Strafbare Gewinnversprechen

Bundesgerichtshof

Urteil v. 30.05.2008 - Az.: 1 StR 166/07

Leitsatz

1. Zum Zusammenhang zwischen Werbeaussage und beworbener Ware oder Leistung als Voraussetzung strafbarer Werbung

2. Werden Kunden mittels strafbarer Werbung zu Warenbestellungen veranlasst, sind die Kaufpreiszahlungen, welche die Kunden dafür an den Täter oder Drittbegünstigten leisten, von diesem aus den Taten erlangt und unterliegen - unbeschadet vorrangiger Ansprüche von Verletzten - in vollem Umfang dem Verfall.

3. Infolge der strafbaren Werbung können den Bestellern Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung jeweils in Höhe des gezahlten Kaufpreises zustehen, die den Verfallsbetrag vermindern.

Tenor

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 27. Mai 2008 in der Sitzung am 30. Mai 2008 (...) für Recht erkannt:

1. Das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 14. Juni 2006 wird bezüglich der Angeklagten D. und S. im Schuldspruch dahin berichtigt, dass diese Angeklagten der strafbaren Werbung in 66 Fällen schuldig sind.

2. Auf die Revision der Nebenbeteiligten I. wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben, soweit gegen sie der Wertersatzverfall angeordnet worden ist und dabei etwaige entgegenstehende Ansprüche von Verletzten unberücksichtigt geblieben sind.

3. Die Revisionen der Angeklagten und der Nebenbeteiligten P. werden verworfen. Die Angeklagten und die Nebenbeteiligte P. haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

4. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das oben bezeichnete Urteil im Ausspruch über den Verfall aufgehoben, soweit

a) zum Vorteil der Nebenbeteiligten I. von einem über die erfolgte Anordnung hinausgehenden Wertersatzverfall abgesehen worden ist,

b) gegen die Nebenbeteiligten O. und V. 3 C. ganz von der Anordnung des Wertersatzverfalls abgesehen worden ist.

5. Die gegen die Angeklagten und die Nebenbeteiligte P. gerichteten Revisionen der Staatsanwaltschaft werden verworfen.

Die Kosten dieser Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft sowie die den Angeklagten und der Nebenbeteiligten P. hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

6. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Sachverhalt

(vgl. Entscheidungsgründe)

Entscheidungsgründe

Das Landgericht hat den Angeklagten G. wegen strafbarer Werbung in sechs Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Gegen die Angeklagten D. und S. hat es wegen strafbarer Werbung in 62 Fällen auf Gesamtfreiheitsstrafen von jeweils einem Jahr und sechs Monaten erkannt und die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.

Im Übrigen hat es die Angeklagten freigesprochen. Den Verfall von Wertersatz hat es wie folgt angeordnet:

- in das Vermögen des Angeklagten G. in Höhe von 244.467,- €,


- in das Vermögen des Angeklagten D. in Höhe von 100.853,- €,


- in das Vermögen des Angeklagten S. in Höhe von 58.700,- €,


- in das Vermögen der Nebenbeteiligten I. in Höhe von 1.498.677,- €,


- in das Vermögen der Nebenbeteiligten P. in Höhe von 671.136,- €.

Das Landgericht hat es abgelehnt, Verfallsanordnungen gegen die Nebenbeteiligten O. und V. 3 C. zu treffen.

Die Staatsanwaltschaft greift das Urteil mit den zu Ungunsten der Angeklagten und sämtlicher Nebenbeteiligten eingelegten Revisionen an. Sie sind auf den Ausspruch über den Verfall beschränkt und werden auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützt.

Die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben nur hinsichtlich der Nebenbeteiligten I. , O. und 3 C V. Erfolg.

Den auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützten Revisionen der drei Angeklagten bleibt ebenso der Erfolg versagt wie der auf die nicht näher ausgeführte Sachrüge gestützten Revision der Nebenbeteiligten P.

