Vergleichbarkeit von Spielhallen und Spielbanken

Oberverwaltungsgericht Saarlouis

Beschluss v. 06.06.2006 - Az.: 3 Q 9/04

Leitsatz

1. Spielhallen und Spielbanken dürfen hinsichtlich der Öffnungszeiten grundsätzlich unterschiedlich behandelt werden.

2. Es liegt kein Verstoß gegen Art. 3 GG vor.

Tenor

In dem Verwaltungsrechtsstreit

der A., , A-Straße, A-Stadt,

- Klägerin und Rechtsmittelführerin -

(...)

gegen

die Oberbürgermeisterin der Landeshauptstadt Saarbrücken - Ordnungsamt -, Großherzog-Friedrich-Straße 111, 66121 Saarbrücken,

- Beklagte und Rechtsmittelgegnerin -

wegen Gaststättenrecht (Sperrzeitverkürzung)

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes in Saarlouis auf Grund der Beratung vom 6. Juni 2005 (...) beschlossen:


1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. November 2003 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 1 K 85/02 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

3. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

 

Sachverhalt

(vgl. Entscheidungsgründe)

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor bezeichnete erstinstanzliche Urteil, durch das die Klage auf Verpflichtung des Beklagten auf Sperrzeitverkürzung von 22.00 Uhr auf 3.00 Uhr abgewiesen wurde, bleibt erfolglos.

Keiner der von der Klägerin genannten Zulassungsgründe i.S.d. § 124 Abs. 2 VwGO greift durch.

Weder sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) begründet noch kommt der Rechtssache Grundsatzbedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zu.

Gleichfalls sind die von der Klägerin im Weiteren aufgeführten Zulassungsgründe der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und eines beachtlichen Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) nicht gegeben.

1.

Der Senat hat keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils.

Das Verwaltungsgericht hat unter ausführlicher und zutreffender Darlegung der Voraussetzungen für eine Ausnahme gemäß § 19 GastVO-Saarland (im folgenden GastVO) der nach § 18 GastVO für Spielhallen auf die Zeit zwischen 22 Uhr und 7 Uhr festgelegten Sperrzeit bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 19 GastVO - Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse - für nicht gegeben erachtet. In einem weiteren Schritt hat es (hilfsweise) ausgeführt, dass selbst wenn man das Vorliegen besonderer örtlicher Verhältnisse unterstelle, kein Anspruch der Klägerin auf die begehrte Sperrzeitverkürzung im Wege einer Ermessensreduzierung auf Null bestehe.

Hiergegen wendet sich die Klägerin, die nunmehr nur noch eine Sperrzeitverkürzung beginnend ab 2.00 Uhr begehrt und allein noch auf das Vorliegen besonderer örtlicher Verhältnisse in ihrem Falle abstellt, im wesentlichen mit der Begründung, Art. 3 Abs. 1 GG gebiete bei der Beurteilung des Vorliegens besonderer örtlicher Verhältnisse im Sinne einer Anspruchszuerkennung zu berücksichtigen, dass in unmittelbarer Nachbarschaft der Spielhalle der Klägerin zwei Automatensäle der Spielbank lägen, für die landesrechtlich kürzere Sperrzeiten gälten als für die Spielhalle; so seien das Casino "Y." von 11.30 Uhr bis 23.30 Uhr und das Casino "Y." von 15.00 Uhr bis 2.00 Uhr geöffnet.

Zahlreiche Personen, die die Spielhalle der Klägerin wegen des Sperrzeitbeginns um 22.00 Uhr verlassen müssten, suchten danach eines der genannten Casinos auf, in denen im Übrigen die Regelungen der §§ 5 ff der Saarländischen Spielbankordnung nicht praktiziert würden. Bei der im Rahmen des Art. 3 GG, aber auch in Bezug auf Art. 12 GG erforderlichen Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips müsse der sperrzeitrechtliche Unterschied durch den Zweck der Eindämmung des Spielbetriebs gerechtfertigt sein. Es sei jedoch kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass diese Auswirkung bei den Automatenspielsälen einer Spielbank anders zu gewichten sei als bei einer Spielhalle. Ein rechtfertigender Grund für die Differenzierung liege mithin nicht vor. Der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach allein eine Wettbewerbssituation zwischen einer Spielhalle und Spielbank in Ansehung des aus § 18 Abs. 1 GastG u. a. folgenden Ziels, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs einzudämmen, nicht dazu zwinge, deren Öffnungszeiten aneinander anzugleichen, sei nicht zu folgen.

