mit Blick auf die mit dem Veranstalten von Sportwetten verbundenen besonderen Gefahren ausnahmsweise suspendiert sei, könne nicht überzeugen. Sie stehe im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Europäischer Gerichtshof).

Nach dessen ständiger Rechtsprechung könne nur der Europäische Gerichtshof selbst darüber entscheiden, ob die von ihm vorgenommene Auslegung des Gemeinschaftsrechts zeitlich eingeschränkt werden solle oder nicht. Dieses Vorrecht folge aus dem grundlegenden Erfordernis, das Gemeinschaftsrecht in allen Fällen einheitlich anzuwenden.

Das vom Bundesverfassungsgericht installierte nationale Übergangsrecht genüge nicht den europarechtlichen Vorgaben. Die rein tatsächliche Änderung der Sportwetten-Praxis der staatlichen Wettunternehmer ändere an dem Verstoß gegen europäisches Gemeinschaftsrecht nichts. Vorkehrungen im rein tatsächlichen Bereich könnten jederzeit wieder rückgängig gemacht werden. Aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache "Placanica" ergebe sich, dass es nicht ausreichend sei, eine gemeinschaftsrechtswidrige Rechtslage durch eine bestimmten Vorgaben angepasste Verwaltungspraxis zu modifizieren. Der Europäische Gerichtshof stelle vielmehr auf den nationalen Gesetzgeber und die von ihm erlassenen Rechtsvorschriften ab.

Auch habe der Europäische Gerichtshof in dieser Entscheidung erneut bestätigt, dass die Mitgliedstaaten jederzeit und damit auch während Übergangszeiten zur Herstellung gemeinschaftsrechtskonformer Zustände verpflichtet seien. Die deutsche Gesetzeslage zum Glücksspiel sei zudem inkohärent und deswegen mit dem Europarecht unvereinbar. Sie führe zu einem sektoralen und im Übrigen höchst widersprüchlichen Vorgehen, ohne dass dem eine konzeptionelle Gesamtschau zugrunde liege. Der Europäische Gerichtshof verlange jedoch eine kohärente und systematische Begrenzung des Glückspielsektors. Auch genüge nach der Entscheidung des EFTA-Gerichtshofs vom 14. März 2007 eine rein sektorale Betrachtungsweise den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen nicht.

Einen bestimmten Sektor außer acht zu lassen, sei allenfalls dann gerechtfertigt, wenn dieser in der gesellschaftlichen Wirklichkeit lediglich untergeordnete Bedeutung habe, insbesondere von dieser Kategorie von Glücksspiel offenkundig nur erheblich geringer zu bewertende Gefahren ausgingen und daher vernachlässigbar seien. Das sei in Deutschland jedoch nicht der Fall, da etwa 80 % der pathologisch Spielsüchtigen an gewerblichen Geldspielgeräten in Spielhallen und Gaststätten aktiv seien. Für diese Spielergruppe gäbe es laut Auskunft des Fachverbands Glückspielsucht derzeit keinen Schutz.

Auch stammten mittlerweile mehr als Dreiviertel des Ertrags, den die deutschen Spielbanken machten, aus den Automaten. Während beim sog. "Großen Spiel" an den Tischspielen einer Spielbank Personenkontrollen vorgeschrieben seien, sei dies beim sog. "Kleine Spiel" an den Automaten, wo man an einem Abend mehr als 10.000,- EUR verlieren könne, nicht der Fall. Diese Einnahmequelle wolle man sich durch Zugangskontrollen eben nicht nehmen lassen. Demgegenüber sei es bei "(…)" selbstverständlich, dass sich alle Kunden unter Vorlage ihres Ausweises legitimierten.

Daher griffen hier - anders als im staatlich verantwortetem Automatenspiel - Einsatzlimits, Gewinne und Verluste von Wettkunden seien jederzeit transparent und gäben dem Corporate-Responsibility-Team Eingriffsmöglichkeiten bei problematischem Spielverhalten. Bei den Reformbemühungen der staatlichen Glücksspielanbieter würden Kasinos und Geldspielgeräte, obwohl letztere auch nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts potentiell gefährlicher als Sportwetten seien, jedoch vollständig ausgeklammert.

Im Übrigen dienten die die Grundfreiheiten beschränkenden Glücksspielmonopol-Gesetze ungeachtet des in den Vordergrund gestellten Gemeinwohlnutzens letztlich der Erschließung von Finanzierungsquellen. Die staatlichen Lotterie-Gesellschaften würden unter Hinweis auf die Millionen-Beträge, die jährlich in die Sportförderung und Finanzierung sozialer und kultureller Zwecke fließe, massiv in der Öffentlichkeit werben. Dabei werde deutlich, dass ohne einen möglichst hohen Spieleinsatz viele Projekte nicht mehr finanzierbar wären.

Die Erzielung von hohen Einnahmen stelle daher zumindest einen gleichgewichtigen Hauptzweck und nicht mehr nur einen nützlichen Nebenzweck dar. Dies verdeutliche insbesondere die derzeitige Kampagne der staatlichen Monopolisten zur Werbung für den neuen Glücksspielstaatsvertrag, mit dem das staatliche Glücksspielmonopol fortgeschrieben werde. Schließlich seien von anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union erteilte Lizenzen zur Veranstaltung von Glückspielen anzuerkennen.

Gerade im Bereich der Dienstleistungsfreiheit sei gemeinschaftsrechtlich nämlich von einem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von Erlaubnissen auszugehen, die von einem Mitgliedstaat an dort niedergelassene Unternehmen nach entsprechenden Kontrollen erteilt worden seien. Diese Sichtweise sei unter dem Aspekt moderner Kommunikationsmöglichkeiten insbesondere im Hinblick auf Sportwettenangebote im Internet naheliegend.

Der Kläger beantragte, das Verfahren bis zu einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in den von mehreren Verwaltungsgerichten anhängig gemachten Vorabentscheidungsverfahren auszusetzen.

In der Sache beantragt der Kläger - sinngemäß - schriftsätzlich, die Allgemeinverfügung der Beklagten vom 22. Mai 2006 und ihren Widerspruchsbescheid vom 28. Dezember 2006 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt sie Bezug auf die Gründe der angefochtenen Allgemeinverfügung und des Widerspruchsbescheides.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung der Kammer ohne mündlichen Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten.

Entscheidungsgründe

Die Klage, über die die Kammer im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (vgl. § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -), hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

A.

Soweit die Klage sich gegen die Ziffer 1 der Allgemeinverfügung der Beklagten vom 22. Mai 2006 richtet, ist sie zulässig, jedoch unbegründet.

I.

Die Anfechtungsklage gegen die in Ziffer 1 der Allgemeinverfügung enthaltene Untersagung von Werbung für Sportwetten im Internet, die nicht von der Westdeutschen Lotterie GmbH & Co OHG angeboten werden, ist zulässig.

Insbesondere ist der Kläger als Adressat der Allgemeinverfügung klagebefugt. Er bewarb als Internetanbieter mit Sitz in Nordrhein-Westfalen auf seiner Webseite (…) Sportwetten, die nicht von der Westdeutschen Lotterie GmbH & Co OHG angeboten wurden. Auf diese Webseite fand auch der Mediendienste-Staatsvertrag Anwendung, auf den die Beklagte die Untersagungsverfügung gestützt hat. Denn es handelt sich bei der Webseite des Klägers um einen Mediendienst und nicht um einen Teledienst.

Die Anwendbarkeit des Mediendienste-Staatsvertrags (MDStV) vom 27. Juni 1997 (GV.NRW.1997, S. 158), i.d.F. des Art. 8 des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 8. März 2005 (GV.NRW.2005, S. 192) bestimmte sich - in Abgrenzung zum Teledienstegesetz (TDG) - nach dem konkreten Inhalt des Internetangebots im Einzelfall, vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 19. März 2003 - 8 B 2567/02 -, NJW 2003, 2183 ff. m.w.N.

