Vermittlung von Sportwetten
Leitsatz
1. Lotto-Hessen hat bislang nicht die Vorgaben des BVerfG, Urt. 28.03.2006 - Az.: 1 BvR 1054/01 ausreichend umgesetzt, da weder die Zahl der Lotto-Annahmestellen, über die die Oddset-Wetten abgeschlossen werden können, noch das Internetportal (lotto-hessen.de) maßgeblich verändert und die dortigen Zugangsmöglichkeiten signifikant eingeschränkt wurden.
2. Die landesrechtlichen Regelungen zum Sportwettenrecht sind in Hessen somit derzeitig verfassungswidrig. Privaten Sportwetten-Anbietern kann somit keine Untersagungsverfügung ausgesprochen werden.
3. Aus all diesen Gründen ist ein Verbot der privaten Sportwetten-Vermittlung rechtswidrig.
Tenor
In dem Verwaltungsstreitverfahren (...) hat die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden (...) beschlossen:
1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 09.06.2006 wird hinsichtlich der Ziffern 1 und 2 wiederhergestellt und hinsichtlich der Ziffern 4 und 5 angeordnet.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,- € festgesetzt.
Sachverhalt
(vgl. Entscheidungsgründe)
Entscheidungsgründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen eine sofortvollziehbar erklärte Untersagungs- und Schließungsverfügung der Antragsgegnerin.
Der Antragsteller betreibt seit dem 01.08.2005 ein Wettbüro in Wiesbaden und vermittelt Sportwetten an die Firma (...) in Wien, ein in Österreich lizenziertes, Unternehmen.
Nach Anhörung (mit Schreiben vom 26.05.2006) untersagte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Verfügung vom 09.06.2006 „ohne Erlaubnis einer dafür zuständigen hessischen Behörde Sportwetten anzubieten, an Veranstalter zu vermitteln, die für ihre Tätigkeit keine Erlaubnis einer dafür zuständigen hessischen Behörde besitzen, die Einrichtungen hierfür bereitzustellen und für entsprechende Angebote zu werben";
Die Schließung des Sportwettbüros in Wiesbaden wurde angeordnet, ebenso die sofortige Vollziehung der Verfügung. Zur Umsetzung der Schließung wurde dem Antragsteller eine Frist von sieben Tagen nach Zugang des Bescheides eingeräumt und ihm für den Fall, dass er dem nicht innerhalb der gesetzten Frist nachkomme, die behördliche Schließung im Wege der Ersatzvornahme angedroht.
Die Verfügung ergehe auf der Grundlage des § 11 HSOG. Dadurch, dass der Antragsteller Sportwelten der Firma (...) aus Österreich anbiete und vermittele, verstoße er gegen § 284 StGB, weil er ohne behördliche Erlaubnis ein Glücksspiel vermittele.
Die der Firma (...) in Österreich erteilte Konzession habe in Hessen keine Gültigkeit.
Es sei allein das Land Hessen befugt, innerhalb seines Staatsgebietes Sportwetten zu veranstalten (§ 1 des Gesetzes über staatliche Sportwetten, Zahlenlotterien und Zusatzlotterien in Hessen - SpW/LottoG -). Mit der Durchführung der vom Land veranstalteten Sportwetten sei die Lotterie-Treuhandgesellschaft mbH Hessen beauftragt. Anderen Personen oder Gesellschaften könne keine Erlaubnis zum Veranstalten von Sportwetten erteilt werden.
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 (1 BvR 1054/01) sei der Gesetzgeber zwar verpflichtet, das Recht der Sportwetten bis zum 31.12.2007 neu zu regeln. Bis dahin bleibe aber die bisherige Rechtslage, und damit auch § 284 StGB, weiterhin anwendbar.
Lotto Hessen habe bereits seine Vertriebsaktivitäten im Bereich der Sportwetten entsprechend den vom Bundesverfassungsgericht gemachten Vorgaben umgestaltet.
Auf die der (...) aus Österreich erteilte Erlaubnis könne sich der Antragsteller in Deutschland nicht berufen.
