Vermittlung von Sportwetten
Leitsatz
1. Das nordrhein-westfälische Sportwettenrecht verstößt gegen EU-Recht.
2. Entgegen dem OVG NRW (Beschl. v. 28.06.2006 - Az.: 4 B 961/06) existiert kein allgemeines Prinzip der Rechtssicherheit, dass die Rechtsfolgen einer Kollision mit höherrangigem Recht beschränkt, um unerträgliche Konsequenzen einer sonst eintretenden Regelungslosigkeit zu vermeiden.
3. Das Verbot, private Sportwetten an im EU-Ausland konzessionierte Anbieter zu vermitteln, ist daher rechtswidrig.
Tenor
In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren (...)
wegen Untersagung der Vermittlung von Sportwetten
hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Arnsberg am 22. August 2006 (...) beschlossen:
1. Die aufschiebende Wirkung der Widersprüche des Antragstellers vomn 9. Juni und 4. Juli 2006 gegen die Ordnungsverfügungen des Antragsgegners vom 1. Juni 2006 und vom 30. Juni 2006 wird wiederhergestellt bzw. angeordnet.
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 8.250,00 € festgesetzt.
Sachverhalt
(vgl. Entscheidungsgründe)
Entscheidungsgründe
Der dem Tenor entsprechende sinngemäße Antrag des Antragstellers ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig und begründet.
Das private Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches gegen die angefochtenen Ordnungsverfügungen überwiegt das öffentliche Interesse an ihrer sofortigen Durchsetzung. Denn bei der im vorliegenden Eilverfahren allein möglichen summarischen Beurteilung bestehen schwerwiegende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der genannten Verfügungen.
Vor diesem Hintergrund fällt auch die Interessenabwägung im Übrigen zu Gunsten des Antragstellers aus.
Die Voraussetzungen für das ordnungsbehördliche Einschreiten des Antragsgegners sind voraussichtlich nicht gegeben, und zwar unabhängig davon, ob als Ermächtigungsgrundlage § 15 Abs. 2 der Gewerbeordnung (GewO), § 35 Abs. 1 GewO oder § 14 Abs. 1 des Gesetzes über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden
(Ordnungsbehördengesetz - OBG -) in Betracht kommen. Denn es spricht alles dafür, dass die gewerbliche Tätigkeit des Antragstellers, der für die Fa. Tipico Co. Ltd.,
Birkirkara (Malta), Sportwetten vermittelt, gegenwärtig nicht gegen Rechtsnormen verstößt. Insbesondere wirkt der Antragsteller nicht bei der Verwirklichung eines
Straftatbestandes mit.
Die Verletzung des § 1 Abs. 1 des Sportwettengesetzes NRW, der die Veranstaltung von Sportwetten von einer Erlaubnis abhängig macht, welche die Geschäftspartnerin des Antragstellers nicht besitzt und nach dieser Vorschrift auch nicht erhalten kann, rechtfertigt die Verbotsverfügung ebenfalls nicht.
Die Kammer geht zwar nach wie vor und in Übereinstimmung mit der überwiegenden obergerichtlichen Rechtsprechung davon aus, dass Sportwetten in der Form der
Oddset-Wetten Glückspiele im Sinne des § 284 Abs. 1 des Strafgesetzbuches (StGB) sind. Diese Glückspiele werden im vorliegenden Fall (auch) in Nordrhein-
Westfalen veranstaltet, indem hier durch einen Vermittler, den Antragsteller, die Möglichkeit eröffnet wird, Angebote zum Abschluss von Wettverträgen abzugeben (vgl.
§ 9 StGB). Seine Gewerbeausübung ist ohne die nachstehend angesprochenen Auswirkungen der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 43 und 49 des
EG-Vertrages (EG) jedenfalls als Beihilfe zur Verwirklichung des Straftatbestandes des § 284 Abs. 1 StGB zu beurteilen.
