Sportwetten ohne deutsche Lizenz wettbewerbswidrig

Oberlandesgericht Muenchen

Urteil v. 27.10.2005 - Az.: 6 U 5104/04

Leitsatz

Sportwetten dürfen in Deutschland nur mit einer deutschen Lizenz angeboten oder beworben werden. Aus dem "Gambelli"-Urteil des EuGH ergibt sich keine Änderung.

Tenor

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit (...) erlässt der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München (...) aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27.10. 2005 folgendes Endurteil:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München l vom 21.09.2004 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

3. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

 

Sachverhalt

Der Kläger nimmt die Beklagten wegen eines Wettbewerbsverstoßes auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen rechtswidrig veranstalteter Glücksspiele in Anspruch.

Die Beklagte zu 1) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach österreichischem Recht mit Sitz in Salzburg und bietet ebenso wie der Kläger gewerbsmäßig Sportwetten an, u. a. aus den Bereichen Fußball, Boxen, Formel 1, Leichtathletik und Tennis.

Für ihren Geschäftsgegenstand hat sie von der Salzburger Landesregierung eine nach österreichischem Recht erforderliche Konzession aufgrund der Bewilligungsbescheide der Salzburger Landesregierung vom 30.07.1998 (Anlage B 1) und 27.03.2002 (Anlage B 2). Sie unterhält außerhalb ihres Sitzes in Salzburg keine Niederlassung und ist auch in Deutschland nicht vertreten.

Ihr Angebot für Sportwetten sowie deren Bewerbung erfolgen auch gegenüber potentiellen Teilnehmern aus der Bundesrepublik Deutschland, u.a. auch aus dem Freistaat Bayern.

So führte die Beklagte zu 1) im Januar 2003 eine Versandaktion durch, in deren Rahmen sie jeweils einen ihrer Spielscheine mit einem Werbeanschreiben auch an Teilnehmer in Bayern verschickte (Anlagen K 1 und K 2). Sie bot zudem an, im Rahmen einer sog. Freundschaftswerbung Kunden aus der Bundesrepublik Deutschland für sie zu werben. Wetten von Wettinteressenten aus Bayern werden von ihr entgegen genommen: Auf den von der Beklagten zu 1) nach Deutschland versandten Spielscheinen befand sich zudem der Hinweis: "Wetten im Internet www.i(...).com"

Zur Zeit der Versendung des Werbeschreibens durch die Beklagte zu 1) war der Beklagte zu 2) bis einschließlich 11.03.2003 deren Geschäftsführer.

Neben den von der Salzburger Landesregierung erteilten Konzessionen verfügt die Beklagte zu 1) nicht über eine von einer deutschen Behörde erteilte Genehmigung zur Veranstaltung von Glücksspielen. Eine solche wurde auch nicht beantragt.

Der Kläger war in erster Instanz der Auffassung, die Beklagte zu 1) verstoße durch das entgeltliche Angebot und die Bewerbung der dargestellten Sportwetten und Casinospiele gegen § 284 Abs. 1 und Abs. 4 StGB und verhalte sich somit wettbewerbswidrig. Der Beklagte zu 2) sei hierfür mitverantwortlich, da er zur Zeit der Verletzungshandlung (der Versendung des Spielscheins im Januar 2003) Geschäftsführer der Beklagten zu 1) gewesen sei.

Der Kläger beantragte, die Beklagten zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Deutschland ohne über eine entsprechende Genehmigung zu verfügen,

I.

1. entgeltliche Wetten aus Anlass von sportlichen Veranstaltungen oder sonstigen Ereignissen, insbesondere wie auf den nächsten Seiten wiedergegeben, anzubieten und/oderanbieten zu lassen und/oder entgegenzunehmen und/oder zu bewerben:

[Abbdruck von Internetseiten]

1.2 entgeltliche Wetten aus Anlass von sportlichen Veranstaltungen oder sonstigen Ereignissen oder entgeltliche Gasinospiele, insbesondere solche auf den nächsten Seiten wiedergegebene, zu bewerben:

[Abbdruck von Internetseiten]

II.


Die Beklagten werden verurteilt, dem Kläger Auskunft über den Umfang der Handlungen nach Ziffer I. in Bayern (für den Beklagten zu 2) über solche Handlungen bis einschließlich 11.03.2003) sowie über die Umsätze und Gewinne zu erteilen, die mit oder aufgrund von Handlungen nach Ziffer l. in Bayern erzielt wurden (für den Beklagten zu 2) hinsichtlich solcher Umsätze und Gewinne bis 11.03.2003), und hierüber Rechnung zu legen.

III.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem aus den in Ziffer l. beschriebenen Handlungen in Bayern bereits entstanden ist oder künftig noch entstehen wird, hinsichtlich des Beklagten zu 2), soweit solche Handlungen bis einschließlich 11.03.2003 zugrunde liegen.

IV.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Zur Begründung seiner Entscheidung führt das Landgericht München I im Wesentlichen aus, der klägerische Unterlassungsanspruch ergebe sich aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 284 Abs. 1 und Abs. 4 StGB.

Das Verhalten der Beklagten zu 1) verstoße gegen die genannte Strafvorschrift, da sie Glücksspiele in der Bundesrepublik Deutschland veranstalte und bewerbe, ohne die erforderliche behördliche Erlaubnis zu besitzen. Der Beklagte zu 2) als damaliger Geschäftsführer der Beklagten zu 1) sei für deren Handeln mitverantwortlich und demnach ebenfalls antragsgemäß zur Unterlassung zu verurteilen.