Die Rechtsprechung des EuGH, wonach Beschränkungen der Spieltätigkeit durch zwingende Gründe des Allgemeinwohls wie Verbraucherschutz, Betrugsvorbeugung und Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu erhöhten Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein könnten, sei durch eine neuere Entscheidung vom 6.11.2003 –Rs.C /243/01 - ergänzt worden. Danach könnten sich Behörden eines Mitgliedstaates, soweit sie die Verbraucher dazu anreizten oder ermunterten, an Lotterien, Glückspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse Einnahmen daraus zuflössen, nicht mit Blick auf die Notwendigkeit einer Verminderung der Gelegenheiten zum Glücksspiel auf die öffentliche Sozialordnung berufen, um Maßnahmen wie die im dortigen Verfahren in Rede stehenden zu rechtfertigen.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zu erwecken.Die auf Grundlage des § 18 GastG ergangenen §§ 18, 19 GastVO (Saarland), wonach die Sperrzeit u. a. für Spielhallen um 22.00 Uhr beginnt und um 7.00 Uhr endet und eine abweichende Festlegung nur bei Vorliegen eines öffentlichen Interesses oder - wie hier allein reklamiert - besonderer örtlicher Verhältnisse erfolgen kann, wohingegen nach § 2 Spielbankordnung vom 12.3.1979 (ABl. S. 330), zuletzt geändert durch Gesetz Nr. 1484 vom 7.11.2001 (ABl. 2158) für Automatenspielsäle eine Sperrzeit von 5.00 bis 10.00 Uhr generell, hier aber nach dessen Abs. 2 konkret für die „Konkurrenzautomatenspielsäle“ Y. von 11.30 bis 23.30 Uhr und Casino Y. von 15.00 bis 2.00 Uhr abgekürzt festgelegt werden, unterliegen keinen verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Bedenken.

Die genannten Regelungen verstoßen insbesondere nicht gegen Art. 3 und 12 GG.

In der Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichtsvgl. hierzu etwa BVerwG, Beschlüsse vom 23.7.2003 -6 B 33/03-, Gew Arch 2003, 433, vom 24.8.2001 -6 B 47/01-, Gew Arch 2001, 476, vom 15.12. 1994 -1 B 190/94 - 1 B 191/94 und 1 B 199/94 - Gew Arch 1995, 155 ff. = NVwZ 1995, 487 ff.

und anderer Obergerichte

vgl. hierzu etwa OVG Sachsen-Anhalt, Entscheidungen vom 20.2.2003 -1 L 431/02- und vom 28.5.2002- 1 M 154/02, Gew Arch 2002, 342; BayVGH, Urteil vom 25.5.2001 -22 B 01.110 -, Gew Arch 2001, 377; VGH Baden-Württemberg, Normenkontrollbeschluss vom 10.3.1995 -14 S 779/94-, Gew Arch 1995, 285; OVG Rheinland Pfalz, Urteil vom 11.12.1991 -11 A 10224/91-Gew Arch 1992, 190

ist anerkannt, dass es nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, die Öffnungszeiten für Spielbanken einerseits und Spielhallen andererseits unterschiedlich festzulegen, und dass dem Verordnungsgeber insoweit ein Gestaltungsspielraum zukommt.

Dem stimmt prinzipiell auch das Bundesverfassungsgericht zu, denn die jeweiligen Verfassungsbeschwerden gegen die o. g. Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.8.2001 und vom 15.12.1994, jeweils a.a.o., wurden nicht zur Entscheidung angenommen

siehe hierzu BVerfG, Beschlüsse vom 8.7.2003 -1 BVR -1772/01- und vom 24.4.1995 -1 BVR 425/95-.

