Räumliche Reichweite von DDR-Genehmigungen
Leitsatz
Die Entscheidung des BVerwG (Urt. v. 21.06.2006 - Az.: 6 C 19.06) hinsichtlich der räumlichen Reichweite von DDR-Sportwetten-Genehmigungen verletzt Art. 12 GG und wird daher aufgehoben.
Tenor
In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde der (…) gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06 - hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter (…) am 22. November 2007 einstimmig beschlossen:
1. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes.
Das Urteil wird aufgehoben und die Sache an das Bundesverwaltungsgericht zurückverwiesen.
2. Die Bundesrepublik Deutschland hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
Sachverhalt
s. Entscheidungsgründe
Entscheidungsgründe
I.
Die vorliegende Verfassungsbeschwerde betrifft die ordnungsrechtliche Untersagung der Vermittlung von Sportwetten mit festen Gewinnquoten, die von einem anderen als dem landeseigenen Wettveranstalter gewerblich veranstaltet werden.
1.
Die Beschwerdeführerin vermittelt nach eigenen Angaben seit dem Jahre 1999 gewerbliche Sportwetten der (…) in (…), die sich insoweit auf eine ihr vom Magistrat der Stadt (…) im Jahre 1990 aufgrund des Gewerbegesetzes der Deutschen Demokratischen Republik (im Folgenden: DDR-Gewerbegesetz) vom 6. März 1990 (GB1 S. 138) erteilte Erlaubnis beruft.
Seit 2004 vermittelt die Beschwerdeführerin Sportwetten an einen Veranstalter mit Sitz auf (…), der über eine (…) Veranstaltererlaubnis verfügen soll. Für die Vermittlungstätigkeit betreibt die Beschwerdeführerin in den westlichen Bundesländern Geschäftslokale; eines davon seit dem Jahre 2001 in (…).
Mit Bescheid vom 24. September 2002 untersagte die Stadt (…) der Beschwerdeführerin für das betreffende Geschäftslokal die Vermittlung von Sportwetten an in Bayern nicht erlaubte Wettunternehmen, insbesondere die (…) in (…), und forderte diese auf, "den Betrieb" einzustellen.
Der dagegen erhobene Widerspruch wurde im Februar 2003 zurückgewiesen.
2.
Die Beschwerdeführerin erhob Klage beim Verwaltungsgericht, die in der Sache zurückgewiesen wurde. Auch die dagegen eingelegten Rechtsmittel blieben ohne Erfolg.
a) Die Berufung wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 29. September 2004 - 24 BV 03.3162 - (vgl. GewArch 2005, S. 78) als unbegründet zurück.
Die Tätigkeit der Beschwerdeführerin erfülle die Voraussetzungen für eine Untersagung auf der Grundlage der sicherheitsrechtlichen Auffangvorschrift in Art. 7 Abs. 2 Nr. l des Gesetzes über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Landesstraf- und Verordnungsgesetz - LStVG), denn sie verstoße gegen § 284 StGB. Zwar treffe es zu, dass dieser sich seinem Wortlaut nach nur auf die Veranstaltung, nicht aber auch auf die Vermittlung von Glücksspielen beziehe.
Das Bundesverwaltungsgericht sei jedoch unter Verweis auf § 284 Abs. 1, § 9 Abs. 1 und 2, § 27 sowie § 284 Abs. 4 StGB vom bundesrechtlichen Verbot der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten ohne behördliche Erlaubnis ausgegangen.
Die Untersagungsverfügung halte sich auch im Rahmen der Grenzen zulässiger Ermessensausübung und entspreche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie verstoße insbesondere nicht gegen höherrangiges Recht. Sie verletze die Beschwerdeführerin nicht in ihrer Berufsfreiheit.
b) Die dagegen eingelegte Revision wies das Bundesverwaltungsgericht durch das mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Urteil vom 21. Juni 2006 (BVerwGE 126, 149) als unbegründet zurück. Das angefochtene Urteil beruhe weder formell noch materiell auf einer Verletzung revisiblen Rechts.
Der Verwaltungsgerichtshof sei zutreffend von der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung ausgegangen, für deren Beurteilung es ausschließlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung ankomme. Zu Recht habe der Verwaltungsgerichtshof einen Verstoß gegen die bundesrechtliche Strafnorm des § 284 StGB angenommen und insoweit die Tatbestandsvoraussetzung des Art. 7 Abs. 2 LStVG als erfüllt angesehen.
