Landgericht Hamburg

Urteil v. 17.03.2005 - Az.: 315 O 950/04

Leitsatz

1. Wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche können auch im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend gemacht werden.

Es besteht weder ein Abtretungsverbot nach § 399 BGB noch begründet die gesetzliche Beschränkung des Kreises der Anspruchsberechtigten in § 8 Abs.3 UWG eine andere Sichtweise.


2. Ein Postunternehmen, das für Wurfsendungen, in denen für ein nicht in Deutschland lizensiertes Glücksspiel geworben wird, verteilt, haftet als Mitstörer. Da vor Durchführung der Auslieferung stets ein Belegstück im Vorwege vorgelegt wird, besteht

für das Postunternehmen eine vorherige Überprüfungspflicht.


3. Diese vorherige Überprüfungspflicht verstößt auch nicht gegen das Postgeheimnis.

Tenor

Im Namen des Volkes


In dem Rechtsstreit (...) erkennt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 15, auf die mündliche Verhandlung vom 09. Februar 2005 (...) für Recht:

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordmmgshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,-; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre) zu unterlassen,

Faltblätter und/oder Broschüren des Online-Casinos "(...)Club" (www.(...).com) als offene und nicht adressierte Postwurfsendung zu verteilen bzw. über Zustellkräfte verteilen zu lassen, solange mit der Werbesendung für Glücksspiele (§ 284 StGB) im Internet mit Unternehmen, die über keine deutsche Erlaubnis für die Durchführung von Glücksspielen im Internet verfügen, geworben wird.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000 ?.

 

 

Sachverhalt

Die Klägerin verlangt von der Beklagten, der P (...) AG, es zu unterlassen, Werbefolder eines nicht konzessionierten Anbieters von Glücksspielen als - nicht adressierte und ohne Briefumschlag verteilte - Postwurfsendungen an Haushalte zu verteilen.

Die Klägerin ist Komplementärin der Betreibergesellschaften sämtlicher konzessionierter Spielbanken im Bundesland Schleswig-Holstein. Ihr Geschäftszweck besteht u.a. darin, die Spielbanken unter Übernahme der persönlichen Haftung zu betreiben sowie die Geschäftsführung und Geschäftsbesorgung für den Betrieb der Spielbanken einschließlich aller damit verbundene Hilfs- und Nebengeschäfte wahrzunehmen.

Die Beklagte (...) ist das größte deutsche Unternehmen für Postdienstleistungen.

2) Die Beklagte befördert täglich eine Vielzahl verschiedener Postwurfsendungen.

Dazu schließt sie über ihre Direkt Marketing Center oder ihren Geschäftskundenservice mit ihrem jeweiligen Auftraggeber zunächst einen Rahmenvertrag über die Beförderung von Postwurfsendungen; durch diesen erhält der Kunde die grundsätzliche Berechtigung, das Produkt "Postwurfsendungen" zu nutzen. Im Anschluss daran wird ein separater Vertrag über die Zustellung der einzelnen Postwurfsendung in den Großannahmestellen oder Center-Filialen der Beklagten mit dem Kunden geschlossen, wo speziell geschultes Personal für die Annahme der Sendungen eingesetzt wird. Für jede Sendung erhält die Beklagte von ihrem Kunden ein sog. Belegexemplar.

Auf dieser Grundlage versendet die Beklagte jährlich über 3,5 Milliarden Postwurfsendungen von 30.000 verschiedenen Absendern.

3) Die Beklagte lieferte am 23.10.2003 in Schleswig-Holstein Postwurfsendungen aus, in denen das Online-Casino (...)Club" beworben wurde. Bei dieser Postwurfsendung handelte es sich am offene, d.h. nicht mit einem Briefumschlag geschützte Faltblätter, auf denen keine Adressierung aufgebracht war.

Auf der Außenseite der Sendungen wurde für den "(...)Club" u.a. mit den Slogans "Steuerfreie Bargeld-Gewinne aus dem Internet!" und "www.(...).com. Das beste Online-Casino mit den meisten Gewinnern im Internet" geworben.

Bei dem "(...)Club" handelte es sich um einen außerhalb Deutschlands ansässigen und in Deutschland nicht konzessionierten Veranstalter von Glücksspielen, der über seine deutschsprachige Internet-Seite u.a. Teilnehmern aus Deutschland - also auch aus dem Bundesland Schleswig-Holstein - die Teilnahme an Glücksspielen anbietet. Konzessionierte Anbieter von Glücksspielen in diesem Bundesland sind 5 oben genannten Spielbanken.