Vgl. hierzu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschlüsse vom 28. Juni 2006 - 4 B 961/06 - und vom 8. November 2004 - 4 B 1270/04 - m. w. N.
Die auf § 284 Abs. 1 StGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1 des Sportwettengesetzes NRW in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung beruhende Strafbarkeit des Veranstaltens von Sportwetten durch einen Gewerbetreibenden, der für diese Tätigkeit eine Erlaubnis eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union (EU) erhalten hat,
und der damit einhergehende Ausschluss dieser Gewerbetreibenden vom Sportwettenmarkt in Nordrhein-Westfalen sind jedoch mit der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 43 und 49 EG nicht vereinbar. Dies führt wegen des Anwendungsvorranges des europäischen Gemeinschaftsrechts zur Unanwendbarkeit
der vorgenannten, mit ihm unvereinbaren nationalen Rechtsnormen. Damit entfällt auch die Grundlage dafür, die Vermittlungstätigkeit des Antragstellers zu unterbinden.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 6. November 2003 - Rs C-243/01 - (Gambelli) entschieden, dass nationale Regelungen, die strafbewehrte Verbote des Sammelns, der Annahme und der Übertragung von Sportwetten enthalten, Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs nach den Art. 43 und 49 EG darstellen, wenn der betreffende Mitgliedstaat (wie hier) keine Genehmigungen erteilt. Diese Beschränkungen müssen - in ihren konkreten nwendungsmodalitäten - aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Sie müssen geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten, und sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist.
Auf jeden Fall müssen sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden. Zu den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, die Beschränkungen der Spieltätigkeiten rechtfertigen können, gehört u.a. die Vermeidung von Anreizen zu überhöhten Ausgaben für das Spielen, Unverhältnismäßig können strafrechtliche Sanktionen für das Durchführen von Wetten mit Veranstaltern in einem anderen Mitgliedstaat der EU vor allem dann sein, wenn zur Teilnahme an Wetten ermutigt wird, sofern sie von staatlich zugelassenen nationalen Einrichtungen organisiert werden.
Diese Anforderungen erfüllt das Sportwettengesetz NRW in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung nicht. Zu dieser Beurteilung gelangt das Gericht unter Würdigung der
Einschätzungen, die das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bei der Prüfung vorgenommen hat, ob die dem Sportwettengesetz NRW entsprechenden bayerischen Vorschriften, die der Erteilung einer Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten an einen nichtstaatlichen Bewerber entgegenstehen, mit dessen durch Art. 12 Abs. 1 des
Grundgesetzes (GG) geschützter Berufsfreiheit vereinbar sind.
Danach liegen dem staatlichen Wettmonopol in Bayern legitime Gemeinwohlziele, u.a. die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht, zugrunde. Der Gesetzgeber hat grundsätzlich auch davon ausgehen dürfen, dass die gesetzliche Errichtung des fraglichen Monopols ein geeignetes und erforderliches Mittel ist, um die Suchtgefahren
zu bekämpfen. In seiner gesetzlichen und tatsächlichen Ausgestaltung im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts stellt das in Bayern errichtete
staatliche Wettmonopol auch unter Berücksichtigung des von sämtlichen Ländern ratifizierten Lotteriestaatsvertrages jedoch einen unverhältnismäßigen Eingriff in die
Berufsfreiheit dar. Denn es ist in einer Weise ausgestaltet, die eine effektive Suchtbekämpfung nicht sicherstellt. Diese Unverhältnismäßigkeit erfasst auch den Aus-
schluss der Vermittlung nichtstaatlicher Wetten.
Vgl. BVerfG, a. a. 0. Rn. 118, 119, 143.
Diese Wertungen sind auch für die Beantwortung der Frage maßgeblich, ob die tatsächliche und rechtliche Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols in Deutsch-
land den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts entspricht. Diese vom Europäischen Gerichtshof in seiner vorgenannten Entscheidung vom 6. November 2003 formulier-
ten Vorgaben entsprechen denen des Grundgesetzes.