§ 284 StGB sei eine Verbotsnorm für unerwünschtes, weil sozial schädliches Verhalten. Die Geltung dieses Repressivverbots habe auch das Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -, mit dem es die Verfassungsbeschwerde der dortigen Beschwerdeführerin, soweit sie sich gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. März 2001 - BVerwG 6 C 2.01 - richtete, zurückgewiesen habe, nicht in Frage gestellt.
Zwar habe das Bundesverfassungsgericht im Gegensatz zu der im Urteil vom 28. März 2001 geäußerten Rechtsauffassung des Senats festgestellt, dass das bayerische Staatsmonopol für Sportwetten hinsichtlich seiner Ausgestaltung gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstoße, weil es nicht konsequent an dem Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren und der Begrenzung der Wettleidenschaft ausgerichtet sei.
Das Bundesverfassungsgericht habe jedoch davon abgesehen, die Vorschriften über das staatliche Wettmonopol und dessen Durchsetzung für nichtig zu erklären. Vielmehr habe es die bisherige Rechtslage für eine Übergangszeit bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, für die es eine Frist bis zum 31. Dezember 2007 gesetzt habe, mit bestimmten, auf die Bekämpfung der Wettsucht gerichteten Maßgaben für weiter anwendbar erklärt und ausdrücklich hinzugefügt, dass das gewerbliche Veranstalten von Wetten durch private Wettunternehmen und die Vermittlung von Wetten, die nicht vom Freistaat Bayern veranstaltet werden, weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden dürften.
Das schließe die Annahme ein, dass die Veranstaltung und Vermittlung privater Sportwetten in Bayern auch schon in der Zeit bis zum Erlass des Urteils des Bundesverfassungsgerichts verboten gewesen seien und auf der Grundlage der einschlägigen Eingriffsermächtigung des bayerischen Ordnungsrechts hätten unterbunden werden dürfen.
Dass der Freistaat Bayern im hier maßgeblichen Beurteilungszeitraum die vom Bundesverfassungsgericht für die Zeit bis zum 31. Dezember 2007 geforderten Maßnahmen zur Erreichung eines Mindestmaßes an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung seines Monopols andererseits noch nicht umgesetzt gehabt habe, stehe der behördlichen Befugnis zum Einschreiten nicht entgegen, da diese Maßnahmen nach der Anordnung des Bundesverfassungsgerichts erst ab Erlass des Urteils vom 28. März 2006 getroffen werden müssten.
Ebenso wenig komme es für die Entscheidung des Senats über die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Ordnungsverfügung darauf an, ob ein Veranstalter oder Vermittler nach § 284 StGB bestraft werden könne, wenn er das in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung verfassungswidrige Staatsmonopol missachtet habe. Die Beantwortung dieser Frage habe das Bundesverfassungsgericht den Strafgerichten überlassen.
Die Beschwerdeführerin könne sich im Hinblick auf ihre Tätigkeit in Bayern nicht auf eine Erlaubnis im Sinne des § 284 StGB berufen. Insbesondere gehe von der Erlaubnis, die der (…) in (…) aufgrund des DDR-Gewerbegesetzes erteilt worden sei, keine entsprechende Wirkung zugunsten der Beschwerdeführerin aus. Die nach Art. 19 EV zwar weiterhin gültige Erlaubnis gelte nicht in Bayern.
Auch ihre "strafrechtliche Legalisierungswirkung" gehe nicht über ihren verwaltungsrechtlichen Geltungsbereich hinaus. Denn ein Verstoß gegen die bundesweit geltende Strafrechtsnorm des § 284 StGB entfalle nicht bereits dann, wenn von der Behörde irgendeines Bundeslandes eine Glücksspielerlaubnis erteilt worden sei.
§ 284 StGB knüpfe die strafrechtliche Sanktionierung an das Fehlen einer Erlaubnis und nehme entsprechend der föderalen Struktur der Bundesrepublik Deutschland Unterschiede hinsichtlich der Erlaubnisfähigkeit der Veranstaltung von Glücksspielen hin.
Den Umstand, dass das bayerische Staatslotteriegesetz in der derzeitigen Ausgestaltung verfassungswidrig sei, habe die Behörde bei ihrer Ermessensentscheidung nicht berücksichtigen müssen.
