Verfassungsmäßigkeit des Lotteriestaatsvertrages

Verfassungsgerichtshof Bayern

Urteil v. 18.12.2007 - Az.: Vf. 9-VII-05

Leitsatz

1. Die Regelungen der gewerblichen Spielvermittlung (§ 14 LotterieStV) verletzten nicht die Bayerische Verfassung.

2. Die Länder sind für diesen Regelungsgehalt sachlich zuständig, da der Bund von seiner Annex-Kompetenz keinen Gebrauch gemacht hat.

3. Die unterschiedliche Behandlung von Glücksspielanbietern einerseits und den gewerblichen Spielvermittlern andererseits, insbesondere hinsichtlich der Werbeauflagen, ist sachlich gerechtfertigt, da dem Gesetzgeber diesbzüglich ein weiter Ermessensspielraum zusteht.

4. Die 2/3-Abgabepflicht nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 LotterieStV ist ebenfalls verfassungsgemäß, da hierdruch verhindert wird, dass gewerblicher Spielvermittler eine im Verhältnis zu den Einnahmen aufwendige und kostenintensive Vertriebs- und Werbetätigkeit aufnimmt. Insbesondere sollen Spielinteressenten nicht durch eine umfangreiche und massive Vertriebs- und Werbetätigkeit der gewerblichen Spielvermittler verstärkt zur Spielteilnahme verleitet werden.

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Sachverhalt

s. Entscheidungsgründe

Entscheidungsgründe

I.

Die Popularklage richtet sich gegen § 14 des Staatsvertrags zum Lotteriewesen in Deutschland (im Folgenden: Lotteriestaatsvertrag - LottStV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juni 2004 (GVBl S. 230, BayRS 2187-4-I) und gegen den Staatsvertrag über die Regionalisierung von Teilen der von den Unternehmen des Deutschen Lotto- und Totoblocks erzielten Einnahmen (im Folgenden: Regionalisierungsstaatsvertrag) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juni 2004 (GVBl S. 236, BayRS 2187-5-F).

Der von allen Ländern geschlossene Lotteriestaatsvertrag trifft Regelungen für die Veranstaltung, die Durchführung und die gewerbliche Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen mit Ausnahme der Spielbanken. Im Regionalisierungsstaatsvertrag wird die Verteilung der den Ländern zustehenden Lotterieeinnahmen mit dem Ziel geregelt, Einnahmeverschiebungen zwischen den Ländern aufgrund gewerblicher Spielvermittlung auszugleichen.

Die angegriffene Regelung des Lotteriestaatsvertrags lautet:

§ 14

Gewerbliche Spielvermittlung

(1) Gewerbliche Spielvermittlung betreibt, wer im Auftrag der Spielinteressenten

1. einzelne Spielverträge an einen Veranstalter vermittelt oder

2. Spielinteressenten zu Spielgemeinschaften zusammenführt und deren Spielbeteiligung dem Veranstalter - selbst oder über Dritte - vermittelt,

sofern dies jeweils in der Absicht geschieht, durch diese Tätigkeit nachhaltig Gewinn zu erzielen.

(2) Für die Tätigkeit des gewerblichen Spielvermittlers gelten unbeschadet sonstiger gesetzlicher Regelungen folgende Anforderungen:

1. Art und Umfang der Werbemaßnahmen für die Beteiligung an den vermittelten Spielen oder Spielgemeinschaften müssen angemessen sein und dürfen nicht in Widerspruch zu § 1 stehen. Sie dürfen nicht irreführend sein und insbesondere nicht darauf abzielen, unzutreffende Vorstellungen über die Gewinnchancen hervorzurufen.

2. Die Tätigkeit des gewerblichen Spielvermittlers darf den Erfordernissen des Jugendschutzes nicht zuwiderlaufen. Die Vermittlung von Spielaufträgen Minderjähriger ist unzulässig.

3. Der gewerbliche Spielvermittler hat mindestens zwei Drittel der von den Spielern vereinnahmten Beträge für die Teilnahme am Spiel an den Veranstalter weiterzuleiten. Er hat die Spieler vor Vertragsabschluss in Textform klar und verständlich auf den für die Spielteilnahme an den Veranstalter weiterzuleitenden Betrag hinzuweisen sowie ihnen unverzüglich nach Vermittlung des Spielauftrages den Veranstalter mitzuteilen.

4. Gewerbliche Spielvermittler und von ihnen oder den Spielinteressenten im Sinne von Absatz 1 beauftragte Dritte sind verpflichtet, bei jeder Spielteilnahme dem Veranstalter die Vermittlung offen zu legen.

5. Gewerbliche Spielvermittler sind verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass bei Vertragsabschluss ein zur unabhängigen Ausübung eines rechts- oder steuerberatenden Berufes befähigter Treuhänder mit der Verwahrung der Spielquittungen und der Geltendmachung des Gewinnanspruches gegenüber dem Veranstalter beauftragt wird. Dem Spielteilnehmer ist bei Vertragsabschluss ein Einsichtsrecht an den Spielquittungen, die in seinem Auftrag vermittelt worden sind, einzuräumen.

(3) Die zuständige Behörde überwacht im öffentlichen Interesse die Erfüllung der in Absatz 2 genannten Verpflichtungen. Sie kann hierzu die erforderlichen Maßnahmen entsprechend § 12 Absatz 1 treffen, insbesondere die erforderlichen Auskünfte und die Vorlage geeigneter Unterlagen verlangen. Ergeben sich Zweifel an der Zuverlässigkeit des Spielvermittlers, so ist die für die Gewerbeuntersagung zuständige Behörde zu unterrichten.

Der Regionalisierungsstaatsvertrag enthält folgende Regelungen:

Präambel

In den einzelnen Ländern bestehen Lotto- und Totounternehmen in unterschiedlicher Rechtsform, die auf Grundlage des jeweiligen Landesrechts im Land ihrer Niederlassung Lotterien und Wetten veranstalten bzw. durchführen dürfen.

Der Tätigkeitsbereich sowie der Vertrieb jeglicher Art der einzelnen Lotto- und Totounternehmen ist demgemäß auf das Gebiet des jeweiligen Landes beschränkt.

§ 1

Grundsatz

Die Länder verpflichten sich, Einnahmen aus gewerblicher Spielvermittlung durch das in den §§ 4 und 5 beschriebene Verfahren denjenigen Ländern zukommen zu lassen, denen sie wirtschaftlich zuzurechnen sind (Regionalisierung).

§ 2

Gewerbliche Spielvermittlung

Gewerbliche Spielvermittlung betreibt, wer im Auftrag der Spielinteressenten

1. einzelne Spielverträge an einen Veranstalter vermittelt oder

2. Spielinteressenten zu Spielgemeinschaften zusammenführt und deren Spielbeteiligung dem Veranstalter - selbst oder über Dritte - vermittelt,

sofern dies jeweils in der Absicht geschieht, durch diese Tätigkeit nachhaltig Gewinn zu erzielen.

§ 3

Mitteilungspflichten der Länder

Die Länder verpflichten sich, zum Zwecke der Regionalisierung der für die Berechnung und Mitteilung nach § 5 Absatz 1 zuständigen Stelle jährlich bis zum 31. Januar für das Vorjahr mitzuteilen:

1. getrennt für jede gemeinsame Veranstaltung von Glücksspielen des Deutschen Lotto- und Totoblocks die Summe der Spieleinsätze und die vereinnahmten Bearbeitungsgebühren der Unternehmen des Deutschen Lotto- und Totoblocks,

2. den von gewerblichen Spielvermittlern stammenden Anteil an den Summen nach Nummer 1,

3. die auf den Anteil nach Nummer 2 entfallende Gewinnausschüttung und Bearbeitungsgebühr.

§ 4

Regionalisierungsmasse, Regionalisierungsmaßstab

(1) Regionalisiert werden die von den Ländern mitgeteilten Anteile nach § 3 Nr. 2, abzüglich

1. der darauf entfallenden Gewinnausschüttung,

2. der Bearbeitungsgebühr bis zu einer Höhe von maximal 3 vom Hundert der Spieleinsätze nach § 3 Nr. 2 und

3. einer Pauschale von den Spieleinsätzen nach § 3 Nr. 2.

Die Pauschale nach Satz 1 Nr. 3 beträgt bei einer Gewinnausschüttung von 50 vom Hundert in den Jahren bis Ende 2006 jeweils 9 vom Hundert und ab dem Jahr 2007 8,33 vom Hundert. Wenn die Gewinnausschüttung an die Spielteilnehmer weniger als 50 vom Hundert beträgt, wird die Pauschale entsprechend dem tatsächlichen Ausspielungsergebnis erhöht. Beträgt die Gewinnausschüttung mehr als 50 vom Hundert, so mindert sich die Pauschale entsprechend.

