Private Sportwetten erlaubt

Landgericht Memmingen

Beschluß v. 24.01.2007 - Az.: 2 Qs 139/06

Leitsatz

1. Das Vermitteln von privaten Sportwetten an einen ausländischen europäischen Anbieter ist straflos, da das EU-Gemeinschaftsrecht die Anwendung des nationalen § 284 StGB ausschließt. Dies gilt jedenfalls in der Zeit vor Ergehen des Urteils des BVerfG vorn 28.03.2006.

2. Der Beschuldigte hat einen Anspruch auf Entschädigung nach dem StrEG für die erlittenen strafprozessualen Maßnahmen.

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beschuldigten (...) wird der Beschluss des Amtsgerichts Memmingen vom 02.10.2006 aufgehoben.

2. Der Beschuldigten steht wegen der Durchsuchung am 11.04.2005 gemäß dem Durchsuchungsbeschluss vom 01.03.2005 und der Sicherstellung von Gegenständen dem Grunde nach ein Entschädigungsanspruch gegenüber der Staatskasse zu.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Beschuldigten im Beschwerdeverfahren trägt die Staatskasse.

Sachverhalt

(vgl. Entscheidungsgründe)

Entscheidungsgründe

Das Amtsgericht Memmingen hat mit Beschluss vom 02.10.2006 den Antrag der Beschuldigten vom 28.06.2006, die Entschädigungspflicht der Staatskasse festzustellen, zurückgewiesen.

Am 01.03.2005 hatte das Amtsgericht Günzburg im Verfahren gegen die Beschuldigte (...) wegen Verdachts der unerlaubten Veranstaltung eines Glücksspiels einen Durchsuchungsbeschluss erlassen, der am 11.04.2005 vollzogen wurde. Mit Verfügung der Staatsanwaltschaft

vom 23.05.2006 wurde das Ermittlungsverfahren gegen die Beschuldigte nach § 153 StPO eingestellt.

Den Antrag auf Feststellung der Entschädigungspflicht der Staatskasse nach dem StrEG wies das Amtsgericht Memmingen zurück.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde der Beschuldigten vom 13.10.2006.

Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.

Der Anspruch auf Entschädigung folgt aus § 2 Abs. l und Abs. 2 Nr. 4, § 3 StrEG. Ausschluss- oder Versagungsgründe nach §§ 5, 6 StrEG liegen nicht vor.

Die Entschädigung entspricht auch der Billigkeit. Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 26.09.2006 (5 St RR 115/05) steht einer Strafbarkeit nach § 284 StGB wegen privater Sportwettenvermittlung der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts wegen Verletzung der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 43, 49 EG, jedenfalls in der Zeit vor Ergehen des Urteils des BVerfG vorn 28.03.2006, entgegen. Tatzeitraum war der 30.10.2004 bis zum 11.04.2005.

Die Beschuldigte hat unstreitig beim Landratsamt Günzburg keine Erlaubnis zur Durchführung von Sportwetten eingeholt, sie hat Sportwetten für die Firma vermittelt, welche eine Erlaubnis der hierfür hatte. Die Durchsuchung hat die Beschuldigte nicht grob fahrlässig verursacht, da nach dem Urteil des Oberlandesgerichts München vom 26.05.2006 die Vermittlung von Sportwetten in einem Mitgliedstaat der europäischen Gemeinschaft an einen dort konzessionierten Buchmacher ohne verwaltungsrechtliche Erlaubnis des Freistaats Bayern jedenfalls in der Zeit vor dem 28.03.2006 nicht gemäß § 284 StGB strafbar war.

Da die Beschuldigte keinen Straftatbestand erfüllt hat, hätte das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt werden müssen. Es entspricht daher der Billigkeit, bei einer Einstellung nach § 153 StPO dem Grunde nach eine Entschädigungspflicht zuzusprechen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 464 StPO.