Diese haben die Klägerin ermächtigt, sämtliche Ansprüche, insbesondere Unterlassungsansprüche, gegen die Beklagte im eigenen Namen außergerichtlich und gerichtlich geltend zu machen, und hierüber unter dem 30.08.2004 schriftlich eine Ermächtigungserklärung erteilt (Anlage K 17).

4) Die Klägerin sieht in der Postwurfsendung des "(...)Club" einen Verstoß gegen § l aF UWG, nunmehr §§ 3, 4 Ziffer 11 UWG (Vorsprung durch Rechtsbruch), und verlangt von der Beklagten Unterlassung (§ 8 UWG). Sie ist der Ansicht, der Glücksspielveranstalter "(...)Club" verstoße mit dem beworbenen Internet-Glücksspiel gegen § 284 StGB.

Die Klägerin meint, die Beklagte wirke durch die Verteilung der Postwurfsendungen an diesem Wettbewerbsverstoß mit, denn sie unterstütze die gemäß § 284 Abs.4 StGB strafbare Bewerbung des (ausländischen) Online-Casinos. Sie ist der Auffassung, die Beklagte sei Störerin; ihr sei die Verhinderung des Wettbewerbsverstoßes durch eine Überprüfung der Postwurfsendung vor ihrer Verteilung tatsächlich möglich, wirtschaftlich zumutbar und auch rechtlich möglich. Der Wettbewerbsverstoß sei hier für die Beklagte auch ohne weiteres erkennbar gewesen, zumal es sich bei § 284 Abs.4 StGB um eine allgemeine Strafvorschrift handele, die sich an jedermann richte.

Die Klägerin beantragt, der Beklagten bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verbieten, Faltblätter und/oder Broschüren des Oline-Casinos "(...)Club" (www.(...).com) als offene und nicht adressierte Postwurfsendung zu verteilen bzw. über Zustellkräfte verteilen zu lassen, solange mit der der Werbesendung für Glücksspiele (§ 284 StGB) im Internet mit Unternehmen, die über keine deutsche Erlaubnis für die Durchführung von Glücksspielen im Internet verfügen, geworben wird.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.



Die Beklagte ist der Ansicht, der Klägerin fehle die Prozessführungsbefugnis; eine gewillkürte Prozessstandschaft komme im Bereich wettbewerbsrschtlicher Unterlassungsansprüche nicht in Frage. Sie ist ferner der Ansicht, bei der Durchführung des Auftrags für den "(...)" nicht wettbewerbswidrig gehandelt zu haben.

Sie sei nicht Störerin und damit nicht passivlegitimiert. Sie meint, die Störung sei für sie bzw. ihre Mitarbeiter schon gar nicht erkennbar gewesen, da die Rechtsverletzung nicht derart eindeutig sei, dass sie sich jedermann aufdrängen müsse; es sei erst eine umfassende und komplizierte rechtliche Würdigung erforderlich, um festzustellen, ob das durch die Faltblätter beworbene Angebot zulässig sei oder Strafnormen verletze; dies ergebe sich auch nicht aus der konkreten Ausgestaltung der Sendung. Sie meint keinerlei Prüfungspflichten verletzt zu haben, da ihr angesichts des Umfangs ihres gewöhnlichen Geschäftsbetriebes mit der Beförderung von Postwurfsendungen eine Pflicht zur inhaltlichen Prüfung der Sendungen bereits unzumutbar sei.

Überdies vertritt die Beklagte die Auffassung, sie könne auch aus rechtlichen Gründen nicht zur Prüfung verpflichtet sein, da sie durch die Prüfling von Sendungen gegen das Postgeheimnis verstoße. Sie könne die Sendungen auf ihre rechtliche Zulässigkeit nur durch Einsichtnahme in die Sendung überprüfen: das sei ihr gemäß § 39 PostG untersagt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf ihre vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

I.


Der Zulässigkeit der Klage stehen insbesondere keine Zweifel an der Prozessführungsbefugnis der Klägerin entgegen.

Die Klägerin ist im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft befugt, die Ansprüche der 5 im Bundesland Schleswig-Holstein ansässigen Spielbanken (...) im Klageweg geltend zu machen.