(2) Die Regionalisierung erfolgt nach dem Verhältnis der jeweiligen Summen nach § 3 Nr. 1 zur Gesamtsumme der von den Unternehmen des Deutschen Lotto- und Totoblocks erzielten Spielumsätze, jeweils bereinigt um den von gewerblichen Spielvermittlern stammenden Anteil.

§ 5

Regionalisierungsverfahren

(1) Der Freistaat Bayern berechnet die nach den vorstehenden Regelungen notwendigen Ausgleichszahlungen zwischen den Ländern und teilt das Ergebnis den Ländern für den von ihnen vorzunehmenden Ausgleich bis zum 30. April jeden Jahres mit. Dabei ist der Anteil der Lotteriesteuer gesondert auszuweisen. Die erforderlichen Ausgleichszahlungen sind von den Ländern bis zum 30. Juni jeden Jahres für das Vorjahr vorzunehmen, erstmals für das zweite Halbjahr 2004. Die Einzelheiten zum Zahlungsverkehr werden in der Mitteilung nach Satz 1 festgelegt.

(2) Die nach Absatz 1 vorgenommene Regionalisierung ist zu ändern, sofern sich nachträglich herausstellt, dass unzutreffende Daten zugrunde gelegt worden sind. Jedes Land ist berechtigt, innerhalb von zwei Jahren nach Ablauf des Jahres, für das die Regionalisierung vorgenommen wurde, eine Prüfung der vorgenommenen Berechnung zu verlangen. Eine Korrektur der Regionalisierung unterbleibt, wenn sich ergibt, dass die Korrektur der Daten für kein Land zu einer Änderung bei den Umsätzen von mehr als 400.000 Euro jährlich führt.

§ 6

Revisionsklausel

Die Länder verpflichten sich, im Jahre 2007 unter Berücksichtigung der tatsächlichen und rechtlichen Entwicklung

1. die Obergrenze, bis zu der die Bearbeitungsgebühr von der Regionalisierung ausgenommen wird (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2), mit dem Ziel einer Absenkung und

2. die Pauschale (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3) für die Jahre ab 2009 mit dem Ziel einer deutlichen Absenkung

zu überprüfen.

§ 7

Ratifizierung, In-Kraft-Treten und Kündigung

(1) Dieser Staatsvertrag tritt am 1. Juli 2004 in Kraft. Sind bis zum 30. Juni 2004 nicht alle Ratifizierungsurkunden bei der Staatskanzlei des Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz hinterlegt, wird der Staatsvertrag gegenstandslos.

(2) Der Vertrag kann von jedem Land erstmals zehn Jahre nach seinem In-Kraft-Treten gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt zwei Jahre zum Ende des laufenden Abrechnungsjahres. Wird der Vertrag nicht gekündigt, verlängert er sich stillschweigend um jeweils fünf Jahre. Die wirksame Kündigung eines Landes bewirkt die Aufhebung des Vertrages mit Ablauf der Kündigungsfrist.

II.

Die Antragstellerin hält die angegriffenen Regelungen für verfassungswidrig, weil sie gegen das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 101 BV), gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) sowie gegen Art. 156 BV verstießen. Hilfsweise regt sie an, gemäß Art. 100 Abs. 1 GG eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen.

1.

Im Hinblick auf § 14 LottStV stützt die Antragstellerin ihre Popularklage auf folgende Erwägungen:

a) Art. 101 BV verbürge die Handlungsfreiheit in allen Lebensbereichen, also auch die Vertragsfreiheit und die Berufsfreiheit. Gewerbliche Spielvermittler, auch in Gestalt einer juristischen Person, würden vom Schutzbereich des Art. 101 BV in sachlicher und persönlicher Hinsicht erfasst; ihre Handlungsfreiheit dürfe nicht unerträglich eingeschränkt werden.

§ 14 LottStV liege die Auffassung zugrunde, dass die Tätigkeit der gewerblichen Spielvermittler von ordnungsrechtlicher Bedeutung sei, weil sie häufig in gleicher Weise wie Lotterieveranstalter handelten. Durch die Zuordnung der Vermittlung zum Risikobereich der Veranstaltung ergebe sich ein Wertungswiderspruch zu den Regelungen des Bundesgesetzgebers in §§ 284, 287 StGB, wonach nur die Veranstaltung eines unerlaubten Glücksspiels strafbar sei, nicht aber die Vermittlung eines ordnungsgemäß veranstalteten Glücksspiels.

Die Vermengung der Veranstaltung mit der Vermittlung von Glücksspielen trage den unterschiedlichen Gefahrenpotentialen nicht hinreichend Rechnung. Gewerbliche Spielvermittler böten lediglich Boten- und Servicedienstleistungen an.

Es müsse zudem zwischen den unterschiedlichen Gefahrenpotentialen der einzelnen Glücksspiele differenziert werden. Das Glücksspiel in Spielbanken berge ein höheres Gefahrenpotential als Sportwetten und Lotterien. Immerhin würden Millionen Bundesbürger Woche für Woche Lotto spielen und der Freistaat Bayern werbe für die Lottospielgelegenheit wie für ein Konsumprodukt. Man könne daher nicht die Auffassung vertreten, die Teilnahme am Lotto sei unerwünscht, würde sozial ausgrenzen und werde von weiten Teilen der Bevölkerung abgelehnt.

aa) Die in § 14 Abs. 2 Nr. 1 LottStV enthaltene Beschränkung der Werbemöglichkeiten sei weder zur Kanalisierung des Spieltriebs noch zur Verhinderung übermäßiger Spielanreize gerechtfertigt. Die Spielvermittler bedienten mit ihrer Dienstleistung die Bequemlichkeit der Bevölkerung, nicht deren Spieltrieb.

Um im Wettbewerb bestehen zu können, bedürften gewerbliche Spielvermittler im Gegensatz zu den Glücksspielveranstaltern eines effektiven Marketings. Die Beschränkung der Werbung auf einen angemessenen Rahmen verhindere auch aufgrund der Unbestimmtheit dieser Regelung ein wirtschaftlich sinnvolles Marketing und habe bei massiver Einschränkung der Werbemöglichkeiten faktisch ein Berufsverbot zur Folge. Solange der Staat sein Glücksspielangebot intensiv und aufdringlich bewerbe, seien Werbebeschränkungen für die Spielvermittler von vornherein unverhältnismäßig.

bb) Die Verpflichtung der gewerblichen Spielvermittler, mindestens zwei Drittel der von den Spielern vereinnahmten Beträge für die Teilnahme am Spiel an den Veranstalter weiterzuleiten (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 LottStV), verstoße gegen die Vertragsfreiheit. Vor dem Hintergrund massiver Bewerbung der staatlichen Glücksspielveranstaltungen sowie regelmäßiger Einführung neuer staatlicher Glücksspielangebote erscheine die preisliche Maßregelung der gewerblichen Spielvermittler, auf die ein Marktanteil von ca. 2 % entfalle, nicht als das mildeste Mittel, um eine Ausnutzung des Spieltriebs der Bevölkerung wirksam zu verhindern.

Die Zwei-Drittel-Regelung erweise sich nicht nur als Berufsausübungsregel, sondern auch als Berufszulassungsschranke. Die Tätigkeit der gewerblichen Spielvermittler sei im Hinblick auf die Betreuung von Spielgemeinschaften äußerst kostenintensiv. Die Kosten lägen regelmäßig bei über 40 % der vereinnahmten Beträge. Den gewerblichen Spielvermittlern sei es deshalb nicht möglich, kostendeckend zu arbeiten.

§ 14 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 LottStV diene nur vordergründig dem Schutz der Spielteilnehmer; letztlich sollten gewerbliche Spielvermittler vom Markt verdrängt und die Einnahmen des Staates gesichert werden. Die Verbesserung der Haushaltssituation sei aber kein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut, das eine objektive Berufszulassungsschranke rechtfertige. Auch wenn man von einer bloßen Berufsausübungsregelung ausgehe, liege ein Verstoß gegen die Berufsfreiheit vor. Die Regelung sei unverhältnismäßig, weil sie für die gewerblichen Spielvermittler erdrosselnd wirke.

cc) Für die allein gewerbliche Spielvermittler betreffenden Verpflichtungen zur Transparenz gegenüber Veranstaltern und Spielteilnehmern (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2, Nrn. 4 und 5 LottStV) finde sich in den Gemeinwohlbelangen, wie sie in § 1 LottStV aufgezählt seien, kein rechtfertigender Grund.