Die Revision der Nebenbeteiligten I., die die Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend macht, dringt demgegenüber mit der Sachbeschwerde durch.

Die Revisionen der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Nebenbeteiligten I., O. und 3 C V. und die Revision der Nebenbeteiligten I. führen zur Teilaufhebung des Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache.

Die Feststellungen sind indessen rechtsfehlerfrei getroffen und können daher bestehen bleiben (vgl. - auch zur Tenorierung - BGH NJW 2007, 1540).

Der nunmehr zur Entscheidung berufene Tatrichter kann ergänzende, hierzu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen treffen.

I.

Der Verurteilung der Angeklagten wegen strafbarer Werbung und den Verfallsanordnungen liegt zugrunde, dass die Angeklagten nach Auffassung des Landgerichts für im Versandhandel tätige Gesellschaften die Versendung standardisierter Werbesendungen (sog. Mailings), die unzutreffende Gewinnmitteilungen und Geschenkversprechen enthielten, zusammen mit Warenkatalogen veranlassten und organisierten und hierdurch den Warenabsatz steigerten.

1.

Im Einzelnen ist - soweit im Rahmen der Revisionen von Bedeutung -folgendes festgestellt:

a) Zu den Taten:

aa) Der Angeklagte G. war im Tatzeitraum vom 30. Dezember 2002 bis zum 25. Oktober 2004 Präsident des Verwaltungsrats der 1964 von seinem Vater gegründeten Nebenbeteiligten I., einer Holdinggesellschaft, die ihren Domizilsitz in der Schweiz hat. Seit 1993 ist der Bruder des Angeklagten G., Gi., alleiniger Aktionär.

Seit Beginn der 1980er Jahre hielt die I. alle Geschäftsanteile der in Sc. ansässigen "OM.", die bis Mitte der 1990er Jahre als Versandhandelsunternehmen am Markt auftrat und - seit 1989 auch über eine Tochtergesellschaft - Werbesendungen mit Gewinnversprechen versandte.

Wegen Beanstandungen von Verbraucher- und Wettbewerbsschützern und scharfen Angriffen in den Medien erfolgten zwei Umstrukturierungen, zunächst 1997 und dann 1999.

Ziel der zweiten Umstrukturierung war es, die Tätigkeit des in Sc. ansässigen Unternehmens auf diejenige eines reinen Logistikdienstleisters zu beschränken und die rechtliche Verantwortung für künftige Werbesendungen auf abhängige ausländische Domizilgesellschaften (sog. Marketinggesellschaften) zu verlagern.

Dementsprechend wurden der Name des nebenbeteiligten Unternehmens in "O." und der Unternehmensgegenstand in Erbringung sog. "Fullfillment-Dienstleistungen" geändert.

Die Konzeption von Werbesendungen wurde nunmehr von einer anderen Gesellschaft durchgeführt, der Se., deren Anteile treuhänderisch für die I. gehalten wurden.

Die Se. übernahm die hierfür zuständigen Mitarbeiter der Marketingabteilung der O. und mietete Büroräume in deren Gebäude in Sc. an.

Im Interesse der bzw. für die I. wurden im Ausland Gesellschaften gegründet oder bereits bestehende Gesellschaften "aktiviert", die im Versandhandel mit fünf Kataloglinien nach außen auftraten und unter deren Firma die Werbesendungen mit beigefügten entsprechenden Warenkatalogen verschickt wurden. Die ausländischen Gesellschaften wurden zweimal - ab 2001 und ab 2004 - durch andere ersetzt, als es Empfängern von Werbesendungen jeweils gelang, Vollstreckungstitel gegen sie zu erstreiten und Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten.

Im Jahr 2000 hatte der Gesetzgeber mit § 661a BGB einen Leistungsanspruch des Verbrauchers aus Gewinnzusagen geschaffen, so dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geändert hatten.

