Leitsatz
1. Ein Spielgerät, bei dem unbegrenzt Punkte gewonnen werden können, die zum Weiterspielen berechtigen, verstößt gegen § 6 a SpielVO.
2. Der Betrieb ein Jackpot-Systems verstößt gegen das Vergünstigungsverbot des § 9 Abs. 2 SpielVO.
3. Die Regelungen der §§ 6 a, 9 Abs. 2 SpielVO sollen zwar in erster Linie die Spieler schützen, dienen jedoch auch dem Interesse der Marktteilnehmer. Es liegt somit auch eine Wettbewerbsverletzung vor, die ein Mitbewerber im Rahmen eines wettbewerbsrechtlichen Anspruchs geltend machen kann.
Tenor
In dem Rechtsstreit(…)wegen Unterlassunghat die 15. Zivilkammer (3. Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Osnabrück
auf die mündliche Verhandlung vom 03.03.2006 durch
(...)
für R e c h t erkannt:
1. Die Verfügungsbeklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, drei Geräte (…) sowohl mit als auch ohne Jackpotbetrieb, drei Geräte (…) sowohl mit als auch ohne Jackpotaufsatz, zwei Geräte (…) ein Gerät (…) sowohl mit als auch ohne Jackpot, ein Gerät (…), zwei Geräte (…) und ein Gerät (…) sowie
ein System (…) zu betreiben.
2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Verfügungsbeklagten ein Ordnungsgeld bis zu 25.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten
angedroht.
3. Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Sachverhalt
Die Verfügungsklägerin verlangt von der Beklagten die Unterlassung des Betriebs
bestimmter Spielgeräte und eines kostenlosen Gewinnspiels.
Die Parteien betreiben in der (…) jeweils eine Spielhalle.
Nach dem Inkrafttreten
des Änderung der SpielVO zum 01.01.2006 hat das Ordnungsamt der Stadt (…)
Betreibern von Spielhallen in der Stadt (…) u.a. untersagt, Spielgeräte zu betreiben,
bei denen Punkte zum Weiterspielen gewonnen werden können. Mit Ausnahme der
Verfügungsbeklagten sind die Betreiber von Spielhallen in der Stadt (…) den
Verfügungen des Ordnungsamt nachgekommen. Die Verfügungsbeklagte hat gegen die
Verfügung der Stadt (…) Widerspruch erhoben und bei dem Verwaltungsgericht
Osnabrück einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des
Widerspruchs beantragt.
Sie betreibt die im Tenor aufgeführten Geräte weiter. Bei
diesen besteht die Möglichkeit, Punkte zu gewinnen, die ein Weiterspielen ermöglichen.
Die von der Verfügungsbeklagten eingesetzten Jackpot-Aufsätze bei bestimmten
Geräte werden zur Zeit nicht mehr verwendet, wobei die Verfügungsbeklagte die
Benutzung jedoch nach wie vor für zulässig hält. Sie stellt weiter die Möglichkeit der
Teilnahme an dem System (…) zur Verfügung. Dafür zahlt sie monatlich Beiträge
an die Firma (…), die die eingehenden Beiträge verwaltet und auf die dem
System angeschlossenen Spielhallen und Geräte verteilt. U.a. über ein Gerät (…) können die Besucher von Spielhallen oder sonstige Interessierte
grundsätzlich kostenlos an dem Gewinnspiel teilnehmen, wobei die Verteilung der
Gewinne per Zufallsgenerator erfolgt.
Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, der Betrieb von Spielgeräten, bei denen Punkte
gewonnen werden können, die zum Weiterspielen berechtigen, seien nach dem
Inkrafttreten der neuen SpielVO seit dem 01.01.2006 nicht mehr zulässig. Dies folge
aus § 6 a SpielVO. Die Unzulässigkeit sei bereits gegeben, wenn die Geräte ohne einen
Jackpotzusatz betrieben würden. Mit den zur Zeit nicht im Einsatz befindlichen Jackpot-
Aufsätzen habe sogar in rechtswidriger Weise die Möglichkeit bestanden, die Punkte
auf andere Geräte zu übertragen. Der Betrieb des Systems (…) sei nach § 9
Abs. 2 SpielVO unzulässig. Danach sei es nicht gestattet, neben den Gewinnen bei
zugelassenen Geräten oder der Teilnahme an sonstigen Gewinnspielen Gewinne oder
sonstige Vergünstigungen zu gewähren oder in Aussicht zu stellen. Dies gelte
unabhängig davon, ob an einem anderen Spiel teilgenommen werde oder nicht.
Abgesehen davon sei bei der Verfügungsbeklagten die Teilnahme an dem System (…) auch an der Teilnahme an anderen Spielen gekoppelt.
Die Verfügungsklägerin hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass sie die
Unterlassung des Betriebs der im Antrag genannten Geräte sowohl mit als auch ohne
Jackpot begehrt.
