Landgericht Memmingen

Urteil v. 10.05.2000 - Az.: 1H O 2217/99

Leitsatz

Gewinnspiele mit Mehrwertdiensten sind ein Fall der wettbewerbswidrigen Kopplung, es sei denn es besteht eine alternative Teilnahme-Möglichkeit.

 

Tenor

In dem Rechtsstreit (...) hat das Landgericht Memmingen das Landgericht Memmingen, 1. Kammer für Handelssachen (...) für Recht erkannt:


I. Die Verfügungsbeklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten - die Ordnungshaft jeweils zu vollstrecken an Mitgliedern ihres Vorstandes - zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Bezug auf Kinder und Jugendliche - wie nachfolgend abgebildet - ein Gewinnspiel mit dem Hinweis auf eine 0190iger-Telefonnummer auch bei Nennung der anfallenden Gebühren anzukündigen, wobei unter dieser Telefonnummer zwecks Teilnahme an dem Gewinnspiel die geforderte Leistung - Nennung der verrücktesten Ausrede und/oder Namen und Adresse - mitzuteilen ist.

 

II. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Verfügungsbeklagte 3/4 und die Verfügungsklägerin 1/4.


III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Verfügungsklägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 36.000,00 DM. Der Verfügungsklägerin wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung durch Stellung einer unbefristeten, unwiderruflichen, unbedingten und selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Bank oder Sparkasse zu erbringen.

Sachverhalt

Die Verfügungsklägerin streitet mit der Verfügungsbeklagten um die Berechtigung, im Bezug auf Kinder und Jugendliche ein Gewinnspiel auszurichten oder ausrichten zu lassen, an dem die Teilnahme lediglich auf telefonischem Wege unter Verwendung einer gebührenpflichtigen 0190-er Telefonnummer möglich ist.


Die Verfügungsbeklagte, die u. a. im großen Umfang Joghurt und andere Milchprodukte herstellt und vertreibt, erteilte dem Sender in erheblichem Umfang entgeltliche Werbeaufträge. Im Herbst 1999 veranstaltete daraufhin der Sender, u.a. durch Erstellung einer entsprechenden Internet-Seite und Schaltung einer Anzeige in der Kinderzeitschrift (...) für die Verfügungsbeklagte ein sog. (...) Gewinnspiel. Für die genaue Ausgestaltung dieser Internet- bzw. Anzeigenseiten wird auf die Anlagen K 2 und K 3 Bezug genommen. Eine Teilnahme an diesem Gewinnspiel, das insgesamt etwa 67.000 Teilnehmer hatte, war nur über den Anruf unter einer auf der Internetseite bzw. auf der Anzeigenseite angegebenen Telefonnummer mit der Vorwahl 0190 möglich. Auf die dabei entstehenden Kosten, die entsprechend durch technische Vorgaben auf ein Maximum begrenzt waren, wurde mit dem Vermerk "DM 0,97/Anruf" hingewiesen. Die von den Teilnehmern mitgeteilten Ausreden wurden ausgewertet; die ausgelobten Preise unter den so ausgewählten Teilnehmern verteilt.


Der Verfügungsbeklagten entstanden durch die Veranstaltung des Gewinnspiels weder Kosten noch flossen ihr Gelder zu. Die aus der Verwendung der 0190er-Telefonnummer" fließenden Gelder erhielt in voller Höhe der ausführende Sender (...).Die Verfügungsklägerin hält es generell für wettbewerbswidrig, Zusammenhang mit einer nach der Verkehrsanschauung nicht geldwerten Leistung eine "0190er-Telefonnummer" zu verwenden. Dies gelte im besonderen Maße, wenn sich ein Gewinnspiel an Kinder und Jugendliche wende, da zu befürchten sei, daß diese - was der Wertung des Taschengeldparagraphen widersprechen würde - ohne entsprechende Genehmigung den Telefonanschluß ihrer Eltern verwenden würden und/oder sich im übermäßigen Ausmaß durch wiederholte Anrufe an dem Gewinnspiel beteiligen würden.