Im Zeitraum von 2001 bis 2003 traten folgende ausländische Gesellschaften auf: Unter Angabe der Firma der in Florenz gegründeten SVD wurden die Kataloglinien "Sch. & G." und "P.B." vertrieben.

Absender der Kataloglinien "He." und "Vi." war die EMO mit Sitz in London. Werbesendungen der Kataloglinie "K. & L." wurden unter Angabe der Firma VH mit Sitz in Paris verschickt.

Im Zeitraum ab 2004 traten folgende ausländische Gesellschaften auf: Die Kataloglinie "Sch. & G." wurde mit der Absenderangabe der Gesellschaft "D. M. C." mit

- angeblichem - Sitz in Mailand vertrieben, die aber unter der angegebenen Firma nie errichtet worden war.

Absender der Kataloglinien "He." und "Vi." war die niederländische B.

Der Versand der Werbesendungen der Kataloglinie "K. & L." erfolgte unter der Absenderangabe der Nebenbeteiligten 3 C V. mit Sitz in Paris.

Die ausländischen Gesellschaften hatten ganz überwiegend weder eigenes Personal noch eigene Räumlichkeiten. Die Konzeption der Werbesendungen für den Versandhandel wurde von der Se. entwickelt; die logistische Abwicklung erfolgte durch die O. Allein die 3 C V. verfügte über Geschäftsräume im elsässischen L. und beschäftigte mehrere Mitarbeiter; die technische Abwicklung des Versandhandels erfolgte aber auch hier über die O.

bb) Über die ausländischen Gesellschaften veranlassten und organisierten die Angeklagten die Versendung von Werbesendungen für die fünf Kataloglinien an Verbraucher, darunter die der Verurteilung zugrunde liegenden 66 Werbesendungen, die vom 30. Dezember 2002 bis zum 25. Oktober 2004 in einer Auflage von minimal 60.470 und maximal 700.936 Stück ausgesandt wurden. D

ie Schriftstücke enthielten standardisierten Text, in den die von der Abteilung Adressmarketing der O. selektierten Adressdaten eingedruckt waren; ihnen wurden die Warenkataloge der Kataloglinien beigefügt.

Der Kundenstamm bestand vorwiegend aus älteren Personen mit geringem Bildungsniveau.

Die Werbesendungen enthielten - so das Landgericht - unzutreffende Gewinnmitteilungen und Geschenkversprechen, da die bezeichneten Gewinne und Geschenke nicht ausgekehrt wurden. Soweit behauptet wurde, es habe eine Vorabziehung eines Geldpreises stattgefunden, traf dies nicht zu oder es waren die gezogenen Gewinnnummern und -namen vernichtet worden.

Soweit behauptet wurde, der Empfänger sei ein ausgesuchter "Gewinnberechtigter", der bei einer "Jackpotziehung" aufgrund seiner Gewinnnummer die Chance auf einen Gewinn habe, war dieselbe Gewinnnummer allen Empfängern zugeteilt worden, so dass der auf einen "Spieler" entfallende Gewinnanteil erwartungsgemäß unter der in den Teilnahmebedingungen jeweils festgelegten "Mindestgewinnsumme" von 1,50 € bis zu 5,- € lag.

Soweit schließlich behauptet wurde, die Gewinnauskehrung würde im Rahmen einer Jahresendziehung erfolgen, fand hierbei keine Zufallsselektion statt, sondern wurden die Kunden mit den höchsten Umsätzen als "Gewinner" ausgewählt.

Waren wertvolle Geschenke (Marken-Fernsehgeräte, -Videorekorder etc.) ausgelobt worden, so wurde der Warenlieferung nur "wertloser Plunder" mit einem Maximalwert von 3,- € beigelegt. War die Mitteilung enthalten, für den Empfänger sei ein - näher beschriebenes - Geschenk "reserviert" (sog. zweistufige Geschenkvergaben), erhielt der Besteller mit der ersten Warenlieferung überhaupt nichts. Ihm wurde hierbei lediglich mitgeteilt, er könne das Geschenk erhalten, wenn er nochmals eine Bestellung aufgebe. Der zweiten Warenlieferung wurde sodann ein solches beigegeben, welches allerdings bezogen auf die Anpreisung minderwertig war.