Die gerichtliche Geltendmachung fremder Rechte im eigenen Namen aufamnd Ermächtigung ist zulässig, wenn neben der wirksamen Ermächtigung durch den Rechtsinhaber ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Ermächtigten an der Fremdprozessführung besteht.

Die unmittelbar anspruchsberechtigten Spielbanken haben die Klägerin ausweislich der Enmächtigungserklärung vom 30.08.2004 wirksam zur Geltendmachung ihrer Ansprüche ermächtigt.

Die Kammer teilt nicht die von der Beklagten geäußerten Zweifel an der Wirksamkeit dieser Ermächtigung. Da die Erteilung der Ermächtigung nicht formbedürftig ist, ist es insbesondere unschädlich, wenn über eine zunächst nur mündlich erteilte Ermächtigung später eine schriftliche Ausfertigung der Ermächtigungserklärung erstellt und im Prozess vorgelegt wird. Für die Zulässigkeit der Klage ist ohnehin allein entscheidend, dass im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung die Prozessführungsbefugnis, also u.a. eine wirksame Ermächtigungserklärung vorliegt (vgl. BGHZ 100, 21 7/219; Zöller/Greger, 24, Auflage (2004), Vor § 253 ZPO Rn.9).

Ein rechtsschutzwürdiges Eigeninteresse an der Rechtsverfolgung im Wege der Fremdprozessführung ist gegeben, wenn die Entscheidung Einfluss auf die eigene Rechtslage des zur Prozessfuhrung Ermächtigten hat, was sich auch durch ein wirtschaftliches Interesse ergeben kann (BGHZ 119, 237/242). Die Klägerin ist als Komplementären der Betreiber der Spielbanken von einer Entscheidung über die wettbewerbsrechtlichen Störungen dadurch betroffen, dass sie zum einen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Stellung als persönlich haftende Gesellschafterin und zum anderen aufgrund ihrer Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung ein berechtigtes Interesse daran hat, wirtschaftlichen Schaden vom Spielbankbetrieb abzuwenden, der für diesen durch wettbewerbswidriges Verhalten von Mitbewerbern hervorgerufen werden kann.

Die gewillkürte Prozessstandschaft ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass wettbewrerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden. Weder ein aus § 399 BGB folgendes Abtretungsverbot für derartige Ansprüche noch die vom Gesetzgeber vorgegebene Beschränkung des Kreises der Anspruchsberechtigten in § S Abs.3 UWG gebietet es, der Klägerin hier ihre Prozessführungsbefugnis abzusprechen. Gewillkürte Prozessstandschaft kommt grundsätzlich auch dann in Betracht, wenn das geltend gemachte Recht nicht abtretbar ist (Zöller/Vollkommer, a.a.O., Vor § 50 ZPO Rn.46). Daran ändert vorliegend auch die in § 8 Abs.3 UWG vorgenommene Beschränkung des Kreises derjenigen, denen wettbewerbsrechtliche Unterlassungsazisprüche zustehen können, nichts.

Wie schon § 13 Abs.2 aF UWG verfolgt § 8 Abs.3 UWG den Zweck, den Kreis der Klageberechtigten einzuengen, um der missbräuchlichen Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen zu begegnen (Baumbach/Hefermehh UWG, 2l. Auflage (1999) § 13 UWG Rn 2a; Fezer/ Büscher, Lauterkeitsrecht, Band 2 (2005) § 8 UWG Rn.3). Anders als bei der Verbandsklage besteht eine solche Gefahr regelmäßig nicht, wenn - wie im vorliegenden Fall - im Wege der Individualklage der Anspruch eines Mitbewerbers von einem hierzu ermächtigten Dritten geltend macht wird.

Denn zum einen kommt nicht jeder beliebige Dritte für diese Aufgabe in Betracht, sondern nur derjenige, der - wie die Klägerin - ein eigenes schützenswertes Interesse an der Rechtsverfolgung hat. Zum anderen ist der Mitbewerber, der einem anderen seine Rechte zur Ausübung überlassen hat, zunächst wegen anderweitiger Rechtshängigkeit gemäß § 261 III Nr. l ZPO bzw. wegen der Rechtskrafterstreckung des gegenüber dem Prozessstandschafter ergangenen Urteils gemäß § 325 ZPO selbst nicht befugt, den Anspruch gegenüber dein Anspruchsgegner prozessual geltend zu machen; der Anspruchsgegner, hier die Beklagte, muss deshalb nicht befürchten, wegen desselben Unterlassungsanspruchs mehrfach verklagt zu werden.