Was deutschen Staatsbürgern oder Firmen verboten sei, werde durch das Recht der EU auch Ausländern oder ausländischen Firmen nicht erlaubt.
Weiterhin liege ein Verstoß gegen § 5 SpW/LottoG vor, wonach es verboten sei, ohne Genehmigung des Landes für eine Sportwette zu werben, Abschlüsse zu vermitteln oder Angebote zum Abschluss von Spielverträgen entgegenzunehmen. Nur durch die Untersagung könne gewährleistet werden, dass der Antragsteller nicht weiterhin den Straftatbestand des unerlaubten Veranstaltens von Glücksspielen verwirkliche.
Die Schließungsverfügung ergebe sich als logische Konsequenz aus der Untersagung.
Die Androhung der Ersatzvornahme beruhe auf §§ 47,49 HSOG. Die Frist von sieben Tagen sei ausreichend bemessen, um der Schließungsanordnung nachzukommen.
Es bestehe ein besonderes öffentliches Interesse an der Unterbindung der vom Antragsteller ausgeübten illegalen Tätigkeit.
Wenn dies nicht mit sofortiger Wirkung geschehe, werde der Antragsteller sein nach § 284 StGB strafrechtlich verbotenes Verhalten fortsetzen. Nur durch sofortiges Einschreiten sei ein wirksamer Schutz der Bevölkerung, vor den Gefahren unerlaubten Glücksspiels zu erreichen.
Es bestehe ein öffentliches Interesse daran, dass die Verbotsnormen des § 284 StGB sowie der §§ 1 und 5 SpW/LottoG bis zu einer Entscheidung des Gesetzgebers über das Recht der Sportwetten beachtet werden. Es könne nicht hingenommen werden, dass der ungenehmigte und illegale Betrieb des Sportwettbüros bis zum Abschluss eines zeitaufwendigen verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahren fortgeführt werde.
Auch stehe zu befürchten, dass auf Grund der Vorbildwirkung weitere illegale Sportwettbüros eröffnet werden.
Ein effektives Vorgehen sei angesichts dessen nur bei sofortiger Vollziehung der Ordnungsverfügung möglich. Die von den staatlichen Lotterien angestrebte Suchtbekämpfung - nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts - durch geeignete Maßnahmen laufe leer, wenn Interessenten weiterhin die Möglichkeit hätten, private Wettbüros aufzusuchen, die den Vorteil günstigerer Quoten und interessanterer Wettangebote haben. Hinter diesem öffentlichen Interesse müsse das private rein wirtschaftliche Interesse an der vorübergehenden Fortführung der untersagten Tätigkeit zurücktreten. Auf das Vorliegen darüber hinausgehender konkreter Gefahren für das Allgemeinwohl komme es nicht an. Obwohl sich im Anhörungsverfahren für den Antragsteller ein Bevollmächtigter unter Vorlage einer schriftlichen Vollmacht gemeldet hatte, wurde der Bescheid dem Antragsteller persönlich am 09.06.2006 ausgehändigt.
Dagegen ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten unter dem 16.06.2006 Widerspruch einlegen. Unter gleichem Datum hat er den vorliegenden Eilantrag gestellt.
Das Bundesverfassungsgericht habe die Verfassungs- und im Ergebnis auch die Europarechtswidrigkeit des staatlichen Glückspielmonopols in seiner derzeitigen Ausgestaltung bestätigt.
Entsprechend habe auch die europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren unter anderem gegen Deutschland eingeleitet. Die vom Bundesverfassungsgericht für die nationale Regelung gewährte Übergangsfrist bis zum 31.12.2007 sei europarechtlich irrelevant.
Gemeinschaftsrechtswidrige nationale Vorschriften dürften von Gerichten und Behörden nicht angewandt werden. Anders als das nationale Verfassungsrecht kenne das Gemeinschaftsrecht keine Umstellungsfristen. Außerdem sei eine Umsetzung der verfassungsgerichtlichen Vorgaben durch die Staatlichen Lotterieanbieter bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht ersichtlich.