Vgl. BVerfG, a a. O., Rn. 144.
Die vom Bundesverfassungsgericht vorgenommene Anwendung dieser Grundsätze auf die Rechtslage in Bayern ist auf den Rechtszustand in Nordrhein-Westfalen zu
übertragen.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. August 2006 - 1 BvR 2677/04 -, Rn. 16.
Die Rechtslage in diesen beiden Bundesländern weist in dem hier erheblichen Zusammenhang keine wesentlichen Unterschiede auf. In beiden Ländern gibt es ein
staatliches Monopol für die Veranstaltung von Sportwetten, und zwar in Bayern zugunsten der Staatlichen Lotterieverwaltung bzw. einer juristischen Person des Privatrechts, deren alleiniger Gesellschafter der Freistaat Bayern ist (Art. 2 Abs. 4 und 5 des Staatslotteriegesetzes), und in Nordrhein-Westfalen zugunsten einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder juristischen Personen des privaten Rechts, deren Anteile überwiegend juristischen Personen des öffentlichen Rechts gehören (§ 1 Abs. 1 des Sportwettengesetzes NRW). Die ergänzenden Regelungen des im Jahre 2004 in Kraft getretenen Lotteriestaatsvertrages (vgl. das Zustimmungsgesetz vom 22. Juni 2004, GV NRW S. 315, SGV.NRW 7126) gelten ohnehin bundesweit einheitlich.
Danach verstößt das nordrhein-westfälische Sportwettenmonopol zugunsten staatlicher (öffentlich-rechtlicher) bzw. von ihnen beherrschter Veranstalter in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung gegen Art. 43 und 49 EG. Dieser Verstoß erfasst auch das Verbot entsprechender Vermittlungstätigkeiten, wie sie der Antragsteller vornimmt.
Zwar mag sich die tatsächliche Ausgestaltung des Wettmonopols inzwischen geändert haben (vgl. hierzu das Schreiben des Innenministeriums des Landes Nordrhein-
Westfalen an die Geschäftsführung der Westdeutschen Lotterie GmbH & Co. OHG vom 19. April 2006 – 14.-38.07.06 – 5 - mit Hinweisen, wie die Vorgaben aus dem
Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 umgesetzt werden sollen, sowie OVG NRW, Beschluss vom 3. August 2006 - 4 B 1339/06 -); die entsprechende Werbung ist zumindest eingeschränkt worden.
Die rechtliche Ausgestaltung dieses Monopols, die nach der genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ebenfalls mit Art. 12 Abs. 1 GG (und damit wegen der inhaltlichen Parallelität der rechtlichen Vorgaben auch mit Art. 43, 49 EG) unvereinbar ist, ist dem höherrangigen Recht bislang jedoch nicht angepasst worden.
Dieser Verstoß gegen das europäische Gemeinschaftsrecht ist nicht während einer bis zum Ende des Jahres 2007 dauernden Übergangszeit, in der Beschränkungen
der Veranstaltung von Sportwetten in Einklang mit dem höherrangigen Recht neu zu regeln sind, unbeachtlich. Etwas Anderes ergibt sich insbesondere nicht aus der vorbezeichneten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006.
Dieses Urteil bezieht sich nämlich nicht auf die Frage, ob Beschränkungen des Veranstaltens und des Vermittelns von Sportwetten mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht, hier: mit Art. 43 und 49 EG, vereinbar sind. Es bestimmt, soweit in diesem Zusammenhang von Interesse, vielmehr lediglich, dass das bayerische Staatslotteriegesetz trotz der Unvereinbarkeit mit Art. 12 Abs. 1 GG nach Maßgabe der Gründe jener Entscheidung zunächst weiter angewandt werden darf. Dies entspricht
der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für die Fälle, in denen eine gesetzliche Regelung mit dem nationalen Verfassungsrecht (dem Grundgesetz) nicht in
Einklang steht, in denen der Gesetzgeber aber mehrere Möglichkeiten hat, diesen Verfassungsverstoß zu beseitigen. Rechtliche Konsequenzen, die aus einer Verletzung des europäischen Gemeinschaftsrechts herrühren, hat das Bundesverfassungsgericht hingegen nicht geregelt.
Vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -, Rn. 77 und Rn. 146 - 160.
Dem Recht der Europäischen Gemeinschaften und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind Übergangsfristen, während derer nationales Recht trotz seiner Unvereinbarkeit mit dem EG-Vertrag weiter anwendbar ist, fremd. Diese Vertragsbestimmungen und die anderen unmittelbar geltenden Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane haben vielmehr Vorrang vor dem internen Recht der Mitgliedstaaten.
Dieses Recht ist, soweit es dem EG-Recht widerspricht, nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes unangewendet zu lassen.
Vgl. nur EuGH, Urteile vom 15. Juli 1964 - Rechtssache 6-64 - (Costa/E.N.E.L.), Slg. 1964, S. 1253(1269), vom 9. März 1978- Rs 106-77 (Simmenthal), Slg. 1978, 629, Leitsatz 3, und vom 22. Juni 1989 - Rs 103-88 - (Costanzo), Slg. 1989, 1839 (Rn 28 - 33).
Soweit das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen für die vorliegende Fallgestaltung im Hinblick auf eine sonst entstehende „inakzeptable Gesetzeslücke" diesen Anwendungsvorrang ausschließen will, vermag sich die Kammer dem nicht anzuschließen.
Ebenso Verwaltungsgericht (VG) Köln, Urteil vom 6. Juli 2006 - 1 K 3679/05 - und VG Minden, Beschluss vom 31. Juli 2006 - 3 L 402/06 -
Ob dem Anwendungsvorrang des EG-Rechts und der damit korrespondierenden Nichtanwendungspflicht hinsichtlich des nationalen Rechts „gewisse Grenzen gesetzt" sind,
vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 28. Juni 2006 - 4 B 961/06 - und vom 3. August 2006 - 4 B 1339/06 -,
kann dahinstehen.
Allerdings findet diese Auffassung derzeit weder im europäischen Normengefüge noch in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes eine Grundlage. Die Vorschrift des Art. 231 Abs. 2 EG stützt diese Auffassung jedenfalls nicht. Sie besagt:
„Erklärt der Gerichtshof eine Verordnung für nichtig, so bezeichnet er, falls er dies für notwendig hält, diejenigen ihrer Wirkungen, die als fortgeltend zu betrachten sind."
Eine EG-Verordnung ist nicht mit einem nationalen Gesetz vergleichbar. Der Europäische Gerichtshof hat diese Vorschrift - soweit ersichtlich - jedenfalls bislang nicht analog auf nationale Rechtsvorschriften angewandt, soweit diese als mit den europäischen Grundfreiheiten unvereinbar beurteilt wurden.
Jedenfalls vermag die Kammer die vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen für eine zeitweilige Aufhebung der europäischen Grundfreiheiten
geforderte „inakzeptable Gesetzeslücke" nicht zu erkennen. Eine solche Gesetzeslücke besteht nach der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts u. a., wenn aus der
Nichtanwendung des nationalen Rechts absehbar eine Gefährdung wichtiger Allgemeininteressen (hier: Eindämmung der Spielsucht, Gewährleistung des hinreichenden Verbraucherschutzes im Glücksspielbereich und präventiven Bekämpfung der dort drohenden Begleit- und Folgekriminalität) resultiert, diese Gefährdung ersichtlich
schwerer wiegt als die Beeinträchtigung der durch die jeweils verletzte europarechtliche Vorschrift geschützten Rechtsgüter, und schließlich die Gefährdung der wichtigen Rechtsgüter nicht anders abgewendet werden kann als durch eine zeitlich begrenzte weitere Anwendung der nationalen Rechtsvorschriften.