Die Verpflichtung, die Spieler vor Vertragsabschluss in Textform klar und verständlich auf den für die Spielteilnahme weiterzuleitenden Betrag hinzuweisen sowie ihnen nach Vermittlung des Spielauftrags den Veranstalter mitzuteilen (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 LottStV), schränke die Vertragsfreiheit unverhältnismäßig und wettbewerbswidrig ein.

Die Offenlegungspflicht nach § 14 Abs. 2 Nr. 4 LottStV diene zudem der Umsetzung der kartellrechtswidrigen Verabredungen im Regionalisierungsstaatsvertrag. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürfe die Freiheit der Berufsausübung nicht allein im Interesse der leichteren Überwachungsmöglichkeit beschränkt werden.

b) § 14 LottStV verstoße unter mehreren Gesichtspunkten gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV).

aa) Die in bayerisches Landesrecht transformierte Regelung sei nichtig, weil sie durch höherrangiges Recht nicht gedeckt sei. Es fehle an einer Regelungskompetenz des Landesgesetzgebers.

Die gewerbliche Spielvermittlung gehöre zur konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für das Recht der Wirtschaft (Gewerbe). Gegen diese Kompetenznorm verstoße die Offenlegungspflicht in § 14 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 LottStV, weil der Bundesgesetzgeber eine abschließende Regelung zur Preistransparenz in der Preisangabenverordnung getroffen habe. Die Spielvermittlung durch das Internet habe der Bundesgesetzgeber mit dem Teledienstegesetz (jetzt: Telemediengesetz) abschließend normiert.

Bei dem Rechtsverhältnis zwischen Spieler und Spielvermittler handle es sich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag im Sinn des § 675 BGB, der rein zivilrechtlicher Natur sei und daher zum Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG (bürgerliches Recht) gehöre. Die in § 14 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 LottStV normierte Offenlegung statuiere vorvertragliche Informationspflichten, wie sie für den Bereich des Fernabsatzrechts durch den Bundesgesetzgeber geregelt seien.

§ 312 c Abs. 1 BGB betreffe denselben Regelungsgegenstand, weil auch die gewerblichen Spielvermittler ihre Dienstleistung nahezu ausschließlich durch Telefon, Internet und Briefpost vertrieben. Eine Verschärfung oder Modifizierung des Fernabsatzrechts durch einen Staatsvertrag der Länder verstoße damit gegen höherrangiges Bundesrecht und vor allem gegen europäische Richtlinienvorgaben.

Die Regelung zur Offenlegung der Vermittlungstätigkeit der gewerblichen Spielvermittler in § 14 Abs. 2 Nr. 4 LottStV sei dem Recht der Stellvertretung zuzuordnen. Durch Rechtsfortbildung im Rahmen der §§ 164 ff. BGB sei das Institut "des Geschäfts für den, den es angeht" für bestimmte Rechtsgeschäfte entwickelt worden, bei denen die Schutzfunktion des Offenkundigkeitsgrundsatzes entbehrlich sei. Diese Interessenlage sei auch bei dem Massengeschäft der gewerblichen Spielvermittlung gegeben. Eine strengere Vertretungsregelung durch den Landesgesetzgeber verstoße gegen Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG.

Durch die Regelung in § 14 Abs. 1 Nr. 1 LottStV zu Art und Umfang der Werbemaßnahmen werde auf das wettbewerbliche Verhalten der Spielvermittler Einfluss genommen. Der Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes unterliege der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes gemäß Art. 73 Nr. 9 GG. § 5 UWG enthalte bereits Regelungen über die irreführende Werbung, die sich an den Wortlaut der Richtlinie 84/450/EWG anlehnten. Selbst wenn § 5 UWG in den Bereich des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG falle, sei von einer abschließenden, jegliche landesrechtliche Regelung verdrängenden Rechtsetzung auszugehen.

bb) § 14 LottStV verstoße gegen die im Rechtsstaatsprinzip enthaltenen Grundsätze der Systemgerechtigkeit und der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung. § 14 Abs. 2 Nr. 1 LottStV verlange von den Spielvermittlern, dass sich ihre Werbemaßnahmen in einem angemessenen Rahmen hielten. Hierzu stehe die zum Teil äußerst aggressive Werbepraxis der staatlichen Lotteriegesellschaften in Widerspruch. Der Verbraucherschutz sei als Gesetzeszweck nur vorgeschoben, um fiskalische Interessen zu verdecken. Auch in dem isolierten Transparenzgebot für private gewerbliche Spielvermittler, dem die staatlichen Einrichtungen wohl nicht entsprechen könnten, liege ein verfassungswidriger Systemwiderspruch.

cc) § 14 Abs. 2 Nr. 1 LottStV verstoße gegen das ebenfalls aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Gebot der Bestimmtheit von Normen. Durch den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit entstehe eine nicht hinnehmbare Rechtsunsicherheit für die gewerblichen Spielvermittler.

2.

Auch der Regionalisierungsstaatsvertrag beschränke in seiner praktischen Durchführung die Handlungsfreiheit in Form der Vertrags-, Wettbewerbs- und Berufsfreiheit der gewerblichen Spielvermittler und verstoße mangels Gesetzgebungskompetenz der Länder gegen das Rechtsstaatsprinzip.

a) Der zwischen den Blockgesellschaftern des Deutschen Lotto- und Totoblocks herrschende Wettbewerb um die Umsätze gewerblicher Spielvermittler werde dadurch gedämpft, dass die Länder gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Regionalisierungsstaatsvertrag nur pauschal 9 % (bis 2006) bzw. 8,33 % (ab 2007) von den Spieleinsätzen aus gewerblicher Spielvermittlung vergütet erhielten. Bei einer Gewinnausschüttung von mehr als 50 % mindere sich die Pauschale entsprechend. Da bei gewerblichen Spielvermittlern, wohl aufgrund von Systemtipps, in der Praxis teilweise höhere Gewinnausschüttungen erzielt würden, seien die Systemtipper aus der gewerblichen Spielvermittlung für die Veranstalter nicht attraktiv. Die Pauschalierung der Abzüge führe zu einer Deckelung der Vergütungen für die gewerblichen Spielvermittler.

Bei der Berechnung der regionalen Verteilung würden die Umsätze aus der gewerblichen Spielvermittlung nicht einbezogen. Dadurch entfalle jegliche Initiative der Blockgesellschafter, sich um die Steigerung der Umsätze mit gewerblichen Spielvermittlern zu bemühen. Für die gewerblichen Spielvermittler wirke sich dies als berufsbeschränkende Maßnahme aus.

b) Der Regionalisierungsstaatsvertrag verstoße nach der zutreffenden Auffassung des Bundeskartellamts gegen Art. 81 Abs. 1 i. V. m. Art. 10 EGV. Die Umverteilung der Einnahmen aus den gewerblich vermittelten Spielaufträgen nach dem Verhältnis der sonstigen Einnahmen stelle eine Aufteilung des Marktes im Sinn des Art. 81 Abs. 1 Buchst. c EGV dar. Durch die Begrenzung des Betrags, von dem Provisionsleistungen an die gewerblichen Spielvermittler bestritten werden könnten, würden zudem die Ankaufspreise für die Vermittlungsleistung gemäß Art. 81 Abs. 1 Buchst. a EGV mittelbar festgesetzt.

Damit werde der Wettbewerb eingeschränkt. Auch wenn darin nur ein mittelbarer Eingriff in den Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit der gewerblichen Spielvermittler gesehen werde, sei dies verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen.

c) Der Regionalisierungsstaatsvertrag verfolge keine ordnungsrechtlichen, sondern rein wirtschaftliche Ziele. Die darin enthaltenen Regelungen zur Umverteilung von Einnahmen aufgrund privatwirtschaftlicher, gewinnorientierter Tätigkeit seien wettbewerbsrechtlicher Natur und unterfielen somit der Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Auch unter diesem Aspekt sei der Vertrag verfassungswidrig.

III.

1. Der (…) beantragt die Abweisung der Popularklage.

2. Die (…) hält die Popularklage für unbegründet.

a) Zu § 14 LottStV:

aa) Art. 101 BV werde durch die in § 14 Abs. 2 LottStV enthaltenen Vorgaben für die Tätigkeit der gewerblichen Spielvermittler nicht verletzt.

Nach der vom Bundesverfassungsgericht zur Berufsfreiheit entwickelten Stufentheorie seien die Bestimmungen des § 14 Abs. 2 LottStV als Berufsausübungsregelungen zu qualifizieren. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung reichten daher bereits vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls zur Rechtfertigung eines Eingriffs aus. Der Schutz der Allgemeinheit vor den mit dem Glücksspiel verbundenen Gefahren stelle ein überragendes Gemeinschaftsgut dar, das geeignet sei, die in § 14 LottStV enthaltenen ordnungsrechtlichen Regelungen zu tragen.

