Vermittlung von Sportwetten nicht strafbar
Leitsatz
1. Das bloße Vermitteln von privaten Sportwetten ins europäische Ausland fällt nicht unter die Tathandlungen des § 284 Abs.1 StGB.
2. Da die Zulässigkeit von Sportwetten rechtlich umstritten ist, liegt ein unvermeidbarer Verbotsirrtum vor, so dass der Täter straffrei ausgeht.
Tenor
In der Strafsache (...)
wegen Verdachts der unerlaubten Veranstaltung eines Glückspiels
wird die Eröffnung des Hauptverfahrens aus rechtlichen Gründen abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten trägt die Landeskasse.
Sachverhalt
(vgl. Entscheidungsgründe)
Entscheidungsgründe
Mit Anklageschrift vom 31.07.2003 legt die Staatsanwaltschaft dem Angeschuldigten ein Vergehen nach § 284 Abs. 1, Abs.3 Nr. 1 StGB zur Last.
Der Angeschuldigte ist Inhaber der Firma (...). Dort bietet er Kunden die Möglichkeit, Fußballwetten zu festen Gewinnquoten abzuschließen, ohne dass er hierfür eine Erlaubnis der Nordrhein-Westfälischen Landesregierung hat. Die von den Wettenden abgegebenen Tipps werden von Mitarbeitern der Firma (...) entgegengenommen und sodann online an die Firma (...) in Großbritannien weitergeleitet.
Diese Firma ist mit einer staatlichen Genehmigung ausgestattet.
Nach den bisherigen Ermittlungen ist der Angeschuldigte einer Straftat aus Rechtsgründen nicht hinreichend verdächtig.
Einer strafrechtlichen Verurteilung steht bereits das vorrangige Europarecht entgegen, da ein Vorgehen gegen die Vermittlungstätigkeit des Angeschuldigten einen Eingriff in die Grundfreiheiten der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit darstellen würde. Es bestehen auch keine zwingenden Gründe des allgemeinen Interesses, die einen solchen Eingriff rechtfertigen, solange in Nordrhein-Westfalen ein Monopol für die Durchführung von Sportwetten besteht und die Teilnahme privater Veranstalter am Sportwettenmarkt ausgeschlossen ist.
Unabhängig davon scheidet eine Strafbarkeit des Angeschuldigten auch bereits deswegen aus, weil der Angeschuldigte nicht Veranstalter des Glückspiels ist.
Dies ist, wer verantwortlich und organisatorisch den äußeren Rahmen für die Abhaltung des Glückspiels schafft und der Bevölkerung dadurch den Abschluss von Spielen unmittelbar ermöglicht (BGH NStZ 03,372). Vorliegend ist für die Durchführung des Spiels, insbesondere der Festsetzung der Quote organisatorisch und finanziell allein die Firma in Großbritannien verantwortfich. Die Tätigkeit des Angeschuldigten beschränkt sich auf die Weiterleitung der Daten vom Internet an diese Firma und die Auszählung der Gewinne. Daher ist nach Auffassung dieses Gerichts der Angeschuldigte lediglich als Vermittler der Sportwetten anzusehen.
Ebenso wenig liegt die Tatbestandsalternative des Bereitstellens von Einrichtungen vor. Denn Einrichtungen zum Glücksspiel sind alle Gegenstände, die ihrer Natur nach geeignet und bestimmt sind, zu Glücksspielen benutzt zu werden. Wie bereits dargelegt, hält der Angeschuldigte jedoch nur die erforderlichen Tippscheine in den Geschäftsräumen bereit und übermittelt alle weiteren Angaben an die Firma in Großbritannien.
Des weiteren ist nach Überzeugung des Gerichts zu Gunsten des Angeschuldigten davon auszugehen, dass er sich in einem Verbotsirrturn befand.
Die Frage der Zulässigkeit von Sportwetten ist bis heute höchst umstritten. Allein in dieser Akte befinden sich umfangreiche Entscheidungen von Amts- und Landgerichten in Strafsachen, die eine Strafbarkeit gem. § 284 StGB bei vergleichbaren Sachverhalten abgelehnt haben. Aus diesem Grunde ist nicht auszuschließen, dass sich der Angeschuldigte in einem Verbotsirrtum befand.
Die Eröffnung des Hauptverfahrens war daher aus rechtlichen Gründen abzulehnen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 StPO.