Die genannten wichtigen Allgemeininteressen sind aber derzeit auch bei einer zeitlich begrenzten Nichtanwendung des nordrhein-westfälischen Sportwettenrechts bereits nicht, wie erforderlich, konkret gefährdet. Dem Verbraucherschutz und der Bekämpfung von Begleitund Folgekriminalität wird bereits jetzt Rechnung getragen, Denn die lizenzierten Wettanbieter unterliegen in den konzessionierenden EU-Mitgliedstaaten bereits einer behördlichen Kontrolle nach den (dortigen) gesetzlichen Vorgaben.
Anhaltspunkte dafür, dass diese Kontrolle wirkungslos ist, bestehen nach den bisherigen Erfahrungen nicht. Es liegen der Kammer keine Hinweise darauf vor, dass in anderen EU-Mitgliedstaaten lizenzierte Wettanbieter bedeutsame Handlungen gegen den Verbraucherschutz begangen hätten oder durch Begleit- oder Folgekriminalität mehr
als das staatliche Wettmonopol belastet sind. Hinsichtlich der Bemühungen um die Eindämmung der Spielsucht, die sich bislang sowohl seitens der staatlichen wie der
privaten Anbieter im Wesentlichen in zum Teil gleichlautenden Warnhinweisen erschöpfen, sind gewichtige Unterschiede im Handeln der öffentlichen und privaten
Sportwettenanbieter derzeit nicht zu erkennen.
Das Handeln der privaten Anbieter kann daher gegenwärtig als nicht gefährlicher als dasjenige des staatlichen Wettmonopols eingestuft werden.
Nach alledem kann offen bleiben, ob - was indes fraglich ist - auch eine konkrete Gefährdung wichtiger Allgemeingüter nicht anders als durch eine zeitlich begrenzte Anwendung des gemeinschaftsrechtswidrigen Sportwettengesetzes NRW abgewendet werden könnte.
In Anbetracht dessen fällt auch die Interessenabwägung im Übrigen zugunsten des Antragstellers aus. Auch in diesem Zusammenhang rechtfertigt die Einräumung einer
Übergangszeit für die Behebung des Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG durch das Bundesverfassungsgericht keine andere Beurteilung. Andernfalls würde der Anwen-
dungsvorrang des europäischen Gemeinschaftsrechts unterlaufen. Eine der Fallgestaltungen, in denen das europäische Recht für eine Übergangszeit möglicherweise
hinter dem nationalen Recht zurückzustehen haben könnte, liegt nicht vor.
Es kommt hinzu, dass die untersagte Tätigkeit jahrelang hingenommen wurde und dass in dieser Zeit auch die staatlich beherrschten Wettveranstalter intensiv geworben haben.
Dies spricht dagegen, dass die Gefahren, zu deren Abwehr der Antragsgegner eingeschritten ist, jetzt auch nicht mehr vorübergehend hinzunehmen wären. Nach den
in dieser Zeit gewonnenen Erfahrungen haben sich die Gefahren, die möglicherweise eine „inakzeptable Gesetzeslücke" begründen könnten, soweit ersichtlich nicht realisiert.
Da der Antragsteller die Untersagungsverfügung nach alledem einstweilen nicht zu beachten braucht, ist auch die aufschiebende Wirkung seines Widerspruches gegen
die Androhung eines Zwangsmittels für den Fall der nicht fristgerechten Befolgung der Grundverfügung anzuordnen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 und 63 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes. Sie entspricht der aktuellen Rechtsprechung für Verfahren dieser Art, wobei die Zwangsmittelandrohung werterhöhend zu berücksichtigen war, weil sie in einem gesonderten Bescheid erfolgte.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. Oktober 2004 - 4 B 1637/04 -, GewArch 2005, 77.