Da das Staatslotteriegesetz nicht für nichtig erklärt worden sei, vielmehr das Staatsmonopol bis zum 31. Dezember 2007 nach Maßgabe der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts durchgesetzt werden dürfe, sei die Verfassungswidrigkeit des Staatslotteriegesetzes auch im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung nicht in die Ermessenserwägungen einzustellen gewesen.
II.
1.
Gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hat die Beschwerdeführerin Verfassungsbeschwerde erhoben, mit der sie eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG sowie des Bestimmtheitsgebots aus Art. 103 Abs. 2 GG rügt.
Nach Ansicht der Beschwerdeführerin konnte das Bundesverwaltungsgericht nicht ohne Verstoß gegen Verfassungsrecht zu einer rechtskräftigen Bestätigung der gegenüber ihr ergangenen Untersagungsverfügung kommen.
Der Untersagung mangele es bereits an einer tragfähigen Verbotsgrundlage, da die Vermittlung von Glücksspielen nicht von § 284 StGB erfasst werde. Auch handele es sich bei der untersagten Geschäftstätigkeit um die Vermittlung von erlaubten, nicht aber unerlaubten Sportwetten. Soweit das Bundesverwaltungsgericht dennoch von einer Strafbarkeit der Vermittlungstätigkeit der Beschwerdeführerin ausgehe, sei dies verfassungswidrig und jedenfalls eine verfassungskonforme Auslegung des § 284 StGB geboten, die verhindere, dass die Bundesrepublik Deutschland in 16 unterschiedliche Wirtschafts- und Strafrechtszonen unterteilt werde.
Entgegen der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts sei die Untersagungsverfügung aber auch deshalb rechtswidrig, weil sie zur Durchsetzung eines verfassungswidrigen staatlichen Sportwettmonopols erlassen worden sei. Das Bundesverwaltungsgericht ziehe insoweit nicht die notwendigen Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -, denn es lege bei der Beurteilung der Untersagungsverfügung als rechtmäßig zugrunde, dass die Veranstaltung und Vermittlung gewerblicher Sportwetten in der Zeit bis zum Erlass des Urteils des Bundesverfassungsgerichts in verfassungswidrig unbedenklicher Weise und ohne Erfüllung der erst für die Zeit bis zu einer Neuregelung des Bereichs der Sportwetten geforderten Maßnahmen verboten gewesen seien und auf ordnungsrechtlicher Grundlage hätten unterbunden werden dürfen.
Die rechtskräftige Bestätigung der Rechtmäßigkeit führe dazu, dass die Behörde ihre Verfügung, mit der der Beschwerdeführerin auf Dauer die Vermittlung von Sportwetten untersagt worden sei, ohne weiteres als Grundlage für Vollstreckungsmaßnahmen, etwa für den Fall einer Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit, ansehe.
Den Erlass einer neuen Ordnungsverfügung, der voraussetze, dass die Vermittlung nicht vom Freistaat Bayern veranstalteter Sportwetten aufgrund der Befolgung der verfassungsgerichtlichen Maßgaben überhaupt als verboten angesehen und unterbunden werden dürfe, halte weder das Bundesverwaltungsgericht noch die Behörde für erforderlich.
2.
Zur Verfassungsbeschwerde haben sich das Bundesministerium der Justiz, die Bayerische Staatsregierung sowie die Stadt (…) unter der Fragestellung geäußert, welche Auswirkung die verfassungsrechtlichen Aussagen des Urteils des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der im Ausgangsverfahren angefochtenen Untersagungsverfügung hat.
Übereinstimmend gehen diese davon aus, dass die gegenüber der Beschwerdeführerin ergangene Untersagungsverfügung aus den vom Bundesverwaltungsgericht genannten Gründen ohne Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG rechtmäßig habe ergehen dürfen. Zur Begründung wird im wesentlichen übereinstimmend insbesondere darauf verwiesen, dass das Urteil im Verfahren 1 BvR 1054/01 die Norm des § 284 StGB nicht für verfassungswidrig und die bisherige Rechtslage für weiterhin anwendbar erklärt habe.
Das Bundesministerium der Justiz geht insoweit auf der Grundlage der für zutreffend erachteten Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts davon aus, dass Untersagungsverfügungen in der Übergangszeit bis zu einer Neuregelung ohne Berücksichtigung der vom Bundesverfassungsgericht insoweit aufgestellten Maßgaben aufhebbar beziehungsweise nicht mehr durchsetzbar sind.