Hieran hat sich auch durch die jüngste Novelle des UWG nichts geändert, so dass die Prozessstandschaft bei der Individuakldage weiterhin generell als zulässig anzusehen ist (so auch: Baumbach/Köhler,. Wettbewerbsrecht, 23. Auflage 2004, § 8 UWG, Rn. 3.22 m.N. zur Zulässigkeit der Prozessstandschaft nach § 13 UWG a.F.). Besondere Gründe, aus denen sich ausnahmsweise die Missbräuchlichkeit und damit die Unzulässigkeit der Prozessstandschaft herleiten ließen, sind hier nicht ersichtlich.


II.


Die Klage ist auch begründet.

Die 5 genannten Schleswig-holsteinischen Spielbanken haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung gemäß §§ 2 Nr.l, 3, 4 Nr.ll, 8 Abs.l und 3 Nr.l UWG i.V.m. § 284 StGB.

Sie können von der Beklagten verlangen, es zu unterlassen,, Faltblätter und/oder Broschüren des Online-Casinos "(...)Club" (www.(...)com) als offene und nicht adressierte Postwurfsendung zu verteilen bzw. über Zustellkräfte verteilen zu lassen, wenn mit der Werbesendung für Glücksspiele im Internet mit Unternehmen, die über keine deutsche Erlaubnis für die Durchführung von Glücksspielen im Internet verfügen, geworben wird.

Die Beklagte kann gemäß § 8 Abs. l UWG auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, denn sie wirkt willentlich und adäquat kausal unter Verletzung der sie treffenden Prüfungspflicht s.r\ der unlauteren Wettbewerbshandlung ihres Kunden und Auftraggebers, des Online Casinos "(...)Club" mit und handelt damit selbst unlauter nach § 3 UWG.

1.


Die Beklagte verteilt Postwurfsendungen, mit denen der "(...)Club" gegen § 284 StGB verstößt.

a. Der "(...)Club" handelt der gesetzlichen Vorschrift des § 284 Abs.4 StGB zuwider, weil er mit den Postwurfsendungen für ein nach § 284 Abs. l StGB verbotenes Glücksspiel wirbt.

Wer deutschen Nutzern die Möglichkeit eröffnet, im Rahmen eines Internet-Dienstes Geld zu setzen und damit vom Zufall abhängige Geldgewinne zu erzielen, "veranstaltet" ein Glücksspiel auf deutschem Territorium und benötigt hierfür eine Erlaubnis. Liegt, wie hier, keine Erlaubnis vor, ist die Strafbarkeit nach § 284 Abs. l StGB eröffnet. Der Gesetzgeber ist bei der Reform der §§ 284 ff StGB davon ausgegangen, dass sich ebenso derjenige strafbar macht, der Glücksspiele im Ausland veranstaltet und Spielteilnehmern in Deutschland eine Beteiligung hieran ermöglicht: denn er weitet damit sein Vertriebsgebiet ohne behördliche Erlaubnis nach Deutschland aus (BT-Drs. 13/8587, S.67).

Ein werbender Hinweis auf die Möglichkeit zur Teilnahme an einem solchen Glücksspiel ist nach § 284 Abs.4 StGB strafbar. Ein Handlungsort dieses Verstoßes liegt in Deutschland; das fuhrt gemäß § 3 StGB zur Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts (vgl. OLG Hamburg. 3. Zivilsenat Urt. v. 10.01.2002, Az. 3 U 218/01).

b. Bei § 284 StGB handelt es sich um eine gesetzliche Vorschrift, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Sie dient nicht nur der Regulierung des Marktzutritts, sondern gerade auch dem Schutz der Verbraucher vor den Gefahren des Glücksspiels durch die staatliche Kontrolle eines ordnungsgemäßen Spielablaufs (Baumbach/Köhler, UWG, 23. Auflage 2004, § 4 UWG, Rn.11.178 m.w.N.: BGH GRUR 2002, 269 - Sportwetten-Genehmigung; BGH GRUR 2002, 636/637 - Sportwetten; BGH 2004, 899/902 - Schöner Wetten).