Der Begriff der Mediendienste umfasste gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 MDStV das Angebot und die Nutzung von an die Allgemeinheit gerichteten Informations- und Kommunikationsdienste in Text, Ton oder Bild, die unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters verbreitet werden. Dazu gehören nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV insbesondere Abrufdienste, bei denen Text-, Ton- oder Bilddarbietungen auf Anforderung aus elektronischen Speichern zur Nutzung übermittelt werden, mit Ausnahme von solchen Diensten, bei denen der individuelle Leistungsaustausch oder die reine Übermittlung von Daten im Vordergrund steht.

Wie aus § 2 Abs. 4 Nr. 3 TDG folgt, der für inhaltliche Angebote bei Verteil- und Abrufdiensten den Geltungsbereich des Teledienstgesetzes in Abgrenzung zum Mediendienste- Staatsvertrag konkretisiert, ist von einem Mediendienst insbesondere dann auszugehen, wenn bei dem Angebot die redaktionelle Gestaltung - durch inhaltliche, sprachliche, graphische oder akustische Bearbeitung - zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit im Vordergrund steht, also der Dienst der allgemeinen Meinungsbildung dienen soll, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2003 - 8 B 2567/02 - , a.a.O; Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, Das neue Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz, NJW 1997, 2981 (2983).

Demgegenüber gelten nach § 2 Abs. 1 TDG die Bestimmungen dieses Gesetzes für alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, die für eine individuelle Nutzung von kombinierbaren Daten wie Zeichen, Bilder oder Töne bestimmt sind und denen eine Übermittlung mittels Telekommunikation zugrunde liegt. Insofern beziehen sich die elektronisch erbrachten Leistungen auf ein konkretes Individualverhältnis zwischen Nutzer und Anbieter - wie z.B. beim Telebanking nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 TDG oder beim Angebot von Waren oder Dienstleistungen mit unmittelbarer Bestellmöglichkeit nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 TDG - oder zielen auf eine reine Informationsvermittlung ohne redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung ab - z.B. bei Datendiensten wie Verkehrsfunk, Wetterberichten oder Devisenkursen nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 TDG. Entscheidend für die Abgrenzung ist danach, ob bei einer Gesamtschau der Dienst an die Allgemeinheit gerichtet ist oder ob der individualkommunikative Charakter im Vordergrund steht, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2003 - 8 B 2567/02 - , a.a.O.

Gemessen daran war die Internetseite (…) ein Mediendienst. Deren Schwerpunkt liegt auf Inhalten, die redaktionell gestaltet und der Meinungsbildung zu dienen bestimmt sind. Die vor diesem Hintergrund gebotene Qualifizierung der Internetseite als Mediendienst wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass einzelne dort abrufbare Angebote für sich eher als Teledienst erscheinen mögen.

Gegen den Kläger ist vor Erlass der Allgemeinverfügung auch keine Individualverfügung mit gleichem Inhalt ergangen oder angedroht worden, die der Allgemeinverfügung als frühere Sachentscheidung vorginge mit der Folge, dass der Kläger nicht vom persönlichen Regelungsgehalt der Allgemeinverfügung erfasst wäre, vgl. insoweit OVG NRW, Beschluss vom 22. November 2006 - 13 B 1796/06 -, juris.

Insbesondere ist für die gegen Ziffer 1 der Allgemeinverfügung gerichtete Klage auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis entfallen, weil die Allgemeinverfügung sich in Bezug auf den Kläger erledigt hätte. Allein dadurch, dass ein Betroffener sich unter dem Druck der drohenden Vollstreckung einer behördlichen Anordnung fügt, entfällt deren Beschwer für diesen nicht. Die Untersagungsverfügung bleibt jedenfalls Rechtsgrundlage für eine ggf. nachfolgende Vollstreckung.

Schließlich ist das Rechtsschutzbedürfnis auch nicht durch Zeitablauf mit Blick darauf entfallen, dass die "(...)", anlässlich derer der Kläger für "(…)" als Sponsor der Veranstaltung geworben hatte, bereits beendet sind. Denn zum einen ist die Webseite des Klägers einschließlich der Werbung für die Sponsoren der Veranstaltung nach wie vor online und zum anderen ist nicht ausgeschlossen, dass der Kläger "(…)" im Rahmen einer zukünftigen Pferdesportveranstaltung erneut als Sponsor gewinnt und das Unternehmen wieder im Internet zu bewerben gedenkt.

II.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Ziffer 1 der Allgemeinverfügung der Beklagten vom 22. Mai 2006 und der Widerspruchsbescheid vom 28. Dezember 2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die in Ziffer 1 der Allgemeinverfügung angeordnete Untersagung von Werbung im Internet für Sportwetten, die nicht von Westdeutsche Lotterie GmbH & Co OHG angeboten werden, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Dies gilt sowohl, wenn man für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung - wie bei Anfechtungsklagen im Allgemeinen - auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abstellt (1.), als auch, wenn man den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. der gerichtlichen Entscheidung in den Blick nimmt (2.). Bei der Untersagungsverfügung handelt es sich nämlich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Die Untersagung erschöpft sich nicht in einer einmaligen Anordnung, sondern entfaltet Verbotswirkungen für die von ihr Betroffenen auch für die Zukunft.

Insoweit spricht Überwiegendes dafür, für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf den letzteren Zeitpunkt abzustellen, vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH BW), Beschlüsse vom 28. März 2007 - 6 S 1972/06 -, und vom 5. November 2007 - 6 S 2223/07 -, beide juris; Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 22. November 2007 - 1 BvR 2218/06 -, www.bverfg.de/entscheidungen, Rdnr. 38.

1.

Bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember 2006 als letzter Behördenentscheidung erweist sich die Untersagungsverfügung als rechtmäßig.

Hinsichtlich der Zulässigkeit der gewählten Handlungsform der Allgemeinverfügung bestehen keine Bedenken, vgl. insoweit OVG NRW, Beschluss vom 14. Dezember 2006 - 13 B 2594/06 -, juris.

Die in Ziffer 1 der Allgemeinverfügung enthaltene Untersagung genügt auch dem verfahrensrechtlichen Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW). Der Allgemeinverfügung lässt sich nach ihrem Gesamtinhalt und unter Berücksichtigung der Vorgeschichte sowie der auch den Adressaten der Verfügung bekannten Umständen, die die Beklagte zum Erlass der Verfügung veranlasst haben, mit hinreichender Klarheit entnehmen, dass ausschließlich die Werbung für private Sportwettenveranstalter untersagt wird, vgl. hierzu ausführlich: OVG NRW, Beschlüsse vom 22. November 2006 - 13 B 1803/06 -, juris, und vom 14. Dezember 2006 - 13 B 2594/06 -, juris.

Ermächtigungsgrundlage der Untersagung der Werbung für private Sportwettenveranstalter im Internet war - bis zum 28. Februar 2007 - § 22 Abs. 2 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 2 MDStV.

Die Beklagte war als Aufsichtsbehörde nach § 22 Abs. 5 MDStV i.V.m. § 1 der Zuständigkeitsverordnung für Mediendienste vom 1. Juli 1997 (GV.NRW.1997, S. 184) i.d.F. der Änderungsverordnung vom 28. Februar 2003 (GV.NRW.2003, S. 84) auch sachlich und örtlich zuständig für den Erlass der Allgemeinverfügung.

Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 2 MDStV lagen vor. Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 MDStV trifft die zuständige Aufsichtsbehörde, sofern sie einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Mediendienste-Staatsvertrags mit Ausnahme - der hier nicht einschlägigen - § 10 Abs. 3, § 11 Abs. 2 und 3, §§ 14, 16 bis 20 MDStV feststellt, die zur Beseitigung des Verstoßes erforderlichen Maßnahmen gegenüber dem Anbieter. Sie kann nach § 22 Abs. 2 Satz 2 MDStV insbesondere Angebote untersagen und deren Sperrung anordnen.

Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 MDStV sind die Vorschriften der allgemeinen Gesetze einzuhalten. Die Adressaten der Allgemeinverfügung - und als solcher auch der Kläger - haben mit ihrer Werbung für private Sportwettenveranstalter als verantwortliche Diensteanbieter im Sinne des § 6 Abs. 1 i.V.m. § 3 Satz 1 Nr. 1 MDStV gegen § 11 Abs. 1 Satz 2 MDStV verstoßen. Denn sie erfüllen durch einen solchen Internetauftritt den (objektiven) Straftatbestand des § 284 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 StGB, dessen (Fort-)Geltung vom Bundesverfassungsgericht in seiner Grundsatzentscheidung vom 28. März 2006 nicht in Frage gestellt wurde.