Im Einzelnen ergibt sich dieses aus folgenden Erwägungen:

Der allgemeine Gleichheitssatz verbietet es dem Gesetzgeber, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen anders zu behandeln, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Art. 3 GG verbietet allerdings nur, dabei Art und Gewicht der tatsächlichen Unterschiede sachwidrig außer Acht zu lassen

hierzu etwa BVerfG, Beschlüsse vom 8.4.1987 -1 BVR 564/84 u. a.-, E 75,78 (105) und vom 2.2.1999 -1 BvL 8/97, E 100, 195 = NJW 1999, 2357; BVerwG Urteil vom 23.8.1994 -1 C 18.91-, E 96, 293 (301); siehe auch Beschluss des Senats vom 19.3.2004 -3 Q 30/03- m.w.N.

Der allgemeine Gleichheitssatz enthält auch kein verfassungsrechtliches Gebot, ähnliche Sachverhalte in verschiedenen Ordnungsbereichen gleich zu regeln

hierzu etwa BVerfG, Beschluss vom 8.4.1987, a.a.o., 108 m.w.N. BVerwG, Entscheidungen vom 23.7.2003 und 24.8.2001, jeweils

a.a.O.,

und verlangt auch – lediglich – die Gleichbehandlung der Bürger durch den nämlichen – zuständigen –, nicht aber auch ihre Gleichbehandlung durch mehrere, voneinander unabhängige Gesetzgeber

BVerfG, Beschluss vom 23.11.1988 - 2 BVR 1619, 1628/83 -, E 79, 127 (158); BayVGH, Urteil vom 25.5.2001 – 22 B 01.110 -, GewArch 2001, 377.

Solange nicht feststeht, dass eine Bestimmung innerhalb des eigenen Ordnungsbereichs nicht oder nicht mehr sachgerecht ist, kann sie nicht mit Hilfe des Gleichheitssatzes im Hinblick auf andere Bestimmungen eliminiert werden, die anderen rechtlichen Ordnungsbereichen angehören und in anderen systematischen und sozialgeschichtlichen Zusammenhängen stehen, es sei denn, die Regelung beruht nicht auf den Besonderheiten des einen oder anderen Ordnungsbereiches, sondern vielmehr auf allgemeinen sie übergreifenden Erwägungen

hierzu BVerwG, Urteil vom 13.12.1994 – 1 C 31.92 -, E 97, 245 (252) für den Bereich des Jagd- und Waffenrechts.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

grundlegend siehe Beschluss vom 18.3.1970 - 2 BvO 1/65 -, BVerfGE 28, 119; siehe auch Beschluss vom 19.7.2000, - 1 BvR 539/96 -, E 102, 19 = NVwZ 2001, 790

gehört das gemäß § 33 h Nr. 1 GewO ausdrücklich aus dem Gewerberecht ausgeklammerte Spielbankenrecht zum Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, für das die Länder mangels einer Zuweisung an den Bundesgesetzgeber gemäß Art. 70 Abs. 1 GG die ausschließliche Gesetzeskompetenz haben und gehört damit einem anderen Ordnungsbereich an als die bundesrechtliche Gewerbeordnung, die das Recht der Spielhallen regelt und das ebenfalls bundesrechtliche Gaststättengesetz, in dem die fragliche SperrzeitVO ihre (Ermächtigungs-) Grundlage findet. Für Erlaubnis und Betrieb einer Spielbank (mit sog. kleinem Spiel, d.h. Automatenspiel) gelten besondere Bestimmungen, die bedeutsam und mit Gewicht von den Bestimmungen der die für Spielhallen einschlägigen Gewerbeordnung abweichen.

Bereits in seinem Urteil vom 21.11.2003 - 3 R 7/02 -

siehe auch den hierzu ergangenen Beschluss des BVerwG vom 25.2.2004 - 6 B 10.04 -, Gew Arch 2004, 476

hat der Senat die Regelungen des SpielbG-Saar vom 9.7.2003 (Amtsbl. S. 2136), die ihrem Inhalt nach Unternehmen in rein privater Trägerschaft die Zulassung zum Spielbankenbetrieb verwehren und ein Monopol staatlicher bzw. überwiegend in staatlicher Hand befindlicher zahlenmäßig stark beschränkter Träger statuieren, für verfassungsrechtlich unbedenklich erklärt.