c. Der "(...)Club" wird zu Zwecken des Wettbewerbs tätig. Mit seinen Postwurfsendungen verfolgt er das Ziel, im Sinne des § 2 Abs. l Nr.I UWG zugunsten des eigenen Unternehmens die Erbringung oder den Bezug von Dienstleistungen zu fördern.

d. Die Wettbewerbshandlung des "(...)Club" ist auch geeignet, den Wettbewerb i.S.v. § 3 UWG zum Nachteil der Mitbewerber, nämlich hier der konzessionierten Spielbanken in Schleswig-Holstein, nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Sie führt zu einer relevanten Gefährdung des an der Leistung orientierten Wettbewerbs, indem sie es dem "(...)Club" unter Missachtimg der gesetzlichen Vorschriften ermöglicht, potentielle Kunden mit günstigen Spielkonditionen, insbesondere auch kostenfreien Spielgelegenheiten oder anderen "Begrüßungs-Geschenken" zu umwerben, welche die konzessionierten Casinos aufgrund der Beachtung der für sie geltenden gesetzlichen Bestimmungen - insbesondere der üblichen Spielabgabe - nicht anbieten können, ohne sich der Gefahr erheblicher wirtschaftlicher Nachteile auszusetzen.

2.


Die Beklagte ist passivlegitimiert gemäß § 8 Abs.l UWG i.V.m. den Grundsätzen zur Störerhaftung. Sie handelt dem § 3 UWG zuwider, indem sie am Wettbewerbsverstoß des "(...)Club"", für den sie als Störerin haftet, durch das Verteilen der Postwurfsendungen unter Verletzung ihrer Priifungspfiicht mitwirkt. Dies gilt jedenfalls für die liier angegriffene Verteilung von offenen (d.h. nicht rnii einem Briefumschlag versehenen) und imadressierten Faltblättern mit offensichtlich straftechtsrelevantem Inhalt.

Nach den Grundsätzen zur Störerhaftung kann derjenige auf Unterlassung in Artspruch genommen werden, der - ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes oder zu einer verbotenen Handlung beigetragen hat (BGH GRUR 2002, 618 - Meißner Dekor). Störer ist demnach auch, wer Verstöße eigenverantwortlich handelnder Dritter unterstützt oder nicht verhindert, sofern er die rechtliche Möglichkeit, hat, die Handlungen Dritter zu verhindern (BGH GRUR 1999, 504 - Implantatbehandtungen; BGH GRUR 1997 313/315 -Architekfenwettbewerb}.

Um eine uferlose Ausdehnung der Störerhaftung zu vermeiden, gilt dies jedoch nur unter der Einschränkung, dass der Verstoß des Dritten deshalb nicht verhindert wurde, weil eine eigene Prüfungspflicht verletzt wurde, deren Umfang sich danach bestimmt ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen und unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung eine Prüfung zuzumuten ist (BGH GRUR 1997, 313/3-5 - Architektenwettbewerb; BGH GRUR 1997, 909 - Branchenbuch~Nomenklatur).

a. An der adäquat ursächlichen Mitwirkung der Beklagten an dem Wettbewerbsverstoß des "(...)"Club" besteht kein Zweifel. Dadurch, dass die Beklagte die vertragliche Pflicht zur Verteilung der Postwurfsendungen an die Haushalte übernimmt und diese Pflicht erfüllt, unterstützt sie die gemäß § 284 StGB strafbare und gemäß §§ 3, 4 Nr.11, 2 Abs. l Nr.1 UWG wettbewerbswidrige Bewerbung des ausländischen Online-Casinos und leistet damit einen adäquat kausalen Beitrag zur wettbewerblichen Störung durch das Online-Casino. Würde die Beklagte die Faltblätter nicht verteilen, wäre dem Casino eine Bewerbung seines Glücksspiel-Angebots im Wege der Postwurfsendung so nicht möglich.

b. Die Beklagte kann den Wettbewerbsverstoß des eigenverantwortlich handelnden Casinos auch verhindern, indem sie den Auftrag zur Verteilung der Faltblätter ablehnt. Das ist ihr rechtlich möglich, da sie nicht verpflichtet ist, die Verteilung derartiger Postwurfsendungen zu übernehmen.

c. Die Beklagte hat eine ihr zumutbare Prüfungspflicht verletzt. Eine Prüfung von Postwurfsendungen, die sie zur Verteilung annimmt, ist ihr zumindest Insoweit zumutbar, als deren Inhalt gegen Strafgesetze verstößt und sich für die Möglichkeit eines solchen Verstoßes, wie bei dem vorliegenden Faltblatt, bereits bei flüchtiger Betrachtung der Außenseite der

Sendung erhebliche Anhaltspunkte ergeben.