Da die Durchführung von Glücksspielen mit nicht unerheblichen Gefahren für die Allgemeinheit und den Einzelnen verbunden sei, reiche es nicht aus, ausschließlich die Veranstalter von Glücksspielen ordnungsrechtlichen Anforderungen und Beschränkungen zu unterwerfen. Vielmehr seien auch die gewerblichen Spielvermittler an die Zielsetzungen des § 1 LottStV zu binden. Für die Öffentlichkeit sei die Tätigkeit der Glücksspielveranstalter und der gewerblichen Spielvermittler oftmals kaum zu unterscheiden, da sie ähnliche Wettbewerbshandlungen gegenüber der gleichen Zielgruppe vornähmen.

§ 14 Abs. 2 Nr. 1 LottStV entspreche inhaltlich der für Lotterieveranstalter und deren Hilfspersonen geltenden Regelung in § 4 Abs. 3 LottStV und verfolge das Ziel, durch die Begrenzung der Werbemaßnahmen übermäßige Spielanreize zu verhindern. Ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Rechte der Betroffenen liege darin nicht.

Die Regelung in § 14 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 LottStV, wonach mindestens zwei Drittel der von den Spielern vereinnahmten Beträge an die Veranstalter weiterzuleiten seien, sei das mildeste Mittel, um zu verhindern, dass der Spieltrieb zu gewerblichen Zwecken ausgebeutet werde. Ein erheblicher Teil der Einnahmen könne so zur Förderung öffentlicher und gemeinnütziger Zwecke verwendet werden. Die abzuführende Quote sei nach Anhörung der Verbände von ursprünglich 80 v. H. auf die Mindestgrenze von zwei Dritteln festgelegt worden.

Die in § 14 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2, Nrn. 4 und 5 LottStV enthaltenen Mitteilungs- und Offenlegungspflichten dienten dem Interesse und dem Schutz der Spieler sowie der Transparenz und Kontrollierbarkeit des Glücksspiels. Eine unverhältnismäßige Einschränkung der Vertrags-, Berufs- und Wettbewerbsfreiheit sei angesichts der geringen Eingriffsintensität nicht gegeben.

bb) Auch eine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips liege nicht vor.

(1) Der Widerspruch zwischen einer Vorschrift des bayerischen Landesrechts und höherrangigem Bundesrecht sei nur dann als Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip zu werten, wenn der bayerische Gesetzgeber offensichtlich den Bereich der Rechtsordnung des Bundes verlasse und Landesrecht eindeutig ohne Rechtsetzungsbefugnis schaffe.

Die Regelungen des § 14 LottStV seien aufgrund des Inhalts und ihrer Zielsetzung dem Glücksspielrecht zuzuordnen, das als Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in die Zuständigkeit der Länder falle. Zweck des Staatsvertrags sei es, die nachteiligen Wirkungen und Risiken des Glücksspiels für die Bevölkerung einzugrenzen und einen ordnungsgemäßen Spielablauf zu gewährleisten.

Die von der Antragstellerin geforderte Aufspaltung in ordnungsrechtliche - die Veranstalter von Glücksspielen betreffende - und in wirtschaftsrechtliche - die gewerblichen Spielvermittler bindende - Vorschriften sei mit dem Regelungsziel nicht zu vereinbaren. Dies zeige sich schon an dem Verbot der Teilnahme von Minderjährigen, das unvollständig wäre, wenn es sich nur an den Veranstalter und seine Hilfspersonen richten würde. Im Übrigen könne der Gewerbeordnung keine abschließende Regelung der glücksspielspezifischen Gefahren entnommen werden.

(2) Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip lasse sich auch nicht mit der Verletzung des Gebots der Bestimmtheit von Rechtssätzen und der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung begründen. Die unbestimmten Rechtsbegriffe in den Regelungen des § 14 Abs. 2 LottStV seien mit Blick auf die Zielsetzung, dass keine übermäßigen Spielanreize geschaffen werden dürften, auszulegen und deshalb hinreichend bestimmt. Die allgemeinen Vorgaben und Zielbestimmungen der §§ 1 und 4 LottStV seien an alle Glücksspielanbieter gerichtet und damit auch von den staatlichen Lotterieveranstaltern zu beachten.

b) Zum Regionalisierungsstaatsvertrag:

aa) Durch den Regionalisierungsstaatsvertrag werde nicht unmittelbar in den Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit der gewerblichen Spielvermittler eingegriffen. Dieser Vertrag bezwecke allein, der ungewollten Verschiebung der Einnahmen unter den Ländern entgegenzuwirken. Aber auch ein mittelbarer Eingriff sei nicht gegeben. Die Pauschalierung des Abzugs in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Regionalisierungsstaatsvertrag führe nicht zu einer Deckelung der Vertriebsvergütungen für die gewerblichen Spielvermittler.

Vielmehr diene die Pauschalierung lediglich dazu, dass das Ziel, der ungewollten Verschiebung der Einnahmen unter den Ländern entgegenzuwirken, nicht durch unbegrenzte Abzüge von den Einnahmen unterlaufen werde. Zudem könnten die gewerblichen Spielvermittler nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 LottStV bis zu ein Drittel der von den Spielern vereinnahmten Beträge behalten.

Die in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Sätze 3 und 4 Regionalisierungsstaatsvertrag vorgesehene, von der Höhe der Gewinnausschüttung abhängige Modifizierung des pauschalen Abzugs begründe ebenfalls keinen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit. Es treffe nicht zu, dass ein Systemtipp im Verhältnis zum Einzeltipp eine höhere Gewinnausschüttungsquote zur Folge habe; dies sei jedenfalls statistisch nicht beweisbar.

Auch die Aufteilungsquote gemäß § 4 Abs. 2 Regionalisierungsstaatsvertrag führe nicht zu einem Verstoß gegen Art. 101 BV. Es widerspräche den Zielen des Regionalisierungsstaatsvertrags, wenn die Einnahmen, die aus der die Ländergrenzen überschreitenden gewerblichen Spielvermittlung erzielt werden, bei der Ermittlung der Quote berücksichtigt würden.

Im Übrigen berühre der Regionalisierungsstaatsvertrag nicht den Wesensgehalt der allgemeinen Handlungsfreiheit der gewerblichen Spielvermittler, sondern stelle lediglich ein angemessenes, zweckmäßiges Verfahren zur Berechnung und Durchführung der Ausgleichszahlungen unter den Ländern dar.

bb) Der Regionalisierungsstaatsvertrag unterliege der Gesetzgebungskompetenz der Länder. Er regle nicht die wirtschaftliche Betätigung der gewerblichen Spielvermittler, sondern die Verteilung der den Ländern zustehenden Lotterieeinnahmen. Das Regionalisierungsprinzip führe zu einer Verringerung der Spielanreize; als Teil einer Gesamtheit von Maßnahmen trage dies zur Verwirklichung der ordnungspolitischen Zielsetzungen bei.

Ein Verzicht auf das Regionalisierungsverfahren zöge weitere Markteintritte gewerblicher Spielvermittler und infolgedessen ein vergrößertes Glücksspielangebot nach sich. Selbst wenn Teile des Glücksspiel- und Lotterierechts dem Recht der Wirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) zuzuordnen seien, so habe der Bund jedenfalls von einer möglichen Gesetzgebungskompetenz, abgesehen vom Bereich der Pferdewetten, keinen Gebrauch gemacht.

cc) Auch die von der Antragstellerin gerügte Unvereinbarkeit des Regionalisierungsstaatsvertrags mit Art. 81 EGV begründe keine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs werde das Rechtsstaatsprinzip allenfalls bei einem offenkundigen, schwerwiegenden Widerspruch zum europäischen Gemeinschaftsrecht verletzt.

Ein solcher Widerspruch liege hier schon deshalb nicht vor, weil der Regionalisierungsstaatsvertrag als ordnungsrechtliche Maßnahme im Interesse der öffentlichen Sicherheit nach Art. 86 Abs. 2 EGV gerechtfertigt sei. Da gewerbliche Spielvermittler und Lotterieveranstalter ähnliche Wettbewerbshandlungen gegenüber der gleichen Zielgruppe vornähmen, müssten sie auch den gleichen Beschränkungen unterworfen werden.

IV.

Die Popularklage ist zulässig.

1.