Sie beantragt,
es der Verfügungsbeklagten bei Meidung eines für jeden Fall der
Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 25.000,00 €, ersatzweise
Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu
2 Jahren zu untersagen, drei Geräte (…) mit Jackpotbetrieb, drei
Geräte (…) mit Jackpotaufsatz, zwei Geräte (…) sowie ein Gerät (…) jeweils mit Jackpot, ein Gerät (…), zwei Geräte (…) und ein Gerät (…), ein System (…) zu betreiben.
Die Verfügungsbeklagte beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, der Betrieb der Geräte sei nach wie vor
zulässig. § 6 a SpielVO verbiete nicht den Betrieb von Geräten, bei denen Punkte zum
Weiterspielen gewonnen werden könnten. Mit der Änderung der SpielVO sei das Ziel
verfolgt worden, die Möglichkeit der Speicherung von Punkten zum späteren
Weiterspielen oder zur Übertragung auf andere Geräte, insbesondere auch
Geldspielgeräte zu verbieten. Diese Möglichkeit bestehe bei den in ihrer Spielhalle
eingesetzten Geräten jedoch nicht. Die Jackpotaufsätze bei einigen Geräten seien nicht
unzulässig. Sie habe die Aufsätze abgebaut, weil sie für den Umsatz nicht relevant
seien. Die Teilnahme an dem System (…) sei nicht daran gekoppelt, dass
Besucher der Spielhalle an anderen Geräten spielen. Das System sei deshalb zulässig.
Durch § 9 Abs. 2 SpielVO sollten zusätzliche Gewinne bei dem Betrieb nach den §§ 33
c, 33 d GewO zugelassener Geräte oder bei der Teilnahme an sonstigen
Gewinnspielen untersagt werden.
Entscheidungsgründe
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig und begründet.
Soweit die Verfügungsklägerin bei einigen Geräten die Untersagung des Betriebs mit
(…) oder (…) verlangt hat, ist der Antrag nicht dahingehend aus-
zulegen, dass nur der Betrieb der Geräte mit Jackpot verboten werden soll. Die
Verfügungsklägerin hat in der mündlichen Verhandlung im Zusammenhang mit dem
Stellen der Anträge ausdrücklich klargestellt, dass sie sich gegen den Betrieb der
Geräte als solche und gegen den Betrieb mit einem Jackpot wendet. In diesem Sinne
ist deshalb der Antrag der Verfügungsklägerin auszulegen.
Dem Antrag war auch stattzugeben. Die Verfügungsklägerin hat gem. §§ 3, 8 UWG
einen Anspruch gegen die Verfügungsbeklagte, den Betrieb der im Tenor genannten
Geräte sowohl mit als auch ohne einen Jackpot sowie den Betrieb des Systems (…) unterlassen.
1.
Der Betrieb der im Tenor genannten Spielgeräte verstößt gegen § 6 a Satz 1 lit a)
SpielVO. Bei diesen Geräten besteht die Möglichkeit, Punkte zum Weiterspielen zu
gewinnen. Dies ist nach der Änderung der SpielVO zum 01.01.2006 unzulässig.
Gem. § 6 a Satz 1 lit a) SpielVO sind das Aufstellen und der Betrieb von
Spielgeräten, die keine Bauartzulassung oder Erlaubnis haben oder keiner Erlaubnis
nach § 5 a SpielVO bedürfen, verboten, wenn diese als Gewinn Berechtigungen
zum Weiterspielen sowie sonstige Gewinnberechtigungen oder Chancenerhöhungen anbieten. Dies ist bei der Möglichkeit, Punkte zum Weiterspielen zu
gewinnen, jedoch der Fall. Durch die gewonnenen Punkte wird gerade die Berechtigung zum Weiterspielen gewährt. Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten
beschränkt sich das Verbot in § 6 a SpielVO nicht auf die Möglichkeit, Punkte zum
späteren Weiterspielen an diesem oder anderen Geräten oder zur Auszahlung von
Gewinnen zu speichern. Dies mag zwar nach der Begründung des Verordnungsgebers ein wesentlicher Grund für die Verschärfung der SpielVO gewesen sein. Die
Regelung in § 6 a SpielVO beschränkt sich jedoch nicht auf das "zeitliche Einfrieren"
von Punkten zum Zwecke des späteren Einsatzes. Denn dies ist im Wesentlichen in
§ 6 a Satz 1 lit b) geregelt. Die Regelung in § 6 a Satz 1 lit a) SpielVO geht jedoch
weiter und untersagt die Gewährung jeglichen Gewinns in Form von Berechtigungen
zum Weiterspielen sowie sonstigen Gewinnberechtigungen oder Chancenerhöhungen, durch die ebenfalls der Spieltrieb gefördert werden kann. Insoweit
besteht auch kein Widerspruch zu der Regelung in § 6 a Satz 3 SpielVO. Danach ist
die Gewährung von Freispielen zulässig, wenn diese ausschließlich in unmittelbarem zeitlichen Anschluss an das entgeltliche Spiel abgespielt werden und nicht
mehr als 6 Freispiele gewonnen werden können. Diese Regelung betrifft zusätzliche Spiele nach einem vorgegebenen Plan nach Beendigung eines Spieles,
während es bei dem Gewinn von Punkten zum Weiterspielen um die Möglichkeit der
Verlängerung des laufenden Spiels geht. Dies ist nach § 6 a Satz 1 lit a) SpielVO
verboten. Dies gilt unabhängig davon, ob zusätzlich noch ein Jackpot angeschlossen ist oder nicht.