Er hat dies - insbesondere auch mit Blick auf die hier ins Feld geführten Art. 3, 12 GG - u.a. mit wichtigen Gemeinwohlbelangen, insbesondere der wirksamen bzw. wirksameren Abwehr der mit dem öffentlichen Glücksspiel verbundenen Gefahren, gerechtfertigt. Das Glücksspiel ist - wie § 284 Abs. 1 StGB belegt - als ein unerwünschtes - sogar prinzipiell - sozialschädliches Verhalten zu bewerten. Um den aber naturgemäß vorhandenen Spielbetrieb des Menschen einzudämmen und zu kanalisieren, wurden im SpielbankG-Saar sowie in der Spielbankordnung vom 12.3.1979 (Amtsbl. S. 330), zuletzt geändert am 7.11.2001 (Amtsbl. S. 2158) umfangreiche und intensive Informations-, Kontroll- und Einwirkungsmöglichkeiten sowohl hinsichtlich der Betreiber als auch hinsichtlich des Besucherkreises geschaffen. Der Betrieb von Spielbanken in überwiegend staatlicher Trägerschaft – wie sie § 1 Abs. 1 SpielbG-Saar vorsieht und so auch von den beiden vorhandenen Spielbanken und ihren organisatorisch und aufsichtsrechtlich angebundenen unselbständigen Zweigspielbetrieben (Automatenspielsäle) erfüllt werden – ermöglicht eine im Interesse der Gefahrenabwehr bessere Betriebssteuerung und schlankere Kontrollmechanismen, weil eigene Erwerbsinteressen nicht berührt werden und Kontrollierende und Kontrollierte in dieselben öffentlich-rechtlichen Strukturen, insbesondere der Kontrolle durch den Obersten Rechnungshof mit strikten dienstlichen Sanktionen eingebunden sind

hierzu auch BVerfG, Beschluss vom 19.7.2000, a.a.O.; BayVGH, Beschluss vom 22.10.2002 – 22 B 02.2126, Gew Arch 2003, 115.

Bereits durch die gesetzlich vorgegebene Organisationsstruktur wird einer übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebs - unter dieser ist die im wirtschaftlichen Sinne „ausbeuterische“ Ausnutzung eines durch gesteigerte Gewinnerwartung geschaffenen Anreizes zu verstehen, sich mit unkontrollierter Risikobereitschaft einer großen Verlustgefahr auszusetzen

hierzu BVerwG, Entscheidung vom 23.1.1996, Gew Arch 1996, 279 m.w.N.; Bay VGH Urteil vom 25.5.2001 - 22 Bo1. 110 - Gew Arch 2001, 377 -

besser entgegengewirkt. Dies wird verstärkt durch weitere Kontrollmechanismen.

Hinsichtlich des Besucherkreises schreibt die o.g. Spielordnung in den §§ 4 bis 8 strenge Regelungen u.a. ein Spielverbot für Minderjährige sowie Auskunftspflichten der Besucher etwa über Lebensalter, persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse vor und ermöglicht so umfangreiche Kontrollen, die u. U. zu einer Verweigerung des Spielangebots – sogar ohne Angabe von Gründen – führen können (§ 5 Abs. 5 Spielordnung). Zwar trägt die Klägerin vor, diese strengen Bestimmungen würden in den beiden in Rede stehenden Konkurrenzspielsälen im Einzelfall tatsächlich nicht so gehandhabt. Dahinstehen kann, ob dies im Einzelfall so zutrifft, entscheidend sind die rechtlichen Vorgaben, die im Aufsichts- und Kontrollfall jederzeit eingefordert werden können.