Die optische Gestaltung der Werbesendungen erfolgte in der Weise, dass der Empfänger nur die Anpreisung der Gewinne und Geschenke, nicht aber die Anpreisung einschränkende Aussagen wahrnehmen sollte.

Die in Aussicht gestellte Chance, einen Gewinn zu erhalten, war nicht an den Erwerb der gleichzeitig angebotenen Waren gebunden.

Die Übersendung der ausgelobten Geschenke wurde regelmäßig von einer Warenbestellung mit einem Mindestbestellwert von 15,- € abhängig gemacht. Nach den auf dem Bestellformular abgedruckten Bedingungen waren die Kunden berechtigt, die Waren binnen einer Frist von 30 Tagen zu testen ("Test-Anforderung") und bei Nichtgefallen zurückzusenden ("Kauf auf Probe"), wobei die Rückgabe mit (Versand-)Kosten verbunden war.

Exemplarisch kann auf folgende Werbesendung verwiesen werden, die unter dem "Betreff: Gewinnauszahlung 5.800 Euro!" folgendes persönliches Schreiben enthielt (UA S. 51):

"Sehr geehrter Herr (...),

soeben komme ich aus der Buchhaltung, wo ich eigentlich Ihren Gewinnscheck aus der März-Vergabe abholen wollte, denn ich dachte, ich könnte Ihren Scheck gleich diesem Brief an Sie beilegen.

Aber Sie wissen ja, wie Buchhalter so sind: immer muss alles 200%ig sein, bevor sie Bargeld oder Schecks aus der Hand geben. Und wehe, es fehlt eine Unterschrift oder ein Stempel!

Also, Herr (...). Die Sache ist folgendermaßen: Herr H(...), unser Chefbuchhalter, hat mir noch einmal bestätigt, dass es keinen Zweifel an Ihrem Bargeldgewinn gibt und dass mit der Auszahlung an Sie auch alles in Ordnung ist (die interne Aktennotiz habe ich Ihnen beigelegt). Es gibt also keinen Grund zur Beunruhigung.

Allerdings hat er von der internen Firmenrevision natürlich seine Vorgaben, wie Auszahlungen ordnungsgemäß zu verbuchen sind, und da fehlt jetzt eben noch der unterschriebene Auszahlungs-Beleg von Ihnen, Herr (...)!

Daher habe ich nun alle Unterlagen vorbereitet und möchte Sie bitten, den beigelegten Auszahlungs-Beleg schnell zu unterschreiben und umgehend zurückzuschicken. Dann kann die Auszahlung an Sie bereits in den nächsten Tagen über die Bühne gehen. (...)

Herr H(...) und ich würden uns übrigens freuen, wenn Sie uns in diesem Zusammenhang auch wieder einmal mit einer kleinen Bestellung beauftragen würden. (...) Ich möchte Sie wirklich zu nichts überreden, aber wenn Sie sich ohnehin etwas aus unserem aktuellen Angebot aussuchen möchten, könnte ich Ihre Sendung gleich mit anderen Lieferungen rausschicken."

Dass der Empfänger noch nicht gewonnen hatte, sondern nur an einem Gewinnspiel teilnehmen werde, ergab sich hier aus optisch schwer zugänglichen "Vergabe-Bedingungen" auf der Rückseite des "Auszahlungs-Belegs".

Ein solches Gewinnspiel fand jedoch, wie von den Angeklagten beabsichtigt, überhaupt nicht statt.

