Strafbarkeit von Sportwetten-Vermittlung an EU-Anbieter
Leitsatz
Ein Anbieter, der Sportwetten ins Ausland vermittelt, "hält" weder ein Glücksspiel noch "stellt er hierzu Einrichtungen bereit" iSd. § 284 StGB und macht sich damit wegen dieser Tathandlungen nicht strafbar.
Tenor
In der Strafsache gegen (...):
1. Der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Erlass des Strafbefehls wird abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschuldigten werden der Staatskasse auferlegt.
Sachverhalt
(vgl. Entscheidungsgründe)
Entscheidungsgründe
Der dem Beschuldigten zur Last gelegte Tatvorwurf, seit dem 1.11.2005 in dem Geschäftslokal (...) in Krefeld einen Geschäftsbetrieb, der sich mit der Entgegennahme und Vermittlung von Sportwetten befasse, betrieben zu haben und damit ohne behördliche Erlaubnis öffentliches Glücksspiel gehalten und die Einrichtung hierzu bereitgestellt zu haben, lässt sich jedenfalls nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen.
Zwar sind auch Sportwetten nach der herrschenden Meinung als Glücksspiel i.S.v. § 284 Abs. 1 StGB anzusehen (Tröndle/Fischer, StGB, 53. Aufl., § 284, Rn. 7). Diese Tendenz lässt auch das Bundesverfassungsgericht in seiner neuesten Entscheidung (vgl. Urt. vom 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01) im Hinblick auf das Suchtpotential von Sportwelten erkennen.
Zweifelhaft ist aber bereits das Fehlen einer behördlichen Erlaubnis. Eine Zulassung des Wettbetriebes des Beschuldigten nach §§ 1,2 des Sportwettengesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen liegt zwar nicht vor. Wie der Betroffene nach Aktenlage unwiderlegt vorträgt, besitzt die in einem anderen europäischen Mitgliedstaat ansässige Veranstalterin der Wetten aber eine nach dortigem Recht wirksame Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwerten. Zwar geht die herrschende Meinung davon aus, dass nur eine aufgrund der Sportwettengesetze der Länder erteilte inländische Genehmigung die Veranstaltung zu einer i.S.d. § 284 StGB erlaubten macht. Nach anderer Ansicht kann dagegen aufgrund europarechtlicher Vorgaben für die Vermittlung in Deutschland keine zusätzliche Genehmigung verlangt werden, wenn das Ausstellungsland der EU angehört. Einige Stimmen vertreten zudem die Auffassung, dass (zumindest bestimmte) Sportwettengesetze aufgrund eines Verstoßes gegen Art. 12 GG bzw. Art. 2 Abs. 1 GG verfassungswidrig seien, was ebenfalls die Strafbarkeit In Frage stellen konnte, wenngleich das Bundesverfassungsgericht die diesbezügliche Beurteilung zunächst den Fachgerichten überlassen hat (BVerfG, Urt. vom 28.03.2006 - 1 BvR 1354/01).
Eine Entscheidung für eine der Ansichten kann an dieser Stelle aber offen bleiben, da jedenfalls die dem Beschuldigten vorgeworfene Tathandlung nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar ist. Hinreichende Anhaltspunkte für ein Halten eines öffentlichen Glucksspiels oder ein Bereitsteilen von Einrichtungen zum Glücksspiel liegen nicht vor.
Für das Halten eines Glücksspiels i.S.v. § 284 StGB ist ein Leiten des Spiels oder das eigenverantwortliche Überwachen des Spielverlaufs erforderlich (Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl., § 284, Rn. 12). In der Ermittlungsakte fehlen allerdings jegliche Angaben zum Ablauf des Vermittlungs- oder Wettbetriebes, etwa zur Art der möglichen Sportwelten, zur Berechnung der Quoten sowie zu Art und Umfang der durch den Beschuldigten erbrachten Tätigkeiten.
Unterstellt, der Beschuldigte hätte tatsächlich - wofür die Gewerbeanmeldung spricht - Sportwetten vermittelt, ist zu entscheiden, ob bereits die bloße Vermittlung von Sportwetten als Halten unerlaubter Glücksspiele oder als Bereitstellen von Einrichtungen hierfür angesehen werden kann.
Dies ist - jedenfalls ohne konkrete Feststellungen über die Art der Vermittlung - nicht anzunehmen.
Eine typische Vermittlertätigkeit beschränkt sich auf die Verbreitung der Spielprogramme oder Teilnahmescheine des Veranstalters, die Entgegennahme und Weiterleitung der Wettangebote und Einsätze sowie auf die Auszahlung der im Vorhinein vom Wettveranstalter festgesetzten Gewinne.
Damit wird ein Glücksspiel nicht gehalten, sondern vermittelt. Die Errichtungen werden nicht zur Veranstaltung oder zum Halten eines Glücksspiels bereit gehalten, sondern zur Vermittlung. Eine Gleichsetzung würde sich im Übrigen auch über den klaren Wortlaut des § 284 Abs. 1 StGB hinwegsetzen und daher auch mit dem strafrechtlichen Gesetzlichkeitsprinzip und Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG kollidieren (vgl. LG Ellwangen, Urt. vom 12.04.2005 - 3 Ns 42 Js 5187/03, S. 15).
Auch ein hinreichender Tatverdacht für das Bereitstellen von Einrichtungen für ein öffentliches Glücksspiel ist nicht ersichtlich.
Unter Bereitstellen von Einrichtungen für ein öffentliches Glücksspiel ist das Zugänglichmachen von Spieleinrichtungen zu verstehen (Bubnoff in LK, StGB 11. Aufl., § 284. Rn. 20; Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl., §284; Rn. 13). Auch hier ergeben sich aus den Akten keine hinreichenden Anhaltspunkte. So ist nicht ersichtlich, welche Spieleinrichtungen vorhanden sind und wie genau der Betrieb organisiert ist. Nach dem Inhalt der Ermittlungsakte ermöglicht die vom Beschuldigten bereitgestellte Einrichtung lediglich die Vermittlung von Sportwetten.
Dies stellt weder ein Halten eines unerlaubten Glücksspiels noch ein Bereitstellen von Einrichtungen zum unerlaubten Glücksspiel dar.
Der Beschuldigte ist insgesamt auf der Grundlage des Akteninhaltes eben nur Betreiber eines Vermittlungsbüros. Inwieweit er verbotene Glücksspiele selbst hält oder Einrichtungen hierfür bereit hält, ist nicht ersichtlich. Ein diesbezüglich notwendiger hinreichender Verdacht ist nicht feststellbar.
Insgesamt ist bei dieser Sachlage eine Verurteilung des Beschuldigten wegen der ihm vorgeworfenen Tat nicht wahrscheinlich, so dass der Erlass des Strafbefehls abzulehnen war.