Sie kann zulässig nur gegen Rechtsvorschriften des bayerischen Landesrechts erhoben werden (Art. 98 Satz 4 BV, Art. 55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG). Daher ist sie dahin auszulegen, dass sie sich gegen die Zustimmungsbeschlüsse des Bayerischen Landtags vom 17. Juni 2004 (GVBl S. 230, 236) zu den von der Antragstellerin beanstandeten staatsvertraglichen Bestimmungen richtet. Durch die Zustimmungsbeschlüsse des Bayerischen Landtags werden die Regelungen der Staatsverträge in bayerisches Landesrecht transformiert (VerfGH vom 6.7.1978 = VerfGH 31, 158/161; VerfGH vom 8.11.2002 = VerfGH 55, 143/151; VerfGH vom 25.5.2007 = DVBl 2007, 1113).

2.

Die Verfassungswidrigkeit einer Rechtsvorschrift des bayerischen Landesrechts kann von jedermann beim Verfassungsgerichtshof geltend gemacht werden (Art. 55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG). Voraussetzung sind u. a. Partei- und Prozessfähigkeit des Antragstellers (Meder, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 4. Aufl. 1992, RdNr. 7 zu Art. 98; VerfGH vom 12.3.1986 = VerfGH 39, 30/33). Als Handelsgesellschaft gemäß § 161 Abs. 2 i. V. m. § 124 Abs. 1 HGB erfüllt die Antragstellerin diese Anforderungen.

3.

Die Popularklage ist mit der Rüge, die angegriffenen Regelungen der in bayerisches Landesrecht transformierten Staatsverträge verletzten das Grundrecht der Handlungsfreiheit (Art. 101 BV), zulässig erhoben. Hinsichtlich des Lotteriestaatsvertrags ist davon auszugehen, dass sich die Antragstellerin gegen § 14 Abs. 2 wenden will, da sich ihre Ausführungen auf diesen Absatz beschränken. Soweit die Popularklage in zulässiger Weise erhoben ist, erstreckt der Verfassungsgerichtshof seine Prüfung auf alle in Betracht kommenden Normen der Bayerischen Verfassung, selbst wenn sie nicht als verletzt bezeichnet worden sind oder wenn sie keine Grundrechte verbürgen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 15.1.2007 = VerfGH 60, 1/5).

V.

Die Popularklage ist unbegründet.

A.

Der Zustimmungsbeschluss des Bayerischen Landtags vom 17. Juni 2004 zu § 14 Abs. 2 LottStV ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

1.

Die Regelungen in § 14 Abs. 2 LottStV verletzen nicht das Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV).

a) Verstöße gegen das Rechtsstaatsprinzip aufgrund Unvereinbarkeit der angegriffenen Vorschriften mit höherrangigem Recht können nicht festgestellt werden.

In Popularklageverfahren ist allein die Bayerische Verfassung Prüfungsmaßstab. Nach seiner ständigen Rechtsprechung kann der Verfassungsgerichtshof die Frage, ob der bayerische Gesetzgeber das höherrangige Bundesrecht verletzt hat, nur am Maßstab des Rechtsstaatsprinzips der Bayerischen Verfassung überprüfen. Dieses erstreckt seine Schutzwirkung nicht in den Bereich des Bundesrechts mit der Folge, dass jeder Verstoß gegen Bundesrecht zugleich als Verletzung der Bayerischen Verfassung anzusehen wäre.

Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV ist vielmehr erst dann verletzt, wenn der Widerspruch des bayerischen Landesrechts zum Bundesrecht offen zutage tritt und darüber hinaus auch inhaltlich nach seinem Gewicht als schwerwiegender Eingriff in die Rechtsordnung zu werten ist (VerfGH vom 15.11.2006 = VerfGH 59, 219/224; VerfGH vom 11.11.1997 = VerfGH 50, 226/266; VerfGH vom 15.5.1997 = VerfGH 50, 76/98). Nur eine besonders krasse Verletzung höherrangigen Rechts könnte somit dazu führen, einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV anzunehmen.

Allenfalls in diesem Rahmen könnten die von der Antragstellerin als verletzt bezeichneten Bestimmungen der grundgesetzlichen Kompetenzordnung sowie von Bundesgesetzen Prüfungsmaßstäbe im Popularklageverfahren sein.

aa) Die Zustimmung des Landesgesetzgebers zu den Vorschriften über die gewerbliche Spielvermittlung verstößt nicht gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes. § 14 Abs. 2 LottStV enthält Regelungen zum Schutz der Spieler und Spielinteressenten und kann daher dem sicherheitsrechtlichen Bereich des Glücksspielrechts zugeordnet werden, für den gemäß Art. 70 Abs. 1 GG grundsätzlich den Ländern die Gesetzgebungskompetenz zukommt.

Der Bund hat zudem von einer möglichen (Annex)Kompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG (Recht der Wirtschaft), abgesehen vom Bereich des Wettens auf Pferdesportereignisse, keinen Gebrauch gemacht, sodass auch bei konkurrierender Gesetzgebung gemäß Art. 72 Abs. 1 GG von der Regelungsbefugnis der Länder auszugehen ist (vgl. BVerfG vom 28.03.2006 = BVerfGE 115, 276/304).

In die Regelungszuständigkeit des Bundes für das Strafrecht und das Zivilrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG) sowie den gewerblichen Rechtsschutz (Art. 73 Abs. 1 Nr. 9 GG) greifen die Vorschriften des § 14 Abs. 2 LottStV nicht ein, weil sie lediglich ordnungsrechtliche, nicht strafbewehrte Vorgaben für die Berufsausübung des gewerblichen Spielvermittlers enthalten.

bb) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin widersprechen die Regelungen in § 14 Abs. 2 LottStV nicht den Vorschriften des Bundesgesetzgebers in der Preisangabenverordnung, im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, im Telemediengesetz, im Vertretungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs und in § 312 c Abs. 1 BGB, durch den Vorgaben europarechtlicher Richtlinien umgesetzt wurden. Sämtlichen genannten bundesrechtlichen Normen kann nicht entnommen werden, dass sie weitergehende Anforderungen an die Offenlegung der Preisgestaltung und der Vermittlungstätigkeit zum Schutz der Verbraucher im Bereich des Glücksspielrechts ausschließen wollen.

b) Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV oder gegen Art. 118 Abs. 1 BV unter dem Gesichtspunkt der Systemgerechtigkeit und der Widerspruchsfreiheit von Normen (vgl. VerfGH vom 28.11.2007; VerfGH vom 20.4.1978 = VerfGH 31, 99/136) liegt nicht vor.

Der Einwand der Antragstellerin, die aggressive Werbepraxis der staatlichen Lotteriegesellschaften stehe in Widerspruch zu der für die gewerblichen Spielvermittler geltenden Beschränkung auf angemessene Werbemaßnahmen, führt nicht zur Verfassungswidrigkeit der Regelung. Gemäß § 4 Abs. 3 LottStV trifft die Veranstalter die gleiche Pflicht wie die gewerblichen Spielvermittler. Die Regelungen im Staatsvertrag zur Beschränkung von Werbemaßnahmen sind somit in sich widerspruchsfrei. Ob die staatlichen Lotteriegesellschaften dieser Verpflichtung in der Praxis nachgekommen sind, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen.

Ein verfassungswidriger Wertungswiderspruch im Verhältnis zu den §§ 284, 287 StGB ist nicht erkennbar. Diese Straftatbestände regeln die Strafbarkeit von Glücksspielen ohne behördliche Erlaubnis. Dies schließt nicht aus, die Tätigkeit gewerblicher Spielvermittler, die für erlaubte Glücksspiele werben, ordnungsrechtlichen Beschränkungen zu unterwerfen.

Auch wenn ein Verhalten vom Bundesgesetzgeber nicht als strafwürdig gewertet wird, kann der Landesgesetzgeber zum Schutz eines wichtigen Gemeinwohlziels, hier der Bekämpfung der Spielsucht, diesem Ziel dienende Einschränkungen hinsichtlich der Art und Weise der Betätigung vornehmen. Die in § 14 Abs. 2 LottStV geregelten Verpflichtungen zur Transparenz tragen dem Umstand Rechnung, dass sich gerade aus der Einschaltung eines Spielvermittlers und den damit für den Spieler verbundenen zusätzlichen Kosten und Risiken ein besonderes Bedürfnis nach Offenlegung ergibt.

Unter dem Gesichtspunkt der Systemgerechtigkeit der Regelung ist ebenfalls nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber die Werbemaßnahmen für die vom Lotteriestaatsvertrag erfassten Glücksspiele eingeschränkt hat, weil er von einem vorhandenen Gefährdungspotential ausgegangen ist. Dem Gesetzgeber steht bei der Beurteilung der Auswirkungen der verschiedenen Glücksspiele für den einzelnen Spieler und für die Allgemeinheit ein weiter Ermessensspielraum zu, der nicht überschritten ist, wenn insbesondere zum Schutz der Minderjährigen der Anreiz zur Teilnahme am Glücksspiel generell gering gehalten werden soll (vgl. zur Einschätzungsprärogative des Landesgesetzgebers hinsichtlich des Gefährdungspotentials bei Glücksspielen BGH vom 8.5.2007 = WRP 2007, 970/974).

c) § 14 Abs. 2 Nr. 1 LottStV ist im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz nicht zu beanstanden.