Die Bayerische Staatsregierung und die Stadt Nürnberg verweisen insbesondere auf den Wortlaut der Entscheidungsformel und der Gründe des Urteils vom 28. März 2006, nach dem das Staatslotteriegesetz und die bisherige Rechtslage weiterhin anwendbar und ordnungsrechtlich durchsetzbar blieben.
Nach Auffassung der Staatsregierung ist § 284 StGB vom Bundesverfassungsgericht nicht beanstandet, sondern bestätigt worden. Der objektive Verstoß der Beschwerdeführerin gegen § 284 StGB habe auf ordnungsrechtlicher Grundlage unterbunden werden können. Dies sei selbst dann der Fall, wenn man entgegen dem Bundesverwaltungsgericht nicht von der ununterbrochenen Anwendbarkeit des Verbotstatbestandes ausgehe.
Denn das Bundesverwaltungsgericht habe den Einfluss der Grundrechte weder unbeachtet gelassen, noch grundsätzlich verkannt. Der Eingriff bei der Beschwerdeführerin erschöpfe sich letztlich in der Verhinderung der Nutzung einer angemaßten Position.
Nach Ansicht der Stadt Nürnberg würde die Auffassung der Verfassungsbeschwerde dazu führen, dass private Sportwettanbieter in der Zeit vor dem 28. März 2006 unreglementiert hätten tätig sein dürfen. Angesichts der Aussagen des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 28. März 2006 habe die im Ausgangsverfahren angefochtene Untersagungsverfügung aufrechterhalten werden dürfen und müssen.
III.
Die Voraussetzungen für einen stattgebenden Kammerbeschluss (§ 93 c Abs. 1 BVerfGG) liegen vor.
1.
Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage, ob und inwieweit das in Bayern bestehende staatliche Sportwettmonopol und der mit ihm einhergehende Ausschluss der Veranstaltung und Vermittlung gewerblicher Sportwetten in Bayern mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit vereinbar ist, ist durch das Urteil des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - (BVerfGE 115, 276) entschieden.
Danach ist es nach Maßgabe der Gründe des Urteils vom 28. März 2006 mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar, dass - vor dem Hintergrund des § 284 StGB - nach dem Gesetz über die vom Freistaat Bayern veranstalteten Lotterien und Wetten (Staatslotteriegesetz) vom 29. April 1999 (BayGVBl S. 226) in Bayern Sportwetten nur vom Freistaat Bayern veranstaltet und nur derartige Wetten gewerblich vermittelt werden dürfen, ohne das Monopol konsequent am Ziel der Bekämpfung der Suchtgefahren auszurichten.
Der Gesetzgeber ist daher verpflichtet, die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten unter Beachtung der sich aus den Gründen ergebenden verfassungsrechtlichen Vorgaben bis zum 31. Dezember 2007 neu zu regeln. Bis zur Neuregelung darf das Staatslotteriegesetz nach Maßgabe der Gründe des Urteils vom 28. März 2006 weiter angewendet werden (vgl. BVerfGE 115, 276 277 i.V.m. 300>).
a) Den im Urteil des Senats vom 28. März 2006 getroffenen Feststellungen liegt die verfassungsgerichtliche Prüfung der Frage zugrunde, ob die durch die angegriffenen fachgerichtlichen Entscheidungen angewandten Vorschriften mit dem ihnen durch diese zugrundegelegten Inhalt mit höherrangigem Recht vereinbar sind und ob die Beachtung des Grundgesetzes gegebenenfalls eine verfassungskonforme Auslegung gebietet.
Der Inhalt der angewandten Normen stellt sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. GewArch 2001, S. 65) und des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwGE 114, 92) so dar, dass Veranstaltung und Vermittlung von Wetten gemäß § 284 StGB grundsätzlich verboten, aber ausnahmsweise einer Erlaubnis zugänglich sind.
Vor diesem Hintergrund behält das Staatslotteriegesetz die Veranstaltung von Wetten in Bayern dem Staat vor, ohne die Möglichkeit zur Erteilung einer Erlaubnis für gewerbliche Wettangebote durch private Wettunternehmer vorzusehen.