Des Weiteren enthielt dieselbe Werbesendung auf einem gesonderten Blatt für den Fall eines Mindestbestellwerts von 15,- € folgendes Geschenkversprechen über eine Damenuhr (UA S. 52):

"Ein Hauch von Luxus - unser Dankeschön der Extraklasse für Sie ... Für Sie GRATIS statt 2995".

Tatsächlich erhielt der Kunde eine Uhr, die in Hongkong für einen Einkaufspreis von 1,80 US-$ beschafft worden war.

cc) Der Angeklagte D., der bis Ende 2003 Geschäftsführer der O. war, hatte im gesamten Tatzeitraum die Entscheidungsgewalt auch bei der Se., und zwar sowohl in allen Konzeptionsgesprächen für die einzelnen Werbesendungen als auch in allen die ausländischen Gesellschaften betreffenden fachlichen Fragen. Die Geschäftsführerin der Se. führte seine Anweisungen aus.

Dem als Rechtsanwalt tätigen Angeklagten S. wurden sämtliche Werbesendungen zur rechtlichen Prüfung vorgelegt.

Er wirkte an deren inhaltlicher Gestaltung mit; insoweit hatte er das "letzte Wort". Außerdem hatte er maßgeblichen Anteil an der Gründung und Steuerung der ausländischen Gesellschaften.

Dass der Angeklagte G. an der Konzeption der einzelnen Werbesendungen beteiligt war, hat die Strafkammer nicht festgestellt.

Im Interesse der I. steuerte er allerdings "die operative Tätigkeit der zur I.-Gruppe gehörenden Unternehmen (...) und (gab) die strategische Richtung" vor; er schuf "den unternehmerischen Rahmen für die Anfertigung und Versendung der auch von ihm gewollten Werbesendungen der hier relevanten Art" (UA S. 110).

Der Angeklagte G. traf die Entscheidungen, die Kataloglinien unter der Absenderangabe der jeweiligen ausländischen Gesellschaft zu vertreiben, und erteilte die entsprechenden Weisungen zur "Installierung" und Nutzung der sechs Gesellschaften SVD, EMO, VH , DMC, B. und 3 C V., unter deren Firmen die verfahrensgegenständlichen Werbesendungen verschickt wurden.

Die Angeklagten wussten, dass die Gewinne und Geschenke nicht ausgeekehrt würden.

Dessen ungeachtet wollten sie durch die Werbesendungen den Eindruck der Großzügigkeit und Kundenfreundlichkeit sowie den Anschein eines besonders günstigen Warenangebots hervorrufen. Sie wollten insbesondere ältere Empfänger beirren, um den Warenabsatz im Versandhandel zu fördern.

Die Angeklagten gingen aufgrund mehrjähriger Erfahrungen davon aus, dass der Warenabsatz durch die Gewinnmitteilungen und Geschenkversprechen gefördert werden konnte (UA S. 28) und - so die Notiz über eine Besprechung unter anderem der Angeklagten G. und D. - "dieses Geschäft im Wesentlichen ohne Gewinnspiele nicht läuft" (UA S. 122).

Die Angeklagten G. und D. vertrauten allerdings auf die Versicherung des Angeklagten S., die Werbesendungen, wenngleich sie gegebenenfalls wettbewerbswidrig seien, überschritten die Grenze der Strafbarkeit nicht.

b) Zum Verfall:

Die ausländischen Gesellschaften hatten zunächst von Mitarbeitern der Buchhaltungsabteilung der O. verwaltete Girokonten gehabt.

Nach Einführung der Vorschrift des § 661a BGB im Jahr 2000 entschied der Angeklagte G. auf Rat des Angeklagten S., die Umsatzerlöse im Interesse der I. über eine weitere Gesellschaft "abzusichern", um sie dem Zugriff etwaiger den Leistungsanspruch aus Gewinnzusagen einklagender Kunden zu entziehen.

Dementsprechend gründete der Angeklagte S. die F., deren Geschäfte im Auftrag des Angeklagten G. und in enger Absprache mit den Angeklagten D. und S. geführt wurden.