Dies gilt gerade auch unter Berücksichtigung der Funktion und Aufgabenstellung der Beklagten. Diese nimmt vor allem Transportfunktion bei der Verbreitung fremder - im Einzelfall strafbarer - Äußerungen wahr, so auch bei der Verteilung von Postwurfsendungen mit dem vorliegenden Inhalt. Wollte man die Antragsgegnerin völlig von einer Prüfungspflicht befreien, wäre ein weites Tor für wettbewerbswidriges und strafrechtsrelevantes Verhalten Dritter geöffnet.

Dies würde insbesondere auch dem ordnungspolitischen Zweck des hier in Rede stehenden § 284 StGB zuwiderlaufen: Der Gesetzgeber behält sich wegen der Sozialschädlichkeit unrechtmäßiger Glücksspiele zum Schutz der Allgemeinheit die Entscheidung darüber vor, die umfassende Kontrolle über das Angebot von Glücksspielen auszuüben, und stellt deshalb bereits das Werben für nichtkonzessioniertes Glücksspiel unter Strafe.

Der Beklagten ist die Überprüfung der Postwurfsendungen, vor ihrer Verteilung auch tatsächlich möglich. Denn bei der Einlieferung jeder Postwurfsendung wird ihr von ihrem Kunden ein Muster vorgelegt; dies ergibt sich aus ihrer Produktbroschüre "Postwurfsendung" (Anlage K 12).

Die Beklagte kann ihre gegenteilige Auffassung deshalb nicht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ambietende.de (GRUR 200L 1038) zur Unzumutbarkeit einer Prüfungspflicht der DENIC e.G. bei der Konnektlerung von Domain-Namen stützen. Denn die Situation der Verteilung von Postwurfsendungen durch die Beklagte unterscheidet sich bereits dadurch wesentlich von der dieser Entscheidung zugrunde liegenden Situation, dass die Registrierung von Internet-Domains über eine elektronische Schnittstelle nicht von Mitarbeitern der DENIC vorgenommen wird, sondern die von den Providern übermittelten Registrierungsdaten bei der DENIC vollautomatisch, verarbeitet werden, so dass bei der DENIC eine unmittelbare tatsächliche Kenntnisnahme der registrierten Inhalte nicht erfolgen kann.

Die Beklagte kann hingegen über ihre Mitarbeiter tatsächlich von den Sendungen Kenntnis nehmen, denn sie ist über ihre Mitarbeiter unmittelbar und direkt in die Annahme von Postwurf-Aufträgen - insbesondere auch des Belegexemplars - und in die Verteilung dieser Sendungen involviert. Zur Heranziehung der o.g. BGH-Entscheidung besteht zudem auch deshalb keine Veranlassung, weil der BGH dort bei der Ablehnung der Prüfungspflicht u.a. auch darauf abgestellt hat, dass die DENIC - anders als die Beklagte - mit der Auftragsannahme keine eigenen Zwecke verfolgt und ohne Gewinnerzielungsabsicht handelt.

Der Beklagten ist die Überprüfung der Postwurfsendung jedenfalls auf Verstöße gegen allgemeine Strafnormen auch unter Berücksichtigung des hiermit verbundenen zusätzlichen Aufwands nicht unzumutbar. Ihre Arbeit wird hierdurch nicht über Gebühr behindert und ihre Mitarbeiter werden hierdurch nicht überfordert. Allein die Tatsache, dass eine Geschäftstätigkeit eine beträchtliche Größenordnung erreicht, wie dies hier bei der Beklagten der Fall ist, kann nicht dazu führen, ein Unternehmen generell davon zu entbinden, bei seiner Geschäftstätigkeit darauf zu achten, dass sie nicht der Verübung von Straftaten Vorschub leistet.