Über die Veranstaltung und Durchführung hinaus ist nach den in jenem Verfahren angegriffenen Entscheidungen innerhalb Bayerns auch das Anbieten von Wetten verboten, die nicht vom Freistaat Bayern veranstaltet werden. Dieses nach der fachgerichtlichen Auslegung in Bayern bestehende staatliche Wettmonopol stellt wegen des mit ihm einhergehenden Ausschlusses gewerblicher Wettveranstaltung durch private Wettunternehmen sowie des Ausschlusses der Vermittlung von Wetten, die nicht vom Freistaat Bayern veranstaltet werden, den rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in die Berufsfreiheit dar, den der Senat zu prüfen hatte (vgl. BVerfGE 115, 276 303>).
b) Ausweislich der in der Entscheidungsformel des Urteils vom 28. März 2006 in Bezug genommenen Gründe stellt das in Bayern bestehende staatliche Wettmonopol angesichts des mit ihm einhergehenden Ausschlusses gewerblicher Wettveranstaltung durch private Wettunternehmer in seiner damaligen gesetzlichen und tatsächlichen Ausgestaltung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit dar.
Denn der - strafbewehrte - Ausschluss gewerblicher Wettangebote durch private Wettunternehmen ist den an entsprechender beruflicher Tätigkeit interessierten Bürgern nur dann zumutbar, wenn das Wettmonopol nicht nur nach den zu seiner Rechtfertigung angeführten Zielen, sondern auch in seiner konkreten Ausgestaltung der Vermeidung und Abwehr von Spielsucht und problematischem Spielverhalten dient (vgl. BVerfGE 115, 276 303/309 f.>).
Dies war in Bayern in der Zeit bis zum 28. März 2006 nicht der Fall (vgl. BVerfGE 115, 276 309 ff.>) .
Die Unverhältnismäßigkeit des staatlichen Sportwettmonopols in Bayern erfasst auch den Ausschluss der Vermittlung anderer als der vom Freistaat Bayern veranstalteter Wetten, deren Anbieten in Bayern nach der im Urteil vom 28. März 2006 zugrundegelegten fachgerichtlichen Auslegung ebenfalls als verboten angesehen wird (vgl. BVerfGE 115, 276 300>).
Denn auch der Ausschluss der Vermittlung anderer als der vom Freistaat Bayern veranstalteter - vor allem also gewerblich veranstalteter - Wetten lässt sich am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG nur rechtfertigen, wenn das Monopol rechtlich und faktisch insbesondere am - legitimen - Ziel der Suchtbekämpfung und der Begrenzung der Wettleidenschaft ausgerichtet ist (vgl. BVerfGE 115, 276 303/316>).
2.
Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt. Sie ist, soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG rügt, offensichtlich begründet.
a) Das angegriffene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG, indem es die im Ausgangsverfahren angegriffene Untersagungsverfügung als rechtmäßig und demnach verfassungsgemäß bestätigt.
Ausgehend von dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (BVerfGE 115, 276) hätte das Bundesverwaltungsgericht die gegenüber der Beschwerdeführerin ergangene Untersagungsverfügung nach der als maßgeblich zugrundegelegten Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung als mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar beurteilen müssen.
aa) Die vom Bundesverwaltungsgericht im Anschluss an das im Ausgangsverfahren mit der Revision angegriffene Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vertretene Auffassung, nach der es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der gegenüber der Beschwerdeführerin ergangenen Untersagungsverfügung - und somit für die mit der Anfechtungsklage begehrte gerichtliche Aufhebung - auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ankommt, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist als bindende fachgerichtliche Auslegung des einfachen Rechts auch im Rahmen der verfassungsgerichtlichen Kontrolle zugrundezulegen.
bb) Nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung stellt sich die gegenüber der Beschwerdeführerin ergangene Untersagungsverfügung als mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar und daher als rechtswidrig dar.
Sie setzt auf Grundlage der sicherheitsrechtlichen Generalklausel des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG eine Rechtslage durch, die nach der auch im vorliegenden Ausgangsverfahren zugrundegelegten fachgerichtlichen Auslegung (vgl. BVerwGE 126, 149; 114, 92) in dem grundsätzlichen - repressiven - Verbot nach § 284 StGB und der nur beschränkten Zulassung von Sportwetten durch das bayerische Staatslotteriegesetz besteht und auf der das staatliche Sportwettmonopol in Bayern beruht.