Ob dieser Verstoß auch eine Strafbarkeit begründet, ist im vorliegenden - allein ordnungsrechtlichen - Zusammenhang unerheblich, vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261 sowie Beschluss vom 22. November 2007 - 1 BvR 2218/06 -, www.bverfg.de/entscheidungen.

Die von den Adressaten der Allgemeinverfügung betriebene Werbung für private Sportwettenveranstalter stellt Werbung für in Nordrhein-Westfalen unerlaubte Glücksspiele dar. Bei den Sportwetten der von den beworbenen Unternehmen veranstalteten Art handelt es sich um u.a. in Nordrhein-Westfalen unerlaubte Glücksspiele im Sinne des § 284 Abs. 1 StGB. Private Sportwettenveranstalter verfügen nämlich nicht über eine Erlaubnis für ein sich auf Nordrhein-Westfalen erstreckendes Wettangebot.

Träger des Wettunternehmens kann in Nordrhein-Westfalen lediglich eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine juristische Person des Privatrechts sein, deren Anteile überwiegend juristischen Personen des öffentlichen Rechts gehören (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 SportwettenG NRW). Die privaten Sportwettenveranstaltern aufgrund des Gewerbegesetzes der Deutschen Demokratischen Republik vom 6. März 1990 (GBl. DDR I S. 138) erteilten Gewerbegenehmigungen aus dem Jahre 1990 gelten in Nordrhein-Westfalen ebenso wenig, vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2006 - 6 C 19.06 -, NVwZ 2006, 1175 - zwar vom BVerfG durch Beschluss vom 22. November 2007 - 1 BvR 2218/06 -, a.a.O., aufgehoben, jedoch nicht wegen der rechtlichen Beurteilung von Regelungsinhalt und Legalisierungswirkung der "DDR-Erlaubnisse", wie die privaten Sportwettenveranstaltern in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union erteilten Erlaubnisse.

Entgegen der Ansicht des Klägers ist das Gemeinschaftsrecht im Bereich des Glückspielwesen nach seinem gegenwärtigen Stand (noch) nicht dergestalt harmonisiert, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet wären, die in anderen Mitgliedstaaten erteilten Erlaubnisse gegenseitig anzuerkennen, zumal wenn die allein ihnen vorbehaltene grundlegende Entscheidung für ein staatliches Monopol und gegen eine kontrollierte Zulassung privater Anbieter gefallen ist, vgl. VGH BW, Beschluss vom 5. November 2007 - 6 S 2223/07 -, juris; Bayerischer VGH, Beschluss vom 10. Juli 2006 - 22 BV 05.457 -, juris.

Mit Sportwettenangeboten im Internet - wie sie auch das vom Kläger beworbene Unternehmen anbietet - wird unerlaubtes Glückspiel - auch - in Nordrhein-Westfalen im Sinne der §§ 284 Abs. 1, 9 Abs. 1 StGB veranstaltet. Eröffnet ein Wettveranstalter auf einer Internetseite die Möglichkeit, sich am Glückspiel zu beteiligen, wird das Glückspiel nämlich auch an dem Ort veranstaltet, wo der Internetnutzer das Angebot annimmt.

Dass das Internetangebot nicht an bestimmte Internetnutzer gerichtet ist, ist unerheblich. Denn der Veranstalter will durch das Einstellen des Angebots ins Internet jedem Wettinteressenten, also auch demjenigen, der sich in Nordrhein- Westfalen aufhält, die Teilnahme an dessen Aufenthaltsort ermöglichen, vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 22. November 2006 - 13 B 1803/06 -, juris, und vom 14. Dezember 2006 - 13 B 2594/06 -, juris, m.w.N.

Die Untersagung der Werbung für private Sportwettenveranstalter, insbesondere für solche, die - wie hier - in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässig und im Besitz einer von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erteilten Sportwettenlizenz sind, begegnet auch weder unter Berücksichtigung des nationalen Verfassungsrechts noch unter Berücksichtigung der Vorgaben des Gemeinschaftsrechts durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Zwar verstößt das für Nordrhein-Westfalen in § 1 Abs. 1 SportwettenG NRW niedergelegte Staatsmonopol für Sportwetten in seiner bisherigen - gesetzlichen und tatsächlichen Ausgestaltung - gegen Art. 12 Abs. 1 GG, weil es nicht konsequent an dem Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren und der Begrenzung der Wettleidenschaft ausgerichtet ist, vgl. hierzu grundlegend: BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -, a.a.O., Rdnr. 93 ff.

Die Kammer hält jedoch - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen - den mit dem staatlichen Monopol einhergehenden Ausschluss privater Sportwettenanbieter bezogen auf den hier maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt sowohl mit dem nationalen Verfassungsrecht (Art. 12 Abs. 1 GG) als auch mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht (Art. 43, 48 und 49 EG) für vereinbar.

Ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG lag zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids nicht - mehr - vor. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 28. März 2006 die bisherige Rechtslage bis zu einer gesetzlichen Neuregelung mit der Maßgabe für weiter anwendbar erklärt, dass unverzüglich damit begonnen wird, das staatliche Sportwettenmonopol konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht auszurichten.

Außerdem hat es ausdrücklich klargestellt, dass unter diesen Voraussetzungen das gewerbliche Veranstalten von Sportwetten durch private Wettunternehmen und damit auch die Werbung für solche weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden darf, vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -, a.a.O. sowie Beschluss vom 2. August 2006 - 1 BvR 2677/04 -, der klarstellt, dass durch dieses Urteil die Rechtslage auch in Nordrhein-Westfalen verbindlich geklärt ist (vgl. §§ 31 Abs. 2 Satz 2, 13 Nr. 8 a Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG -).

Die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Vorgaben zur Herstellung eines Mindestmaßes an Konsistenz zwischen dem legitimen Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung des staatlichen Monopols andererseits, unter denen während der bis zum 31. Dezember 2007 eingeräumten Übergangszeit der in dem Staatsmonopol liegende Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit privater Wettunternehmer noch verhältnismäßig und damit verfassungsrechtlich hinzunehmen ist, sind nach Auffassung der Kammer im hier maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt erfüllt gewesen.

Die Maßnahmen, die das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen mit Schreiben vom 19. April 2006 der Westdeutschen Lotterie GmbH & Co OHG aufgegeben hat und die den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts genügen, sind ausweislich des Berichts der Westdeutschen Lotterie GmbH & Co OHG vom 6. Juni 2006 im Rahmen ihrer zeitlichen Realisierbarkeit umgesetzt worden. Anhaltspunkte dafür, dass nicht unverzüglich die erforderlichen Schritte eingeleitet worden sind, sind vor diesem Hintergrund nicht erkennbar.

Vereinzelt auftretende Anlaufschwierigkeiten und Überwachungsdefizite, wie sie bei der Umgestaltung eines komplexen Verwaltungsverfahrens angesichts des damit verbundenen, nicht unerheblichen Arbeits- und Zeitaufwand naturgemäß auftreten, fallen dabei nicht ins Gewicht, vgl. hierzu ausführlich: OVG NRW, Beschlüsse vom 22. November 2006 - 13 B 1803/06 -, juris, und vom 14. Dezember 2006 - 13 B 2594/06 -, juris, sowie vom 28. Juni 2006 - 4 B 961/06 -, EuZW 2006, 603.

Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt die Kammer insoweit Bezug auf die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen in den genannten Beschlüsse, denen es sich vollinhaltlich anschließt.

Ebenso wenig lässt sich im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt ein Verstoß gegen das europäische Gemeinschaftsrecht feststellen. Das auch nach der vom Bundesverfassungsgericht festgelegten Übergangsrechtslage fortbestehende Staatsmonopol stellt zwar einen Eingriff in die Dienstleistungs- bzw. Niederlassungsfreiheit der privaten Sportwettenveranstalter dar (vgl. Art. 43, 48 und 49 EG). Dieser ist jedoch aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt.