Der Gesetzgeber ist verpflichtet, seine Vorschriften so zu fassen, dass sie den rechtsstaatlichen Anforderungen der Normenklarheit und der Justitiabilität entsprechen. Gesetze müssen so formuliert sein, dass die davon Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können und dass die Gerichte in der Lage sind, die Anwendung der betreffenden Rechtsvorschrift durch die Verwaltung zu kontrollieren. Weder aus dem Rechtsstaatsprinzip noch aus den Grundsätzen der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Gewaltenteilung ergibt sich ein Verbot für den Gesetzgeber, unbestimmte Rechtsbegriffe, also Begriffe, die bei der Gesetzesanwendung noch der Konkretisierung bedürfen, zu verwenden.

Der Gesetzgeber wird allerdings durch das Rechtsstaatsprinzip verpflichtet, seine Regelungen so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (vgl. VerfGH 50, 226/248; VerfGH vom 24.2.1988 = VerfGH 41, 17/24 m. w. N.).

Gegen die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe bestehen jedenfalls dann keine Bedenken, wenn sich mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden, insbesondere durch Heranziehung anderer Vorschriften desselben Gesetzes, durch Berücksichtigung des Normzusammenhangs oder aufgrund einer gefestigten Rechtsprechung eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung und Anwendung der Vorschrift gewinnen lässt (vgl. VerfGH 50, 226/248; VerfGH vom 22.11.1990 = VerfGH 43, 165/167 f.).

Nach diesen Grundsätzen verstößt die angegriffene Regelung des § 14 Abs. 2 Nr. 1 LottStV nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip. Durch die Bezugnahme auf § 1 LottStV ergeben sich hinreichend deutliche Konturen für den Umfang der zulässigen Werbemaßnahmen. Die Werbung darf insbesondere nicht dazu beitragen, dass übermäßige Spielanreize geschaffen werden (§ 1 Nr. 2 LottStV). Eindeutigere Vorgaben erscheinen angesichts der Vielfalt möglicher Werbemaßnahmen auch nicht denkbar.

2.

Art. 101 BV ist nicht verletzt.

a) Das Grundrecht der Handlungsfreiheit, das den beruflichen und wirtschaftlichen Bereich mit umfasst und auf das sich auch private Wirtschaftsunternehmen berufen können (VerfGH vom 23.12.2004 = 57, 175/178; VerfGH vom 15.4.1994 = VerfGH 47, 77/86), steht unter einem allgemeinen Gesetzesvorbehalt. Als Gesetze, die die Handlungsfreiheit einschränken, kommen auch Regelungen in einem Staatsvertrag, die durch Zustimmungsbeschluss des Bayerischen Landtags in bayerisches Landesrecht transformiert sind, in Betracht.

Allerdings müssen die Rechtsvorschriften, die das Grundrecht einschränken, ihrerseits bestimmte Grenzen wahren, damit der Grundrechtsschutz nicht gegenstandslos wird. Art. 101 BV verbürgt daher nicht nur die Freiheit von ungesetzlichem Zwang, sondern setzt auch dem Normgeber selbst Schranken beim Erlass von Rechtsvorschriften, die in die Freiheits- oder Berufssphäre des Einzelnen eingreifen; insbesondere gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (VerfGH vom 29.5.2006 = VerfGH 59, 80/94; VerfGH vom 14.11.2003 = VerfGH 56, 148/167 f.).

Im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 12 Abs. 1 GG, die im berufsrechtlichen Anwendungsbereich des Art. 101 BV herangezogen werden kann (VerfGH 57, 175/179; VerfGH vom 13.12.1999 = VerfGH 52, 173/179), regeln die angefochtenen Bestimmungen des § 14 Abs. 2 LottStV nicht die Zulassung zum Beruf des gewerblichen Spielvermittlers, sondern die Berufsausübung. § 14 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 LottStV stellen Anforderungen an die Art und Weise der Ausübung der gewerblichen Spielvermittlung. Das Argument, die Regelung in § 14 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 LottStV habe für die gewerblichen Spielvermittler erdrosselnde Wirkung, führt zu keiner anderen Bewertung.

Vorschriften über die Berufsausübung können zwar wegen ihrer wirtschaftlichen Auswirkungen als Eingriff in die Freiheit der Berufswahl beurteilt werden, wenn die betreffenden Berufsangehörigen in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich nicht mehr in der Lage wären, den gewählten Beruf auszuüben (BVerfG vom 17.10.1984 = BVerfGE 68, 155/170 f.).

Da gewerbliche Spielvermittler nicht nur Spielgemeinschaften, sondern ebenso einzelne Spieler vermitteln und in der Gestaltung des Betreuungsaufwands für Spielgemeinschaften frei sind, haben sie es selbst in der Hand, ihren Kostenaufwand so zu gestalten, dass die gewerbliche Spielvermittlung auch bei der Abführung von zwei Dritteln der Einnahmen noch ausreichend Gewinn abwirft. Bei generalisierender, auf den Regelfall abstellender Betrachtung, die im Popularklageverfahren maßgeblich ist (vgl. VerfGH 57, 175/179), ist somit auch § 14 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 LottStV alsBerufsausübungsregelung zu beurteilen.

Eine Regelung der Berufsausübung ist zulässig, wenn sie durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist, wenn die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich sind und wenn die durch sie bewirkte Beschränkung der Berufsausübung den Betroffenen zumutbar ist (VerfGH 57, 175/179; 47, 77/86).

b) Die angegriffenen Regelungen in § 14 Abs. 2 LottStV erfüllen diese Anforderungen. Ihnen liegen mit der vom Gesetzgeber beabsichtigten Bekämpfung der Spielsucht (vgl. § 1 Nrn. 1 und 2 LottStV) nicht nur vernünftige Gründe des Gemeinwohls zugrunde; Gesetzeszweck ist vielmehr sogar ein besonders wichtiges Gemeinwohlziel (vgl. BVerfGE 115, 276/304 ff.). Glücksspiele können nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung zu krankhaftem Suchtverhalten führen. Spielsucht kann schwerwiegende Folgen nicht nur für den Betroffenen und seine Familie haben.

Sie birgt wegen der drohenden Verschuldung des Betroffenen und seiner Familie sowie wegen der mit der Sucht nicht selten verbundenen Folge- und Begleitkriminalität auch Gefahren für die Gemeinschaft. Als wichtiges Gemeinwohlziel ist ferner der Verbraucherschutz, insbesondere der Schutz der Spieler vor betrügerischen Machenschaften bei Glücksspielangeboten, vor irreführender Werbung und vor Übervorteilung durch die Täuschung über Gewinnchancen, anzuerkennen. Dagegen reichen fiskalische Interessen des Staates für einen Eingriff in die Berufsfreiheit nicht aus.

aa) Die Regelung in § 14 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 LottStV zur Art und zum Umfang von Werbemaßnahmen trägt dem besonders wichtigen Gemeinwohlziel der Bekämpfung der Spielsucht Rechnung, indem sie nur angemessene, d. h. informative, nicht aber zum Spielen ermunternde oder verführerisch gestaltete Werbemaßnahmen zulässt. § 14 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 LottStV wird durch die Regelungen des Satzes 2 ergänzt, wonach irreführende und die Gewinnchancen unzutreffend darstellende Werbemaßnahmen zu unterlassen sind. Für den gewerblichen Spielvermittler gelten die gleichen Beschränkungen bei Werbemaßnahmen wie für die Veranstalter (vgl. § 4 Abs. 3 LottStV).

Diese von der Antragstellerin kritisierte Gleichbehandlung der Veranstalter und der Vermittler ist nicht zu beanstanden, weil es bei Werbemaßnahmen für das Spielverhalten ohne Bedeutung ist, ob sie vom Veranstalter oder vom Vermittler ausgehen. Die Beschränkungen der Werbemaßnahmen sind geeignet und erforderlich, die Spielsucht zu bekämpfen und eine ordnungsgemäße Durchführung der Glücksspiele zu gewährleisten. Als Berufsausübungsregelungen sind sie dem gewerblichen Spielvermittler auch zumutbar.

bb) Die in § 14 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 LottStV vorgesehene Verpflichtung des gewerblichen Spielvermittlers, zwei Drittel der von den Spielern vereinnahmten Beträge weiterzuleiten, ist ebenfalls durch Belange des Gemeinwohls gerechtfertigt. Dabei ist zwischen dem durch Art. 101 BV geschützten privaten Gewinnstreben und dem Ziel, die durch Gewinnspiele drohende Suchtgefahr möglichst einzudämmen, abzuwägen.