Diese Rechtslage aber stellt sich nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 hinsichtlich des mit ihr einhergehenden Verbots beziehungsweise Ausschlusses nicht nur der Veranstaltung gewerblicher Sportwetten in Bayern, sondern gerade auch der Vermittlung anderer als der vom Freistaat veranstalteter Wetten in Bayern als eine mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbare Beschränkung der Berufsfreiheit dar.
Eine ordnungsrechtliche Untersagungsverfügung, die nicht mit anderen Gefahren für ordnungsrechtliche Schutzgüter, sondern allein mit einem - objektiven - Verstoß gegen die rechtlichen Bestimmungen begründet ist, aus deren fachgerichtlicher Auslegung und Anwendung das gesetzliche Verbot der Vermittlung anderer als der vom Freistaat Bayern veranstalteter Wetten folgt - insbesondere also § 284 StGB -, kann sich wegen dieser verfassungswidrigen Rechtslage jedenfalls in der Zeit bis zum 28. März 2006 nicht als rechtmäßig erweisen (vgl. hinsichtlich der sofortigen Vollziehung solcher Untersagungsverfügungen bereits BVerfGK 5, 196 202 ff.>).
cc) Entgegen der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich zum maßgeblichen Zeitpunkt eine Vereinbarkeit der Untersagungsverfügung mit Art. 12 Abs. 1 GG nicht daraus, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 weder die Geltung des Repressivverbots der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten gemäß § 284 StGB in Frage gestellt, noch die Vorschriften über das staatliche Wettmonopol und dessen Durchsetzung für nichtig erklärt hat.
(1) Die Feststellung einer auf eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG gestützten Verfassungswidrigkeit der Norm des § 284 StGB als solcher war im Rahmen des Urteils vom 28. März 2006 nicht veranlasst. Gegenstand der dortigen verfassungsgerichtlichen Prüfung war die fachgerichtliche Anwendung der dem staatlichen Wettmonopol in Bayern zugrundeliegenden Rechtslage, die ihrerseits auf einer Auslegung von § 284 StGB und dessen Zusammenwirken mit dem bayerischen Staatslotteriegesetz durch die im Verfahren 1 BvR 1054/01 angegriffenen Entscheidungen beruht.
Diese Auslegung des § 284 StGB als die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten umfassendes Repressivverbot war als solche im Verfahren 1 BvR 1054/01 ebenfalls nicht für mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar zu erklären.
Sie kann nämlich bei entsprechender rechtlicher und tatsächlicher Ausgestaltung des Sportwettangebots, welches vom Freistaat Bayern im Rahmen einer nach § 284 StGB möglichen Erlaubnis zugelassen wird, verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein, da ihr mit der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht ein legitimes Ziel zugrundeliegt, zu dessen Erreichung der Ausschluss gewerblicher Sportwettangebote ein grundsätzlich verhältnismäßiges Mittel darstellt.
Der Ausschluss der Vermittlung anderer als der vom Freistaat Bayern veranstalteter Wetten in Bayern ist daher während der Übergangszeit bis zur Neuregelung des Bereichs der Sportwetten verfassungsrechtlich hinnehmbar, wenn der Freistaat Bayern ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausgestaltung der staatlich veranstalteten Sportwetten andererseits herstellt.
Daraus ergibt sich aber nicht, dass die nach der mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbaren Rechtslage verbotene Vermittlung in der Zeit vor dem 28. März 2006 ohne Verstoß gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit auf ordnungsrechtlicher Grundlage unterbunden werden konnte.
(2) Auch der Umstand, dass das bayerische Staatslotteriegesetz durch das Urteil vom 28. März 2006 nicht für nichtig, sondern nur für mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar erklärt wurde, kann die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts nicht begründen.
Das Staatslotteriegesetz enthält nach bindender fachgerichtlicher Auslegung selbst weder ein (landes-)verwaltungsrechtliches Vermittlungsverbot noch einen Erlaubnisvorbehalt für das Vermitteln anderer als der vom Freistaat Bayern veranstalteter Sportwetten und konnte daher auch im Hinblick auf die gegen die Beschwerdeführerin verfügte ordnungsrechtliche Untersagung den Tatbestand eines Verstoßes gegen die öffentliche Sicherheit nur insoweit ausfüllen, als es vor dem Hintergrund des als Repressivverbot verstandenen § 284 StGB keine entsprechende Erlaubnismöglichkeit normiert.