Die Verfügungsklägerin hat zunächst beantragt, die Beklagte dazu zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs - wie nachfolgend abgebildet - ein Gewinnspiel mit dem Hinweis auf eine 019er-Telefonnummer (0,97 DM/Anruf) anzukündigen, wobei unter dieser Telefonnummer zwecks Teilnahme an dem Gewinnspiel die geforderte Leistung - hier: Angabe der verrücktesten Ausrede - mitzuteilen sei.


Nach entsprechenden gerichtlichen Hinweisen hat die Verfügungsklägerin schließlich beantragt:


Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Bezug auf Kinder bzw. Jugendliche - wie nachfolgend abgebildet - ein Gewinnspiel mit dem Hinweis auf eine 0190iger-Telefonnummer (0,97 DM/Anruf) anzukündigen, wobei unter dieser Telefonnummer zwecks Teilnahme an dem Gewinnspiel die geforderte Leistung - Nennung der verrücktesten Ausrede und/oder Namen und Adresse - mitzuteilen sei.


Die Verfügungsbeklagte beantragt Klageabweisung.


Die Verfügungsbeklagte ist der Auffassung, die Teilnahme an Gewinnspielen unter Einsatz des Telefons sei Folge der gesellschaftlichen Entwicklung der Kommunikationswege und könne deshalb nicht als wettbewerbswidrig beanstandet werden.


Es sei ferner, wie von der Rechtssprechung gefordert, auf die für ein Telefonat entstehenden Kosten in der Anzeige bzw. der Internetseite deutlich hingewiesen; darüber hinaus liege das für ein Telefonat anfallende Entgelt sogar geringfügig unter den Kosten einer Postkarte. Des weiteren sei die Verwendung von Gewinnspielen auch unter Heranziehung einer gebührenpflichtigen 0190er-Telefonnummer zwischenzeitlich, wie auch von der Verfügungsklägerin nicht bestritten'werde, weit verbreitet; im einzelnen wird für eine Liste derartiger Veranstaltungen auf die Anlage B 1 Bezug genommen. Durch die Notwendigkeit, eine "originelle Ausrede" angeben zu müssen, sei auch ausreichend dagegen Vorsorge getroffen, daß teilnehmende Kinder oder Jugendliche an einem Tag fortlaufend oder über viele Tage hinweg regelmäßig unter der angegebenen Nummer anriefen.


Im übrigen wird für den Vortrag der Parteien Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die Ausführungen im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 05. April 2000 (vgl. Bl. 35/37 d. A.).

 

Entscheidungsgründe

A. Dem Unterlassungsantrag der Verfügungsklägerin konnte in der zuletzt gestellten Fassung in vollem Umfang aus § 1 UWG stattgegeben werden.


I. Nach Auffassung der Kammer ist es generell wettbewerbswidrig, ein Gewinnspiel zu veranstalten, wenn die Teilnahme daran unter der Verwendung von "0190er-Telefonnummern" erfolgen muss oder erfolgen kann und wenn wirtschaftliche Vorteile aus der Verwendung dieser Telefonnummern der veranstaltenden Firma oder anderen in ihrem Interesse tätigen Beteiligten zufließen:


1. Die Veranstaltung von Gewinnspielen wie dem hier vorliegenden sieht die Kammer, wie es gefestigter Rechtsprechung entspricht (vgl. Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Aufl., UWG § 1, Rn. 151) wettbewerbsrechtlich grundsätzlich als zulässig an; dies gilt auch, wenn der angesprochene Teilnehmerkreis wie hier überwiegend aus Kindern und Jugendlichen besteht.


2. Die Kammer sieht auch keine Bedenken dagegen, daß dem einzelnen Verbraucher die Teilnahme an einem solchen Gewinnspiel durch die Verwendung moderner Telekommunikationseinrichtungen wie Telefon oder Telefax entweder zusätzlich oder sogar ausschließlich ermöglicht wird.


Denn diese Kommunikationseinrichtungen stehen heute - vergleichbar mit einer Teilnahme mittels Postkarte oder Brief -praktisch allen potentiellen Interessenten zur Verfügung. Auch von der Höhe der die Teilnehmer finanziell dadurch treffenden Belastungen sieht die Kammer keine grundsätzlichen Bedenken: Denn bei der Verwendung normaler Rufnummern - also nicht der 0190-Sondernummern - oder - wie hier - bei entsprechenden technischen Vorkehrungen werden diese Kosten diejenigen einer Teilnahme durch Postkarte oder Brief jedenfalls nicht übersteigen.