Das Sportwettenangebot von Oddset sei nach wie vor im Internet abrufbar und einer breiten Masse von Spielinteressenten zugänglich. Es würden expliziert Neukunden angesprochen, was zeige, dass der Spieltrieb nicht kanalisiert, sondern gefördert werden solle. Auch das dichte Netz von Annahmestellen sei in keiner Weise eingeschränkt worden. Weiterhin verleihe der staatliche Anbieter seiner Tätigkeit das Erscheinungsbild einer unbedenklichen Freizeitbeschäftigung, die als normales Gut des täglichen Lebens überall verfügbar sei.
Auch der Sofortvollzug sei nicht gerechtfertigt. Die Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts in dem Beschluss vom 27.04.2005 (1 BvR 223/05) zum effektiven Rechtsschutz im Eilverfahren gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung von Untersagungsverfügungen fänden auch nach dem Urteil vom 28.03.2006 unverändert Anwendung.
Ein öffentliches Interesse am sofortigen Tätigwerden sei nicht vorhanden.
Verwirklichten die staatlichen Anbieter das vorgegebene Ziel des Monopols nicht, könne nicht unter dem Vorwand der Suchtbekämpfung gegen private Anbieter und Bewerber von Sportwetten vorgegangen werden. Konkrete Gefahren, die vom Antragsteller ausgingen, seien weder ersichtlich noch festgestellt.
Abstrakte Gefahren des Glücksspieles reichten gerade nicht aus, um den Sofortvollzug zu rechtfertigen. Schließlich stehe der Gedanke des Vertrauensschutzes dem Sofortvollzug entgegen. Seit der Entscheidung EuGH in Sachen Gambelli am 06.11.2003 (GewArch 2004, S. 30) habe sich bei Anbietern und Vermittlern von Sportwetten und deren Werbepartnern ein Vertrauen dahin aus gebildet, dass sie beim Angebot, der Vermittlung und Bewerbung von Sportwelten rechtmäßig handelten. Dieser Vertrauenstatbestand sei durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit der Übertragung des identischen Prüfungsmaßstabes noch bestätigt worden.
Der Antragsteller beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 16.06.2006 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 09.06.2006 zu Untersagung des Betriebs eines Sportwettbüros wiederherzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Darlegungen im angefochtenen Bescheid und verweist auf eine Stellungnahme der Lotterie Treuhandgeseilschaft Hessen vom 23.05.2006 an das Hessische Ministerium des Innern, aus der hervorgehe, welche Maßnahmen in Hessen zur Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts bereits ergriffen worden seien. Deshalb seien die hessischen Regelungen auch gegenwärtig als verfassungskonform anzusehen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Behördenakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist begründet.
Hinsichtlich Ziffern 1 und 2 der Verfügung ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen, im Übrigen ist sie anzuordnen.
Nach der in Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung kann weder die offensichtliche Rechtmäßigkeit noch die offenkundige Rechtswidrigkeit von Ziff. 1 und 2 des angefochtenen Bescheides festgestellt werden.
Die Antragsgegnerin hat sich auf die der bayerischen vergleichbare Rechtslage in Hessen (SpW/LöttoG und Staatsvertrag) gestützt und durfte davon ausgehen, dass trotz festgestellter Verfassungswidrigkeit des bayerischen Staatslotteriegesetzes die dort für die Übergangszeit erlaubte ordnungsrechtliche Unterbindung gewerblichen Veranstaltens und Vermittelns von Sportwetten durch private Anbieter auch in Hessen Geltung beanspruchen kann.
Allerdings hat das Gericht gewisse Zweifel, ob die Bedingungen, unter denen das BVerfG in seinem Urteil vom 28.03.2006 (Az.: 1 BvR 1054/01) eine Weitergeltung und -anwendung des bisherigen Landesrechts für zulässig erachtet hat (Beginn der Ausrichtung des Wettmonopols an einer Bekämpfung der Wettsucht und einer Begrenzung der Wettleidenschaft), in Hessen bereits angemessen erfüllt wurden.