Dies ändert jedoch nichts daran, dass das für die Verfassungswidrigkeit des staatlichen Wettmonopols in Bayern erhebliche verwaltungsrechtliche Regelungsdefizit nicht in § 284 StGB, sondern allein im Staatslotteriegesetz zu verorten (vgl. BVerfGE 115, 276 312>) und dieses als Grundlage eines im Sinne von § 284 StGB legalen Wettangebots seitens des Freistaats Bayern aufrechtzuerhalten war.
dd) Schließlich kann es für die Beurteilung der gegenüber der Beschwerdeführerin ergangenen Untersagungsverfügung als rechtswidrig zu dem im Ausgangsverfahren als maßgeblich zugrundegelegten Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung nicht auf eine spätere Änderung der Sach- und Rechtslage ankommen, die in Befolgung der auf die Herstellung eines im Mindestmaß konsistenten staatlichen Sportwettangebots gerichteten verfassungsgerichtlichen Maßgabe eingetreten ist.
Denn diese Maßgabe ermöglicht es lediglich, während der Übergangszeit bis zu einer gesetzlichen Neuregelung des Bereichs der Sportwetten eine verfassungsrechtlich hinnehmbare Rechtslage für die Aufrechterhaltung des staatlichen Wettmonopols in Bayern zu schaffen.
Da der Freistaat Bayern diese Maßgabe naturgemäß erst nach dem Ergehen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 erfüllen kann und die durch ihre Befolgung sicherzustellende Konsistenz des staatlichen Wettangebots nach den verfassungsgerichtlichen Feststellungen bis zu diesem Zeitpunkt nicht bestand, lässt dies die Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung jedenfalls für die Zeit bis zum 28. März 2006 notwendig unberührt.
Das Bundesverwaltungsgericht kann sich für seinen hiervon abweichenden Standpunkt auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das Bundesverfassungsgericht es in seinem Urteil vom 28. März 2006 ausdrücklich gestattet, dass in der Übergangszeit "bis zu einer gesetzlichen Neuregelung die bisherige Rechtslage" anwendbar bleibt und das gewerbliche Veranstalten von Wetten durch private Wettunternehmen und die Vermittlung von Wetten, die nicht vom Freistaat Bayern veranstaltet werden, "weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden" dürfen (vgl. BVerfGE 115, 276 319>).
Diese Möglichkeit steht textlich und inhaltlich im unmittelbaren Zusammenhang mit der erwähnten Maßgabe, "dass der Freistaat Bayern unverzüglich ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung seines Monopols andererseits herzustellen hat" (vgl. BVerfGE 115, 276 319>).
Nur unter dieser Bedingung kann mithin ein Vermittlungsverbot als verfassungsrechtlich gerechtfertigt angesehen werden. Vor dem 28. März 2006 ergangene Untersagungsverfügungen hingegen können, sofern es - wie hier - für die Gerichtsentscheidung auf einen Zeitpunkt vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ankommt, mangels Einhaltung der verfassungsgerichtlichen Maßgaben nicht als rechtmäßig bestätigt werden.
Etwas anderes könnte gelten, wenn es nach dem jeweils maßgeblichen einfachen Recht für die Rechtmäßigkeit einer Untersagungsverfügung auf einen späteren Zeitpunkt, insbesondere den der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. etwa VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. März 2007 - 6 S 1972/06 -, Juris), ankommt, wofür immerhin die Dauerwirkung dieser Maßnahme für den betroffenen Unternehmer spricht, oder in denen eine nach der Erfüllung der Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts ergangene ergänzende Verfügung eine frühere Untersagungsverfügung bestätigt und insoweit an dieser festgehalten werden kann.
b) Da der Verfassungsbeschwerde bereits aus den genannten Gründen wegen einer Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG stattzugeben ist, kann dahinstehen, ob und inwieweit das Grundrecht der Berufsfreiheit durch die angegriffene Entscheidung auch insoweit verletzt wird, als das Bundesverwaltungsgericht der Sportwetterlaubnis, die der (…) im Jahre 1990 aufgrund des DDR-Gewerbegesetzes erteilt wurde, im Hinblick auf die Tätigkeit der Beschwerdeführerin keine straf- und verwaltungsrechtliche Legalisierungswirkung beigemessen hat.
Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob die angegriffene Entscheidung neben Art. 12 Abs. 1 GG gegen die im Übrigen als verletzt gerügten Grundrechte verstößt.
IV.
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.