Landgericht Osnabrueck

Urteil v. 10.03.2006 - Az.: 15 0 180/06

Leitsatz

1. Ein Spielgerät, bei dem unbegrenzt Punkte gewonnen werden können, die zum Weiterspielen berechtigen, verstößt gegen § 6 a SpielVO.

2. Der Betrieb ein Jackpot-Systems verstößt gegen das Vergünstigungsverbot des § 9 Abs. 2 SpielVO.

3. Die Regelungen der §§ 6 a, 9 Abs. 2 SpielVO sollen zwar in erster Linie die Spieler schützen, dienen jedoch auch dem Interesse der Marktteilnehmer. Es liegt somit auch eine Wettbewerbsverletzung vor, die ein Mitbewerber im Rahmen eines wettbewerbsrechtlichen Anspruchs geltend machen kann.

 

Tenor

In dem Rechtsstreit(…)wegen Unterlassunghat die 15. Zivilkammer (3. Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Osnabrück

auf die mündliche Verhandlung vom 03.03.2006 durch

(...)

für R e c h t erkannt:
1. Die Verfügungsbeklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, drei Geräte (…) sowohl mit als auch ohne Jackpotbetrieb, drei Geräte (…) sowohl mit als auch ohne Jackpotaufsatz, zwei Geräte (…) ein Gerät (…) sowohl mit als auch ohne Jackpot, ein Gerät (…), zwei Geräte (…) und ein Gerät (…) sowie

ein System (…) zu betreiben.

2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Verfügungsbeklagten ein Ordnungsgeld bis zu 25.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten

angedroht.

3. Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Sachverhalt

Die Verfügungsklägerin verlangt von der Beklagten die Unterlassung des Betriebs

bestimmter Spielgeräte und eines kostenlosen Gewinnspiels.

Die Parteien betreiben in der (…) jeweils eine Spielhalle.

Nach dem Inkrafttreten

des Änderung der SpielVO zum 01.01.2006 hat das Ordnungsamt der Stadt (…)

Betreibern von Spielhallen in der Stadt (…) u.a. untersagt, Spielgeräte zu betreiben,

bei denen Punkte zum Weiterspielen gewonnen werden können. Mit Ausnahme der

Verfügungsbeklagten sind die Betreiber von Spielhallen in der Stadt (…) den

Verfügungen des Ordnungsamt nachgekommen. Die Verfügungsbeklagte hat gegen die

Verfügung der Stadt (…) Widerspruch erhoben und bei dem Verwaltungsgericht

Osnabrück einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des

Widerspruchs beantragt.

Sie betreibt die im Tenor aufgeführten Geräte weiter. Bei

diesen besteht die Möglichkeit, Punkte zu gewinnen, die ein Weiterspielen ermöglichen.

Die von der Verfügungsbeklagten eingesetzten Jackpot-Aufsätze bei bestimmten

Geräte werden zur Zeit nicht mehr verwendet, wobei die Verfügungsbeklagte die

Benutzung jedoch nach wie vor für zulässig hält. Sie stellt weiter die Möglichkeit der

Teilnahme an dem System (…) zur Verfügung. Dafür zahlt sie monatlich Beiträge

an die Firma (…), die die eingehenden Beiträge verwaltet und auf die dem

System angeschlossenen Spielhallen und Geräte verteilt. U.a. über ein Gerät (…) können die Besucher von Spielhallen oder sonstige Interessierte

grundsätzlich kostenlos an dem Gewinnspiel teilnehmen, wobei die Verteilung der

Gewinne per Zufallsgenerator erfolgt.

Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, der Betrieb von Spielgeräten, bei denen Punkte

gewonnen werden können, die zum Weiterspielen berechtigen, seien nach dem

Inkrafttreten der neuen SpielVO seit dem 01.01.2006 nicht mehr zulässig. Dies folge

aus § 6 a SpielVO. Die Unzulässigkeit sei bereits gegeben, wenn die Geräte ohne einen

Jackpotzusatz betrieben würden. Mit den zur Zeit nicht im Einsatz befindlichen Jackpot-

Aufsätzen habe sogar in rechtswidriger Weise die Möglichkeit bestanden, die Punkte

auf andere Geräte zu übertragen. Der Betrieb des Systems (…) sei nach § 9

Abs. 2 SpielVO unzulässig. Danach sei es nicht gestattet, neben den Gewinnen bei

zugelassenen Geräten oder der Teilnahme an sonstigen Gewinnspielen Gewinne oder

sonstige Vergünstigungen zu gewähren oder in Aussicht zu stellen. Dies gelte

unabhängig davon, ob an einem anderen Spiel teilgenommen werde oder nicht.

Abgesehen davon sei bei der Verfügungsbeklagten die Teilnahme an dem System (…) auch an der Teilnahme an anderen Spielen gekoppelt.

Die Verfügungsklägerin hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass sie die

Unterlassung des Betriebs der im Antrag genannten Geräte sowohl mit als auch ohne

Jackpot begehrt.