Indem für die F. eingerichtete Konten auf den für die Warenbestellungen ausgegebenen Rechnungs- und Zahlungsformularen aufgedruckt wurden, wurde nunmehr der gesamte Zahlungsverkehr der ausländischen Gesellschaften über die F. abgewickelt.

Im Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis zum 4. November 2004 gingen auf Konten der F. Zahlungen von Kunden der ausländischen Gesellschaften in Höhe von insgesamt ca. 149 Mio. € ein, wovon ca. 92 Mio. € ("abgerundet 60%") auf Konten der O. weitergeleitet wurden.

Aufgrund sämtlicher im nämlichen Zeitraum zum Versand gegebener Werbesendungen bestellten Kunden bei den ausländischen Gesellschaften Waren für insgesamt ca. 177 Mio. €, wovon 68.006.573,36 € ("= 38%") auf die der Verurteilung zugrunde liegenden 66 Werbesendungen entfielen.

Ausgehend von diesem Bestellvolumen für die abgeurteilten Taten hat die Strafkammer durch Abzug eines Sicherheitsabschlags für Forderungsausfälle und Retouren von 20% den entsprechenden Umsatzerlös mit 54.405.258,- € berechnet. Den Anteil, der hiervon an die O. weitergeleitet wurde, hat die Kammer auf 60%, somit 32.643.155,- €, geschätzt. Sie hat insoweit unter Zugrundelegung einer Quote von 5,34% - diese ist dem Jahresabschluss 2003 der O. als Verhältnis des Betriebsgewinns zur Gesamtleistung des Betriebes entnommen - einen Gewinn von 1.743.144,- € ermittelt.

Über das Vermögen der O. ist mittlerweile das Insolvenzverfahren eröffnet.

In dem benannten Zeitraum leistete die O. an die I. insgesamt 2.300.763,01 € aus eigenen Mitteln.

Darin enthalten war der Gewinn aus den abgeurteilten Taten, welchen die O. unverkürzt an die I. weiterleitete.

Im Jahr 1999 hatte die I. als damals einzige Gesellschafterin der O. eine Gewinnausschüttung in Höhe von mindestens 16 Mio. DM an sich selbst beschlossen.

Da die O. hierzu finanziell nicht imstande war, stundete ihr die I. den Ausschüttungsbetrag; im Gegenzug verpflichtete sich die O., den Betrag mit jährlich 6% zu verzinsen.

Von Seiten der der O. Kredit gewährenden Volksbank wurden diese als Darlehen bezeichneten vertraglichen Regelungen nicht anerkannt.

Der Angeklagte G. erhielt Ende Dezember 2003 von der I. einen Betrag von 1 Mio. SFr. (umgerechnet 643.335,05 €). Hiervon waren mindestens 244.467,- € Tatentgelt für die abgeurteilten Taten; dies entspricht dem Anteil von 38% des auf die abgeurteilten Taten entfallenden Bestellvolumens, bezogen auf das Bestellvolumen sämtlicher im nämlichen Zeitraum verschickter Werbesendungen.

Der Angeklagte D. erhielt in den Jahren 2003 und 2004 für seine Mitwirkung an der Verwaltung der ausländischen Gesellschaften und an der Konzeption der Werbesendungen insgesamt ein Entgelt von 265.402,82 €, wovon 38%, damit 100.853,- €, auf die abgeurteilten Taten entfielen. Dem Angeklagten S. wurden von den ausländischen Gesellschaften für die Mitwirkung an ihrer Verwaltung und für die rechtliche Prüfung der Werbesendungen tatbezogene Honorare von 58.700,- € gezahlt (38% von 154.473,74 €).

Daneben wurden von Konten der F. insgesamt 28.484.315,86 € auf das Geschäftskonto der Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. - der Angeklagte S. ist Sozius - transferiert.

In der Folge wurden Rechnungen der Lieferanten der ausländischen Gesellschaften von diesem Konto bezahlt.