Die genannten strengen rechtlichen Rahmenbedingungen für den Betrieb der Spielbanken und der ihnen angegliederten Automatenspielsäle und die Aufsichts- und Kontrollmechanismen bezüglich des Besucherkreises, die auf ein breites Publikum eine eher abschreckende Wirkung haben können, rechtfertigen aus Sicht des Senats eine prinzipiell unterschiedliche Regelung der Öffnungs- bzw. Sperrzeiten für private Spielhallen und überwiegend in öffentlicher Hand betriebene Automatenspielsäle als Spielbankzweigbetrieb.

Dass - generell - Sperrzeiten im Interesse der Gefahrenabwehr zur Abwehr des in der Bevölkerung allgemein vorhandenen Spielbetriebs erforderlich und geeignet sind, ist offenkundig.

Die Entscheidung des Verordnungsgebers, die Sperrzeit für Spielhallen allgemein auf 22.00 Uhr festzusetzen, ist auch mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu vereinbaren. Dieser erfordert eine Abwägung zwischen der Schwere des staatlichen Eingriffs und dem Gewicht der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe. Der Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung muss in einem vernünftigen Verhältnis zu dem gegebenen Anlass und dem mit ihm verfolgten Zweck stehen (angemessene Mittel-Zweck-Relation). Je einschneidender die Freiheit der Berufsausübung eingeengt wird und je mehr dadurch zugleich auch die Berufswahl berührt wird, desto höhere Anforderungen müssen an die Dringlichkeit der öffentlichen Interessen, denen die Regelung zu dienen bestimmt ist, gestellt werden

hierzu etwa BVerfG, Urteil vom 23.3.1960 – 1 BvR 216/51 –, BVerfGE 11, 30, 42; Beschluss vom 16.3.1971 – 1 BvR 52, 665, 667, 754/66 – E 30, 292 (316)

Bei Regelungen geringerer Eingriffsqualität hat der Gesetzgeber einen grundsätzlich weiten Gestaltungsspielraum. So liegt der Fall hier. Die Festsetzung der Sperrzeit für Spielhallen auf 22.00 Uhr beeinträchtigt unter Zugrundelegung des klägerischen Vortrags, in dem keine wirtschaftlichen Nachteile konkret beziffert werden, jedenfalls die wirtschaftliche Existenz dieser Betriebe nicht in nennenswerter Weise und beeinträchtigt mithin die Freiheit der Berufswahl nicht. Auch in die Berufsausübung wird allenfalls geringfügig eingegriffen, weil die Festsetzung kürzerer Öffnungszeiten für im Übrigen wirtschaftlich gesunde Betriebe nur zu einer Verkürzung der Gewinnmöglichkeiten führt, nicht aber die eigentliche Berufsausübung als solche betrifft. Zwar steht es der Klägerin zu, sich unter dem Aspekt der Berufs- und Gewerbefreiheit um eine Verbesserung ihrer Gewinnsituation durch längere Öffnungszeiten der Spielhallen zu bemühen. Dieses private Interesse an einer Rentabilitätsverbesserung muss aber bei der Abwägung mit den vorstehend genannten öffentlichen Belangen, nämlich die Bekämpfung der Spielsucht und die Eindämmung des Spielbetriebes, zurücktreten.

hierzu eingehend OVG Koblenz, Urteil vom 11.12.1991 - 11 A 10224/91 - Gew Arch. 1992, 191.

Im übrigen ist hinsichtlich der konkreten Sperrzeiten für Spielhallen ist dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch dadurch genügt, dass den Besonderheiten des Einzelfalles in Ausnahmefällen gemäß § 19 GastVO Rechnung getragen werden kann.

siehe in diesem Zusammenhang BVerwG, Urteil vom 13.12.1994, a.a.O.

Verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegen mithin die Sperrzeitenregelungen der GastVO-Saar aus Sicht des Senates nicht.

Gleiches gilt für die von der Klägerin angeführten europarechtlichen Bedenken insbesondere unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 6.11.2003 – Rs. C 243/01 – sog. Gambelli-Urteil zu italienisch-britischen Internetsportwetten (NJW 2004, 139).