Die Parteien seien Mitwettbewerber. Die Beklagte zu 1) sei Veranstalterin eines Glücksspiels und verfüge auch nicht über die erforderliche Erlaubnis der zuständigen deutschen Behörden. Die Vorschrift des § 284 Abs. 1 StGB könne jedoch nur so ausgelegt wer den, dass die Erlaubnis einer deutschen Behörde erforderlich sei. Die von der Salzburger Landesregierung erteilte Konzession könne auch nicht aufgrund europarechtlicher Überlegungen ais ausreichend angesehen werden. Weder Verordnungen noch Richtlinien des europäischen Gesetzgebers würden eine abweichende Regelung treffen.

Etwas anderes ergäbe sich auch nicht aus der sog. Gambelli-Entscheidung des EuGH; eine Vorlagepflicht des Landgerichts sei insoweit nicht gegeben. Dem deutschen Gesetzgeber sei es nicht versagt, die Veranstaltung von Glücksspielen in Deutschland weiterhin unter innerstaatlichen Genehmigungsvorbehalt zu stellen. Dies ergebe sich auch aus der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

Die Geltendmachung der Unterlassungsansprüche durch den Kläger sei auch nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG.

Der Kläger sei berechtigt, den Beklagten die genannten Handlungsweisen innerhalb des gesamten Bundesgebiets zu untersagen.

Soweit den Beklagten in Ziffer I. 2. untersagt werde, entgeltliche Wetten aus Anlass von sportlichen Veranstaltungen oder sonstigen Ereignissen oder entgeltliche Casinospiele zu bewerben, ergebe sich der Unterlassungsanspruch des Klägers aus §§ 8 Abs. 1, 3 Nr. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 284 Abs. 4 StGB. Im Übrigen seien die Beklagten ihrem Anerkenntnis entsprechend durch Anerkenntnisurteil zu verurteilen.

Die Beklagten seien dem Tenor entsprechend auch zum Schadensersatz verpflichtet aus § 9 UWG. Der Beklagte zu 2) sei zum Schadenersatz jedoch nur bis zum Zeitpunkt seines Ausscheidens am 11.03.2003 verpflichtet. Dies gelte für den Beklagten zu 2) auch im Hinblick auf den Auskunftsanspruch, der sich aus § 242 BGB ergebe.

Bezüglich der weiteren Begründung der landgerichtlichen Entscheidung wird auf die ausführliche Darstellung der Entscheidungsgründe auf den Seiten 63 ff. insgesamt Bezug genommen.

Mit ihrer form- und fristgerechten Berufung wenden sich die Beklagten gegen die insoweit durch streitiges Endurteil erfolgte Verurteilung zur Unterlassung gemäß Ziffer l. 1. des landgerichtlichen Tenors sowie die daraus resultierenden Schadensersatz-, Auskünfte- und Rechnungslegungsansprüche.

 

-61-

Die Berufung richtet sich ausdrücklich nicht gegen die in Ziffer I.2. ausgesprochene Verurteilung zur Unterlassung durch teilweise streitiges Endurteil und Teilanerkenntnisurteil.

Die Beklagten bestreiten zunächst die Aktivlegitimation des Klägers. Der Kläger veranstalte Sportwetten und Glücksspiele ausschließlich in Bayern. Dies bedeute, dass zwischen den Parteien nur im Gebiet des Freistaates Bayern ein konkretes Weftbewerbsverhältnis bestehen könne und nicht auch in anderen Teilen Deutschlands. Die Aktivlegitimation des Klägers sei daher auf sein Staatsgebiet beschränkt. Soweit das Landgericht daher auch den Unterlassungsanspruch auf das gesamte Gebiet der Bundesrepublik. Deutschland ausgedehnt habe, sei dies rechtsfehlerhaft.

Der Beklagte zu 2) sei schon nicht passivlegitimiert. Er sei am 11.03.2003 als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) ausgeschieden. Das Handeln der Beklagten zu 1) als juristische Person und ihrer Mitarbeiter könne dem Beklagten zu 2) nicht zugerechnet werden. Eine mögliche Störerhaltung beschränke sich auf die Unterlassungsverpflichtung und erstrecke sich nicht auf Schadensersatz und die dazugehörigen Hilfsansprüche.

Der Urteilstenor sei zu unbestimmt, denn aus ihm gehe nicht hervor, welche Genehmigung als "entsprechende Genehmigung" zu verstehen sei Es fehle die Angabe der konkret erforderlichen Genehmigung mit der Folge, dass der Urteilstenor jedenfalls zu unbestimmt sei.

Soweit den Beklagten gemäß Tenor Ziffer l. bezüglich der Handlungsweisen .anbieten lassen" und "entgegennehmen ein Unterlassungsgebot auferlegt worden sei, bestünde mangels Erstbegehen durch die Beklagten keine Wiederholungsgefahr. Sie werde auch vom Kläger selbst nicht behauptet. Das Landgericht habe zu Unrecht Erstbegehungsgefahr angenommen, wozu der Kläger allerdings nichts Konkretes vorgetragen habe.