Da mit einer Geschäftstätigkeit in beträchtlicher Größenordnung auch entsprechende Umsätze verbunden sind, kann erwartet werden, dass ein solches Unternehmen Ressourcen vorhält, um eine qualifizierte rechtliche Überprüfung des Inhalts von Postwurfsendungen auf ihre Vereinbarkeit mit Strafnormen zu gewährleisten, wenn dies im Einzelfall nötig erscheint. So verfügt die Beklagte ja auch tatsächlich über eine Rechtabteilung, die - ausweislich Anlage K 4 - in der Lage war, sich mit der hier streitgegenständlichen Postwurfsendung des "(...)Club" auseinander zu setzen.

Da sich Strafnormen an jedermann richten, kann ein grundlegendes Problembewusstsein für mögliche Normverstöße auch bei den Mitarbeitern erwartet werden, die in speziellen Abteilungen mit dem Abschluss von Rahmenverträgen über die Beförderung von Postwurfsendungen betraut sind; dasselbe gilt bei denjenigen Mitarbeitern, die in den dafür vorgesehenen speziellen Annahmestellen die einzelnen Postwurfsendungen einschließlich des Belegexemplars entgegennehmen. Diese müssen nicht selbst eine detaillierte juristische Prüfung vornehmen, sondern lediglich diejenigen Sendungen bzw. Verträge aussortieren und zur weiteren Überprüfung an die Rechtsabteirang weiterleiten, die augenfällige Anhaltspunkte für einen möglichen Verstoß gegen Strafnormen liefern.

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Beklagte nach eigenen Angaben (wie sich aus Anlage K 12 ergibt) Postwurfsendungen nur in Großannahmestellen oder Center-Filialen entgegennimmt und hierfür speziell geschultes Personal einsetzt.

Diesem, begrenzten Kreis von Mitarbeitern die zur Erfüllung dieser Aufgabe notwendigen Kenntnisse - soweit nicht ohnehin vorhanden - zu vermitteln und zu entsprechendem Vorgehen anzuweisen, überfordert die Beklagte nicht

Zudem hat die Beklagte es in vielen Fallen in der Hand, die nötigen Vorkehrungen für die Einhaltung ilirer Prüfungspflicht zu treffen, noch bevor die zu überprüfenden Postwurfsendungen von den Kunden bei ihr angeliefert werden. Denn schon aufgrund des mit dem Kunden abgeschlossenen Rahmenvertrages wird vielfach erkennbar sein, ob aufgrund der Herkunft oder des Geschäftsfelds eines Kunden ein erhöhtes Gefahrenpotential für Kollisionen mit Strafnormen besteht und deshalb bei der Einlieferung seiner Sendungen Veranlassung zu einer genaueren rechtlichen Prüfung gegeben ist.

So lag es auch im vorliegenden Fall, in dem die Beklagten bereits bei Abschluss des Rahmenvertrages erkennen konnte, dass es sich bei ihrem Kunden um einen ausländischen Betreiber von Glücksspielen handelte. Dies hätte sie bereits dazu veranlassen müssen, im Hinblick auf die Anforderungen des § 284 StGB die Genehmigungspflichtigkeit und Genehmigungsfähigkeit dieses Angebots näher zu untersuchen und ihren Kunden nach dem Vorhandensein der behördlichen Erlaubnis zu befragen.

Spätestens bei der Ablieferung der streitgegenständlichen Faltblätter hätte die Beklagte über ihre Mitarbeiter den Verstoß gegen § 284 StGB prüfen und erkennen müssen, da aus diesen eindeutig hervorgeht, dass für ein öffentliches Glücksspiel im Sinne des § 284 Abs. l StGB geworben wird. Dass für die Veranstaltung von öffentlichen Glücksspielen grundsätzlich eine behördliche Erlaubnis erforderlich ist, ergibt sich unmittelbar aus dem Strafgesetz und musste der Beklagten daher bekannt sein. Angesichts dieser Anhaltspunkte hätte sie, bevor sie mit der Verteilung der Faltblätter begann, genauer überprüfen müssen, ob die Kundin "(...)Club" über eine solche Erlaubnis verfügt.

Die Beklagte ist auch rechtlich nicht gehindert, von dem Inhalt des Faltblattes Kenntnis zu nehmen und diesen zu überprüfen. Insbesondere verstößt sie hiermit nicht gegen ihre Pflicht zur Wahrung des Postgeheimnisses gemäß § 39 Abs.2 PostG, jedenfalls sofern es, wie hier, um die Überprüfung nicht adressierter, offener Faltblätter geht. Denn der Inhalt dieser Sendungen unterliegt nicht dem Postgeheimnis aus § 39 Abs. l PostG.