Die Anforderungen, die das Gemeinschaftsrecht an die Rechtfertigung eines Eingriffs in die Grundfreiheiten durch ein staatliches Monopol im Bereich des Glückspielwesens, namentlich an die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs im Hinblick auf die damit verfolgten legitimen Ziele - wie den Verbraucherschutz, die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen und die Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung als anerkannte zwingende Gründe des Allgemeininteresses - stellt, laufen nämlich parallel zu den Vorgaben des deutschen Verfassungsrechts, vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -, a.a.O.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist - ebenso wie nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - erforderlich, dass ein staatliches Monopol kohärent und systematisch auf die Verwirklichung der Ziele der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht, die allein das Monopol rechtfertigen können, ausgerichtet ist und nicht außer Verhältnis zu diesen Zielen steht.

Ein Staatsmonopol ist insbesondere nur dann mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, wenn es wirklich dem Ziel dient, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, und die Finanzierung sozialer Aktivitäten mit Hilfe einer Abgabe auf die Einnahmen aus genehmigten Spielen nur eine nützliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik ist, vgl. Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), Urteile vom 6. November 2003 - C-243/01 - (Gambelli u.a.), Slg. 2003, I-13076, Rdnr. 60 ff. und vom 6. März 2007 - C-338/04, C- 359/04 und C-360/04 - (Placanica u.a.).

Gemessen daran ist das staatliche Monopol für Sportwetten in Nordrhein-Westfalen während der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Übergangszeit auch gemeinschaftsrechtlich als gerechtfertigt anzusehen. Durch die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, denen die Bedeutung von gesetzesvertretendem Übergangsrecht zukommt, sind die bisher im nordrhein-westfälischen Sportwettenrecht bestehenden Regelungsdefizite beseitigt worden. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben sind - wie dargelegt - durch die von der Westdeutschen Lotterie GmbH & Co. OHG im Bereich der sog. Oddset-Wetten vollzogenen Maßnahmen (u.a. Begrenzung der Wettgegenstände, Einstellung bzw. Inhaltliche Überarbeitung der Werbung, Altersprüfung, Maßnahmen zur Suchtprävention) erfüllt worden.

Damit wird aber gleichzeitig auch den Anforderungen genügt, die der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 6. November 2003 in der Rechtssache "Gambelli" konkretisiert hat. Insbesondere wird durch die Reduzierung der Werbetätigkeit und der Maßnahmen zur Suchtbekämpfung und zum Jugendschutz kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeit beigetragen. Die Maßnahmen dienen nunmehr "wirklich" dem Ziel, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern.

Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, und zwar weder dem Urteil vom 6. November 2003 ("Gambelli") noch dem Urteil vom 6. März 2007 ("Placanica") entnehmen, dass die dortigen Anforderungen an eine "nationale Regelung" vorübergehend nicht auch durch ergänzende gesetzesvertretende Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts und sich an diesen orientierenden Maßnahmen der Exekutive erfüllt werden können.

Vor diesem Hintergrund ist ein Festhalten an den Einschränkungen der Veranstaltung von Sportwetten durch private Anbieter während der Übergangszeit auch mit den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen vereinbar, vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 22. November 2006 - 13 B 1803/06 -, juris, und vom 14. Dezember 2006 - 13 B 2594/06 -, juris; zu vergleichbaren Sach- und Rechtslagen in anderen Bundesländern: VGH BW, Beschlüsse vom 5. November 2007 - 6 S 2223/07 - und vom 28. Juli 2006 - 6 S 1987/05 -, beide juris; Bayerischer VGH, Beschlüsse vom 2. Oktober 2007 - 24 Cs 07.1986 -, und vom 10. Juli 2006 - 22 BV 05.457 -, beide juris; VGH Hessen, Beschluss vom 30. August 2007 - 7 TG 616/07 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Beschlüsse vom 2. Mai 2007 - 6 B 10118/07 - und vom 28. September 2006 - 6 B 10895/06 -, beide juris; OVG Bremen, Beschluss vom 7. September 2006 - 1 B 273/06 -, juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 9. März 2007 - 1 Bs 378/06 -, juris.

Dem steht auch nicht entgegen, dass die normativen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für die Übergangszeit hinter denen zurückbleiben, die der Gesetzgeber bis zum Ende der Übergangszeit wird beschließen müssen, wenn er an dem staatlichen Monopol für Sportwetten festhalten will. Sie begründen, weil sie die Umsetzung eines weitergehenden Gesamtkonzepts ermöglichen und insoweit auch die Regelungskompetenz des Gesetzgebers wahren sollen, eine Übergangsrechtslage, die in kohärenter und systematischer Weise das Ziel verfolgt, die Spiel- und Wettsucht einzudämmen. Die normativen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts sind nicht nur geeignet, dieses Ziel zu erreichen, sondern auch erforderlich.

Die Zulassung der Veranstaltung privater Sportwetten während der Übergangszeit würde nämlich die Verwirklichung eines konsequent auf die Bekämpfung der Spielsucht ausgerichteten und daher gemeinschaftsrechtlich zulässigen Konzepts erheblich erschweren. Die vom Bundesverfassungsgericht geschaffene Übergangsrechtslage und die ihr genügende tatsächliche Ausgestaltung des Monopols ist unter Berücksichtigung ihres Übergangscharakters und der anstehenden gesetzlichen Neuregelung des Sportwettenrechts auch verhältnismäßig im Sinne des Gemeinschaftsrechts.

Durch sie wird die erforderliche Konsistenz zwischen Staatsmonopol und der Verwirklichung der damit verfolgten legitimen Ziele der Suchtbekämpfung im Rahmen ihrer zeitlichen Realisierbarkeit unmittelbar gewährleistet, vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 22. November 2006 - 13 B 1803/06 -, juris, und vom 14. Dezember 2006 - 13 B 2594/06 -, juris; OVG Bremen, Beschluss vom 7. September 2006 - 1 B 273/06 -, a.a.O.

Dies zugrunde gelegt kann dahingestellt bleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen das im deutschen wie im europäischen Gemeinschaftsrecht (vgl. Art. 231 Abs. 2 EG) geltende allgemeine Prinzip der Rechtssicherheit es gebietet, die Rechtsfolgen einer Kollision mit höherrangigem (Gemeinschafts-)Recht in Wege einer "Suspendierung" des Anwendungsvorrangs zu beschränken, um unerträgliche Folgen einer sonst eintretenden Regelungslosigkeit zu vermeiden, vgl. so OVG NRW, Beschluss vom 28. Juni 2006 - 4 B 961/06 -, a.a.O.

Schließlich ist die Untersagung der Werbung für private Sportwettenveranstalter auch ermessensfehlerfrei erfolgt. Sie steht mit den Vorgaben des § 22 Abs. 2 Sätze 3 bis 5 MDStV, die die Befugnis zur Untersagung eines Angebots unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit einschränken, in Einklang.

2.

Eine andere rechtliche Bewertung ergibt sich auch nicht, soweit man auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abstellt. Die in Ziffer 1 der Allgemeinverfügung vom 22. Mai 2006 angeordnete Untersagung von Werbung für Sportwetten im Internet, die von privaten Sportwettenveranstaltern angeboten werden, erweist sich auch bezogen auf diesen Zeitpunkt als rechtmäßig und könnte heute in gleicher Weise - wieder - erlassen werden.

Die Untersagungsverfügung findet allerdings nach der Aufhebung des Mediendienste-Staatsvertrags und dem Inkrafttreten des Telemediengesetzes (TMG) zum 1. März 2007 ihre Rechtsgrundlage nunmehr in § 59 Abs. 3 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 3 des Staatsvertrags für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag - RStV -) vom 31. August 1991 (GV.NRW.1991, S. 408) i.d.F. des Art. 1 des Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 30. Januar 2007 (GV.NRW.2007, S. 107).