3. Nach Auffassung der Kammer verstößt die Verwendung jeglicher "0190er Nummern" jedoch ebenso wie eine Kopplung der Teilnahme an einem Preisausschreiben oder Gewinnspiel mit dem Warenabsatz des jeweiligen Veranstalters (vgl. insoweit Baumbach-Hefermehl, a.a.O., § 1 UWG, Rn 155) gegen die im Wettbewerb zu beachtenden guten Sitten i.S. des § 1 UWG:


a) Anerkannt ist (vgl. Baumbach-Hefermehl, a.a.0.), dass die Teilnahme an einem Preisausschreiben oder sonstigen Gewinnspiel nicht in irgendeiner - auch nur indirekten - Weise mit dem Warenabsatz des Veranstalters verkoppelt sein darf. Denn den zu beachtenden Interessen der Verbraucher wird in diesem Fall dadurch zuwidergehandelt, dass der Veranstalter deren Spiellust und deren Streben nach Gewinn ausnutzt. In solchen Fällen wird regelmäßig die Gefahr gesehen, dass eine Ware nicht mehr im Hinblick auf ihre Güte und Preiswürdigkeit, sondern ausschließlich oder jedenfalls überwiegend wegen der Teilnahmemöglichkeit an dem Preisausschreiben oder sonstigen Gewinnspiel erworben wird.


b) Die Nutzung einer "0190-Telefonnummer" durch einem Gewinnspielteilnehmer führt nun zwar nicht zu einem u unmittelbaren Warenabsatz beim Veranstalter.


Der Veranstalter erlangt jedoch durch diese Nutzung zur Überzeugung der Kammer Vorteile, die dem eines durch ein Preisausschreiben geförderten Warenabsatzes durchaus gleichzustellen sind und die zum anderen in vergleichbarer Weise die schutzwürdigen Interessen der teilnehmenden Verbraucher verletzen.


Unstreitig fließt ein Teil der bei der Verwendung von "0190-Nummern" anfallenden Gebühren dem Verwender dieser jeweiligen Sondernummern zu. Damit entstehen für diesen, insbesondere bei einer so hohen Teilnehmerzahl wie hier, erhebliche Einnahmeeffekte. Dies stellt nach Ansicht der Kammer einen einem erhöhten Warenabsatz vergleichbaren wirtschaftlichen Vorteil dar, weil der Veranstalter durch die Veranstaltung derartiger Gewinnspiele dann eben in erheblichem Umfang auch Einnahmen erzielt, die er ohne dieses Gewinnspiel gerade nicht hätte.


Der Umstand, dass im vorliegenden Fall diese Gelder unstreitig nicht der Verfügungsbeklagten, sondern dem Sender (...) zufließen, ändert hieran nichts. Denn es kann als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass der Sender (...) kommerziell und mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird und dass daher die für die Verfügungsbeklagte im vorliegenden Fall kostenfreie Veranstaltung des Gewinnspiels nur im Hinblick auf die von der Veranstaltung des Gewinnspiels nur im Hinblick auf die von der Verfügungsbeklagten sonst geschalteten Werbemaßnahmen erfolgt. Damit aber erhält die Verfügungsbeklagte durch die Veranstaltung dieses Gewinnspiels von ihrem Vertragspartner bei wirtschaftlicher Betrachtung eine entgeltliche Leistung, so dass ihr wirtschaftlich und rechtlich auch der Zufluss der Telefongebühren an ihren Vertragspartner zuzurechnen ist.


4. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass - jedenfalls bei einer seriösen Veranstaltung eines solchen Gewinnspiels wie hier - dem Teilnehmer aus technischen Gründen keine höheren Kosten als bei einer Verwendung einer Postkarte entstehen können und dass der "Bezugsvorteil" der Verfügungsbeklagten sich pro Teilnehmer in einem sicherlich nur sehr geringfügigen Rahmen bewegt.