Sie beantragt,

es der Verfügungsbeklagten bei Meidung eines für jeden Fall der

Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 25.000,00 €, ersatzweise

Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu

2 Jahren zu untersagen, drei Geräte (…) mit Jackpotbetrieb, drei

Geräte (…) mit Jackpotaufsatz, zwei Geräte (…) sowie ein Gerät (…) jeweils mit Jackpot, ein Gerät (…), zwei Geräte (…) und ein Gerät (…), ein System (…) zu betreiben.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, der Betrieb der Geräte sei nach wie vor

zulässig. § 6 a SpielVO verbiete nicht den Betrieb von Geräten, bei denen Punkte zum

Weiterspielen gewonnen werden könnten. Mit der Änderung der SpielVO sei das Ziel

verfolgt worden, die Möglichkeit der Speicherung von Punkten zum späteren

Weiterspielen oder zur Übertragung auf andere Geräte, insbesondere auch

Geldspielgeräte zu verbieten. Diese Möglichkeit bestehe bei den in ihrer Spielhalle

eingesetzten Geräten jedoch nicht. Die Jackpotaufsätze bei einigen Geräten seien nicht

unzulässig. Sie habe die Aufsätze abgebaut, weil sie für den Umsatz nicht relevant

seien. Die Teilnahme an dem System (…) sei nicht daran gekoppelt, dass

Besucher der Spielhalle an anderen Geräten spielen. Das System sei deshalb zulässig.

Durch § 9 Abs. 2 SpielVO sollten zusätzliche Gewinne bei dem Betrieb nach den §§ 33

c, 33 d GewO zugelassener Geräte oder bei der Teilnahme an sonstigen

Gewinnspielen untersagt werden.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig und begründet.

Soweit die Verfügungsklägerin bei einigen Geräten die Untersagung des Betriebs mit

(…) oder (…) verlangt hat, ist der Antrag nicht dahingehend aus-

zulegen, dass nur der Betrieb der Geräte mit Jackpot verboten werden soll. Die

Verfügungsklägerin hat in der mündlichen Verhandlung im Zusammenhang mit dem

Stellen der Anträge ausdrücklich klargestellt, dass sie sich gegen den Betrieb der

Geräte als solche und gegen den Betrieb mit einem Jackpot wendet. In diesem Sinne

ist deshalb der Antrag der Verfügungsklägerin auszulegen.

Dem Antrag war auch stattzugeben. Die Verfügungsklägerin hat gem. §§ 3, 8 UWG

einen Anspruch gegen die Verfügungsbeklagte, den Betrieb der im Tenor genannten

Geräte sowohl mit als auch ohne einen Jackpot sowie den Betrieb des Systems (…) unterlassen.


1.

Der Betrieb der im Tenor genannten Spielgeräte verstößt gegen § 6 a Satz 1 lit a)

SpielVO. Bei diesen Geräten besteht die Möglichkeit, Punkte zum Weiterspielen zu

gewinnen. Dies ist nach der Änderung der SpielVO zum 01.01.2006 unzulässig.

Gem. § 6 a Satz 1 lit a) SpielVO sind das Aufstellen und der Betrieb von

Spielgeräten, die keine Bauartzulassung oder Erlaubnis haben oder keiner Erlaubnis

nach § 5 a SpielVO bedürfen, verboten, wenn diese als Gewinn Berechtigungen

zum Weiterspielen sowie sonstige Gewinnberechtigungen oder Chancenerhöhungen anbieten. Dies ist bei der Möglichkeit, Punkte zum Weiterspielen zu

gewinnen, jedoch der Fall. Durch die gewonnenen Punkte wird gerade die Berechtigung zum Weiterspielen gewährt. Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten

beschränkt sich das Verbot in § 6 a SpielVO nicht auf die Möglichkeit, Punkte zum

späteren Weiterspielen an diesem oder anderen Geräten oder zur Auszahlung von

Gewinnen zu speichern. Dies mag zwar nach der Begründung des Verordnungsgebers ein wesentlicher Grund für die Verschärfung der SpielVO gewesen sein. Die

Regelung in § 6 a SpielVO beschränkt sich jedoch nicht auf das "zeitliche Einfrieren"

von Punkten zum Zwecke des späteren Einsatzes. Denn dies ist im Wesentlichen in

§ 6 a Satz 1 lit b) geregelt. Die Regelung in § 6 a Satz 1 lit a) SpielVO geht jedoch

weiter und untersagt die Gewährung jeglichen Gewinns in Form von Berechtigungen

zum Weiterspielen sowie sonstigen Gewinnberechtigungen oder Chancenerhöhungen, durch die ebenfalls der Spieltrieb gefördert werden kann. Insoweit

besteht auch kein Widerspruch zu der Regelung in § 6 a Satz 3 SpielVO. Danach ist

die Gewährung von Freispielen zulässig, wenn diese ausschließlich in unmittelbarem zeitlichen Anschluss an das entgeltliche Spiel abgespielt werden und nicht

mehr als 6 Freispiele gewonnen werden können. Diese Regelung betrifft zusätzliche Spiele nach einem vorgegebenen Plan nach Beendigung eines Spieles,

während es bei dem Gewinn von Punkten zum Weiterspielen um die Möglichkeit der

Verlängerung des laufenden Spiels geht. Dies ist nach § 6 a Satz 1 lit a) SpielVO

verboten. Dies gilt unabhängig davon, ob zusätzlich noch ein Jackpot angeschlossen ist oder nicht.