Zu Unrecht habe das Landgericht die Beklagten auch zur Rechnungslegung über die erzielten Umsätze und Gewinne verurteilt. Ein Anspruch auf Rechnungslegung bestünde jedoch nicht, denn bei Wettbewerbsverstößen könne vielmehr in der Regel nur Auskunft verlangt werden. Die von der Rechtsprechung in diesem Zusammenhang entwickelten Ausnahmefälle seien hier nicht gegeben. Der Kläger habe nicht einmal angegeben, in welcher Weise und nach welcher Methode er den von ihm behaupteten Schaden berechnen wolle.

Das Verhalten der Beklagten zu 1) sei unter keinem Gesichtspunkt wettbewerbswidrig. Zwar habe der Bundesgerichtshof entschieden, dass es sich bei § 284 StGB um eine wettbewerbsbezogene Norm handle, das Landgericht habe im angefochtenen Urteil jedoch ohne weiteres einen Verstoß der Beklagten zu 1) gegen § 284 StGB mit der Begründung angenommen, dass die Beklagte zu 1) über keine Erlaubnis einer deutschen Behörde für das Veranstalten von Sportwetten verfüge. Die im Urteil des EuGH vom 06.11.2003, Rs. C-243/01 - Gambelli und in früheren Urteilen des EuGH "Läärä" und "Zenatti" aufgestellten Grundsätze seien vom Landgericht nicht beachtet worden.

Unter ausführlicher Darstellung der sog. Gambelil-Entscheidung kommen die Beklagten zum Ergebnis, dass durch das Verbot der Sportwetten-Veranstaltungen der Beklagten ohne deutsche Erlaubnis Art. 49 EGV tangiert sei. Diese Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit der Beklagten dürfe nur in den engen Voraussetzungen der Rechtsprechung des EuGH erfolgen: Dies bedeute u.a., dass der Staat sich nicht widersprüchlich verhalten dürfe. Wenn er privaten Unternehmen das Veranstalten von Sportwetten verbiete und diese Tätigkeit im Sinne eines Monopols selbst durchführe, dürfe er diese nicht bewerben und er dürfe die Verbraucher auch nicht in sonstiger Weise dazu ermuntern, an seinen Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen.

Falls der Staat diese Vorgaben nicht einhalte, sondern sich selbst so verhalte, wie dies der Kläger tue, könne er sich nicht darauf berufen, in Wirklichkeit die Spieltätigkeit seiner Bürger im Interesse des Allgemeinwohls zu beschränken. Tatsächlich sei es dem Kläger bei Erlass seines Staatslotteriegesetzes im Jahre 1999 vor allem darum gegangen, die Tätigkeit ausländischer, insbesondere österreichischer Sportwettenveranstalter zu unterbinden und das Geld in der Form der Einsätze der Wettteilnehmer in die Bayerische Staatskasse zu leiten.

Der Freistaat Bayern und die weiteren Bundesländer bildeten ein Sportwettenmonopol, um den Markt gegen private Unternehmer abzuschotten. Tatsächlich gehe es nicht um die Kanalisierung des Spieltriebs, sondern um die fiskalischen Interessen des Klägers.

Dies zeigten schon die massiven Werbemaßnahmen des Klägers für die von ihm veranstalteten Glücksspiele und Sportwetten.

Der Kläger könne sich nicht auf Interessen des Gemeinwohls stützen. Die von ihm selbst geschaffenen Tatsachen belegten das Gegenteil und hinderten den Kläger daran, sich auf das Gemeinwohl zu berufen. Die hieraus resultierenden Rechtsfolgen richteten sich nicht nur gegen das die Grundfreiheiten beschränkende Landesgesetz des Klägers, sondern unmittelbar auch gegen die Strafnormen des § 284 StGB. Der Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht habe zur Folge, dass das gemeinschaftswidrige nationale Recht nicht mehr angewendet werden dürfe, da dem Gemeinschaftsrecht ein Anwendungsvorrang zukomme.

Bezogen auf den vorliegenden Fall bedeute dies, dass dem Beklagten kein Verstoß gegen § 284 StGB vorgeworfen werden könne und hierauf nicht der Vorwurf eines unlauteren Verhaltens gestützt werden dürfe.

Zur Unterstützung ihrer Rechtsauffassung beziehen sich die Beklagten auch auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts -Berufungsbegründung vom 20.01.2005, Seiten 15 ff. - Bl. 385 ff., Schriftsätze vom 24.01.2005 - Bl. 395 ff. und 20.10.2005 - Bl. 465 ff.).

Eine zurückhaltende Anwendung des § 284 StGB werde selbst von den führenden strafrechtlichen Kommentaren vertreten. Die Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung l ZR 317/01 vom 01.04.2004 "Schöner Wetten" werde von diesen als unzutreffend erachtet.

Auch das Bundesverwaltungsgericht habe festgestellt, dass die Fernhaltung privater Anbieter rechtlich bedenklich sei:

Das Verhalten des Klägers verstoße auch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der bei Beschränkungen der Grundfreiheiten unbedingt gewahrt werden müsse. Der Kläger trete als typischer Unternehmer auf, dem es darum gehe, Umsatz und Ertrag durch optimale Ausnutzung des Marktpotentials zu vermehren. In Anbetracht dieser Tatsache seien keine Gründe ersichtlich, weshalb es nicht auch privaten Unternehmen gestattet sein solle, diese Tätigkeit auf demselben Markt anzubieten.

Durch das Verhalten des Klägers werde das Grundrecht des Beklagten zu 2), der deutscher Staatsbürger sei, aus Art. 12 GG verletzt.

Der Kläger habe eine objektive Zulassungsschranke für die Wahl des Berufs eines Sportwettenveranstalters verhängt, was nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann zulässig sei, wenn es um den Schutz überragender Gemeinschaftsgüter ginge.

Diese seien vorliegend jedoch nicht betroffen, da der Kläger selbst den Markt der Sportwetten und Glücksspiele intensivst bediene. Die Beklagte zu 1) könne sich im gleichen Umfang auf Art. 2 Abs. 1 GG berufen, da auch sie durch den Kläger gehindert werde, sich in Bayern unternehmerisch zu entfalten.

Die Auslegung des § 284 StGB durch das Landgericht München I verstoße daher gegen vorrangiges Gemeinschaftsrecht. Dies lasse sich durch gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung des § 284 Abs.1 StGB in dem Sinne vermeiden, dass die der Beklagten zu 1) in Osterreich erteilte Bewilligung eine behördliche Erlaubnis im Sinne des § 284 Abs.1 StGB darstelle. Zur Untermauerung ihrer Rechtsansicht stützen sich die Beklagten auf einzelne instanzgerichtliche Entscheidungen.

Insoweit wird auf die Berufungsbegründung Seiten 19 ff. (Bl. 389 ff d.A.) verwiesen.

Schließlich regen die Beklagten eine Richtervorlage nach Art. 100 GG bzw. eine Vorlage nach Art. 234 EGV an.

Des Weiteren beantragen sie die Aussetzung des Rechtsstreits im Hinblick auf das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht 1, BvR 1054/01

Die Beklagten beantragen:

I. Das Teilanerkenntnis- und Endurteil des Landgerichts München l vom 21.09.2004 wird abgeändert.

II. Die Klage wird auch abgewiesen, soweit ihr gemäß Tenor des Teilanerkenntnis- und Endurteils des Landgerichts München l vom 21.09.2004 Ziffer I.1. Ziffer II. und Ziffer III. stattgegeben wurde.

Der Kläger beantragt: Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger ist der Auffassung, seine Aktivlegitimation sei nicht dadurch begrenzt, dass er nur im Gebiet des Freistaates Bayern Glücksspiele veranstalte. Für den räumlichen Umfang des Unterlassungsanspruchs stehe seit Ende der 90er Jahre fest, dass ein räumlich beschranktes Tätigkeitsfeld des Gläubigers den Umfang des Unterlassungsanspruchs nicht einschränke.

Auf die Unterscheidung, ob sich der Kläger freiwillig eine räumliche Beschränkung auferlege, faktisch oder per Gesetz dazu gezwungen sei, komme es nicht an, weil sonst die volle Geltung des Wettbewerbsrechts innerhalb Deutschlands nur den marktmächtigen und deutschlandweit operierenden Unternehmen und nur sehr eingeschränkt der Allgemeinheit zugute kommen, könnte.

Der Beklagte zu 2) hafte als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) und damit als maßgeblicher Repräsentant und handelndes Organ der Beklagten zu 1) für deren rechtswidriges Verhalten. Der Beklagte zu 2) sei nicht bloßer Störer, sondern unmittelbarer Täter des Wettbewerbsverstoßes. Er habe als Geschäftsführer für die Entscheidung einzustehen, die Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1) nach Deutschland zu erstrecken, ohne über eine entsprechende Erlaubnis einer deutschen Behörde zu verfügen, geschweige denn, diese je selbst beantragt zu haben.

Der Urteilstenor sei auch nicht zu unbestimmt, denn bei der untersagten Handlung handle es sich um eine solche, für die eine Erlaubnis erforderlich sei. Mit dem Begriff "entsprechend" könne nur eine Erlaubnis gemeint sein, die das entsprechende Handeln der Beklagten legitimiere. Es sei nicht Aufgabe des Klägers oder der Gerichte, die Beklagten darüber zu informieren, wo diese erforderliche Erlaubnis zu beantragen sei.

Die von den Beklagten in Frage gestellte Erstbegehungsgefahr sei schon deshalb begründet, weil die Beklagten sich eines Rechts berühmten, bestimmte Handlungen vornehmen zu dürfen. Die Beklagten seien, wie die Berufung zeige, nach wie vor der Auffassung, dass sie berechtigt seien, ohne behördliche Erlaubnis Sportwetten in Deutschland anzubieten. Sie berühmten sich damit in unlauterer Weise eines verbotenen Verhaltens als rechtmäßig.

Die Beklagten hätten sich auch weder prozessual noch vorprozessual dahingehend verhalten, dass eine Berühmungsaufgabe anzunehmen sei. Schließlich habe das Landgericht auch zutreffend festgestellt, dass das unlautere Verhalten auch durch einen Dritten, nämlich die nicht identifizierbaren Betreiber der Internetseite www.i(...).com, erfolgt sei.

Soweit die Beklagten den Rechnüngslegungsanspruch des Klägers in Frage stellten, sei die Verurteilung zur Rechnungslegung schon nach Ansicht der Beklagten zutreffend, denn die Rechtsprechung nehme im Wettbewerbsrecht ein Bedürfnis zur Rechnungslegung jedenfalls dann an, wenn die Herausgabe des Verletzergewinns in Betracht komme. Genau dies sei hier der Fall.

Die Zwangsläufigkeit eines solchen Anspruchs ergebe sich, schon daraus, dass der Kläger allein berechtigt sei, in Bayern und damit für Spiele aus Bayern Sportwetten anzubieten. Der Kläger habe daher ein begründetes Interesse daran, zu erfahren, welchen Gewinn die Beklagte mit Spielern aus Bayern erzielt hat, da den Beklagten dieser Gewinn nicht zustehe und dem Kläger nach § 252 BGB ein entsprechender Gewinn in dieser Höhe entgangen sei.

Im Hinblick auf die Wettbewerbswidrigkeit des Verhaltens der Beklagten zu 1) ist der Kläger vorrangig der Auffassung, dass die Beklagten zur ihrer vermeintlichen Rechtfertigung sich insbesondere nicht auf die sog. Gambelli-Entscheidung des EuGH berufen könnten.

Unter ausführlicher Darstellung der Gambelli-Entscheidung aus seiner Sicht ist der Kläger der Auffassung, dass diese vor dem Hintergrund der speziellen italienischen Verhältnisse gesehen werden müsse. So sei schon der Sachverhalt anders als bei der sog. Oddset-Wette des Klägers. Der EuGH habe sich darauf beschränkt, den nationalen Gerichten ein Prüfungsprogramm vorzugeben, anhand dessen die nationalen Gerichte die Regulierung des nationalen Glücksspielmarktes nach Maßgabe der Art. 43 und 49 EG zu überprüfen hätten.

Italien habe innerhalb kurzer Zeit eine große Anzahl von Glücksspielen eingeführt und bei einer Neuausschreibung in einem Finanzgesetz 1.000 neue Konzessionen an ausschließlich italienische natürliche und juristische Personen des Privatrechts vergeben.

Anders als im vorliegenden Fall sei in Italien Konzessionsinhaber nicht der Staat, sondern allein privatrechtlich organisierte Unternehmen. Anders als in Deutschland sei es in Italien mit der Genehmigungspflicht überhaupt nicht darum gegangen, das Angebot von Wetten zu vermindern. Ziel sei es nur gewesen, die Einnahmen auf inländische Konzessionäre umzuleiten.

Die mit dem Glücksspiel verbundenen Gefahren und deren Vermeidung sei nach der Rechtsprechung des EuGH ein legitimes Ziel, um die Dienstleistungs- bzw. Niederlassungsfreiheit auf dem Glücksspielmarkt nachhaltig einzuschränken. § 284 Abs. 1 StGB diene dem. Ziel der Eindämmung der unkontrollierten Ausübung der Spielleidenschaft in vorbildlicher und bewährter Art und Weise. Insgesamt sei die Situation in Deutschland mit Italien nicht vergleichbar, da keine Privatkonzessionen vergeben würden.

Der Verweis der Beklagten auf die Werbung des Klägers bzw. der anderen Gesellschaften des Deutschen Lotto- und Totoblocks sei scheinheilig. Der Kläger sei dazu gezwungen, sein Angebot verstärkt zu bewerben, weil mehr und mehr illegale Anbieter unkontrolliert auf den deutschen Markt drängten, ohne über eine deutsche Erlaubnis zu verfügen, geschweige denn diese überhaupt zu beantragen oder sonst die Aufnahme eines Gewerbes in Deutschland anzuzeigen.

Die Fiskalinteressen des Staates seien daher kein Hinderungsgrund und erst Recht kein Ausschlusskriterium für die Rechtfertigung von Glücksspielbeschränkungen. Der EuGH habe bereits zu einem früheren Zeitpunkt entschieden, dass fiskalische Interessen allein die Beschränkungen zwar nicht rechtfertigten, aber durchaus eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielen könnten. Absolut vorrangiges Ziel bei der glucksspielrechtlichen Gesetzgebung seien stets die ordnungspolitischen Aspekte zum Schutz der Belange des Gemeinwohls gewesen, die der EuGH als Rechtfertigungsgrund anerkennt habe.

Die staatlich genehmigte Sportwette sei nach wie vor weit weniger verlockend als die Angebote der illegalen Veranstalter, da der Staat eben nicht auf Begrenzungen verzichte. § 284 StGB sei auch verhältnismäßig, da diese Norm die mit ihr verfolgten legitimen Ziele optimal verwirkliche und dabei den verhältnismäßig geringsten Eingriff in die Niederlassungs- bzw. Dienstleistungsfreiheit darstelle. Eine ernst zu nehmende Alternative zur Regelung des § 284 StGB gebe es nicht.

Auch bis heute gebe es keine europarechtliche Regelung, die etwa Glücksspielgenehmigungen von Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ausreichen ließe.

Der Bundesgerichtshof habe in seiner Entscheidung "Schöner Wetten" überzeugend dargetan, dass eventuelle Bedenken gegen die Wirksamkeit oder Reichweite einer Genehmigung innerhalb des konkreten Genehmigungsverfahrens geltend zu machen seien.

Auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nötige zu keiner anderen Betrachtungsweise, denn sie betreffe in erster Linie verwaltungsrechtliche Verfahren und den dort ebenfalls herrschenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die vom Bundesverfassungsgericht aufgeworfene Frage der Prognostizierbarkeit strafbaren Verhaltens sei für die wettbewerbsrechtliche Verurteilung nicht relevant. Im Übrigen befassten sich die weiteren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts mit der Frage, inwieweit eine sofortige Vollziehung möglich sei.

Selbst das Oberlandesgericht Linz habe den Beklagten bescheinigt, dass sie in Deutschland eine Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten beantragen müssten.

Eine Vorlage an den EuGH sei jedenfalls entbehrlich. Eine Aussetzung des Verfahrens sei auch nicht im Hinblick auf das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht 1 BVR 1054/01 geboten.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründung vom 20.01.2005 (Bl. 371/392 d.A.) und die sie ergänzenden Schriftsätze vom 20.01.2005 (Bl. 3931394 d.A.), 24.01.2005 (Bl. 3951396 d.A.), 06.09.2005 (Bl. 4441446 d.A.) und 20.102005 (Bl. 4641472 d.A.) sowie auf die Berufungserwiderung vom 13.06.2005 (Bl. 4011443 d.A.) und die sie ergänzenden Schriftsätze vom 23.09.2005 (Bl. 447/449 d.A.) und 19.10.2005 (Bl. 4501463 d.A.) insgesamt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, in der Sache bleibt sie hingegen erfolglos.

Soweit in der Berufung noch von Relevanz, ist die Klage zulässig und auch begründet.

A.

Die Klage ist zulässig.

Der Klageantrag sowie die daraus resultierende. Verurteilung, "im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Deutschland ohne in Deutschland über eine entsprechende Genehmigung zu verfügen, Sportwetten durchzuführen", entspricht dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Zwar ist, wie die Beklagten zu Recht vortragen, in dem Antrag und auch im landgerichtlichen Tenor der Begriff "entsprechende Genehmigung" enthalten. Aus dem Gesamtzusammenhang des Antrags mit der Begründung ergibt sich jedoch eindeutig, dass nur eine solche Genehmigung in Betracht kommt, die die Strafbarkeit nach § 284 StGB beseitigt und damit eine legitimierende Genehmigung darstellt.

Aus Sicht des Senats ist es nicht erforderlich, jegliche denkbare Genehmigung einer deutschen innerstaatlichen Behörde in den Urteilstenor bzw. in die Antragstellung aufzunehmen. Es ist unzweifelhaft, dass es sich um eine innerstaatliche Genehmigung handeln muss, die die Strafbarkeit nach § 284 StGB zu beseitigen geeignet ist.

B.

Die Klage ist auch, soweit in der Berufung noch von Relevanz, begründet.

Dem Kläger stehen die geltend gemachten Unterlassungs-, Auskünfte-, Rechnungslegungs- und Schadensersatzansprüche aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. 284 Abs. 1, Abs. 4 StGB, 9 UWG sowie 242 BGB zu.

Der Senat verweist zur Frage der Begründetheit der Klage zunächst auf die ausführliche und in jeder Hinsicht zutreffende Darstellung des Landgerichts München I in der angefochtenen Entscheidung.

Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beklagten folgendes auszuführen:


Dem Kläger stehen gegen die Beklagte zu 1) die geltend gemachten Unterlassungsansprüche aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 284 Abs. 1 und 4 StGB zu.

Der Kläger ist aktiviegitimiert.

Zwischen den Parteien besteht unstreitig in Bayern ein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Soweit die Beklagten die Auffassung vertreten, der Unterlassungsanspruch des Klägers sei auf das territoriale Gebiet des Freistaates Bayern beschränkt, vermag sich der Senat dieser Rechtsauffassung nicht anzuschließen, denn es handelt sich um einen sog. "deutschen Verstoß" der von jedem Mitwettbewerber geltend gemacht werden kann, auch wenn er nicht im gesamten Bundesgebiet tätig ist.

In Rechtsprechung in Literatur ist anerkannt, das auch bei der Beschränkung auf ein territoriales Gebiet der Unterlassungsanspruch dann, wenn wie hier, eine bundesweit geltende Strafrechtsnorm den Verstoß begründet, für das gesamte Bundesgebiet geltend gemacht werden kann (Baumbach/Hefermehl-Köhler, UWG, Kommentar, 23. Auflage, § 2 Rd. 65; Harte/Henning-Keller, UWG, Kommentar, § 2 Rd. 22).

Für die Handlungsweisen "anbieten lassen" und "entgegennehmen" besteht Erstbegehungsgefahr.

Mit dem Landgericht ist der Senat zunächst der Auffassung, dass es denkbar und möglich ist, dass die Beklagte zu 1 } künftig nicht ausschließlich selbst an ihre potentiellen Kunden herantritt, sondern ihre Wetten durch andere, rechtlich selbständige Personen, wie beispielsweise Internetanbieter, anbieten lässt.

Auch für die Handlungsweise "entgegennehmen" besteht Erstbegehungsgefahr. Die Beklagte zu 1) und mithin auch der Beklagte zu 2) berühmen sich, berechtigt zu sein, in Deutschland ohne entsprechende behördliche Genehmigung Sportwetten durchführen zu können. Die Berühmung dieses Verhaltens wurde im Berufungsverfahren aufrechterhalten. Eine Berühmungsaufgabe ist nicht ersichtlich.

Die Erstbegehungsgefahr ist daher begründet.

Das Verhalten der Beklagten zu 1) ist auch wettbewerbswidrig im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 284 StGB.

§ 284 StGB ist eine wettbewerbsbezogene Norm (vgl. BGH l ZR 317/01 vom 01.04.2004 Schöner Wetten).

Die Norm dient dem Schutz des Verbrauchers vor unerlaubt veranstalteten Glücksspielen und den damit verbundenen Gefahren.

Die Beklagte zu 1) veranstaltet auch Glücksspiele.

Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffende und erschöpfende Darstellung in der angefochtenen Entscheidung auf Seite 66 Bezug genommen.

Die Beklagte verfügt nicht über eine entsprechende deutsche behördliche Genehmigung zur Veranstaltung von Glücksspielen.

Die Beklagte verfügt unstreitig lediglich über eine österreichische Konzession der Salzburger Landesregierung zur Veranstaltung von Sportwetten in Österreich.

Mit dem Landgericht und entgegen der Auffassung der Beklagten vermag sich der Senat nicht der Rechtsauffassung anzuschließen, dass aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in der sog. Gambelli-Entscheidung (EuGH, Urteil vom 06.11.2003 - Rs.C-243101, NJW 2004, 139) eine einschränkende Auslegung des § 284 StGB dahingehend geboten ist, dass jede - oder zumindest eine österreichische - EU-Genehmigung ausreichend ist, um im Hinblick auf Art. 49 EG eine Strafbarkeit nach § 284 StGB zu beseitigen.

Diese zwischen den Parteien primär und im höchsten Maße streitige Rechtsfrage ist nicht nur von einigen Instanzgerichten in dieser Richtung (vgl. Landgericht Köln 31 0 600/04 Anlage CBH Berufung 1, BayVGH, M 22 S 04.542 Anlage CBH 31, BayObIG, 5 St 289/03 Anlage CBH 11) entschieden worden, sondern wird auch vom Senat dahingehend entschieden, dass eine österreichische Genehmigung jedenfalls nicht ausreichend ist, um eine Strafbarkeit nach § 284 StGB zu verneinen.

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung "Schöner Wetten" (a.a.O.) sich klar und eindeutig dahingehend geäußert, dass für die Beurteilung der Strafbarkeit des § 284 StGB die Genehmigung einer inländischen Behörde nicht mit Rücksicht darauf entbehrlich ist, dass in Österreich eine Erlaubnis zur Veranstaltung von Glücksspielen erteilt worden ist.

Die Richtlinie 20001311 EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den elektronischen Geschäftsverkehr vom 08.06.2000 (ABI. Nr. L 178 vom 17.07.2000 S.1), die in ihrem Artikel 3 das Herkunftslandprinzip vorschreibe, sei auf Glücksspiele nicht anwendbar.

Die Vorschrift des § 284 StGB verstoße als solche nicht gegen die durch Artikel 46 und 49 EG gewährleisteten Grundfreiheiten der Niederlassungsfreiheit und der Dienstleistungsfreiheit.

In Kenntnis der "Gambelli-Entscheidung" des EuGH führt der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung weiterhin aus, dass die Strafvorschrift des § 284 StGB lediglich das Veranstalten eines Glücksspiels ohne behördliche Erlaubnis verbiete und insoweit durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sei. Sie treffe selbst keine Entscheidung darüber ob und inwieweit Glücksspiele abweichend von ihrer grundsätzlichen Unerlaubtheit zugelassen werden könnten oder nicht und verstoße als solche schon deshalb nicht gegen die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit.

Nach europäischem Gemeinschaftsrecht stehe es im Ermessen der Mitgliedsstaaten, Glücksspiele auch vollständig zu verbieten.

Schließlich führt der Bundesgerichtshof noch aus, dass selbst dann, wenn die landesrechtlichen Vorschriften über die Erteilung einer behördlichen Erlaubnis zur Veranstaltung von Glücksspielen nicht mit Art. 46 und 49 EG vereinbar sein sollten, die Veranstaltung von Glücksspielen für inländische Teilnehmer jedenfalls nicht erlaubnisfrei zulässig sei.

Aufgrund dieser eindeutigen und klaren Prämissen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, denen sich der Senat, wie auch ein Großteil der Instanzgerichte, anschließt, vermag die der Beklagten zu 1 ) erteilte österreichische Genehmigung durch die Salzburger Landesregierung die Strafbarkeit nach § 284 StGB nicht in Frage zu stellen, denn die Beklagte verfügt unstreitig weder über eine inländische Genehmigung, noch hat sie eine solche überhaupt jemals beantragt.

Dies bedeutet, dass der somit vorliegende Verstoß gegen § 284 StGB im Rahmen des § 4 Nr. 11 UWG zu einem Wettbewerbsverstoß führt, der sich auch massiv auf das Marktverhalten auswirkt, denn, wie auch die Beklagten vortragen, mit den Sportwetten sind erhebliche Umsätze und Gewinne zu erzielen.

Anders als die Beklagten ausführen, hat der Bundesgerichtshof mit seiner Entscheidung "Schöner Wetten" der Auflösung des Dualismus von Strafverfahren und Verwaltungsverfahren eine klare Absage erteilt. Dies bedeutet, dass die Beklagte zunächst den Verwaltungsrechtsweg bestreiten muss, um eine entsprechende Genehmigung im Sinne von § 284 StGB zu erlangen. Dieser Weg wurde im Übrigen von anderen Mitbewerbern, wie die Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht im Verfahren BvR 1054/01 zeigt, auch beschritten.

Die Beklagten können sich hingegen nicht darauf berufen, dass sie einer innerstaatlichen Genehmigung nicht bedürften und auf Grund ihrer österreichischen Genehmigung eine Strafbarkeit nach § 284 StGB nicht gegeben sei. Dies wäre allenfalls dann der Fall, wenn nach der Rechtsprechung des EuGH oder nach der Gesetzgebung des europäischen Gesetzgebers den Mitgliedstaaten untersagt wäre, Glücksspielveranstaltungen überhaupt einzuschränken. Dies ist indes auch vor dem Hintergrund der "Gambelli-Entscheidung" nicht der Fall.

Eine andere rechtliche Betrachtungsweise ist auch nicht unter grundrechtlichen Aspekten geboten.

Die Beklagten berufen sich insoweit auf ihre Grundrechte aus Art. 2 bzw. 12 GG.

Soweit sich die Beklagten unter Vorlage verschiedener Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts auf Grundrechtsschutz beziehen, betreffen diese Entscheidungen zunächst in aller erster Linie Vollzugsprobleme bzw. deren Beachtung im Rahmen des Art. 19 Abs. 4 GG.

Im Übrigen ist auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bis zum heutigen Tage kein Zweifel dahingehend angedeutet worden, dass die Regelung des § 284 StGB verfassungsgemäß ist. Soweit das Bundesverfassungsgericht die Norm in seinen Entscheidungen erwähnt, betrifft dies in erster Linie die Frage, inwieweit im Rahmen einer Entscheidung zum Sofortvollzug § 284 StGB und die europarechtliche Rechtsprechung einer ausreichenden Würdigung unterzogen worden, sind.

Dies ist indes im vorliegenden Fall rechtlich jedoch ohne Belang.

Soweit es das Verfahren BvR 1054/01 betrifft, ist diese Entscheidung bereits deshalb im vorliegenden Fall nicht von Relevanz, da sie eine Fallgestaltung betrifft, in der der Beschwerdeführer sich gegen die Versagung der inländischen behördlichen Genehmigung wendet.

Eine solche wurde von den Beklagten jedoch zu keinem Zeitpunkt beantragt.

Schließlich stellt § 284 StGB eine im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 12 GG zulässige Schranke dar, die in der Rechtsprechung dieses Gerichts bislang nicht in Frage gestellt wurde.

Es kann daher dahinstehen, inwieweit sich die Beklagte zu 1) als Gesellschaft mit beschrankter Haftung nach österreichischem Recht überhaupt auf Art. 2 GG berufen kann. Denn insoweit gelten die Ausführungen zu Art. 12 GG entsprechend.

Eine Einschränkung des klägerischen Unterlassungsanspruches ergibt sich auch nicht aus kartellrechtlichen Gesichtspunkten.#

Diese Rechtsfrage wurde von der Berufung im Wesentlichen zwar nicht mehr problematisiert, zutreffend hat jedoch das Landgericht auf Seite 74 seiner Entscheidung hierzu ausgeführt, dass jedenfalls diesbezüglich wegen der bislang eindeutigen Rechtslage eine Rechtsmissbräuchlichkeit im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG nicht angenommen werden kann. Insoweit wird auf die Ausführungen des Landgerichts ergänzend verwiesen.

Der Unterlassungsanspruch ist auch gegenüber dem Beklagten zu 2) aus den oben genannten Normen begründet.

Es bedarf keiner weiteren Erörterung, dass der Beklagte als ehemaliger Geschäftsführer der Beklagten zu 1) deren Auftreten in Deutschland zu verantworten hat und daher als zumindest mitverantwortlich Handelnder selbst einen Wettbewerbsverstoß begangen hat.

Dem Kläger stehen die geltend gemachten Auskunfts- bzw. Rechnungslegungsansprüche aus § 242 BGB zu.

Aufgrund des in Bayern erlassenen Staatsiotteriegesetzes ist der Kläger im Bereich der Sportwetten auf dem Gebiet des Freistaates Bayern monopolisiert. Damit ist eindeutig feststellbar, dass der von den Beklagten erzielte Gewinn dem Kläger zukommen muss. Dem Kläger ist es daher auch nicht versagt, entsprechende Rechnungslegungsansprüche gegen die Beklagten zur Feststellung des beanspruchten Verletzergewinns geltend zu machen (Baumbach/Hefermehl-Köhler, a.a.O., § 9 Rd. 4.1).

Da das Landgericht den Auskunfts- bzw. Rechnungslegungsanspruch gegen den Beklagten zu 2) auf den Zeitpunkt seines Ausscheidens beschränkt hat, bestehen auch insoweit gegen die Verurteilung des Beklagten zu 2) keine Bedenken.

Dem Kläger stehen die geltend gemachten Schadensersatzfeststel-ungsansprüche gegen die Beklagten aus § 9 UWG zu.

Diese wurden in der Berufung von den Beklagten nicht näher problematisiert. Es wird daher insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichtsunter Ziffer III. auf Seite 76 der Entscheidung verwiesen.

Da die Klage im Rahmen des von der Berufung angegriffenen Umfangs zulässig und begründet ist, ist die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten unbegründet.

Die Berufung ist daher zurückzuweisen.

C.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen.

Die zwischen den Parteien streitige und im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtsfrage wurde durch die Entscheidung des Bundesgerichthofs vom 01.04.2004 (a.a.O.) eindeutig beantwortet. Der Senat folgt dieser Rechtsprechung. Es liegt somit kein Fall des § 543 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO vor.

Aus gleichem Grund wurde auch von einer Vorlage nach Art. 234 EG abgesehen.

Da der Senat auch unter grundrechtlichen Aspekten keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des landgerichtlichen Urteils und der hier maßgeblichen Normen hat, kam auch eine Richtervorlage nach Art. 100 GG nicht in Betracht.