Infolge der Neuregelung der Medienordnung wurden die Regelungen für Teledienste und Mediendienste bereichsspezifisch weiter vereinheitlicht. Teledienste und Mediendienste wurden unter dem einheitlichen Begriff "Telemedien" zusammengefasst mit der Folge, dass die bisherige oft schwierige Abgrenzung zwischen Telediensten und Mediendiensten entfällt. Während die wirtschaftsbezogenen Bestimmungen für Telemedien (Herkunftslandprinzip, Zulassungsfreiheit, Informationspflichten, Verantwortlichkeit, Datenschutz) im Telemediengesetz des Bundes enthalten sind, finden sich die über diese allgemeinen Bestimmungen hinausgehenden inhaltespezifischen Regelungen in dem neu gefassten VI. Abschnitt für Telemedien des Rundfunkstaatsvertrags (vgl. auch § 1 Abs. 4 TMG).

Der Internetauftritt des Klägers (…) fällt unter den Begriff der Telemedien, da es sich insoweit um einen elektronischen Informations- bzw. Kommunikationsdienst handelt, der weder Telekommunikationsdienst noch Rundfunk ist (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 RStV, § 1 Abs. 1 Satz 1 TMG).

Die Beklagte ist als Aufsichtsbehörde nach § 59 Abs. 2 und 6 RStV i.V.m. § 1 Satz 2 des Gesetzes zur Regelung der Zuständigkeit für die Überwachung von Telemedien nach dem Telemediengesetz und nach § 59 Abs. 2 Rundfunkstaatsvertrag (Telemedienzuständigkeitsgesetz - TMZ-Gesetz) vom 29. März 2007 nach wie vor sachlich und örtlich zuständig für den Erlass von auf § 59 Abs. 3 RStV gestützte Maßnahmen.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 59 Abs. 3 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 3 RStV sind im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung erfüllt. Die Bestimmungen entsprechen im Wesentlichen der bisherigen Befugnisnorm des § 22 Abs. 2 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 2 MDStV. Nach § 59 Abs. 3 Satz 1 RStV trifft die zuständige Aufsichtsbehörde, sofern sie einen Verstoß gegen die Bestimmungen (für Telemedien) - mit Ausnahme der § 54, § 55 Abs. 2 und 3, § 56, § 57 Abs. 2 oder der Datenschutzvorschriften des Telemediengesetzes - feststellt, die zur Beseitigung des Verstoßes erforderlichen Maßnahmen gegenüber dem Anbieter.

Sie kann insbesondere Angebote untersagen und deren Sperrung anordnen (vgl. § 59 Abs. 3 Satz 2 RStV). Die Adressaten der Allgemeinverfügung - und als solcher auch der Kläger - verstoßen mit der Werbung für private Sportwettenveranstalter als verantwortliche Diensteanbieter im Sinne des § 7 Abs. 1 i.V.m. § 2 Satz 1 Nr. 1 TMG gegen § 54 Abs. 1 Satz 3 RStV, da sie durch einen solchen Internetauftritt - wie dargelegt - den (objektiven) Straftatbestand des § 284 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 StGB verwirklichen. Insoweit gilt nichts Abweichendes gegenüber dem unter II.1 Gesagten. Denn nach § 54 Abs. 1 Satz 3 RStV sind - wie zuvor nach § 11 Abs. 1 Satz 2 MDStV - die Vorschriften der allgemeinen Gesetze einzuhalten.

Die Aufsichtsbehörde ist bei einem Verstoß gegen diese Vorschrift auch - weiterhin - befugt auf der Grundlage von § 59 Abs. 3 Satz 1 RStV die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Die Vorschrift ist entgegen dem weitergehenden Wortlaut des § 59 Abs. 3 Satz 1 RStV, der - anders als bisher § 22 Abs. 2 MDStV in Bezug auf § 11 MDStV - § 54 RStV insgesamt und nicht nur die Absätze 2 und 3 ausschließt, nicht vom Anwendungsbereich dieser Bestimmung ausgenommen. Zu diesem Verständnis führt eine insoweit gebotene einschränkende Auslegung der Vorschrift, vgl. ebenso: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 20. November 2007 - 14 K 171/07 -, das insoweit von einem Redaktionsversehen ausgeht.

Für eine Einschränkung des § 59 Abs. 3 Satz 1 RStV dahingehend, dass dieser nur § 54 Abs. 2 und 3 RStV von der Eingriffsbefugnis ausnimmt, spricht zunächst, dass nach der Begründung des Normgebers zum Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag zu § 59 RStV die Sätze 1 bis 5 des Absatzes 3 die bisherige Regelung aus § 22 Abs. 2 MDStV übernehmen und damit die speziellen Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörden für sämtliche Verstöße bei Telemedien enthalten. In der allgemeinen Begründung heißt es ferner, dass bei der Neuregelung (des Rundfunkstaatsvertrags) die materiellen Bestimmungen im Wesentlichen unverändert übernommen werden, vgl. Landtag Nordrhein-Westfalen, Drucks. 14/3130, S. 31 und 19.

Dem lässt sich entnehmen, dass mit der Aufnahme der Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörden in § 59 Abs. 3 Satz 1 RStV gerade keine inhaltlichen Änderungen, insbesondere keine Einschränkungen der Befugnisse einhergehen sollten. Zudem nahm § 22 Abs. 2 MDStV, die Vorgängervorschrift des § 59 Abs. 3 RStV, - neben den Datenschutzvorschriften der §§ 16 bis 20 MDStV - ausschließlich Vorschriften vom Anwendungsbereich der Eingriffsermächtigung aus, die besondere Anforderungen entweder an sog. "journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote" (vgl. § 10 Abs. 3 MDStV: Benennung des Verantwortlichen, § 11 Abs. 2 MDStV: Einhaltung der anerkannten journalistischen Grundsätze und § 14 MDStV: Gegendarstellung) oder an Meinungsumfragen (vgl. § 11 Abs. 3 MDStV: Angabe, ob repräsentativ) enthielten.

Diesen Vorschriften entsprechen inhaltlich die in § 59 Abs. 3 Satz 1 RStV ausgenommenen Vorschriften des § 54 Abs. 2 RStV (Einhaltung der anerkannten journalistischen Grundsätze), des § 54 Abs. 3 RStV (Meinungsumfragen), § 55 Abs. 2 RStV (Benennung des Verantwortlichen) und des § 56 RStV (Gegendarstellung). Darüber hinaus enthält § 59 Abs. 3 Satz 1 RStV mit § 55 Abs. 3 RStV (Informationsrechte) und § 57 Abs. 2 RStV (Auskunfts- und Berichtigungsrecht bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zu journalistisch- redaktionellen Zwecken) neue Vorschriften, die ebenfalls nur "journalistisch- redaktionell gestaltete Angebote" betreffen.

Lediglich § 54 Abs. 1 RStV, der § 11 Abs. 1 MDStV entspricht, beinhaltet keine besonderen Vorgaben für "journalistisch- redaktionell gestaltete Angebote", sondern allgemeine inhaltliche Anforderungen für alle Telemedien (Geltung der verfassungsmäßigen Ordnung, der Vorschriften der allgemeinen Gesetze und der gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der persönlichen Ehre). Vor diesem Hintergrund lässt auch ein historisch-systematischer Vergleich mit den übrigen in § 59 Abs. 3 Satz 1 RStV bzw. früher § 22 Abs. 2 Satz 1 MDStV ausgenommenen Vorschriften den Schluss zu, dass allein bei Verstößen gegen Vorschriften, die "journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote" oder Meinungsumfragen betreffen, eine Befugnis der Aufsichtsbehörde zur Untersagung bzw. Sperrung von Telemedien-Angeboten ausgeschlossen sein soll.

Ein solches Verständnis legen insbesondere auch Sinn und Zweck der genannten Ausnahmen in § 59 Abs. 3 Satz 1 RStV nahe: Die Ausnahmen, die allesamt spezielle Vorgaben für "journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote" bzw. Meinungsumfragen beinhalten, tragen in besonderem Maße der Pressefreiheit sowie der Meinungs- und Informationsfreiheit Rechnung, die nach Art. 5 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GG besonderen Schutz genießen.

Vor diesem Hintergrund ist für derartige "journalistisch-redaktionell gestalteten Angebote", in denen Inhalte periodischer Druckerzeugnisse wiedergegeben werden, durch den Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag mit § 54 Abs. 3 Satz 6 RStV eine spezielle Eingriffsermächtigung eingeführt worden, die nunmehr eine Sperrung auch derartiger Angebote - allerdings nur unter den Voraussetzungen der §§ 97 Abs. 5 Satz 2, 98 der Strafprozessordnung (StPO) - ermöglicht.