Die Übergangszeit darf - nach der Rechtsprechung des BVerfG - nicht zu einer expansiven Vermarktung der Wetten genutzt werden, die Erweiterung des Wettangebots sowie Werbung, die über sachliche Informationen zu Art und Weise der Wettmöglichkeit hinausgeht und gezielt zum Wetten auffordert, sind untersagt. Ferner hat die staatliche Lotterieverwaltung umgehend aktiv über die Gefahren des Wettens aufzuklaren (so BVerfG, a.a.O., Nr. 160).
An Maßnahmen, die bereits zur Umsetzung ergriffen wurden, hat die Lotterie-Treu-handgesellschaft in ihrer von der Antragsgegnerin vorgelegten Stellungnahme erklärt, das Wettangebot sei verringert worden (Verzicht auf Halbzeitwetten), in Stadien könnten keine Wetten mehr abgeschlossen werden, die Werbung sei erheblich eingeschränkt worden (Verzicht auf TV-, Rundfunk und Bandenwerbung) und es werde auf Spielscheinen, Flyern, Plakaten und in Broschüren auf die Suchtgefahren hingewiesen.
Alle übrigen dort aufgeführten Maßnahmen sind erst in der Planung, der überarbeitete Internet-Auftritt wird für Herbst 2006 angekündigt. Da weder die Zahl der Lotto-Annahmestellen, über die die Oddset-Wetten abgeschlossen werden können, noch das Internetportal maßgeblich verändert und die dortigen Zugangsmöglichkeiten signifikant eingeschränkt wurden, ist das Bild einer grundsätzlich unbedenklichen Freizeitbeschäftigung noch nicht aufgegeben worden.
Eine offenkundige Rechtswidrigkeit kann allerdings auch nicht festgestellt werden.
Es werden jedenfalls überhaupt Maßnahmen zur Eingrenzung der Wettleidenschaft getroffen und auf die Gefährlichkeit der Wettsucht u.a. auf der Homepage von lotto-hessen.de und durch in den Annahmestellen ausliegende Flyer hingewiesen.
Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass dem Europarecht Übergangsregelungen und Umsetzungsfristen wie sie das BVerfG in seinem Urteil vom 28.03.2006 - trotz festgestellter Verfassungswidrigkeit - eingeräumt hat, fremd wären. Beispielhaft seien hier die Entscheidungen des EuGH vom 30.05.2006 (C-317/04 und 318/84), vom 05.02.2004 (C-157/02), vom 23.05.2000 (C-196/98) und vom 18.12.1997 (C-129/96) genannt.
Allerdings begegnet die Anordnung des Sofortvollzugs durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Sie wurde zwar formal § 80, Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechend begründet, die Begründung hält aber einer inhaltlichen Überprüfung nicht stand.
Der Sofortvollzug wird nahezu ausschließlich auf die Strafbarkeit des Verhaltens des Antragstellers nach § 284 StGB reduziert, das überwiegende öffentliche Interesse wird auf die Notwendigkeit der Beachtung dieser Verbotsnorm gestützt (die Strafnorm des § 5 SpW/LottoG kann wegen der Regelung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG nicht herangezogen werden).
Dabei hat die Antragsgegnerin die Entscheidung des BVerfG vom 27.04.2005 (1 BvR 223/05) nicht hinreichend beachtet
Das BVerfG hat seine in diesem Beschluss geäußerte Rechtsansicht durch das Urteil vom 28.03.2006 im Verfahren 1 BvR 1054/01 nicht etwa stillschweigend aufgegeben (so aber VG München, Beschluss vom 11.05.2006 -Az.: M 22 S 06.1473), sondern allenfalls dahin präzisiert, dass die Frage, ob in der Übergangszeit eine Strafbarkeit nach § 284 StGB gegeben ist, der Entscheidung der Strafgerichte unterliegt und damit auch von diesen eine Vorlage an den EuGH zu prüfen ist.