Ungeachtet dessen, dass vorliegend mangels Vorhandensein eines ausländischen Spielhallenbetreibers - die Klägerin ist als Inländerin in Deutschland ansässig und möchte hier ihre Leistungen erbringen - und damit im Unterschied zu dem im o. g. Urteil entschiedenen Sachverhalt mangels eines grenzüberschreitenden Bezugs, der eine Diskriminierungsüberprüfung erst erforderlich machen würde,

hierzu BVerwG, Urteil vom 23.8.1994 - 1 C 18.91 - E 96, 293 (301)

europarechtliche Erwägungen (hinsichtlich Niederlassungsfreiheit und freien Dienstleitungsverkehrs) nicht unmittelbar Anwendung finden, sieht sich der Senat lediglich ergänzend zu folgenden Ausführungen veranlasst:

Nach der Rechtsprechung des EuGH können Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Diesen Rechtfertigungstatbestand konkretisierend bezieht sich der EuGH im o.g. Urteil auf seine im Bereich des Glücksspiels bereits ergangenen Urteile „Schindler“ – EuGH Sammlung 1999, I – 6067 -, „Läärä“ – EuGH Sammlung 1999, I – 7289 = DVBl 2000, 111 und „Zenatti“ – EuGH Sammlung 1999, I – 7289. Zu zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gehören unter anderem der Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen. Wie bereits im Urteil „Zenatti“ betont der EuGH, dass solche Beschränkungen, die den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Nichtdiskriminierungsgebot zu beachten haben, jedenfalls wirklich dem Ziel dienen müssen, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern. Staatseinnahmen aus genehmigten Spielen dürfen nur eine erfreuliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik sein.

Zu sehen ist, dass der EuGH in dem von der Klägerin angeführten Urteil ausdrücklich an den Grundsätzen der früheren Entscheidungen festgehalten und - lediglich - einschränkend festgestellt hat, dass die Berufung auf die öffentliche Sozialordnung zur Rechtfertigung von Maßnahmen wie der im Ausgangsverfahren zur Rede stehenden (dort: strafbewehrte Verbote von Internetsportwetten) im Hinblick auf die Notwendigkeit, die Gelegenheit zum Spiel zu vermindern, nicht möglich sei, soweit die Behörden eines Mitgliedstaates die Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Glücksspielen teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen. Vor allem aber hat der EuGH unter Hinweis auf seine Grundaussagen in den Verfahren „Schindler“, Läärä“ und „Zenatti“ betont, dass die sittlichen, religiösen oder kulturellen Besonderheiten und die sittlich und finanziell schädlichen Folgen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft, die mit Spielen und Wetten einhergehen, es rechtfertigen können, dass die staatlichen Stellen über ein ausreichendes Ermessen verfügen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben.

Von einer hinreichenden Ermessensausübung kann hier aus den bei der Prüfung verfassungsrechtlicher Bedenken genannten Gründen - wirksamere Abwehr der mit dem Glückspiel verbundenen Gefahren bei strengen staatlichen Kontrollmechanismen auch unabhängig von der von der Klägerin behaupteten höheren Verlustgefahr im Spielbankenbereich, die sicher bei gleichartigen Automatenspielsälen relativiert werden muss - ausgegangen werden, wobei noch zu sehen ist, dass es sich vorliegend nicht um ein Verbot bzw. kompletten Ausschluss von Unternehmen (Wettbewerbern), sondern lediglich um zeitliche Einschränkungen deren Tätigkeit und damit um deutlich geringere Eingriffsqualität handelt

siehe in diesem Zusammenhang auch den Aufsatz von Diegmann/Hoffmann: Las Vegas in Deutschland?, BayVBl 2005, 45 ff.

Im übrigen kann – möglicherweise anders als im Lotterie- und Sportwettenbereich – eine Bewerbung und damit Anreizbildung im Sinne des EuGH für den Bereich von Spielbanken und deren Zweigbetrieben nicht oder jedenfalls nicht in einem überhaupt nennenswerten Umfang festgestellt werden

siehe in diesem Zusammenhang den Aufsatz von Hoeller/Bodemann: Das Gambelli-Urteil des EuGH und und seine Auswirkungen auf Deutschland, NJW 2004, 122 ff.