Dies ergibt sich bereits daraus, dass unadressierte Faltblätter und Werbebroschüren nicht vorn Begriff der Postsendung im Sinne des Postgesetzes erfasst sind (so auch und teilweise noch darüber hinausgehend: Herdegen, in: Beck'scher PostG-Kommentar. 2. Auflage (2004) § 4 PostG Rn.21 ff/ Rn.28.).

§ 4 Nr.5 bestimmt i.V.m. § 4 Nr. l PostG den Begriff der Postsendung. Demnach sind Postsendungen zunächst Briefsendungen gemäß § 4 Nr. l a) PostG, die in § 4 Nr. 2 S. l PostG als adressierte schriftliche Mitteilungen definiert sind, ferner bestimmte adressierte Pakete nach § 4 Nr.] b) PostG; schließlich legt § 4 Nr. l c) PostG fest, dass auch Bücher, Kataloge, Zeitungen oder Zeitschriften Postsendungen im Sinne des PostG sind.

Schon mangels Adressierung fallen die streitgegenständlichen Faltblätter nicht unter § 4 Nr. l a) oder b) PostG. Sie werden auch nicht von § 4 Nr. l c) erfasst. Es handelt sich nicht um Bücher, Kataloge, Zeitungen oder Zeitschriften, und es besteht auch keine Veranlassung, Faltblätter und Broschüren solchen Druckschriften gleichzustellen.

Es entspricht auch nicht dem Sinn und Zweck der Gewährleistung des Postgeheimnisses, derartige Faltblätter zu schützen, zumindest dann nicht, wenn sie, wie hier, ohne Umschlag und unadressiert in die Verteilung gegeben werden. Das in Art. 10 GG verankerte Postgeheimnis, dessen Schutz der Gesetzgeber mit der Regelung des § 39 PostG Rechnung trägt, gehört zum Gewährleistungsbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, zu dem die Befugnis gehört, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebensachverhalte offenbart werden (von Münch/Löwer, Grundgesetz-Kommentar, Bd. l, 5. Auflage (2000) Art. 10 Rn.l).

Der Schutz vor Eingriffen in die persönliche Geheimnissphäre durch die Kenntnisnahme des Inhalts von Postsendungen ist deshalb nur dann angezeigt, wenn der Einzelne ein Interesse daran hat, bestimmte Inhalte als Geheimnis zu behandeln, indem er sie entweder nur bestimmten Personen oder einem bestimmten Personenkreis offenbart oder ihre Kenntnisnahme durch bestimmte Personen oder einen bestimmten Personenkreis zu verhindern sucht.

Hier fehlt es schon an einem solchen Geheimnis, da keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Adressatenkreis, der von dem Inhalt der Faltblätter Kenntnis nehmen soll, in positiver oder negativer Form, begrenzt ist oder begrenzt sein sollte. Die Faltblätter lassen weder eine Individualisierung des Adressatenkreises dahingehend erkennen, dass nur bestimmte Individuen den Inhalt zur Kenntnis nehmen sollen, wie dies etwa durch die Adressierung einer Sendung zum Ausdruck käme, noch in der Form, dass bestimmte Personen oder Kreise von der Kenntnisnahme ausgeschlossen sein sollen, wie dies z.B. durch die Versendung in einem Briefumschlag deutlich gemacht würde.

Und auch der Inhalt der Sendung lässt keine Individualisierung des Adressatenkreises zu, die es rechtfertigt, hier von einem "Geheimnis" des Postbenutzers zu sprechen und die Sendung dem Postgeheimnis zu unterwerfen. Aufgrund des werblichen Charakters ist vielmehr davon auszugehen, dass der Versender gerade das Ziel hat, den Inhalt seiner Nachricht dem größtmöglichen Adressatenkreis, mithin jedermann zur Kenntnis zu bringen.

Ein Interesse des Versenders, den Inhalt seiner Postwurfsendung ausgerechnet vor dem Postdienstleister, der Beklagten, geheim zu halten, kann schon deshalb nicht angenommen werden, weil diese von ihm - wie aus der Produktbroschüre "Postwurfsendung" der Beklagten (Anlage K 12) ersichtlich - verlangt, bei der Einliefenmg ein Muster der Postwurfsendung als Beleagstück abzugeben.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs.l S.1, 709 S.1 ZPO.