2.

Auch der Betrieb des Systems (…) ist unzulässig.


Dies folgt aus § 9 Abs. 2

SpielVO. Nach § 9 Abs. 2 SpielVO darf der Aufsteller eines Spielgeräts oder der

Veranstalter eines anderen Spiels dem Spieler neben der Ausgabe von Gewinnen

über gemäß §§ 33 c, 33 d GewO zugelassene Spielgeräte oder andere Spiele

hinaus keine sonstigen Gewinnchancen in Aussicht stellen und keine Zahlungen

oder sonstige finanziellen Vergünstigungen gewähren. Entgegen der Ansicht der

Verfügungsbeklagten beschränkt sich das Verbot nicht auf zusätzliche Gewinne

oder sonstige Vergünstigungen bei der Teilnahme an Spielgeräten im Sinne der §§

33 c und 33 d GewO oder an sonstigen Spielen. Aus dem Wortlaut lässt sich eine

derartige Einschränkung nicht entnehmen. Zwar dürfen dem "Spieler" "neben der

Ausgabe von Gewinnen ..." keine sonstigen Gewinnchancen in Aussicht gestellt und

keine Zahlungen oder sonstige finanziellen Vergünstigungen gewährt werden. Dies

kann jedoch auch so verstanden werden, dass kostenlose Gewinnspiele generell

unzulässig sind. Denn auch die Teilnehmer an diesen Spielen sind Spieler, selbst

wenn sie keinen Einsatz erbringen. Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten

besteht für ein Verbot des Betreibens kostenloser Gewinnspiele insbesondere in

Spielhallen auch ein Grund. Zwar kann durch die Teilnahme an einem kostenlosen

Gewinnspiel unmittelbar kein finanzieller Verlust bei dem Teilnehmer eintreten.

Zweck des kostenlosen Gewinnspiels ist in der Regel jedoch, für die Spielhalle zu

werben und Kunden in die Spielhalle zu locken. Es wird damit das Ziel verfolgt,

Spieler durch die Möglichkeit des Gewinns an die Spielhalle zu binden und auch

neue Kunden zu werben, und zwar in der Erwartung, dass diese auch an den

entgeltlichen Spielen teilnehmen. Andernfalls wäre der Aufwand, der nach den

Angaben der Verfügungsbeklagten in der mündlichen Verhandlung sich hier

monatlich auf mehr als 100 € beläuft, auch nicht verständlich. Die gegenüber dem

ursprünglichen Entwurf durch die Beratung im Bundesrat letztlich beschlossene

"verschärfte" Fassung des § 9 Abs. 2 SpielVO hatte auch das Ziel, zusätzliche

Gewinnerwartungen und sonstige Vergünstigungen unabhängig von der Teilnahme

an sonstigen Spielen zu untersagen. Dies ergibt sich aus der Begründung zu der

vorgeschlagenen Änderung. Darin heißt es nämlich u.a.: " Das Verbot gilt

unabhängig vom einzelnen Spiel im Verhältnis zwischen dem Aufsteller eines

Spielgeräts oder Veranstalter eines anderen Spiels und dem Spieler." Dies bedeutet,

dass das Verbot gerade nicht an die Beteiligung an einem anderen Spiel gekoppelt

werden sollte.

Die Verfügungsklägerin kann sich unter dem Gesichtspunkt des unlauteren Wettbewerbs auf den Verstoß der Verfügungsbeklagten gegen §§ 6 a, 9 Abs. 2 SpielVO

berufen. Denn die Vorschriften sollen zwar in erster Linie die Spieler schützen, dienen

jedoch auch dem Interesse der Marktteilnehmer. Dies ist für die Erlaubnispflicht

bestimmter Gewerbe nach der Gewerbeordnung anerkannt. Wenn dem Betreiber

insbesondere von Spielhallen bestimmte Verhaltensweisen untersagt werden, stellt dies

dies nach Auffassung der Kammer wie die Regelung der Zulassung zu einem Gewerbe

ebenfalls eine Marktverhaltensregelung dar.

Der Verführungsklägerin drohen durch das rechtswidrige Verhalten der Verfügungsbeklagten erhebliche Nachteile. Der Einsatz nicht zulässiger Geräte und Systeme kann

dazu führen, dass Kunden der Verfügungsklägerin sich nunmehr in die Spielhalle der

Verfügungsbeklagten begeben. Es droht der Verfügungsklägerin ein langfristiger

Umsatzverlust, weil zu befürchten ist, dass Kunden auf Dauer zur Spielhalle der

Verfügungsbeklagten wechseln. Dies rechtfertigt es, der Verfügungsbeklagten das

rechtswidrige Verhalten im Wege der einstweiligen Verfügung zu untersagen.

Die Entscheidung über die Androhung von Ordnungsmitteln beruht auf § 890 ZPO.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.