Europarechtliche Erwägungen greifen mithin auch mittelbar nicht.

Unterliegen nach allem allgemein die Regelungen der GastVO-Saar, auf denen die angegriffene Ablehnung einer Sperrzeitverkürzung beruht, weder beachtlichen verfassungs- noch europarechtlichen Zweifeln, bestehen auch keine Bedenken an deren konkreter Handhabung im vorliegenden Fall und sind mithin keine ernstlichen Zweifel an deren Bestätigung durch das erstinstanzliche Urteil gegeben.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend unter Darlegung im Einzelnen, dem sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, ausgeführt, dass unter Berücksichtigung der örtlichen – gerichtsbekannten – Gegebenheiten die tatbestandlichen Ausnahmevoraussetzungen des § 19 GastVO – besondere örtliche Verhältnisse – nicht vorliegen.

Zu betonen ist lediglich: Besondere örtliche Verhältnisse im Sinne dieser Vorschrift liegen vor, wenn die Verhältnisse im örtlichen Bereich sich so von den Verhältnissen anderer örtlicher Bereiche unterscheiden, dass eine Abweichung von der allgemeinen Sperrzeit gerechtfertigt erscheint. Sie setzen atypische Gebietsverhältnisse voraus, die insgesamt positiv für eine Verkürzung oder Verlängerung der Sperrzeit sprechen

hierzu OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.5.2002 - 1 M 154/02 - GewArchiv 2002, 342; Michel/Kienzle/Pauly, Komm.zumGastG, § 18, Rdnr. 20 f

Dies kann etwa in einer Gegend der Fall sein, in der ein durch das Nachtleben bestimmter Lebensrhythmus herrscht oder die durch auf das Nachtleben bezogenen Vergnügungsangebote geprägt ist

vgl. OVG Hamburg Urteil vom 22.3.1994 - OVG Bf VI 38/92 - , GewArchiv 1994, 409, 413 im Falle einer in St. Pauli betriebenen Spielhalle.

Derartiges macht die Klägerin in ihrem Zulassungsverbringen bereits nicht geltend, sondern beruft sich maßgeblich auf das Wettbewerbsverhältnis zu den beiden genannten Automatenspielsälen der Spielbank in erreichbarer Nähe. Dies rechtfertigt keine andere Beurteilung. Grundsätzlich sind - wie dargelegt - für den Begriff der örtlichen Verhältnisse i.S.d. § 19 GastVO die Eigenart der näheren Umgebung, die anzutreffenden Lebensgewohnheiten und der prägende Lebensrhythmus maßgebend.

Ob ein eventuelles Wettbewerbsverhältnis in diesem Zusammenhang an sich unerheblich ist,

hierzu OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20.3.2003 - 1 L 431/02 -,

kann dahinstehen.

Wenn man - wie die Klägerin - unter Berufung auf den allgemeinen Gleichheitssatz und das Grundrecht der Berufsfreiheit reklamiert, das Wettbewerbsverhältnis zu den in erreichbarer Nähe der Klägerin liegenden Spielbankautomatensälen bei dem Tatbestandsmerkmal der besonderen örtlichen Verhältnisse mitberücksichtigt, wären keine besonderen Verhältnisse zu bejahen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem genannten vom OVG Sachsen-Anhalt entschiedenen Fall klar herausgestellt, dass allein eine Wettbewerbssituation zwischen einer Spielhalle und einer Spielbank (hier deren Zweigbetrieb) nicht dazu zwingt, die Sperrzeiten für Spielhallen den nach dem Landesrecht bestehenden Öffnungszeiten für Spielbanken oder ihrer Automatenspielsäle anzugleichen. Dies folgt nach den weiteren Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts aus dem mit § 18 Abs. 1 GastG neben anderen Zwecken auch verfolgten Ziel, die übermäßige Ausnutzung des Spielbetriebs zu verhindern.