Denn nach Auffassung der Kammer ist für die Interessen der teilnehmenden Verbraucher nicht auf deren absolute Belastung durch die Teilnahme am Gewinnspiel abzustellen. Die Unbedenklichkeit einer Verwendung von Postkarten oder Briefen sieht die Kammer vielmehr gerade darin, dass sich der Verbraucher in solchen Fällen der Leistung eines Dritten bedient , der mit diesem Gewinnspiel keine eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgt. Dieser Dritte erbringt vielmehr Kommunikationsleistungen, für die ihm ein gewisses Entgelt zusteht.


Diese Betrachtungsweise gilt auch, solange "normale" Telefonnummern verwendet werden und damit seitens der Verbraucher ebenfalls nur die Kommunikationsleistungen einen Dritten bezahlt wird.


Die Verwendung der "0190er-Nummern" hat hingegen zur Folge, dass der teilnehmende Verbraucher über die Verwendung der Telekommunikation zwangsläufig an den Veranstalter des Gewinnspiels selbst bezahlen muss. Ihm wird also - und hierin sieht die Kammer den entscheidenden Unterschied zu den sonstigen Teilnahmemöglichkeiten - keine gegenüber dem Veranstalter unentgeltliche Teilnahmemöglichkeit mehr geboten, sondern er muss für seine Beteiligung am Gewinnspiel an den Veranstalter bezahlen.


Die Kammer ist, was sie auch aus eigener Sachkunde zu beurteilen vermag, der Überzeugung, dass dieser Umstand dem aufgeklärten Durchschnittskunden nicht bewusst ist.


Hinzu kommt, dass eine Verletzung der wohlverstandenen Verbraucherinteressen durch derartige Gewinnspiele insbes. im Hinblick auf die Gesamtheit der Verbraucher eintritt. Denn es kann nicht übersehen werden, dass durch die. große Anzahl der Teilnehmer im wirtschaftlichen Gesamtergebnis letztendlich dem Veranstalter erhebliche Mittel zufließen, die wohl regelmäßig dazu führen, dass - wie auch hier - die Gesamtsumme der zufließenden Mittel wohl ganz erheblich über dem Gesamtwert der ausgelobten Preise liegen wird.


Damit aber erhält der durchschnittliche Verbraucher nicht, wie er es bei einem Preisausschreiben erwartet, die Möglichkeit eines Gewinns auf Kosten des Veranstalters, sondern er erhält in seiner Gesamtheit die Möglichkeit eines Gewinns auf Kosten der Teilnehmer seiner Gruppe. Letztendlich gewinnt ein derartiges Gewinnspiel aufgrund dieses Systems nach Ansicht der Kammer sogar zumindestens Ähnlichkeit mit einer gem. § 287 StGB unerlaubten Veranstaltung einer öffentlichen Lotterie oder Ausspielung.


5. Diesen Argumenten kann der Veranstalter eines derartigen Preisausschreibens auch nicht entgegenhalten, dass die Errichtung der telefonischen "Hotline" für ihn wesentlich höhere Kosten verursache als dies bei einer Veranstaltung unter Verwendung es schriftlichen Postweges der Fall wäre. Denn einmal handelt es sich um eine eigenverantwortliche Entscheidung des Veranstalters, deren Folgen er nicht den Spielteilnehmern aufbürden kann. Zum zweiten steht diesem erhöhten Aufwand als Vorteil auch die gerade nach Auffassung der Verfügungsbeklagten größere Akzeptanz bei den angesprochenen Verbrauchern gegenüber.


II. Im vorliegenden Fall gelten für diese Wettbewerbswidrigkeit aber nicht nur die oben dargestellten, allgemeinen Überlegungen, sondern es ist zusätzlich noch der Umstand zu berücksichtigen, dass als Teilnehmer ganz überwiegend Kinder und Jugendliche angesprochen werden:


Denn beim Heranziehen eines derartigen Teilnehmerkreises spricht zur Überzeugung der Kammer zusätzlich zum einen für die Wettbewerbswidrigkeit, dass dieser Teilnehmerkreis erst recht nicht erkennen kann und erkennen wird, dass ein Teil der von ihm ausgelösten Fernsprechgebühren letztlich dem Veranstalter zufließt.