Durch die Verpflichtung der gewerblichen Spielvermittler, zwei Drittel der Einnahmen abzuführen, wird verhindert, dass diese eine im Verhältnis zu den Einnahmen aufwendige und kostenintensive Vertriebs- und Werbetätigkeit aufnehmen. Spielinteressenten sollen zudem nicht durch eine umfangreiche und massive Vertriebs- und Werbetätigkeit der gewerblichen Spielvermittler verstärkt zur Spielteilnahme verleitet werden.

Dies dient dem Schutz der Spieler, weil der wesentliche Teil ihrer Einsätze als Einnahme in das Spiel fließt und zugleich eine Übervorteilung sowie eine Ausweitung der Spielanreize verhindert wird. Die Maßnahme ist auch geeignet und erforderlich, der aus einer intensiven Vermittlungstätigkeit drohenden Gefahr der Förderung der Spielsucht entgegenzuwirken. Im Interesse des Gemeinwohls ist die Regelung zumutbar.

cc) Die in § 14 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2, Nrn. 4 und 5 LottStV geregelten Pflichten zur Offenlegung dienen dem Schutz der Spieler vor betrügerischen Machenschaften bei Glücksspielangeboten und vor Übervorteilung durch Täuschung über Gewinnchancen. Die Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit sowie der durch Art. 101 BV ebenfalls geschützten Vertrags- und Wettbewerbsfreiheit sind durch die zugrunde liegenden Gemeinwohlziele gerechtfertigt. Im Einzelnen sind hierfür folgende Gesichtspunkte maßgeblich:

Die Verpflichtung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 LottStV, wonach der Spielvermittler den Spieler vor Vertragsabschluss auf den an den Veranstalter weiterzuleitenden Betrag hinzuweisen und dem Spieler nach Vermittlung des Auftrags den Veranstalter mitzuteilen hat, ist nicht zu beanstanden. Sie gewährleistet die umfassende Information des Spielers über die besonderen Modalitäten eines Glücksspiels, bei dem die Teilnahme durch die Einschaltung eines Dritten, des Spielvermittlers, abgewickelt wird.

Auf diese Weise wird unter anderem sichergestellt, dass der Spieler seinen Gewinnanspruch gegenüber dem Veranstalter geltend machen kann (vgl. LT-Drs. 15/716 S. 14). Der Transparenz und Kontrollierbarkeit dient auch das in § 14 Abs. 2 Nr. 5 Satz 2 LottStV vorgesehene Einsichtsrecht des Spielers in die Spielquittungen.

Anders als bei den Geschäften des täglichen Lebens bekommt der Spieler keinen bestimmten Gegenwert in die Hand und benötigt daher zur Überprüfung, ob sein Einsatz vereinbarungsgemäß verwendet wurde, diese Informationen. Die dem Spielvermittler auferlegten Pflichten zur Offenlegung sind verhältnismäßig.

Die in § 14 Abs. 2 Nr. 4 LottStV vorgesehene Pflicht, bei jeder Spielteilnahme dem Veranstalter die Vermittlung anzuzeigen, verschafft dem Veranstalter einen Einblick in die Vermittlungstätigkeit. Sie schützt aber auch den Spieler, weil das Vermittlungsgeschehen für den Veranstalter kontrollierbar wird. Die Verpflichtung, die Vermittlung offenzulegen, dient somit entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht allein fiskalischen Interessen, sondern als zusätzliche Kontrolle auch dem Schutz des Spielers. Anhaltspunkte für einen unverhältnismäßigen Eingriff sind nicht erkennbar.

Die Anforderung in § 14 Abs. 2 Nr. 5 Satz 1 LottStV, dass bei Vertragsabschluss ein Treuhänder mit der Verwahrung der Spielquittungen und der Geltendmachung des Gewinnanspruchs gegenüber dem Veranstalter zu beauftragen ist, ist angesichts der Besonderheiten des zugrunde liegenden Geschäfts, bei dem keine bestimmten Vermögenswerte, sondern bloße Gewinnchancen vermittelt werden, zum Schutz der Spieler vor Übervorteilung geeignet und geboten.

Durch die Einschaltung eines unbeteiligten Dritten ist sichergestellt, dass die Teilnahme an der Glücksspielveranstaltung ordnungsgemäß abläuft, Spielquittungen sicher verwahrt werden und ein etwaiger Gewinnanspruch geltend gemacht sowie an den Spieler abgeführt wird. Eine unzumutbare Einschränkung der Rechte der Spielvermittler aus Art. 101 BV ist damit nicht verbunden.

B.

Soweit sich die Popularklage gegen den Zustimmungsbeschluss des Bayerischen Landtags vom 17. Juni 2004 zum Regionalisierungsstaatsvertrag richtet, ist sie ebenfalls unbegründet. Die gegen diesen Staatsvertrag insgesamt, insbesondere aber gegen die Regelung der Pauschale in § 4 Abs. 1 und gegen die Berechnung der regionalen Verteilung nach § 4 Abs. 2 erhobenen Einwände greifen nicht durch.

1.

Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) ist nicht verletzt.

a) Die Antragstellerin rügt, die angefochtenen Normen des Regionalisierungsstaatsvertrags stünden nicht im Einklang mit dem Europäischen Gemeinschaftsrecht. Im Popularklageverfahren ist jedoch allein die Bayerische Verfassung Prüfungsmaßstab. Der Verfassungsgerichtshof hat bisher offengelassen, ob die Grundsätze, die er in ständiger Rechtsprechung bei der Prüfung eines Verstoßes gegen Bundesrecht anwendet (vgl. dazu V A 1 a), auch bezüglich des Europäischen Gemeinschaftsrechts anzuwenden sind, ob also über Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV Vorschriften des Gemeinschaftsrechts mittelbar in einem Popularklageverfahren Bedeutung erlangen können (vgl. VerfGH 50, 76/98 f.; VerfGH vom 13.5.1986 = VerfGH 39, 56/62).

Diese Frage braucht auch weiterhin nicht abschließend entschieden zu werden, denn ein offenkundiger und schwerwiegender Widerspruch des Landesrechts zum Europäischen Gemeinschaftsrecht und damit eine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips der Bayerischen Verfassung ist nicht gegeben.

In allen Ländern der Bundesrepublik Deutschland bestehen Lotto-Toto-Gesell-schaf­ten. Es handelt sich hierbei überwiegend um juristische Personen des Privatrechts, deren Gesellschaftsanteile vom jeweiligen Land gehalten werden. In Bayern ist die Staatliche Lotterieverwaltung, eine staatliche Einrichtung ohne eigene Rechtspersönlichkeit im Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Finanzen, mit der Durchführung von Glücksspielen betraut (Art. 2 Abs. 4 BayStLottG).

Die Lotto-Toto-Gesellschaften der Länder haben sich zum Deutschen Lotto- und Totoblock zusammengeschlossen. Ihre Zusammenarbeit ist im Blockvertrag vom 22. Mai 2000 geregelt. Nach § 2 dieses zivilrechtlichen Vertrags kann jeder Blockpartner aufgrund der Erlaubnis des Landes Lotterien und Sportwetten nur innerhalb des jeweiligen Landesgebiets veranstalten und durchführen (vgl. auch § 5 Abs. 3 LottStV). Die Lotterieunternehmen vertreiben die Lotterien und Sportwetten ausschließlich im Gebiet ihres Landes und zwar vorrangig im Weg der sogenannten terrestrischen Vermittlung über Lottoannahmestellen.

Die in § 2 des Blockvertrags enthaltene Gebietsabsprache wird durch den Regionalisierungsstaatsvertrag ergänzt. Nach § 1 verpflichten sich die Länder, Einnahmen aus der gewerblichen Spielvermittlung durch ein in den §§ 4 und 5 beschriebenes Verfahren denjenigen Ländern zukommen zu lassen, denen sie wirtschaftlich zuzurechnen sind. § 3 verpflichtet die Länder zur Mitteilung der Summe der Spieleinsätze, getrennt für jede Veranstaltung des Deutschen Lotto- und Totoblocks, sowie des von gewerblichen Spielvermittlern stammenden Anteils und der auf diesen Anteil entfallenden Gewinnausschüttung und Bearbeitungsgebühr.