Das Ziel, bei der Bestimmung der Reichweite der Eingriffsermächtigung den besonderen grundgesetzlichen Schutz der Angebote angemessen zu berücksichtigen, kommt insbesondere auch in der Begründung des Normgebers zu § 18 Abs. 2 MDStV i.d.F. der Bekanntmachung vom 27. Juni 1997 (GV.NRW 1997, S. 158), dem § 22 Abs. 2 MDStV entspricht, zum Ausdruck, wonach die Bestimmung "im Lichte" der Meinungs- und Informationsfreiheit des Art 5 Abs. 1 GG zu betrachten ist.

Danach sei der jeweils zuständigen Verwaltungsbehörde zwar die Befugnis zur Beanstandung und zur teilweisen oder vollständigen Untersagung von Angeboten bei Verstößen gegen einzelne, abschließend aufgezählte Bestimmungen dieses Staatsvertrags eingeräumt, nicht aber die Befugnis zu inhaltlichen Änderungen eines Angebots. Betreffe eine Verwaltungsmaßnahme den Inhalt von Angeboten, z.B. im Rahmen von § 7 MDStV (entspricht § 11 MDStV bzw. § 54 MDStV), so sei aus diesem Grunde eine besondere Zurückhaltung geboten, vgl. Landtag Nordrhein-Westfalen, Drucks. 12/1954, S. 46.

Angesichts der besonderen Schutzbedürftigkeit der Inhalte von "journalistisch- redaktionell gestalteten Angebote" bzw. von Angeboten, die Meinungsumfragen enthalten, erscheint die Untersagung bzw. Sperrung solcher Angebote bei einem Verstoß gegen die Bestimmungen der §§ 54 Abs. 2 und 3, 55 Abs. 2 und 3, 56 und 57 Abs. 2 RStV, zumal diese den Anbietern von Telemedien der genannten Art gerade zum Zwecke der Selbstregulierung Freiräume im Verhältnis zu den Nutzern zugestehen, im Lichte von Art. 5 Abs. 1 GG unangemessen.

Demgegenüber kommt der Gesichtspunkt der besonderen Schutzbedürftigkeit mit Blick auf die besondere Bedeutung der Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 GG nicht in dem gleichen Maße zum Tragen, soweit ein Verstoß des Angebotsinhalts gegen die verfassungsmäßige Ordnung, die allgemeinen Gesetze oder die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Ehre in Rede steht, aufgrund derer die Grundrechte - wenn auch unter Berücksichtigung ihrer besonderen Bedeutung - gerade eingeschränkt werde dürfen (vgl. Art. 5 Abs. 2 GG).

Eine andere Betrachtung würde im Übrigen zu dem - überraschenden - Ergebnis führen, dass die Beklagte sowohl bis zum Inkrafttreten des Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrags zum 1. März 2007 (vgl. § 1 Satz 2 TMZ-Gesetz) als auch nach dem Inkrafttreten des Glückspielsstaatsvertrags zum 1. Januar 2008 (vgl. § 18 Abs. 2 Satz 2 Glückspielstaatsvertrag Ausführungsgesetz NRW i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2 TMZ-Gesetz n.F.) aufgrund der besonderen Zuständigkeitszuweisung landesweit zuständige Aufsichtsbehörde für Telemedien bzw. für die Überwachung und Untersagung von Glücksspielen und der Werbung hierfür im Internet zuständig war und auch zuständig sein wird, während ihr in der Zwischenzeit die Zuständigkeit fehlte.

Dies kann nicht vom Gesetzgeber beabsichtigt gewesen sein, wie im Übrigen auch die Begründung zum Ausführungsgesetz zum Glückspielstaatsvertrag zeigt. Danach sollte die zentrale Zuständigkeit der Beklagten für die Überwachung und Untersagung von unerlaubten Glücksspielen im Internet und der Werbung hierfür im Internet lediglich "fortgeschrieben" werden, was voraussetzt, dass sie auch zuvor bestand, vgl. Landtag Nordrhein-Westfalen, Drucks. 14/4849, S. 3.

Ist § 54 Abs. 1 RStV demzufolge nicht vom Anwendungsbereich des § 59 Abs. 3 RStV ausgenommen, ist die Beklagte - wie auch bisher - wegen des Verstoßes gegen § 284 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 StGB zum Einschreiten berechtigt.

Insbesondere bestehen auch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keine Bedenken im Hinblick auf die Vereinbarkeit der Untersagungsverfügung mit dem Grundgesetz (Art. 12 Abs. 1 GG) oder mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht (Art. 43, 48 und 49 EG). Es ist weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die normativen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur konsistenten Ausgestaltung des staatlichen Sportwettenmonopols, durch die sowohl gemessen am deutschen Recht als auch gemessen am Gemeinschaftsrecht eine unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit hinnehmbare (Übergangs-)Rechtslage geschaffen worden ist, derzeit nicht eingehalten sind.

Grundlegende strukturelle Defizite bei der Umsetzung der verfassungsgerichtlichen Vorgaben sind nicht festzustellen. Die Westdeutsche Lotterie GmbH & Co. OHG hat - wie dargelegt - unverzüglich begonnen, die geforderten Maßnahmen im Sportwettenbereich umzusetzen und diese Maßnahmen in der Folgezeit auch konsequent fortgeführt. Dass einige Maßnahmen einer gewissen Umsetzungszeit bedürfen - etwa die Beendigung von Werbeverträgen oder der Austausch von Werbemitteln - liegt in der Natur der Sache und rechtfertigt nicht den Schluss, dass ein erheblicher Verstoß gegen die Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts für die Übergangszeit vorliegt.

In Einzelfällen ggf. zu verzeichnende Unzulänglichkeiten bei der Verwirklichung bzw. Kontrolle der Vorgaben fallen als "Ausreißer" angesichts der erkennbar nachhaltigen Bestrebungen zur Herstellung eines konsequent und kohärent am Ziel der Suchtbekämpfung ausgestalteten Staatsmonopols für Sportwetten nicht entscheidend ins Gewicht, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2007 - 4 B 1176/06 -, a.a.O.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Glückspielpolitik insgesamt, insbesondere hinsichtlich des Lotteriewesens bereits konsequent auf das Ziel der Begrenzung der Spielleidenschaft ausgerichtet ist. Denn die verschiedenen Glücksspielarten bergen unterschiedliche Gefährdungspotenziale in sich, denen auf verschiedene Weise begegnet werden kann.

Dem Gesetzgeber steht sowohl im Hinblick auf die Bewertung der von den jeweiligen Glücksspielarten ausgehenden Gefahren eine Einschätzungsprärogative als auch im Hinblick auf die Regelung der einzelnen Glückspielbereiche ein Gestaltungsspielraum zu. Diese Spielräume haben im deutschen Recht - gerade auch vor dem Hintergrund einer sowohl beim Bund als auch bei den Ländern angesiedelten Gesetzgebungskompetenz - ihren Niederschlag in einer bereichsspezifischen Regelung des Glückspielwesens gefunden.

Dementsprechend ist angesichts der unterschiedlichen Gesetzgebungskompetenzen einerseits und angesichts der hinsichtlich der einzelnen Glückspielarten zu verzeichnenden Unterschiede andererseits, die zudem von solcher Art und solchem Gewicht sind, dass sie eine unterschiedliche Regelung rechtfertigen, eine bereichsspezifische Betrachtung des Glückspielwesens hinsichtlich der Frage einer konsequenten und systematischen Ausgestaltung am Ziel der Suchtbekämpfung geboten.

Insbesondere lässt sich auch dem jüngsten Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 6. März 2007 in der Rechtssache "Placanica" nicht entnehmen, dass ein staatliches Wettmonopol nur dann vor dem Gemeinschaftsrecht Bestand hätte, wenn die nationalen Beschränkungen auf dem gesamten Gebiet des Glücksspielwesens den sich der aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergebenden Anforderungen hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit genügten.

