Landgericht Hamburg

Urteil v. 16.09.2004 - Az.: 315 O 755/03

Leitsatz

1. Eine Suchmaschine haftet als Mitstörer für wettbewerbswidrige Links, wenn sie mit

den verlinkten Seiten entsprechende Vergütungsvereinbarungen für die Platzierung auf ihren Webseiten

(sog. "Sponsored Links") geschlossen hat.


2. Eine bloße Linksetzung auf die Webseiten eines ausländischen, nicht in Deutschland konzessionierten Glücksspiels ist als strafbare Werbung iSd.§ 284 Abs.4 StGB anzusehen.

 

Tenor

Urteil

Im Namen des Volkes

In der Sache (...) erkennt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 15 auf die mündliche Verhandlung vom 1.9.2004 (...):

I. Die einstweilige Verfügung der Kammer vorn 8. Dezember 2003 wird bestätigt.

II. Die Antragsgegner haben auch die weiteren Kosten des Verfahrens wie Gesamtschuldner zu tragen.

 

Sachverhalt

Die Antragstellerin ist Betreiberin der schleswig-holsteinischen Spielbanken. Die Antragsgegner betreiben eine Suchmaschine.

Die aus der Anl. Kl ersichtliche Trefferliste auf den Suchbegnff "Gewinnspiele" enthält auch solche Glücksspielanbieter, die nicht

über die notwendige Konzession verfügen.

Die Treffer sind gekennzeichnet mit "Sponsored Link" und einem kleinen Werbetext.

Die Glückspielanbieter können über einen sog. Hyperlink direkt angeklickt werden. Hierzu gehört u.a. auch die Webseite www.(...)

(Anl. K1), über die man die Site des "(...)Casinos" (Anl. K2) gelangt, auf der deutschsprachig Internetglücksspieie angeboten werden.

Die Antragstsllerin hält dies für einen Verstoß gegen § 284 Abs.4 StGB i.V. mit § 1 UWG a.F. und trägt vor, es handele sich um

Werbung. Ausweislich der AGB der Antragsgegner kauften sich die Kasinos in die Suchbegriffwahl ein. Alle Treffen seien mit

"Sponsored Links" gekennzeichnet, wobei man in der Trefferliste weiter oben erscheine, je mehr man bezahle.

Die Antragsgegner könnten auch nicht damit gehört werden, der Internetbenutzer gebe den Suchbegriff ein. Tatsächlich sei es so,

dass man über zwei Kiicks (Webverzeichnis und Glücksspiele) zu der beanstandeten Werbung gelange.

Die Kammer hat mit einstweiliger Verfügung vom 8. Dezember 2003 den Antragsgegner unter Androhung der gesetzlich vorgesehenen

Ordnungsmittel verboten, auf der Webseite (...) für das Casino (...) zu werben, insbesondere durch Platzierung eines Hinweistextes

mit Hyperlink auf die Webseite (...).

Hiergegen richtet sich der Widerspruch der Antragsgegner.

Die Antragstellerin beantragt, die einstweilige Verfügung zu bestätigen.

Die Antragsgegner beantragen, die einstweilige Verfügung aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Sie tragen vor, es handele sich um eine Suchmaschine. Der Internet-User selbst entscheide, welche Suchbegriffe er eingebe.

Es handele sich nicht um Werbung für nicht konzessionierte Online Spielbanken. Allein das Setzen eines Links auf eine

Internstseite sei kein Werben im Sinne dieser Vorschrift. Solche Verknüpfungen seien medienspezifisch. Im Grunde handele es

sich lediglich um eine veröffentlichte Verknüpfung. Werbung finde nur durch den jeweiligen Betreiber der Website statt.

Praktisch finde auch keine Werbung statt. Der Internetnutzer müsse in die Suchmaschine selbst den Suchbegriff eingeben. Allein

das Setzen eines Hyperlinks sei kein Werben. Denn bei einem Hyperlink bedürfe es einer weiteren autonomen Entscheidung

zum Tätigwerden durch den Nutzer.

Sie, die Antragsgegner, könnten auch nicht als fvlitstorer in Anspruch genommen werden. Die Hyperlinks stammten nicht von

der Suchmaschine der Antragsgegner, die Suchbegriffe würden auch nicht von ihr, sondern von den Nutzern vorgegeben.

Im Übrigen sei sie zur Verhinderung zwar technisch in der Lage, faktisch aber nicht. Derzeit seien über 315.000 Websites

aufgenommen, die sich auch iaufend veränderten. Es bestehe daher auch keine Prüfungspfiichi in Bezug auf wettbewerbswidrige

Inhalte.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streiistsndes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen

Bezug genommen.

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 2. September 2004 und die Antragsgsgner haben mit Schriftsatz 3. September 2004

weiter vorgetragen. Auf beide Schriftsätze wird Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die einstweilige Verfügung erweist sich auch in Ansehung der Widerspruchsbegründung als

zu Recht ergangen und ist deshalb zu bestätigen.

Der Antragstellerin stehen Unterlassungsansprüche aus § 284 Abs.4 StGB i.V. mit § 1 UWG a.F. bzw. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG n.F. zu.