2.
Auch der Betrieb des Systems (…) ist unzulässig.
Dies folgt aus § 9 Abs. 2
SpielVO. Nach § 9 Abs. 2 SpielVO darf der Aufsteller eines Spielgeräts oder der
Veranstalter eines anderen Spiels dem Spieler neben der Ausgabe von Gewinnen
über gemäß §§ 33 c, 33 d GewO zugelassene Spielgeräte oder andere Spiele
hinaus keine sonstigen Gewinnchancen in Aussicht stellen und keine Zahlungen
oder sonstige finanziellen Vergünstigungen gewähren. Entgegen der Ansicht der
Verfügungsbeklagten beschränkt sich das Verbot nicht auf zusätzliche Gewinne
oder sonstige Vergünstigungen bei der Teilnahme an Spielgeräten im Sinne der §§
33 c und 33 d GewO oder an sonstigen Spielen. Aus dem Wortlaut lässt sich eine
derartige Einschränkung nicht entnehmen. Zwar dürfen dem "Spieler" "neben der
Ausgabe von Gewinnen ..." keine sonstigen Gewinnchancen in Aussicht gestellt und
keine Zahlungen oder sonstige finanziellen Vergünstigungen gewährt werden. Dies
kann jedoch auch so verstanden werden, dass kostenlose Gewinnspiele generell
unzulässig sind. Denn auch die Teilnehmer an diesen Spielen sind Spieler, selbst
wenn sie keinen Einsatz erbringen. Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten
besteht für ein Verbot des Betreibens kostenloser Gewinnspiele insbesondere in
Spielhallen auch ein Grund. Zwar kann durch die Teilnahme an einem kostenlosen
Gewinnspiel unmittelbar kein finanzieller Verlust bei dem Teilnehmer eintreten.
Zweck des kostenlosen Gewinnspiels ist in der Regel jedoch, für die Spielhalle zu
werben und Kunden in die Spielhalle zu locken. Es wird damit das Ziel verfolgt,
Spieler durch die Möglichkeit des Gewinns an die Spielhalle zu binden und auch
neue Kunden zu werben, und zwar in der Erwartung, dass diese auch an den
entgeltlichen Spielen teilnehmen. Andernfalls wäre der Aufwand, der nach den
Angaben der Verfügungsbeklagten in der mündlichen Verhandlung sich hier
monatlich auf mehr als 100 € beläuft, auch nicht verständlich. Die gegenüber dem
ursprünglichen Entwurf durch die Beratung im Bundesrat letztlich beschlossene
"verschärfte" Fassung des § 9 Abs. 2 SpielVO hatte auch das Ziel, zusätzliche
Gewinnerwartungen und sonstige Vergünstigungen unabhängig von der Teilnahme
an sonstigen Spielen zu untersagen. Dies ergibt sich aus der Begründung zu der
vorgeschlagenen Änderung. Darin heißt es nämlich u.a.: " Das Verbot gilt
unabhängig vom einzelnen Spiel im Verhältnis zwischen dem Aufsteller eines
Spielgeräts oder Veranstalter eines anderen Spiels und dem Spieler." Dies bedeutet,
dass das Verbot gerade nicht an die Beteiligung an einem anderen Spiel gekoppelt
werden sollte.
Die Verfügungsklägerin kann sich unter dem Gesichtspunkt des unlauteren Wettbewerbs auf den Verstoß der Verfügungsbeklagten gegen §§ 6 a, 9 Abs. 2 SpielVO
berufen. Denn die Vorschriften sollen zwar in erster Linie die Spieler schützen, dienen
jedoch auch dem Interesse der Marktteilnehmer. Dies ist für die Erlaubnispflicht
bestimmter Gewerbe nach der Gewerbeordnung anerkannt. Wenn dem Betreiber
insbesondere von Spielhallen bestimmte Verhaltensweisen untersagt werden, stellt dies
dies nach Auffassung der Kammer wie die Regelung der Zulassung zu einem Gewerbe
ebenfalls eine Marktverhaltensregelung dar.
Der Verführungsklägerin drohen durch das rechtswidrige Verhalten der Verfügungsbeklagten erhebliche Nachteile. Der Einsatz nicht zulässiger Geräte und Systeme kann
dazu führen, dass Kunden der Verfügungsklägerin sich nunmehr in die Spielhalle der
Verfügungsbeklagten begeben. Es droht der Verfügungsklägerin ein langfristiger
Umsatzverlust, weil zu befürchten ist, dass Kunden auf Dauer zur Spielhalle der
Verfügungsbeklagten wechseln. Dies rechtfertigt es, der Verfügungsbeklagten das
rechtswidrige Verhalten im Wege der einstweiligen Verfügung zu untersagen.
Die Entscheidung über die Androhung von Ordnungsmitteln beruht auf § 890 ZPO.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.