Ebenso wenig folgt aus dem Urteil, dass von einem "kohärenten und systematischen" Beitrag zur Begrenzung der Wetttätigkeiten dann nicht mehr ausgegangen werden könnte, wenn andere, nicht monopolisierte Glückspiele mit ggf. höherem Suchtpotential - namentlich die sog. Geldspielautomaten und kasinotypische Glückspiele - nicht gleichermaßen beschränkt würden, vgl. VGH BW, Beschluss vom 5. November 2007 - 6 S 2223/07 -, a.a.O.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 2. Mai 2007 - 6 B 10118/07.OVG -, juris.

Zudem ist das staatliche Sportwettenmonopol geeignet, zur Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht beizutragen. Diese Eignung entfällt noch nicht deshalb, weil - was in vorliegenden Zusammenhang keiner weiteren Aufklärung bedarf - die Maßnahmen, die zur Begrenzung der Werbung und zur Suchtprävention für andere Glückspielarten - insbesondere dem vom Kläger beanstandeten Bereich des Automatenspiels und der kasinotypischen Glückspiele - ergriffen worden sind, möglicherweise noch nicht konsequent an dem Ziel der Begrenzung der Spielleidenschaft ausgerichtet sind, vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 22. November 2006 - 13 B 1803/06 -, juris, und vom 14. Dezember 2006 - 13 B 2594/06 -, juris.

Bezogen auf den hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung kann letztlich dahinstehen, ob der Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV, unterzeichnet vom 30. Januar bis 31. Juli 2007, GV.NRW.2007, S. 445), wegen einer ggf. erforderlichen und noch ausstehenden Notifizierung von in den Landesausführungsgesetzen enthaltenen, über den Glücksspielstaatsvertrag hinausgehenden Bestimmungen überhaupt wie geplant zum 1. Januar 2008 in Kraft treten kann (auch ungeachtet der Anordnung der Geltung seines Inhalts als Landesrecht, vgl. § 2 Abs. 2 des nordrhein-westfälischen Ausführungsgesetzes vom 30. Oktober 2007) oder ob der Glücksspielstaatsvertrag, der das staatliche Monopol für Sportwetten fortschreibt, den Vorgaben des Verfassungsrechts und des europäischen Gemeinschaftsrechts im Hinblick auf seine Ausrichtung an den in § 1 GlüStV aufgeführten Zielen gerecht wird und nicht in erster Linie - wie der Kläger meint - auf die Schaffung von Einnahmequellen zur Finanzierung steuerbegünstigter sozialer Projekte abzielt.

Ist nach alledem die in Ziffer 1 der Allgemeinverfügung enthaltene Untersagung von Werbung für Sportwetten im Internet, die von privaten Sportwettenveranstaltern angeboten werden, auch unter Berücksichtigung der Vorgaben des Gemeinschaftsrechts nicht zu beanstanden, besteht für eine Aussetzung des Verfahrens mit Blick auf die beim Europäischen Gerichtshof bereits anhängigen Vorabentscheidungsverfahren oder einer weiteren Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 234 EG kein Raum.

Die Kammer stützt ihre Rechtsauffassung insbesondere nicht auf die Annahme, das primäre Gemeinschaftsrecht sei für eine Übergangszeit suspendiert. Vielmehr hält sie die (Übergangs-)Sach- und Rechtslage unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten - noch - mit den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts für vereinbar.

B.

Soweit die Klage sich gegen die in Ziffer 3 der Allgemeinverfügung vom 22. Mai 2006 enthaltene Androhung eines Zwangsgeldes richtet, erweist sie sich hingegen als zulässig und auch begründet.

I.

Die Klage ist unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Fall ausnahmsweise als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO statthaft. Zwar ist in Fällen, in denen - wie im Folgenden noch darzulegen ist - nicht lediglich die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts, sondern vielmehr dessen Wirksamkeit in Rede steht, statthafte Klageart grundsätzlich die (allgemeine) Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1, 1. Alt. VwGO gerichtet auf die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, nämlich die Feststellung, dass der Verwaltungsakt nicht wirksam (geworden) ist.

Bei nichtigen belastenden Verwaltungsakten ist jedoch anerkannt, dass neben der Nichtigkeitsfeststellungsklage nach § 43 Abs. 1, 2. Alt. VwGO, wie aus § 43 Abs. 2 Satz 2 VwGO zu ersehen ist, grundsätzlich auch die Anfechtungsklage statthaft ist. Denn der jeweilige Adressat des Verwaltungsakts hat ein berechtigtes Interesse daran, den von dem nichtigen Verwaltungsakt ausgehenden Rechtsschein durch ein - inter omnes wirkendes - Gestaltungsurteil zu beseitigen, vgl. BVerwG, Urteil vom 21. November 1986 - 8 C 127/84 -, juris und VGH BW, Beschluss vom 7. Dezember 1990 - 10 S 2466/90 -, NVwZ 1991, 1195.

Ein solches Interesse ist jedoch auch dann anzuerkennen, wenn von einem nicht wirksam gewordenen Verwaltungsakt in gleicher Weise wie von einem nichtigen Verwaltungsakt der Rechtsschein einer rechtswirksam gewordenen behördlichen Regelung ausgeht. Ein dem nichtigen Verwaltungsakt vergleichbarer Rechtsschein ist aber jedenfalls für den Fall anzunehmen, dass - wie hier - der Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gemacht worden ist.

II.

Die Klage ist auch begründet. Die in Ziffer 3 der Allgemeinverfügung vom 22. Mai 2006 enthaltene Zwangsgeldandrohung ist unwirksam und der von ihr ausgehende Rechtsschein verletzt den Kläger in seinen Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO entsprechend.

Die Unwirksamkeit der Zwangsgeldandrohung folgt daraus, dass sie entgegen § 63 Abs. 6 Satz 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein- Westfalen (VwVG NRW) dem Kläger nicht zugestellt worden ist. Nach dieser Bestimmung ist die Androhung eines Zwangsmittels, wozu auch das Zwangsgeld zählt (vgl. §§ 57 Abs. 1, 60 VwVG NRW), zuzustellen. Dies gilt auch dann, wenn sie - wie hier - mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt verbunden ist und für ihn keine Zustellung vorgesehen ist (Satz 2).

§ 63 Abs. 6 Satz 1 VwVG NRW enthält eine zwingende Regelung über die Form der Bekanntgabe (§ 41 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW), deren Nichtbeachtung - vorbehaltlich von Heilungsmöglichkeiten - grundsätzlich zur Unwirksamkeit der Androhung führt, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Januar 1993 - 20 B 3082/92 -, NWVBl. 1994, 32 m.w.N. sowie Engelhardt/App, VwVG/VwZG, 7. Aufl., 2006, § 13 Rdnr. 9.

Eine demnach erforderliche Zustellung nach dem Verwaltungszustellungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LZG NRW) - auch eine solche nach § 10 LZG NRW - ist hier aber nicht erfolgt. Eine Zustellung kann insbesondere nicht durch eine öffentliche Bekanntmachung im Sinne des § 41 Abs. 3 und 4 VwVfG NRW ersetzt werden, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Juli 2007 - 13 B 950/07 -, juris m.w.N. sowie Engelhardt/App, VwVG/VwZG, 7. Aufl., 2006, § 13 Rdnr. 9.

Die Zustellung war auch nicht ausnahmsweise - in entsprechender Anwendung des § 63 Abs. 1 Satz 5 VwVG NRW - entbehrlich. Es lag weder ein Eilfall im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 5, 2. Alt. VwVG NRW i.V.m. § 55 Abs. 2 VwVG NRW vor - der Verwaltungszwang war aufgrund der gleichzeitig ergangenen Untersagungsverfügung angewandt worden - noch war ein Eilfall im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 5 1. Alt. VwVG NRW gegeben.

Eine danach erforderliche besondere Eilbedürftigkeit bestand nicht, wie schon die in Ziffer 1 der Allgemeinverfügung gesetzte Zwei-Wochen-Frist zeigt. Lediglich die Umstände, die eine Zustellung erschwerten, waren die gleichen, die auch zu einer öffentlichen Bekanntgabe der Allgemeinverfügung führten (vgl. §§ 41 Abs. 3 Satz 2, 41 Abs. 4 VwVfG NRW).