"Auf diese Weise" wurden weitere 19.560.762,38 € auf Konten der O. weitergeleitet (UA S. 142).

Die Adressdaten sämtlicher Kunden der ausländischen Gesellschaften waren zentral auf dem Server der O. gespeichert und wurden von Mitarbeitern der Abteilung "Adressmarketing" verwaltet. Aus dem Bestand wurden dabei jeweils die Daten derjenigen Empfänger von Werbesendungen gelöscht, die für eine gewisse Zeit keine Bestellungen aufgegeben hatten (UA S. 105).

Auf Anweisung der Angeklagten G. und D. wurden die Adressdaten über die zu diesem Zweck im Interesse der I. gegründete Nebenbeteiligte P. an externe Unternehmen "vermietet". In dem benannten Zeitraum erzielte die P. hieraus Einnahmen von mindestens 1.766.147,- €, wovon mindestens 38%, damit 671.136,- €, auf die abgeurteilten Taten entfielen.

Zur Höhe der von der 3 C V. erlangten "Vermögensvorteile" aus den abgeurteilten Taten hat die Strafkammer keine Feststellungen zu treffen vermocht.

2.

Die Strafkammer hat die Feststellungen rechtlich wie folgt gewürdigt:

a) Zu den Taten:

Die Versendung der Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen hat sie als strafbare Werbung nach § 4 Abs. 1 UWG aF und nach § 16 Abs. 1 UWG nF gewertet.

Dass sich die unwahren und zur Irreführung geeigneten Angaben in den Werbesendungen nicht ausdrücklich auf die zugleich angebotenen Waren bezogen, sei unschädlich, weil insoweit der zumindest bestehende wirtschaftliche Zusammenhang ausreiche. Die Angeklagten hätten als Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) gehandelt.

Die Angeklagten D. und S. hätten durch ihren Einfluss auf die Konzeption jeder der Werbesendungen jeweils eine eigenständige Tat begangen.

Die maßgeblichen Tatbeiträge des Angeklagten G., dessen Beteiligung an der Konzeption der einzelnen Werbesendungen nicht festgestellt worden ist, hat die Kammer darin gesehen, dass er jeweils die Gründung bzw. Nutzung der sechs ausländischen Gesellschaften zum Zwecke des Versands der Kataloglinien einschließlich der Werbesendungen veranlasste. Sie hat ihn deshalb wegen sechs Taten verurteilt.

Weiterhin hat die Kammer angenommen, die Angeklagten G. und D. hätten in einem Verbotsirrtum (§ 17 StGB) gehandelt, weil sie auf die Angaben des Angeklagten S. zur Straflosigkeit der Werbesendungen vertraut hätten. Allerdings sei der Verbotsirrtum für beide vermeidbar gewesen, da sie es versäumt hätten, die Rechtsmeinung eines unparteiischen Rechtskundigen einzuholen.

b) Zum Verfall:

Die Kammer hat zunächst die ausländischen Gesellschaften als aus den Taten Bereicherte angesehen, die im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StGB unmittelbar eine erhöhte Chance dahin erlangt hätten, dass durch die Werbesendungen die Empfänger zur Aufgabe einer Bestellung veranlasst wurden.

Von einer Verfallsanordnung gegen die 3 C V. hat sie gleichwohl nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen, weil dieser "Wettbewerbsvorteil" letztlich an die I. verschoben und dort abgeschöpft wurde.

Weitere "Vermögensvorteile" aus hiesiger Werbung hätten indessen nicht festgestellt werden können (UA S. 156).

Auch gegen die O. hat die Kammer den (Wertersatz-)Verfall nicht angeordnet. Zwar sei der von den ausländischen Gesellschaften erlangte Wettbewerbsvorteil an die O. im Sinne von § 73 Abs. 3 StGB verlagert worden.