Nach wie vor kann - wie das BVerfG in dem Beschluss vom 27.04.2005 ausgeführt hat - die generelle Strafbarkeit des hier in Rede stehenden Verhaltens des Antragstellers nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit (für die ordnungsrechtliche Begründung des Sofortvollzugs) angenommen werden, weil die Anwendbarkeit der Strafnorm wegen Zweifeln an der gemeinschaftsrechtlichen Vereinbarkeit „kaum ohne Vorlage an den EuGH festgestellt werden" kann.
Es bedarf für den Sofortvollzug vielmehr einer individuellen Begründung mit konkreten Gefahren für das Allgemeinwohl.
Der Umstand, dass das BVerfG für eine Übergangszeit die Anwendung bisherigen - als verfassungswidrig erkannten - Landesrechts (hier: Bay. StaatslotterieG) für zulässig erachtet und damit den Ordnungsbehörden erlaubt hat, das gewerbliche Veranstalten und Vermitteln von Sportwetten (nach Landesrecht) als verboten anzusehen und ordnungsrechtlich zu unterbinden, bedeutet nicht, dass nunmehr auch die Anordnung des Sofortvollzuges unter Berufung auf die nicht zweifelsfrei europarechtskonforme bundesrechtliche Strafnorm des § 284 StGB gerechtfertigt wäre.
Über deren Anwendung und Auslegung hatte das BVerfG im Urteil vom 28.03.2006 im Übrigen nicht zu entscheiden.
Konkrete Gefahren für das Allgemeinwohl, die die Anordnung des Sofortvollzugs und die Unaufschiebbarkeit deor Maßnahme begründen könnten, hat die Antragsgegnerin nicht bzw. nicht hinreichend nachvollziehbar benannt. Entsprechend konnte sie auch nicht prüfen, ob eventuell weniger einschneidende Maßnahmen - etwa Auflagen während des Laufs der Rechtsmittelfristen - hätten ergriffen werden können, um dem öffentlichen Interesse zur Geltung zu verhelfen.
Der Umstand, dass ein Widerspruch und eine Klage aufschiebende Wirkung entfalten und die Vollstreckung der Verfügung durch Widerspruchs- und Klageverfahren zeitlich herausgeschoben werdon wird, ist nicht geeignet, das besondere Vollzugsinteresse zu begründen; dies ist der Regelfall des § 80 Abs. 1 VwGO.
Auch der zitierte Nachahmungseffekt kann in diesem Fall die Notwendigkeit eines sofortigen Einschreitens nicht rechtfertigen.
Seit mehreren Jahren, insbesondere nach Ergehen der sog. Garnbelli-Entscheidung des EuGH im Jahre 2003, drängen ausländische Wettanbieter bzw. deren Vermittler auf den deutschen Markt. Die Unterbindung des Nachahmungseffekts i.S. einer Generalprävention erscheint jedenfalls ohne Hinzutreten besonderer Umstände des Einzelfalls nicht geeignet, gerade im jetzigen Zeitpunkt ein überwiegendes öffentliches Sofortvollzugsinteresse zu begründen.
Auch die „angestrebte" Suchtbekämpfung zur Rechtfertigung des Staatsmonopols bietet keine Grundlage für die sofortige Vollziehung, sondern ist die Bedingung, unter der das verfassungswidrige Landesrecht für eine Übergangszeit weiter angewandt werden darf.
Bei dieser Sachlage ist den Interessen des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs und der Fortsetzung seiner grundsätzlich durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten wirtschaftlichen Betätigung jedenfalls vorläufig der Vorrang einzuräumen.
Ziffern 4 und 5 der Verfügung sind schon deshalb fehlerhaft, weil sie von einer sofort vollziehbaren Grundverfügung ausgehen.
Insoweit ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen (vgl. § 16 HessAGVwGO).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Streitwert wurde nach § 52 Abs, 1 GKG und Nr. 54.2.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Mindestansatz für Gewerbeuntersagung) bestimmt und wegen der geringeren Bedeutung des Eilverfahrens um die Hälfte reduziert (so HessVGH, Beschluss vom 29.08.2005, Az.: 11 TE 1925/05).