Allerdings ist der Sachverhalt unscharf geblieben. Es ist nämlich nicht klar, ob eigentlich tatsächlich das jeweilige Giücksspielangebot nur durch ein selbst eingegebenes Suchwort erreicht werden kann oder über zwei Klicks über die Begriffe Webverzeichnis und Glücksspiele. Letzteres hat die Antragstellerin zwar im Schriftsatz vorn 2. September 2004 substantiiert dargelegt. Dieser Schriftsatz ist aber erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangen und kann bei der Entscheidung nicht berücksichtigt werden (§ 296 a ZPO).

Die Antragstellerin hat insoweit zwar auch vorgetragen, die auf S.7 der Widerspruchsschrift erwähnte Anlage entspreche der jetzt vorgelegten Anl. Kl 3. Dies mag sein, die Anlage wurde aber nicht eingereicht. Sie ist weder in dieser Sache noch in der Parallelsache 3150 524/04 zu finden, auch nicht in den Faxkopien.

Letzten Endes kommt es darauf aber auch nicht an. Denn auch die oben erwähnte erste Variante ist wettbewerbswidrig. Auch dann, wenn der Sucher selbst das Suchwort "Glückspiele" eingeben muss, um die Liste der Online-Spieibanken zu erreichen, wird für nichtkonzessioniertes Glückspiel in unzulässiger Weise geworben.

Im Einzelnen:

1.


Es liegt ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs vor. Dies ist nämlich schon dann der Fall, wenn ein objektiv als Wettbewerbshandiung zu beurteilendes Verhalten in der Absicht erfolgt den eigenen oder fremden Wettbewerb zum Nachteil eines anderen zu fördern, sofern diese Absicht nicht völlig hinter anderen Beweggründen zurücktritt (BGH, GRUR 2004, 693ff "Schöner Wetten", zitiert nach Juris).

Dies ist hier ersichtlich schon deswegen der Fall, weil die Antragsgegner nicht nur die Gelegenheit bieten, einen Hyperlink anzubringen, sondern sich dies auch bezahlen lassen, jedenfalls dann, wenn die Seite weit oben in der Trefferliste erscheinen soll.

2.


Es handelt sich ersichtlich auch um Werbung. Problematisch kann allein die Frage sein, ob die Antragsgegner Störer sind. Dies richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften, da sich das TDG sich nicht auf die Haftung für das Setzen von Hyperlinks bezieht (BGH, aaO: "Schöner Werten").

Nach den allgemeinen Grundsätzen ist Mitstörer derjenige, der an einer wettbewerbswidrigen Handlung eines eigenverantwortlichen Dritten willentlich und adäquat kausal mitwirkt, vorausgesetzt, dass der als Mitstörer in Anspruch genommene die rechtliche Möglichkeit besaß, die Handlung zu verhindern. Eine Haftung als Mitstörer setzt zusätzlich das Bestehen von Prüfungspflichten voraus, deren Einhaltung zur Vermeidung erneuter Inanspruchnahme geboten ist. Daran fehlt es, wenn dem in Anspruch genommenen Dritten im konkreten Fall eine Prüfung als Mitstörer nicht oder jedenfalls nur eingeschränkt zuzumuten ist.

Die technischen Möglichkeiten der Verhinderung bestehen, wie die Antragsgegner selbst einräumen, sie sind auch nicht unzumutbar.

Zwar dürfte grundsätzlich bei einer Suchmaschine die sich in aller Regel mit den gesetzten Hyperlinks nicht identifiziert, eine solche Zumutbarkeit nicht gegeben sein. Zum einen sind es die Nutzer, die durch Eingabe eines eigenen Suchwortes zu den Hyperlinks geführt werden; zum anderen dürfte angesichts der Zahl der Websites im WWW eine Kontrolle faktisch nicht möglich sein. Die Kammer teilt insoweit durchaus die Auffassung des Landgerichts Frankfurt in seinem Urteil vom 5. Juni 2001 (GRUR 2002, S. 83ff "Wobenzym N II").

Hier liegen die Dinge allerdings anders. Es handelt sich natürlich nicht um eine normale Suchmaschine, die das WWW nach dem gesuchten Stichwort absucht. Vielmehr tauchen in der Trefferliste überhaupt nur diejenigen Homepages auf, deren Inhaber vertraglich an die Antragsgegner gebunden sind und die für die Aufnahme in das Suchbegriffverzeichnis bzw. für die Anzahl der "Klicks" und die Platzierung in demselben bezahlt haben.

Vor diesem Hintergrund haben die Antragsgegner durchaus die Möglichkeit derartige Vertragsschlüsse abzulehnen und Glücksspielanbieter, die in Deutschland keine Konzession besitzen, abzuweisen.

Im Prinzip handelt es sich daher tatsächlich um eine Art Werbeplattform, auf der Dritte - gegen Entgelt an die Antragsgegner - ihre Werbung platzieren können. Insoweit bestehen an einer Mitstörerhaftung keine Zweifel.

3.


Die Kammer ist auch der Anregung der Antragsgegner aus der mündlichen Verhandlung vom 1. September 2004 gefolgt und hat einen Blick in die Sache 315 0 702/03 geworfen, die am 9. Juni 2004 verhandelt wurde und in der seitens des Gerichts (in anderer Besetzung) eine andere Meinung vertreten worden sein soll. Letzteres erinnert die Kammer nicht mehr, jedenfalls ging es seinerzeit nicht um mit "Sponsored Link" gekennzeichnete Hyperlinks. Schon deshalb sind die Falle nicht vergleichbar.

4.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.