Dessen - im Wege der Schätzung zu bemessender (§ 73b StGB) - wirtschaftlicher Wert entspreche dem Gewinn, den die O. aus der Abwicklung der Bestellungen erzielt habe, damit dem Betrag von 1.743.144,- €, so dass die Voraussetzungen des Wertersatzverfalls nach § 73a StGB insoweit vorlägen.

Die Kammer hat von dessen Anordnung jedoch nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen, weil dieser Gewinn in voller Höhe an die I. weiter verschoben wurde. Im Übrigen würde eine Verfallsanordnung die Insolvenzmasse schmälern, die ohnehin "voraussichtlich" nicht ausreichen werde, um alle Gläubiger zu befriedigen.

Die Anordnung des Wertersatzverfalls gegen die I. erfasst nach Auffassung der Kammer einen Teilbetrag von 1.498.677,- €. Dieser entspreche dem durch die O. erzielten und unverkürzt weitergeleiteten Gewinn, der um das anteilige Tatentgelt des Angeklagten G. zu reduzieren sei. Die im Jahr 1999 zwischen der I. und der O. abgeschlossene, als Darlehen bezeichnete Vereinbarung führe nicht zu einer unbemakelten Forderung, welche die Anwendung von § 73 Abs. 3 StGB ausschließe (UA S. 150). Zivilrechtliche Ansprüche von geschädigten Kunden im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB seien nicht ersichtlich (UA S. 151).

In Höhe des an den Angeklagten G. gezahlten Tatentgelts hat die Kammer von der Verfallsanordnung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen, weil "andernfalls mehr abgeschöpft würde, als (...) tatsächlich erlangt" worden sei (UA S. 153).

Gegen den Angeklagten G. hat die Kammer den Wertersatzverfall in Höhe des Tatentgelts von 244.467,- € angeordnet. Sie hat es abgelehnt, darüber hinaus die Einnahmen der I. als relevante Vermögensmehrung beim Angeklagten G. zu bewerten. Auch hinsichtlich der Angeklagten D. und S. hat die Kammer jeweils den Wert des Tatentgelts von

100.853,- € bzw. 58.700,- € für verfallen erklärt.

Beim Angeklagten S. hat die Kammer den Betrag von 28.484.315,86 € nicht berücksichtigt, der dem Geschäftskonto der Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. von Konten der F. zufloss.

Die P. habe aus der "Vermietung" der durch strafbare Werbung erlangten (§ 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StGB) Adressdaten der ausländischen Gesellschaften Einnahmen von anteilig 671.136,- € erzielt, die als gezogene Nutzungen im Sinne von § 73 Abs. 2 Satz 1 StGB dem Wertersatzverfall (§ 73a StGB) unterlägen.

II.

Bezüglich der Angeklagten D. und S. kann der Senat den Schuldspruch - wie geschehen - anhand der Urteilsgründe berichtigen.

Im Hinblick auf die Anzahl der diesen Angeklagten zuzurechnenden Taten - 66 anstatt 62 Fälle - handelt es sich um ein offensichtliches Fassungsversehen im Urteilstenor (vgl. BGH, Beschl. vom 5. April 2000 - 3 StR 75/00; Beschl. vom 5. September 2001 - 1 StR 317/01).

III.

Revisionen der Angeklagten:

Den Revisionen der drei Angeklagten bleibt der Erfolg versagt.

1.

In sachlich-rechtlicher Hinsicht ohne Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ist die Verurteilung wegen strafbarer Werbung in sechs bzw. 66 Fällen.

a) Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass die Versendung der Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen die tatbestandlichen Voraussetzungen des - bis zum 7. Juli 2004 gültigen - § 4 Abs. 1 UWG aF und des - seither gültigen - § 16 Abs. 1 UWG nF erfüllt.

aa) Dass es sich bei den Werbesendungen, die jeweils standardisierten Text enthielten und mit Hilfe von Adressdatenbanken in Auflagen von zumindest 60.470 Stück an die Empfänger verschick