Eine öffentliche Zustellung aufgrund solcher Umstände sieht das Landeszustellungsgesetz NRW aber nicht vor. Vielmehr wäre es unter diesen Umständen, gerade auch mit Blick auf die Handlungsform der Allgemeinverfügung angezeigt gewesen, die Grundverfügung ohne die Androhung als Allgemeinverfügung zu erlassen und dann - nach Feststellung einzelner Verstößen - die Androhung den Betroffenen zuzustellen. Einer solchen Vorgehensweise stand insbesondere auch nicht die "Sollverpflichtung" des § 63 Abs. 2 Satz 2 VwVG NRW entgegen - soweit diese überhaupt technisch im Sinne einer "Sollvorschrift" und nicht nur als bloße Empfehlung zu verstehen ist.

Denn hier lagen besondere Umstände vor, die die Annahme einer Ausnahme von der in der Regel vorgesehenen Verbindung von Grundverwaltungsakt und Androhung in dem Fall, dass ein Rechtbehelf keine aufschiebende Wirkung hat, geboten haben, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Juli 2007 - 13 B 950/07 -, juris.

Auch eine Heilung der fehlenden Zustellung nach Maßgabe von § 8 LZG NRW scheidet aus. Die Vorschrift ist nämlich nur anwendbar, wenn überhaupt eine Zustellung vorliegt ist. Eine Zustellung ist hier aber nicht erfolgt, da es insoweit schon an dem nach § 1 Abs. 2 LZG NRW erforderlichen Zustellungswillen fehlte. Die Beklagte hat sich nämlich ersichtlich auf eine öffentliche Bekanntgabe der Allgemeinverfügung im Sinne des § 41 Abs. 3 und 4 VwVfG NRW beschränkt und von einer Zustellung nach dem Landeszustellungsgesetz NRW bewusst abgesehen, vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juni 1963 - V C 198.62 -, BVerwGE 16, 165; OVG NRW, Beschluss vom 24. Juli 2007 - 13 B 950/07 -, juris; Sadler, VwVG/VwZG, 6. Aufl. 2006, § 8 VwZG Rdnr. 19 f.

Auch ist die Berücksichtigung der - von Amts wegen zu beachtenden - fehlenden Zustellung nicht ausgeschlossen. Zwar ist anerkannt, dass eine mangelhafte Zustellung durch Einlegung der vorgesehenen Rechtsbehelfe, ohne den Mangel zu rügen, geheilt werden kann bzw. dass sich derjenige nicht mehr auf Zustellungsmängel berufen kann, der die gegen den Verwaltungsakt vorgesehenen Rechtsbehelfe eingelegt hat, ohne die Mängel zu rügen, vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Mai 1988 - 8 C 11.85 -, juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 1. März 1988 - 1 W 51/86 -, NJW 1989, 120 und vom 27. März 1998 - 15 A 3421/94 -, NVwZ-RR 1999, 786.

Insoweit geht es aber allein um Fälle, in denen die Behörde auf die Wirksamkeit der Zustellung vertraut hat bzw. in denen für den Empfänger die Funktion der Zustellung darin bestand, ihm eine Ausfertigung des zuzustellenden Schriftstücks zu überlassen, um zu klären, ob gegen die Verfügung ein Rechtsbehelf eingelegt werden soll. Hat der Adressat des Bescheides einen Rechtsbehelf eingelegt, haben sich Mängel nicht zu seinen Lasten ausgewirkt. Hier konnte und durfte die Beklagte aber nicht auf die Wirksamkeit einer Zustellung vertrauen, da sie von einer solchen bewusst abgesehen hat. Auch dient die Zustellung nach § 63 Abs. 6 Satz 1 VwVG NRW der Androhung eines Zwangsmittels, der eine Warn- und Erzwingungsfunktion zukommt.

Die Einlegung der Rechtsbehelfe durch den Kläger zeigt aber gerade nicht, dass sich Mängel im Rahmen der Warn- bzw. Erzwingungsfunktion nicht zu seinen Lasten ausgewirkt haben. Insbesondere kann daraus nicht gefolgert werden, dass er positiv weiß, dass ihm - ungeachtet der Einlegung der Rechtsbehelfe - bei Zuwiderhandlung gegen die Verfügung eine Zwangsgeldfestsetzung droht, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Juli 2007 - 13 B 950/07 -, juris.

Die fehlende Zustellung der Zwangsgeldandrohung, die nach alledem zur Unwirksamkeit der Androhung führt, hat allerdings nicht zur Folge, dass die Allgemeinverfügung insgesamt und damit auch die Untersagungsverfügung in Ziffer 1 unwirksam wäre, vgl. so wohl Sadler, VwVG/VwZG, 6. Aufl. 2006, § 13 VwVG Rdnr. 86.

Eine solche Rechtsfolge ergibt sich insbesondere nicht aus § 63 Abs. 6 Satz 2 VwVG NRW, wonach die Androhung auch dann zuzustellen ist, wenn sie mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt verbunden ist und für ihn keine Zustellung vorgeschrieben ist. Diese Bestimmung ordnet sowohl nach ihrem Wortlaut als auch nach ihrer systematischen Stellung allein das Zustellungserfordernis hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung an.

Eine Aussage zur Zustellungsbedürftigkeit des zu vollstreckenden Verwaltungsakts trifft sie hingegen nicht. Der Vorschrift kommt lediglich eine klarstellende Funktion dahingehend zu, dass das Zustellungserfordernis für die Zwangsmittelandrohung mit Blick auf deren Warn- und Erzwingungsfunktion stets gilt, und zwar unabhängig davon, ob eine Zustellung für den verbundenen Grundverwaltungsakt vorgesehen ist oder nicht. Die Androhung soll insoweit gerade nicht das rechtliche Schicksal des zu vollstreckenden Verwaltungsakts teilen.

Die Frage, ob der Grundverwaltungsakt selbst zuzustellen ist, bestimmt sich demgegenüber allein nach dem jeweils einschlägigen Fachrecht. Ist eine Zustellung hinsichtlich des der Vollstreckung zugrunde liegenden Verwaltungsakts danach nicht vorgesehen, bleibt es dabei, und zwar auch dann, wenn der Verwaltungsakt mit der Zwangsmittelandrohung verbunden und diese nach § 63 Abs. 6 VwVG NRW zuzustellen ist. Daher sind, wenn die Zustellung des Bescheides, in dem Grundverfügung und Zwangsgeldandrohung miteinander verbunden sind, fehlerhaft unterbleibt, die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen - wie auch sonst, wenn ein Bescheid mehrere Regelungen enthält - jeweils getrennt hinsichtlich der Grundverfügung und der Androhung zu beurteilen.

Dass infolge dessen ggf. unterschiedliche Rechtsbehelfsfristen für Grundverwaltungsakt und Androhung laufen können, steht dem angesichts der rechtlichen Eigenständigkeit der Regelungen nicht entgegen. § 63 Abs. 6 Satz 2 VwVG NRW kann insbesondere auch nicht mit einer behördlich angeordneten Zustellung im Sinne von § 1 Abs. 1 LZG NRW gleichgestellt werden, bei der die Behörde, wenn sie sich für eine Zustellung entschieden hat, verpflichtet ist, die maßgeblichen Zustellungsvorschriften des Landeszustellungsgesetzes NRW einzuhalten, auch wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Zustellung nicht bestand.

Denn eine solche behördliche Anordnung liegt in dem Fall, dass ein verbundener Bescheid entgegen § 63 Abs. 6 Satz 2 VwVG NRW nicht zugestellt wird, gerade nicht vor. Ungeachtet dessen ist die Erstreckung der Rechtsfolgen einer fehlenden Zustellung der Zwangsmittelandrohung auf den mit ihr verbundenen Grundverwaltungsakt jedenfalls dann abzulehnen, wenn aufgrund besonderer Umstände - wie hier der Handlungsform der Allgemeinverfügung - die
"Sollverpflichtung" des § 63 Abs. 2 Satz 2 VwVG NRW nicht greift und von einer Verbindung des zu vollstreckenden Verwaltungsakts mit der Androhung abzusehen ist. In diesem Fall muss es - auch bei einer dies verkennenden tatsächlichen Verbindung - bei der rechtlichen Unabhängigkeit von Grundverwaltungsakt und Androhung verbleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.