Da sich mit der Ausweitung der Öffnungszeiten zugleich auch der Spielanreiz erhöht, steht dieses Anliegen einem Angleichungszwang auch dann entgegen, wenn sich in der Nähe der Automatenspielsaal einer Spielhalle befindet. Dies ist aus Sicht des Senats überzeugend. Durchgreifende Gesichtspunkte, die eine abweichende Beurteilung geböten, hat die Klägerin nicht dargetan. Zwischen der Spielhalle der Klägerin und den Automatenspielsälen der Spielbank besteht auf Grund der unterschiedlichen Besuchsbedingungen, die für die Zweigbetriebe der Spielbank strenger sind, kein Wettbewerb solchen Gewichts, dass der Klägerin zum Ausgleich beachtlicher Nachteile großzügigere Öffnungszeiten gewährt werden müssten. Zu sehen ist in diesem Zusammenhang, dass die konkreten Öffnungszeiten der beiden von der Klägerin benannten Automatenspielsäle 12 bzw. 11 Stunden betragen und diese damit die zulässige Gesamtöffnungszeit für die Klägerin von 7 bis 22 Uhr, mithin 14 Stunden unterschreiten. Eine existenzbedrohende oder in erheblichem Umfang gewinnbeeinträchtigende Wirkung der unterschiedlichen Öffnungszeiten bedingt durch Wechsel einer hier nicht genannten Anzahl von Besuchern der Klägerin nach Beginn der Sperrzeit in die beiden Automatenspielsäle der Spielbank hat die Klägerin nicht hinreichend dargelegt.

Nach dem Gesagten bestehen an der Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte Sperrzeitverkürzung hat, keinerlei ernstliche Zweifel. Soweit sie mit Blick auf die erstinstanzliche Erwägung, entsprechend den Ausführungen im Widerspruchsbescheid der Beklagten das Vorliegen besonderer örtlicher Verhältnisse zu unterstellen, einen Bescheidungsanspruch auf erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung geltend macht, ist folgendes festzustellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

hierzu etwa Entscheidung vom 25.2.2004 - 6 B 10.04 -, Gew Arch 2004, 476 zum Revisionszulassrecht

und des beschliessenden Gerichts

hierzu etwa Beschlüsse des 2. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 8.9.1999 - 2 Q 32/99 -kann, wenn eine Entscheidung auf mehrere selbstständig tragende Gründe gestützt wird, die Berufung nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeden Grundes ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und auch vorliegt. Ernstliche Richtigkeitszweifel können mithin nur angenommen werden, wenn sich jede der gegebenen Begründungen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als unzutreffend erweist.Wie vorstehend ausgeführt, unterliegt die selbständig tragende Argumentation des Verwaltungsgerichts, den Anspruch der Klägerin bereits mangels Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 19 GastVO zu verneinen, keinen ernstlichen rechtlichen Zweifeln und ist damit nicht „erfolgreich“ angegriffen. Für die Überprüfung eines Ermessens in einem weiteren Schritt besteht demnach kein Raum.

Der Zulassungsgrund ernstlicher Richtigkeitszweifel liegt nach allem nicht vor.


2.

Weitere Zulassungsgründe sind nicht hinreichend dargelegt und liegen auch nicht vor.

Eine Frage von Grundsatzbedeutung, deren Klärung die Durchführung eines Berufungsverfahrens erforderte, ist bereits nicht formuliert.

Ebensowenig wird der pauschal behauptete Verfahrensmangel benannt.

Schließlich ergibt sich aus dem Vorstehenden zugleich, dass die Rechtssache nicht die von der Klägerin angeführten rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten aufweist; sie war in tatsächlicher Hinsicht für den Senat überschaubar und konnte ohne weiteres in rechtlicher Hinsicht dahingehend entschieden werden, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nicht bestehen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das vor dem 1.7.2004 anhängige Verfahren beruht nach der Übergangsregelung des § 72 Nr. 1 GkG i. d. F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004 (BGBL I S. 7/8) auf den weiterhin anwendbaren §§ 13 Abs. 1 S. 1, 25 Abs. 2 GKG a.F.Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.