Darüber hinaus sieht die Kammer einen weiteren Verstoß gegen die guten Sitten i. S. des § 1 UWG aber auch darin, dass diese Art der Veranstaltung eines Preisausschreibens dazu geeignet ist, die teilnehmenden Kinder in erheblichem Umfang zu einer aus unerlaubten Inanspruchnahme der Telekommunikationseinrichtungen ihrer Eltern zu animieren und damit die elterlichen Entscheidungsbefugnisse zu verletzen:


Die Kammer setzt es als allgemein bekannt voraus, dass vor allem Kinder und Jugendliche in einem Alter bis zu etwa 16 Jahren - also der hier ganz überwiegend angesprochene Teilnehmerkreis - regelmäßig noch nicht über eigene Telekommunikationseinrichtungen verfügen werden, sondern dass sie bei Bedarf diejenigen ihrer Eltern mitbenutzen.


Die Kammer geht weiter davon aus, dass allgemein bekannt ist, dass der großen Mehrzahl der Eltern eine vollständige Benutzungskontrolle ihrer Telekommunikationseinrichtung gegenüber ihren Kindern weder möglich ist noch von ihnen aus erzieherischen Gründen gewollt ist. Vielmehr sieht die Kammer die üblichen Lebensverhältnissen dahingehend, dass Kindern und Jugendlich ein im Rahmen des familiären Zusammenlebens eine angemessene Mitbenutzung der Telekommunikationseinrichtungen ihrer Eltern regelmäßig gestattet sein wird.


Gerade dieser Gesichtspunkt der Angemessenheit verbietet es aber nach Auffassung der Kammer, Kinder und Jugendliche zu der Nutzung einer mit erheblichen Gebühren belasteten "0190er-Nummer" zu veranlassen. Denn gerade die hiermit verbundene, nicht unerhebliche finanzielle Belastung wird, wie auch den betroffenen Kindern und Jugendlichen bekannt ist, nicht im Sinne ihrer Eltern sein. Umso mehr ist die Auslobung eines für Kinder und Jugendliche attraktiven Preises nach Ansicht der Kammer geeignet, Kinder und Jugendliche in solchen Fällen zu einer heimlichen und unerlaubten Nutzung der entsprechenden Telefonnummern zu veranlassen und damit letztlich das elterliche Erziehungsrecht zu verletzen.


Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass im konkreten Fall die entstehenden Kosten mit denen des Versendens einer Postkarte verglichen werden können. Denn wenn die Versendung einer Postkarte nicht mit Einwilligung der Eltern erfolgt, werden die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen regelmäßig die entsprechende Leistung nur mit Mitteln aus ihrem Taschengeld und damit unter Beachtung der Wertanschauungen des § 110 BGB bewirken können. Die Nutzung der elterlichen Telekommunikationseinrichtungen kann und wird hingegen - wie auf der Hand liegt - sehr viel leichter heimlich und letztlich gegen den Willen der Eltern erfolgen können.


Hinzu kommt auch noch, dass für die angesprochenen Kinder und Jugendlichen eine wiederholte Nutzung des Telefons zu einer häufigeren Teilnahme an Mm -entsprechenden Gewinnspiel weitaus leichter durchführbar ist als das häufige. Versenden von Postkarten. Auch insoweit löst die Verfügungsbeklagte durch die von ihr gewählte Art des Gewinnspiels Gefahren für das elterliche Erziehungsrecht aus, die im wohlverstandenen Interesse der Verbraucher als mit den guten Sitten nicht mehr vereinbar betrachtet werden müssen.


Diesem Verstöß gegen die guten Sitten kann zur Überzeugung der Kammer auch nicht entgegengehalten werden, dass Gewinnspiele unter der Verwendung von "0190er-Nummern" mittlerweile schon recht weit verbreitet sind.


Denn die Rechtsprechung hat sich, soweit ersichtlich, mit der hier zu entscheidenden Problematik jedenfalls in obergerichtlichen Entscheidungen noch nicht befasst. Es liegt also insbesondere keine Billigung eines derartigen Verhaltens in der Weise vor dass dies zumindestens in erheblichen Teilen der Rechtsordnung für unbedenklich gehalten würde.


B. Kosten: §§ 91, 269 ZPO. Im Gegensatz zu der Auffassung der Verfügungsklägerin sieht die Kammer in der Neufassung des Klageantrags eine teilweise Rücknahme der Klage, die zu einer entsprechenden Kostenfolge führen musste.


C. Vorläufige Vollstreckbarkeit §§ 709 Satz 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.