Gemäß § 4 Abs. 1 werden die Anteile aus der gewerblichen Spielvermittlung regionalisiert, wobei Abzüge in Höhe der Gewinnausschüttung, der Bearbeitungsgebühr von bis zu 3 % der Spieleinsätze und einer Pauschale von 9 % in den Jahren bis 2006 bzw. von 8,33 % ab dem Jahr 2007 vorgenommen werden. Die Berechnung der Verteilung erfolgt gemäß § 4 Abs. 2 für jede gemeinsame Veranstaltung von Glücksspielen des Deutschen Lotto- und Totoblocks nach dem Verhältnis der Einnahmen des einzelnen Landes zur Gesamtsumme der Spielumsätze des Deutschen Lotto- und Totoblocks, jeweils abzüglich der Anteile aus gewerblicher Spielvermittlung.

aa) Diese Regelungen verfolgen nach Ansicht des Bundeskartellamts (Beschluss vom 23.8.2006 Az. B 10-92713-Kc-148/05) wettbewerbsbeschränkende Ziele und bewirken Einschränkungen des Wettbewerbs der Lottogesellschaften auf dem Markt für Lotterien und auf dem Nachfragemarkt für die Leistungen nach bundesweiter gewerblicher Spielvermittlung (RdNrn. 720 ff. des Beschlusses). Diese Auffassung teilt das Oberlandesgericht Düsseldorf in der auf die Beschwerde der Blockgesellschafter ergangenen Entscheidung (Beschluss vom 8.6.2007 Az. VI-Kart 15/06).

Zwar könnten die Länder autonom über die Verwendung ihrer Einnahmen entscheiden und in einem Länderfinanzausgleich anderen Ländern einen Teil ihrer Einnahmen zukommen lassen. Durch die Bestimmungen des europäischen Kartellrechts seien sie aber dem Verbot wettbewerbsbeschränkender Abreden und abgestimmter Verhaltensweisen unterworfen (Art. 10 i. V. m. Art. 81 EGV).

Die Regionalisierung der gewerblich vermittelten Spielumsätze sei auch nicht im Hinblick auf Art. 86 Abs. 2 EGV gerechtfertigt, weil sich die Gemeinwohlziele nicht durch eine Umverteilung der gewerblich vermittelten Spieleinnahmen zwischen den Ländern, sondern nur durch entsprechende gesetzliche Vorgaben für die geschäftliche Tätigkeit der gewerblichen Spielvermittler und/oder durch aufsichtsbehördliche Maßnahmen durchsetzen ließen.

bb) Auch wenn diese Rechtsauffassung zugrunde gelegt wird, ist der Zustimmungsbeschluss des Bayerischen Landtags zum Regionalisierungsstaatsvertrag nicht verfassungswidrig. Für eine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips der Bayerischen Verfassung fehlt es bereits an einem offensichtlichen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht.

Durch die im Regionalisierungsstaatsvertrag getroffenen Regelungen wird die wirtschaftliche Betätigung der privaten Spielvermittler zwar nicht ausgeschlossen, jedoch insoweit tangiert, als sich die Beschränkung der von den Spieleinsätzen abzugsfähigen Pauschale in § 4 Abs. 1 Regionalisierungsstaatsvertrag mittelbar auf die Provisionszahlungen auswirken kann, die durch die Lotterieveranstalter an die Spielvermittler geleistet werden.

Die hieraus möglicherweise resultierende Begrenzung der gewerblichen Spielvermittlung wirkt sich zugunsten der oben dargestellten Gemeinwohlziele aus, da die Verminderung von Spielanreizen zugleich der Bekämpfung der Spielsucht, dem Schutz vor Ausbeutung von Spielern und der Abwehr der Gefahren durch Folge- und Begleitkriminalität dient. Art. 86 Abs. 2 EGV lässt Einschränkungen des Wettbewerbs zu, wenn die Erfüllung der Aufgabe andernfalls rechtlich oder tatsächlich verhindert würde.

Die teilweise vertretene Einschätzung, dass Vorgaben unmittelbar für die Tätigkeit der Spielvermittler (vgl. § 14 Abs. 2 LottStV) zum Schutz der Spieler und der Allgemeinheit ausreichen, liegt nicht ohne Weiteres auf der Hand. Zwar ist zwischen der Veranstaltung von Glücksspielen und der Spielvermittlung zu unterscheiden. Um die Maßnahmen zur Bekämpfung der Spielsucht effizient umzusetzen, können grundsätzliche Beschränkungen der Veranstaltungen zum Schutz der Spieler und der Allgemeinheit aber nicht ohne Konsequenzen für die Spielvermittler erfolgen.

Auch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften können die Mitgliedstaaten im Interesse des Gemeinwohls die Zulassung von Glücksspielen beschränken. Danach ist ein Staatsmonopol für Glücksspiele nicht ausgeschlossen (EuGH vom 6.11.2003 = NVwZ 2004, 87; EuGH vom 21.9.1999 = DVBl 2000, 211; vgl. auch EuGH vom 6.3.2007 = NJW 2007, 1515). Diese Befugnis der Mitgliedstaaten zur Schaffung eines Staatsmonopols steht im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland den einzelnen Bundesländern zu (vgl. BGH WRP 2007, 970/974).

Der vom Bundeskartellamt angenommene Widerspruch der Vorschriften des Regionalisierungsstaatsvertrags zum Europäischen Gemeinschaftsrecht ist auch nicht als schwerwiegender Verstoß zu werten. Die Regelung der Pauschale in § 4 Abs. 1 Regionalisierungsstaatsvertrag berührt, wie bereits dargelegt, allenfalls mittelbar die Höhe der Provisionsleistungen, die durch Lotterieunternehmen an die gewerblichen Spielvermittler geleistet werden.

Dabei handelt es sich jedoch nicht um die einzige Einnahmequelle der Spielvermittler. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 LottStV können die Spielvermittler bis zu ein Drittel der von den Spielern vereinnahmten Beträge einbehalten. Dass sich die Höhe der Einnahmen der gewerblichen Spielvermittler im Rahmen dieser gesetzlichen Bedingungen bewegt, mag ihre wirtschaftliche Betätigung einschränken, schließt sie aber nicht aus.

b) Das Rechtsstaatsprinzip ist nicht wegen eines Widerspruchs zu bundesrechtlichen Normen verletzt. Das Bundeskartellamt hat in seinem Beschluss vom 23. August 2006 einen Verstoß gegen § 1 GWB darin gesehen, dass die Lottogesellschaften ihre Verhaltensweisen durch den Regionalisierungsstaatsvertrag abgestimmt hätten. Aus den gleichen Gründen wie unter a) zum behaupteten Verstoß gegen Art. 10 i. V. m. Art. 81 EGV dargelegt, ist auch hierin kein offensichtlicher und krasser Widerspruch gegen höherrangiges Recht zu sehen, weil die Länder im Interesse der verfolgten Gemeinwohlziele Regelungen getroffen haben, die zu einer Einschränkung des Wettbewerbs führen.

Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG wegen der von der Antragstellerin behaupteten Unvereinbarkeit der angegriffenen landesrechtlichen Vorschriften mit Bundesrecht kommt nicht in Betracht. Denn es fehlt an der Entscheidungserheblichkeit, weil der Verfassungsgerichtshof im Popularklageverfahren die angefochtene Rechtsvorschrift nicht selbst anzuwenden hat; vielmehr hat er (nur) darüber zu befinden, ob die angegriffenen Bestimmungen mit der Bayerischen Verfassung vereinbar sind oder nicht (VerfGH vom 15.5.1997 = VerfGH 50, 67/102; VerfGH vom 27.3.1992 = VerfGH 45, 33/41).

2.

Die Vorschriften des Regionalisierungsstaatsvertrags verstoßen nicht gegen das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 101 BV). Zwar wird hierdurch mittelbar die wirtschaftliche Betätigung der gewerblichen Spielvermittler beeinträchtigt. Die Einschränkungen sind aber mit Blick auf die verfolgten Gemeinwohlziele nicht unverhältnismäßig. Dass der Anreiz für eine Betätigung auf diesem Gebiet sowohl für die gewerblichen Spielvermittler als auch für die Lotterieveranstalter eingeschränkt wird, dient den oben (V B 1 a bb) dargestellten Gemeinwohlzielen und findet darin eine verfassungsrechtlich zureichende Rechtfertigung.

3.

Ein Verstoß gegen Art. 156 BV, der sich u. a. mit der Kartellbildung und mit Preisabreden befasst, kommt nicht in Betracht. Diese Bestimmung ist durch Bundes- und Europarecht überholt (Meder, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 4. Aufl. 1992, RdNr. 1 zu Art. 156; VerfGH vom 15.12.2005 = VerfGH 58, 277/288; VerfGH vom 2.1.1968 = VerfGH 21, 1/11).

VI.

Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG).