Regelungen zum Tabakrauchen sind abmahnbahre Wettbewerbsvorschriften
Leitsatz
Regelungen zum Tabakrauchen sind abmahnbahre Wettbewerbsvorschriften
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Kammer für Handelssachen 91 des Landgerichts Berlin vom 28. September 2017 - 91 O 106/16 – wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz zu tragen.
III. Dieses und das erstinstanzliche Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung wegen der Unterlassungen Sicherheit in Höhe von je 12.500 € und im Übrigen von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
A.
Gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (nachfolgend: "LGU" nebst Seitenzahl des Urteilsumdrucks) mit den folgenden Korrekturen und Ergänzungen Bezug genommen:
Zu LGU 2 drittletzter Abs.: Die Beklagte ist Betreiberin mehrerer (nicht einer) Spielhallen.
Zu LGU 2 vorletzter Abs.: Die zweite hier in Rede stehende, von der Beklagten betriebene Spielhalle befindet sich in der ... (nicht ...). Die Satzung des Klägers ergibt sich aus Anlage K 8 zum Schriftsatz des Klägers vom 15. Dezember 2016 (Band I Blatt 52 ff. der Akten).
Zu LGU 2 letzter Abs. / LGU 3 Abs. 1: Das Schreiben des Klägers stammt vom 18. Juli 2016 (nicht 2017), betrifft die Spielhalle in der ... und setzt die Frist zum 2. August 2016 (nicht 2017). Das weitere Schreiben des Klägers stammt vom 28. November 2016 (nicht 2017) und betrifft die Spielhalle in der ... .
Zu LGU 3 Abs. 2: Zu dem behaupteten konkreten Hinweis hat der Kläger ein von ihm im Internet unter ... .de vorgehaltenes und von einer anonymen Person ausgefülltes Formular als Anlage K 7 zu den Akten gereicht. Die behaupteten Rechtsverstöße vom 20. Mai 2016 betrafen die Spielhalle in der ..., derjenige vom 30. August 2016 (nicht 2017) die Spielhalle in der ... ... .
Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd Spielhallen in Berlin zu betreiben und dabei
a. kostenlose Getränke und/oder Speisen anzubieten,
und/oder
b. das Rauchen zu gestatten oder zu dulden, sofern nicht die Voraussetzungen der §§ 4, 4a des Berliner Gesetzes zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens in der Öffentlichkeit (NRSG) vorliegen,
und/oder
c. die Spielhallen während der gesetzlich vorgeschriebenen Sperrzeiten für Besucher zugänglich zu machen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat - nach Beweiserhebung - die Beklagte in Anwendung von §§ 8, 3, 3a UWG i.V. mit §§ 6, 5 SpielhG Bln, § 2 Nichtraucherschutzgesetz Berlin klageantragsgemäß zur Unterlassung verurteilt.
Die Beklagte hat gegen das Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese form- und fristgerecht begründet. Die Beklagte setzt sich in einzelnen Punkten mit dem angefochtenen Urteil auseinander, wiederholt, präzisiert und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Die Beklagte beantragt, das am 28. September 2017 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin (91 O 106/16) abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung, wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
B.
Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Beklagte im Ergebnis zu Recht auf lauterkeitsrechtlicher Grundlage zur Unterlassung verurteilt.
I.
Unter Zugrundelegung des beiderseitigen Parteivorbringens hat der Senat im Streitfall anzunehmen, dass der Kläger die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG erfüllt. Das Landgericht hat dies so angenommen und hierzu Feststellungen getroffen, welche die Berufung als solche nicht angreift. Aber auch im Rechtlichen hält die diesbezügliche landgerichtliche Beurteilung den Berufungsangriffen stand (vgl. auch OLG Saarbrücken, Urt. v. 07.03.2018 – 1 U 17/17 – juris-Rn. 3, 19 [insoweit nicht vollständig abgedruckt in GRUR 2018, 742 ff.]). Zu diesen Angriffen im Einzelnen:
1. Es besteht (im Sinne besagter Vorschrift) eine satzungsmäßige Aufgabe der Verfolgung gewerblicher Interessen der (auch mittelbaren) Mitglieder, denn zur Aufgabe des Klägers gehört nach § 2 seiner Satzung (Anlage K 8) die Vertretung und Förderung der wirtschaftlichen Interessen der in Deutschland gewerblich tätigen (und ihm zumindest mittelbar angehörenden) Automatenunternehmer im Aufstellgewerbe von Unterhaltungsautomaten mit und ohne Gewinnmöglichkeit. Die Vertretung und Förderung wirtschaftlicher Interessen umschließt – ohne dass dies explizit angeführt werden müsste – auch die Verfolgung wettbewerbsrechtlicher Verstöße einzelner (konkurrierender) Unternehmer aus der genannten Branche. Daran ändert nichts das Berufungsvorbringen, der Kläger habe Rechtsverstöße der hier in Rede stehenden Art über lange Zeit seines Bestehens hinweg überhaupt nicht, sondern erst seit jüngerer Vergangenheit verfolgt. Das lässt – auch soweit es zutreffen sollte - nicht auf ein abweichendes eigenes Satzungsverständnis des Klägers in der Vergangenheit schließen, sondern zeigt nur, dass er sich – aus welchem Grund auch immer – jedenfalls aktuell entschlossen und veranlasst gesehen hat, gegen solche Verstöße vorzugehen.
2. Soweit § 3 der Satzung darauf schließen lässt, dass Mitbewerber der Beklagten nicht unmittelbar (Voll-) Mitglieder des Klägers, dies vielmehr nur regionale oder fachliche Mitgliedsverbände werden können, ist das ebenfalls unschädlich. Denn es genügt insofern auch eine vermittelte Mitgliedschaft, dass also auch Unternehmen in Betracht zu ziehen sind, die – wie offenbar hier – Mitglieder in einem anderen Verband sind, der wiederum Mitglied des klagenden Verbandes ist (vgl. nur BGH GRUR 2006, 873, Rn. 15 - Brillenwerbung; Köhler/Feddersen in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl., § 8 Rn. 3.43 m.w.N.).
3. Dass der Kläger personell nicht imstande wäre, wettbewerbsrechtliche Abmahnungen auszusprechen, ist bei fünf Vollzeitmitarbeitern, zumal bei einem Justiziar und einer Geschäftsführerin (beide im Berufungstermin erschienen), nicht ersichtlich. Dass der Kläger sich für das Abmahnwesen in der Vergangenheit eines Rechtsanwalts bedient hat, lässt diesen Schluss nicht zu. Konsequenz eines solchen Vorgehens ist insoweit allenfalls die Verneinung eines diesbezüglichen Abmahnkostenerstattungsanspruchs, nicht aber der Wegfall der Klagebefugnis (vgl. insoweit auch BGH GRUR 2017, 926, Rn. 9, 14, 16 - Anwaltsabmahnung II; ferner OLG Saarbrücken, Urt. v. 07.03.2018 – 1 U 17/17 – juris-Rn. 7, 19 [insoweit nicht vollständig abgedruckt in GRUR 2018, 742 ff.]). Entsprechendes gilt für die Frage der Delegierung von Ermittlungen auf einen Detektiv.
II.
Zu Recht hat das Landgericht einen Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen einer am 20. Mai 2016 in der Spielhalle B... Straße ..., ... Berlin, erfolgten unentgeltlichen Abgabe von Getränken angenommen. Ein solcher Anspruch folgt aus § 8 Abs. 1 Satz 1, §§ 3, 3a UWG i.V. mit § 6 Abs. 1 Satz 2 SpielhG Bln.
1. Nach § 3a UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
a) Bei § 6 Abs. 1 Satz 2 SpielhG Bln, wonach die unentgeltliche Abgabe von Speisen und Getränken (in Spielhallen) verboten ist, handelt es sich um eine gesetzliche, nach ihrer amtlichen Überschrift dem Jugend- und Spielerschutz dienende Vorschrift, und sonach – was auch die Berufung zu Recht nicht in Abrede stellt - um eine Marktverhaltensregelung i.S. von § 3a UWG. Die unentgeltliche Abgabe von Speisen und Getränken ist ein Marktverhalten von Spielhallenbetreibern, denn dieses fördert – wie bei unentgeltlichen “Zugaben” stets der Fall – durch den Anlockeffekt den Absatz der von ihnen angebotenen Dienstleistung, also der Bereitstellung von Spielmöglichkeiten. Die Vorschrift “regelt” dieses Marktverhalten, indem sie es verbietet. Dies geschieht – amtliche Überschrift – zum Schutz der Spieler, also im Interesse von Marktteilnehmern, denn die Spieler sind die Konsumenten der besagten Dienstleistung. Der Sache nach ist es der Schutz dieser Verbraucher vor den Gefahren übermäßig konsumierten Glücksspiels, denn durch die Möglichkeit kostenlosen Konsums “geschenkter” Speisen und Getränke wird ein Anreiz gesetzt, die Spielhalle (bei Hunger oder Durst) zu betreten bzw. dort zu verweilen (vgl. auch Gesetzesbegründung, AbgH Bln. Drucks. 16/4027, S. 15). Das in Rede stehende Verbot soll m.a.W. die Spieler vor den Gefahren der Spielsucht schützen, wenn diese durch zusätzliche Anreize verstärkt werden (so auch – zu § 8 Abs. 3 HessSpielHG – OLG Frankfurt WRP 2017, 999).
Die Anerkennung dieser Bestimmung als Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG ist mit dem Unionsrecht vereinbar. Dem steht nicht entgegen, dass die UGP-RL das Lauterkeitsrecht in ihrem Anwendungsbereich vollständig harmonisiert hat (vgl. BGH WRP 2018, 1069, Rn. 12 - Namensangabe). Die UGP-RL lässt nach ihrem Art. 3 Abs. 3 die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Gesundheits- und Sicherheitsaspekte von Produkten unberührt (vgl. auch Erwägungsgrund 9 Satz 2 der UGP-RL; vgl. ferner BGH GRUR 2017, 1273, Rn. 15 – Tabakwerbung im Internet). Bei den Vorschriften des Verbraucherschutzes vor den Gefahren der Spielsucht (einer Krankheit) handelt es sich um solche Bestimmungen (vgl. auch Köhler a.a.O. § 3a Rn. 1.32, 1.245 m.w.N.).
b) Die Beklagte hat § 6 Abs. 1 Satz 2 SpielhG Bln zuwider gehandelt.
aa) Das Landgericht ist nach Vernehmung des Zeugen ... und des zum hier fraglichen Tag vernommenen Gegenzeugen ... zu der Überzeugung gelangt, dass Herr M... am 20. Mai 2016 zwischen 00:00 Uhr und 0:30 Uhr in der fraglichen Spielhalle der Beklagten (... ein kostenloses Getränk bekommen hat, weil er dieses glaubhaft ausgesagt habe, der Gegenzeuge ... demgegenüber nicht gewusst habe, ob er an dem Tag gearbeitet habe, und nur allgemeine Angaben zu den erlaubten Verhaltensweisen in der Spielothek habe machen können. Ohne Erfolg greift die Berufung diese Beweiswürdigung des Landgerichts an.
bb) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen. Konkrete Anhaltspunkte, welche hiernach die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind. Ein solcher Verfahrensfehler liegt vor, wenn die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind. Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich ist oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGH NJW 2004, 1876; Senat, Beschl. v. 06.07.2018 – 5 U 20/18, S. 2 m.w.N.).
cc) In Anwendung vorstehender Grundsätze sind die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts von Verfahrensrechts wegen nicht zu beanstanden. Der Senat stimmt der Würdigung der Zeugenaussagen des Landgerichts auch in der Sache zu. Diese hält den Angriffen der Berufung stand. Entscheidungserhebliche Verfahrensfehler der vorgenannten Art zeigt die Berufung nach dem Dafürhalten des Senats nicht auf.
c) Der Verstoß ist auch geeignet die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Der Zeuge ... wurde - aus der Sicht des Personals - als Verbraucher mittels Darreichung eines unentgeltlichen Getränks zum längeren Verweilen in der Spielhalle angeregt und verstärkt der Gefahr ausgesetzt, spielsüchtig, also an seiner Gesundheit beschädigt zu werden. Die Gefahr der Nachahmung unter Mitbewerbern hält der Senat hier für erheblich, weshalb auch die Interessen von solchen Mitbewerbern, die nicht gewillt sind, der Beklagten und diesen gleichgesinnten Branchenmitgliedern in dieses Unrecht zu folgen, erheblich beeinträchtigt werden, laufen sie doch Gefahr, zahlreiche Kunden wegen der diesbezüglichen Weigerung zu verlieren, wenn es Konkurrenten gibt, die sich insoweit nicht an das Recht halten und mit illegalen Geschäftspraktiken ihre Kunden (gezielt und) verstärkt der Gefahr aussetzen, glücksspielsüchtig zu werden. Dessen allen ungeachtet ist bei Verstößen gegen Vorschriften die – wie hier (s.o.) - dem Schutz der Gesundheit der Verbraucher dienen, die Spürbarkeit ohnehin zu vermuten und nur – wie hier aber nicht – ganz ausnahmsweise zu verneinen (Köhler a.a.O. Rn. 1.102 m.w.N.).
2.
Die von § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG vorausgesetzte Wiederholungsgefahr wird wegen der erfolgten Verletzungshandlung und der verweigerten Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung vermutet. Die Erstreckung der Wiederholungsgefahr und des damit einhergehenden Unterlassungsgebots gegenständlich auf Speisen und räumlich auf das gesamte Land Berlin hat das Landgericht in zutreffender Umsetzung der Kerntheorie vorgenommen (LGU 9), wogegen auch die Berufung – zu Recht – nichts erinnert.
III.
Zu Recht hat das Landgericht einen Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen geduldeten Rauchens am 20. Mai 2016 in der Spielhalle ..., ..., angenommen. Ein solcher Anspruch folgt aus § 8 Abs. 1 Satz 1, §§ 3, 3a UWG i.V. mit § 6 Abs. 2, § 2 Abs. 1 Nr. 4 des (Berliner) Nichtraucherschutzgesetzes (nachfolgend NRSG).
1. Nach § 3a UWG handelt - wie bereits dargelegt - unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
a) Bei § 6 Abs. 2, § 2 Abs. 1 Nr. 4 NRSG, wonach Inhaber des Hausrechts von Kultur- und Freizeiteinrichtungen bei Bekanntwerden eines Verstoßes gegen das dortige Rauchverbot die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen haben, um den Verstoß zu unterbinden und weitere Verstöße zu verhindern, handelt es sich um eine gesetzliche, nach § 1 NRSG dem Schutz der Bevölkerung vor den Gesundheitsgefahren durch Passivrauchen dienende Vorschrift, welche eine Marktverhaltensregelung i.S. von § 3a UWG darstellt.
aa) Dem steht im Streitfall nicht entgegen, dass die UGP-RL, die in ihrem Anwendungsbereich (Art. 3) zu einer vollständigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts geführt hat (Art. 4), keinen vergleichbaren Unlauterkeitstatbestand kennt. Gemäß Art. 3 Abs. 3 und Erwägungsgrund 9 der Richtlinie bleiben von ihr Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und zu ihrer Umsetzung ergangene nationale Rechtsvorschriften in Bezug auf die Gesundheits- und Sicherheitsaspekte von Produkten unberührt (BGH GRUR 2017, 1273, Rn. 15 – Tabakwerbung im Internet). Diese Regelung erfasst auch die hier in Rede stehenden Vorschriften, da es um Gesundheitsaspekte der in Kultur- und Freizeiteinrichtungen angebotenen Dienstleistungen (= “Produkte”) geht, wenn verhindert wird, dass solche nur unter gesundheitsgefährdendem Passivrauchen konsumiert werden können (ebenso für §§ 2 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2, § 5 Abs. 1 und 2 NRauchSchG SL OLG Saarbrücken GRUR 2018, 742, 744).
bb) Eine Norm regelt das Marktverhalten im Interesse der Mitbewerber, Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer, wenn sie einen Wettbewerbsbezug in der Form aufweist, dass sie die wettbewerblichen Belange der als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommenden Personen schützt. Eine Vorschrift, die dem Schutz von Rechten, Rechtsgütern oder sonstigen Interessen von Marktteilnehmern dient, ist eine Marktverhaltensregelung, wenn das geschützte Interesse gerade durch die Marktteilnahme, also durch den Abschluss von Austauschverträgen und den nachfolgenden Verbrauch oder Gebrauch der erworbenen Ware oder in Anspruch genommenen Dienstleistung berührt wird. Nicht erforderlich ist eine spezifisch wettbewerbsbezogene Schutzfunktion in dem Sinne, dass die Regelung die Marktteilnehmer speziell vor dem Risiko einer unlauteren Beeinflussung ihres Marktverhaltens schützt. Die Vorschrift muss jedoch - zumindest auch - den Schutz der wettbewerblichen Interessen der Marktteilnehmer bezwecken; lediglich reflexartige Auswirkungen zu deren Gunsten genügen daher nicht (BGH GRUR 2017, 819, Rn. 20 – Aufzeichnungspflicht).
cc) In Anwendung vorstehender Grundsätze ist besagtes Gebot zum Einschreiten bei illegalem Rauchen (anders gewendet: Verbot der Duldung illegalen Rauchens) als eine Marktverhaltensregelung i.S. von § 3a UWG einzustufen.
(1) Die Vorschriften des § 6 Abs. 2, § 2 Abs. 1 Nr. 4 NRSG regeln “Markt”verhalten. Kultur- und Freizeiteinrichtungen im Sinne dieser Vorschriften sind in § 3 Abs. 3 NRSG legaldefiniert als Einrichtungen, die der Bewahrung, Vermittlung, Aufführung und Ausstellung künstlerischer, unterhaltender, wissenschaftlicher oder historischer Inhalte oder Werke oder der Freizeitgestaltung dienen und der Öffentlichkeit zugänglich sind, unabhängig von ihrer Trägerschaft. Der Gesetzgeber hat hier u.a. Theater, Galerien, Opern, Spielbanken und Internet-Cafés im Blick (vgl. AbgH Bln. Drucks. 16/2183, S. 2). Auch gewerbliche Spielhallen sind als unterhaltende Einrichtungen in privater Trägerschaft “Freizeiteinrichtungen” im Sinne der Nichtraucherschutzgesetze der Länder, und zwar auch dann, wenn sie dort – wie im NRSG - nicht explizit als solche angeführt werden (vgl. nur Breitkopf/Stollmann, Nichtraucherschutzrecht, 3. Aufl., S. 24 f. m.w.N.). In all diesen Etablissements wird typischerweise “am Markt” agiert, das heißt, man bemüht sich im Wettbewerb mit anderen um Zuschauer/Kunstinteressenten/Besucher/ Spieler/Internet-Nutzer als Kunden bzw. Verbraucher, welche die jeweils angebotenen Dienstleistungen in Anspruch nehmen sollen.
(2) Die Vorschriften regeln auch das Markt”verhalten”. Es geht nicht um den Marktzutritt der Dienstleistungsanbieter, um das “Ob” des Angebots, sondern um die Art und Weise, also “wie” besagte Dienstleistungen angeboten werden dürfen, nämlich nur unter gleichzeitiger Unterbindung des Tabakrauchens im gleichen Raum.
(3) Kehrseite des Vorstehenden ist die Möglichkeit der Besucher, welche die Dienstleistungen in Anspruch nehmen wollen (mithin also “Verbraucher” und somit “Marktteilnehmer” sind), dies zu tun, ohne ihre Gesundheit mittels aufgezwungenen Passivrauchens zu gefährden. Diesen ihren Interessen dient das Gesetz und bezweckt deren Schutz. Dieses Gesundheitsinteresse der nichtrauchenden Verbraucher von Kultur- und Freizeitdienstleistungen ist zwar kein spezifisch wettbewerbsbezogenes in dem Sinne, dass es speziell um das Risiko einer unlauteren Beeinflussung ihres Marktverhaltens ginge. Das ist aber auch nicht notwendig. Es genügt vielmehr, dass “auch” der Schutz der wettbewerblichen Interessen der Marktteilnehmer bezweckt wird. Das ist hier die Möglichkeit, die Dienstleistungen z.B. eines Theaters, einer Galerie, einer Oper, einer Spielbank, eines Internet-Cafés oder eben auch einer Spielhalle überhaupt in Anspruch nehmen zu können, wenn man sich der Gesundheitsgefahr durch Passivrauchen auf keinen Fall aussetzen möchte. Für diese Verbraucher wird durch das Gesetz die Möglichkeit der Teilhabe am Markt überhaupt erst eröffnet. Unter diesem Blickwinkel liegt es auf der Hand, dass “auch” wettbewerbliche Interessen von Marktteilnehmern bezweckt werden. Und dieses geschützte Interesse rauchfreier Teilhabe wird gerade durch die Marktteilnahme, also durch den “Verbrauch” bzw. “Gebrauch” der in Anspruch genommenen Dienstleistung berührt. Letztlich handelt es sich um eine schlichte Qualitätsvorschrift zum Schutze der Verbrauchergesundheit (wie z.B. bei Produktsicherheitsvorschriften), die da lautet, dass Kultur- und Freizeitdienstleistungen (in umschlossenen Räumen grundsätzlich) “rauchfrei” angeboten werden müssen (ebenso für das saarländische – grundsätzliche - Rauchverbot in Gaststätten OLG Saarbrücken GRUR 2018, 742, 744 f.).
(4) Es handelt sich bei allem Vorstehenden auch nicht um einen bloßen “Reflex”. Es geht dem Gesetzgeber gerade darum, die Bevölkerung vor den Gefahren des Passivrauchens zu schützen, und damit auch – wie gerade die Kultur- und Freizeiteinrichtungen und im Übrigen auch die Gaststätten (§ 2 Abs. 1 Nr. 8 NRSG) zeigen – in der Situation, wenn “die Bevölkerung” als Markteilnehmer agiert, also am Markt teilnehmen soll, ohne die eigene Gesundheit zu gefährden. Gegen Vorstehendes streitet – entgegen der Berufung – nicht BGHZ 144, 255, 267 f. - Abgasemissionen. In dieser – noch zur Generalklausel des § 1 UWG 1909 ergangenen - Entscheidung wurde ein Wettbewerbsbezug deshalb verneint, weil ein Verstoß gegen - dem eigentlichen Marktverhalten vorgelagerte - Umweltschutzvorschriften bei der Produktion von Gütern in Rede stand. So verhält es sich hier gerade nicht. Es geht nicht um einen dem Marktverhalten vorgelagerten Zeitraum, sondern um das Marktverhalten selber, wenn während der Gewährung der angebotenen Kultur- bzw. Freizeitdienstleistung Rauchfreiheit tunlichst zu gewährleisten ist: “Allen Besucherinnen und Besuchern … muss” hier nach der ausdrücklich so formulierten Intention des Gesetzgebers “eine tabakrauchunbelastete Teilnahme … ermöglicht werden” (so die Begr. zu § 3 Abs. 3 NRSG a.F., AbgH Bln. Drucks. 16/0716).
b) Die Beklagte hat § 6 Abs. 2, § 2 Abs. 1 Nr. 4 NRSG zuwider gehandelt.
aa) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 NRSG ist das Rauchen in Freizeiteinrichtungen i.S. des § 3 Abs. 3 NRSG verboten, und zwar gemäß § 2 Abs. 2 NRSG in Gebäuden und sonstigen umschlossenen Räumen. Freizeiteinrichtungen definiert § 3 Abs. 3 NRSG als Einrichtungen, die der Freizeitgestaltung dienen und der Öffentlichkeit zugänglich sind, unabhängig von ihrer Trägerschaft. Darunter fallen – wie bereits dargelegt – auch gewerbliche Spielhallen in privater Trägerschaft (vgl. nochmals Breitkopf/Stollmann a.a.O. m.w.N.), worum es auch im Streitfall geht. Durch dieses Rauchverbot wird dem Spielhallenbetreiber die Möglichkeit genommen, selbst darüber zu bestimmen, ob den Besuchern in seiner Spielhalle das Rauchen gestattet oder untersagt ist. Dass durch das NRSG auch den Einrichtungs-, hier Spielhallenbetreibern untersagt wird, ihre Leistungen den Rauchern unter ihren Gästen anzubieten, folgt aus der Systematik der Regelungen. Das NRSG verbindet nämlich das an die Besucher von Freizeiteinrichtungen gerichtete Rauchverbot mit einer Verpflichtung der Betreiber bzw. der Hausrechtsinhaber, Verstöße gegen dieses Verbot zu unterbinden und weitere Verstöße zu verhindern (§ 6 Abs. 1, 2 NRSG; vgl. zu Vorstehendem auch – das Rauchverbot in saarländischen Gaststätten betreffend - OLG Saarbrücken GRUR 2018, 742, 743).
bb) Gegen besagte Vorschriften hat die Beklagte verstoßen. Das Landgericht ist nach Vernehmung des Zeugen ... und des zum hier fraglichen Tag vernommenen Gegenzeugen ... zu der Überzeugung gelangt, dass Herr ... am 20. Mai 2016 zwischen 00:00 Uhr und 0:30 Uhr in der fraglichen Spielhalle der Beklagten (... .) ungestört rauchen durfte, weil er dieses glaubhaft ausgesagt habe, der Gegenzeuge ... demgegenüber nicht gewusst habe, ob er an dem Tag gearbeitet habe, und nur allgemeine Angaben zu den erlaubten Verhaltensweisen in der Spielothek habe machen können. Ohne Erfolg greift die Berufung die Beweiswürdigung des Landgerichts an.
cc) In Anwendung der bereits oben (B II 1b bb) dargelegten Grundsätze zu § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO sind auch die hier in Rede stehenden tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts von Verfahrensrechts wegen nicht zu beanstanden. Der Senat stimmt der Würdigung der Zeugenaussagen des Landgerichts auch in der Sache zu. Diese hält den Angriffen der Berufung stand. Entscheidungserhebliche Verfahrensfehler der vorgenannten Art zeigt die Berufung nach dem Dafürhalten des Senats nicht auf. Auch soweit das Landgericht möglicherweise textfehlerhaft (“paste and copy”) auch auf die Erkennbarkeit von Drittrauchern in – hier aber nach Behauptung der Berufung bei der Vernehmung tatsächlich nicht thematisierter – Dunkelheit anhand glimmender Zigaretten abgestellt hat, wäre das jedenfalls kein streiterheblicher Beweiswürdigungsfehler, sondern lediglich ein – leicht erkennbares und sonach im Ergebnis unschädliches – technisches Versehen bei der Abfassung der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils. Maßgeblich und ausschlaggebend bleibt insoweit jedenfalls die Aussage des Zeugen ..., dass er (selbst) in den fraglichen Räumlichkeiten geraucht hat, ohne dass jemand eingeschritten ist, und dass das Landgericht – verfahrensfehlerfrei – zu der Überzeugung gelangt ist, dass diese Aussage wahr ist.
c) Der Gesetzesverstoß ist i.S. des § 3a UWG geeignet, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Er ermöglicht es der Beklagten, sich damit einen Vorteil gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen. Der Verstoß konterkariert insbesondere die mit der Verbotsregelung verbundenen Verbraucherschutzinteressen (vgl. auch OLG Saarbrücken GRUR 2018, 742, 745). Im Übrigen greifen die obigen Erwägungen (B II 1c) zur Spürbarkeit des Verstoßes gegen das Getränkeabgabeverbot entsprechend auch hier Platz.
2. Das beanstandete Verhalten des Mitarbeiters, der es zugelassen hat, dass der Zeuge ... in den Räumen der Spielhalle der Beklagten Zigaretten raucht, stellte auch – wie von § 3 UWG vorausgesetzt – eine geschäftliche Handlung (i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG) dar. Denn es fand im geschäftlichen Verkehr statt und diente der Förderung des Absatzes der in der Spielhalle der Beklagten angebotenen Dienstleistungen. Der Zeuge ... war aus Sicht des Mitarbeiters ein Kunde des Etablissements, der gespielt und dabei Geld ausgegeben hat (vgl. auch OLG Saarbrücken GRUR 2018, 742, 744).
3. Die von § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG vorausgesetzte Wiederholungsgefahr wird wegen der erfolgten Verletzungshandlung und der verweigerten Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung vermutet. Die Erstreckung des Unterlassungsgebots räumlich auf das gesamte Land Berlin ist – wie bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt (B II 2) – auch hier nicht zu beanstanden.
4. Der sonach gegebene Unterlassungsanspruch richtet sich gemäß § 8 Abs. 2 UWG gegen die Beklagte, da es ihr Mitarbeiter war, der zur fraglichen Zeit am fraglichen Ort das illegale Rauchen geduldet hat (vgl. dazu auch OLG Saarbrücken GRUR 2018, 742, 744). Vergeblich macht die Berufung geltend, dass diesbezügliche Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen Betreiber bei deren nicht nachgewiesener (eigener) Kenntniserlangung des konkreten Vorfalls vor Ort in deren Freisprüche bzw. Verfahrenseinstellungen gemündet wären. Wenn dies – was der Senat nicht weiß – so ist, dann erklärt sich das damit, dass es im OWiG – dem Schuldprinzip folgend – eine dem § 8 Abs. 2 UWG vergleichbare Vorschrift nicht gibt und auch die Ordnungswidrigkeitenvorschrift des § 7 NRSG in objektiver und subjektiver Hinsicht allein auf den Inhaber oder die Inhaberin des Hausrechts einer Einrichtung, wie sie hier in Rede steht, abstellt.
5. Ohne Erfolg hält die Berufung allem Vorstehenden eine Verfassungswidrigkeit der hier in Rede stehenden Bestimmungen des NRSG entgegen, weil für Spielhallen nicht solche Ausnahmen vom Rauchverbot vorgesehen seien, wie es für Gaststätten – namentlich bezgl. zugelassener “Raucherräume” gemäß § 4 Abs. 3 NRSG - der Fall ist (wie hier OLG Brandenburg BeckRS 2012, 05323; VG Cottbus, Beschl. v. 25.10.2011 – 3 L 251/11, juris-Rn. 13 ff. [jeweils für BbgNiRSchG]; a.A. VerfGH Leipzig, Beschl. v. 20.11.2008 – Vf. 63-IV-08, juris [für SächsNSG]; VerfGH Weimar, Beschl. v.05.12.2008 – 26/08, juris [für NichtRauchSchG TH]).
Nach Auffassung des Senats liegt kein grundrechtswidriger Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor. Denn hier wird nicht Gleiches, sondern Ungleiches ungleich behandelt. Das Gaststättengewerbe und das Spielhallengewerbe unterscheiden sich nach Art der Nutzung und der gesellschaftlichen Bedeutung erheblich. Der Gaststättenbesuch dient gemeinhin dem geselligen Beisammensein und der Pflege sozialer Kontakte. Durch Ausnahmeregelungen wird Rauchern ermöglicht, dieses sozial erwünschte Verhalten zu pflegen, ohne auf das Rauchen verzichten zu müssen. Das Aufsuchen von Spielhallen demgegenüber erfüllt typischerweise keine geselligen Zwecke. Darüber hinaus ist das Spiel an Automaten mit erheblichen wirtschaftlichen und gesundheitlichen Risiken verbunden und kann zur Spielsucht führen (OLG Brandenburg a.a.O. m.w.N.). Umsatzeinbußen durch ein ausnahmsloses Rauchverbot infolge Abwanderung von Rauchern haben Gaststätten zu befürchten, weil sich das dort gepflegte gesellige Beisammensein auch im privaten Umfeld einschließlich Tabakkonsum veranstalten lässt. Ein vergleichbares Abwanderungspotential droht Spielhallenbetreibern nicht, denn das Automatenglücksspiel kann anderswo als in Spielhallen nicht, jedenfalls nicht in “Qualität” und Ausmaß vergleichbarer Art betrieben werden. Richtig ist, dass Betreiber von Spielhallen gegen die konsequente Umsetzung des Rauchverbots (seinerzeit) die Befürchtung wirtschaftlicher Nachteile eingewandt haben (vgl. Breitkopf/Stollmann a.a.O. S. 46). Richtig ist aber genauso, dass solche Umsatzeinbußen seither nicht eingetreten sind, jedenfalls ist das weder ersichtlich noch vorgetragen, auch ist der Vortrag der Berufungserwiderung, dass die Umsätze durch Geldspielgeräte in Spielhallen seit Jahren (im Gegenteil sogar) zunehmen, unwidersprochen geblieben.
IV.
Zu Recht hat das Landgericht einen Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen einer am 30. August 2016 in der Spielhalle ... ..., von 03:00 Uhr bis 03:30 Uhr erfolgten Missachtung der gesetzlichen Sperrzeit angenommen. Ein solcher Anspruch folgt aus § 8 Abs. 1 Satz 1, §§ 3, 3a UWG i.V. mit § 5 Abs. 1 SpielhG Bln.
1. Bei § 5 Abs. 1 SpielhG Bln., wonach die Sperrzeit für (Spielhallen-) Unternehmen um 3 Uhr beginnt und um 11 Uhr endet, handelt es sich – was auch die Berufung zu Recht nicht in Abrede stellt - um eine Marktverhaltensregelung i.S. von § 3a UWG.
a) Die Frage, wann eine Spielhalle geöffnet sein darf und wann nicht, betrifft das diesbezügliche Marktverhalten von Spielhallenbetreibern. Ausweislich der Gesetzesbegründung (AbgH Bln. Drucks. 16/4027, S. 14) soll die Regelung
“eine zwangsweise Ruhezeit der oder des Spielenden auslösen und Anreize zum Weiterspielen hemmen. Durch das zwangsweise Ende des Spiels um 3 Uhr und der Möglichkeit zum Weiterspielen erst um 11 Uhr kann die Spielerin oder der Spieler, insbesondere auch die oder der Spielsüchtige, einen Schlussstrich unter das Tagesgeschehen ziehen und die Möglichkeit zur Erholung nutzen.”
Ähnlich wie § 6 Abs. 1 Satz 2 SpielhG Bln (dazu s.o. B II 1a) handelt es sich also auch hier um eine Vorschrift zum Schutz der Spieler, also im Interesse von Marktteilnehmern, denn die Spieler sind die Konsumenten der besagten Dienstleistung. Der Sache nach ist es also auch hier der Schutz dieser Verbraucher vor den Gefahren übermäßig konsumierten Glücksspiels.
Die Anerkennung dieser Bestimmung als Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG ist aus denselben Gründen mit dem Unionsrecht vereinbar wie sie für § 6 Abs. 1 Satz 2 SpielhG Bln Platz greifen (dazu s.o. B II 1a).
b) Die Beklagte hat § 5 Abs. 1 SpielhG Bln zuwider gehandelt.
aa) Das Landgericht ist nach Vernehmung des Zeugen ... und dem zur hier fraglichen Nacht vernommenen Gegenzeugen ... zu der Überzeugung gelangt, dass Herr ... in der Nacht vom 29. zum 30. August 2016 noch nach 03:00 Uhr bis 03:30 Uhr gespielt und (zwischenzeitlich) sogar noch Geld gewechselt hat, weil er dieses glaubhaft ausgesagt habe, der Zeuge ... demgegenüber zu dieser Zeit nicht gearbeitet und sonach in seiner Vernehmung nur insgesamt unergiebige Angaben gemacht habe. Auch diese Beweiswürdigung des Landgerichts greift die Berufung aus den bereits oben (B II 1b, B III 1b cc) dargelegten Gründen ohne Erfolg an. Soweit im Vernehmungsprotokoll v. 28.09.2017, S. 2 letzter Abs. (Band I Blatt 109 der Akten), an einer Stelle vom “29. August 2016 gegen 01.15 bis 03.30” die Rede ist, handelt es sich – mit Blick auf den Gesamtkontext – um eine offensichtliche und unerhebliche (und sonach unschädliche) Ungenauigkeit (des Zeugen oder der Protokollierung), weil es um die Nacht vom 29. zum 30. August 2016 ging und hier um die Zeit nach Mitternacht, also den 30. August 2016.
bb) Im Ergebnis sind die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts von Verfahrensrechts wegen also auch in diesem Punkt nicht zu beanstanden. Der Senat stimmt der Würdigung der Zeugenaussagen des Landgerichts auch in der Sache zu. Diese hält den Angriffen der Berufung stand. Entscheidungserhebliche Verfahrensfehler der vorgenannten Art zeigt die Berufung nach dem Dafürhalten des Senats nicht auf.
cc) Auch in rechtlicher Hinsicht sind die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts nicht zu beanstanden (LGU 10, letzter Abs.), dass und warum ein Verstoß gegen besagte Regelung nicht etwa nur bei (hier nicht in Rede stehendem) Einlass neuer Kunden während der Sperrzeit vorliegt, sondern auch – worum es hier geht - bei Duldung des Verbleibs von Kunden in der Spielhalle über den Beginn der Sperrzeit hinaus.
c) Der Verstoß ist auch geeignet die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Der Zeuge ... wurde - aus der Sicht des Personals - als Verbraucher mittels Duldung seines Verbleibs (und auch seines Weiterspielens) wiederum verstärkt der Gefahr ausgesetzt, spielsüchtig, also an seiner Gesundheit beschädigt zu werden. Die Gefahr diesbezüglicher Nachahmung liegt auch hier auf der Hand, weshalb auch die Interessen von solchen Mitbewerbern, die nicht gewillt sind, der Beklagten und diesen gleichgesinnten Branchenmitgliedern in dieses Unrecht zu folgen, wiederum erheblich beeinträchtigt werden, laufen sie doch Gefahr, zahlreiche Kunden wegen der diesbezüglichen Weigerung zu verlieren, wenn es Konkurrenten gibt, die sich insoweit nicht an das Recht halten und mit illegalen Geschäftspraktiken ihre Kunden (gezielt und) verstärkt der Gefahr aussetzen, glücksspielsüchtig zu werden.
2. Die Wiederholungsgefahr ist wiederum indiziert durch die Verletzung und die fehlende Unterwerfung. Die Erstreckung des Unterlassungsgebots räumlich auf das gesamte Land Berlin ist – wie bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt (B II 2, B III 3) – auch hier nicht zu beanstanden.
V.
Allen vorstehend erörterten Unterlassungsansprüchen steht schließlich nicht entgegen, dass der Zeuge M... – wie die Berufung geltend macht - entsprechende Verstöße “provoziert” habe, weshalb ein diesbezügliches Begehren des Klägers missbräuchlich sei.
1. Wer allerdings auf unlautere Weise einen fremden Wettbewerbsverstoß veranlasst (“provoziert”), handelt rechtsmissbräuchlich, wenn er Unterlassung begehrt (vgl. BGH GRUR 2012, 407, Rn. 34 – Delan; Köhler a.a.O. § 11 Rn. 2.41). Unlauteres oder sonst gesetzwidriges Handeln liegt jedoch nicht schon bei normalen Testmaßnahmen durch einen dazu Beauftragten vor (vgl. OLG Karlsruhe GRUR 1994, 130, 131; Köhler a.a.O. m.w.N.). Denn solche Maßnahmen sind ein weithin unentbehrliches Mittel zur Überprüfung des Wettbewerbsverhaltens von Mitbewerbern (vgl. Köhler a.a.O. m.w.N.). Unbedenklich und nicht rechtsmissbräuchlich ist etwa der Testkauf von Rubbellosen (welche nur nach Alterskontrolle an Erwachsene verkauft werden dürfen) durch eine Minderjährige (vgl. BGH GRUR 2012, 411 – Glücksspielverband). Unzulässig ist eine Testmaßnahme jedoch dann, wenn für einen begangenen oder drohenden Wettbewerbsverstoß keine Anhaltspunkte vorliegen und er nur dazu dient, einen Mitbewerber “hereinzulegen” (vgl. BGH GRUR 2017, 1140, Rn. 31 – Testkauf im Internet; OLG Karlsruhe GRUR 1994, 130, 131; Köhler a.a.O. m.w.N.).
2. Vorstehende Grundsätze umsetzend kann im Streitfall von einem unlauteren “Provozieren” und damit einher gehenden Missbrauch keine Rede sein. Der Kläger hat, wie er vorträgt, nach diesbezüglichen Hinweisen auf Rechtsverstöße der Beklagten (siehe auch Anlage K 7) den Zeugen ... ... in den fraglichen Spielhallen ermitteln lassen. Dieser hat dort (...) nach seiner Aussage einen Kaffee bestellt, geraucht wie alle anderen auch sowie (...) nach 03:00 Uhr weiter gespielt, um 03:10 Uhr noch 50 € gewechselt und nochmals bis 03:30 Uhr weiter gespielt. Dies alles bewegt sich nach Auffassung des Senats im Rahmen eines “normalen” Kundenverhaltens. Ein unlauteres, “provozierendes” Verhalten vermag der Senat darin jedenfalls nicht zu erkennen. Das Spielhallenpersonal sollte lediglich “getestet”, nicht aber “hereingelegt” werden (vgl. zum “Hereinlegen” nochmals Sachverhalt und Entscheidungsgründe in BGH GRUR 2017, 1140 – Testkauf im Internet – und demgegenüber den - mit dem hiesigen Streitfall vergleichbaren, höchstrichterlich gebilligten - Sachverhalt in BGH GRUR 2012, 411 – Glücksspielverband).
C.
Die Entscheidung zu den Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Namentlich die Einordnung diverser – zudem nur landesrechtlicher – Vorschriften als Marktverhaltensregelung weist hier keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung auf, sondern ist lediglich in Umsetzung höchstrichterlich bereits hinreichend geklärter Rechtsgrundsätze erfolgt (ebenso OLG Saarbrücken, Urt. v. 07.03.2018 – 1 U 17/17 – juris-Rn. 43 [insoweit nicht abgedruckt in GRUR 2018, 742 ff.]).