Kein Kartellrechtsverstoß bei Kündigung durch DLTB

Oberlandesgericht Celle

Urteil v. 21.02.2008 - Az.: 13 U 172/07 (Kart)

Leitsatz

1. Ein Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Landeslotteriegesellschaft bzw. dem Deutschen Lotto- und Totoblock (DLTB) über den Betrieb einer virtuellen Annahmestelle kann von der Landeslotteriegesellschaft bzw. dem DLTB gekündigt werden, wenn der Vertragspartner seine Aktivitäten auf terrestrisch generierte Umsätze ausweitet.

2. Eine solche Kündigung ist nicht kartellrechtswidrig und somit auch nicht unwirksam iSd. Art. 81 Abs. 2 EG-Vertrag, § 1 GWB i.V.m. § 134 BGB.

3. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den betreffenden Entscheidungen des Bundeskartellamtes und den dazugehörigen gerichtlichen Entscheidungen, wonach ein Kartellrechtsverstoß vorliegt. Denn die in § 33 Abs. 4 GWB geregelte Bindungswirkung der Feststellung eines Kartellrechtsverstoßes setzt eine bestandskräftige Entscheidung der Kartellbehörde oder eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung voraus. Dies ist hier nicht der Fall, da die Verfahren noch andauern und somit nicht rechtskräftig sind.

Tenor

In der Kartellsache (…) gegen (…) hat der Kartellsenat des Oberlandesgerichts Celle unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht (…) aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2008 für Recht erkannt:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 2. August 2007 wird zurückgewiesen,

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Sachverhalt

s. Entscheidungsgründe

Entscheidungsgründe

I.

An Stelle eines Tatbestandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge weiter. Sie macht im Wesentlichen geltend: Die Vertragskündigungen und die Beendigung der Zusammenarbeit mit der Klägerin seien Bestandteil der kartellrechtswidrigen Behinderungen (…) Gruppe durch den deutschen Lotto- und Totoblock und die Landeslotteriegesellschaften.

Die Kündigungen seien gemäß Art. 81 Abs. 2 EG-Vertrag, § 1 GWB i. V. m. § 134 BGB nichtig. Diese Rechtslage folge aus den Feststellungen des Bundeskartellamts in der Untersagungsverfügung vom 23. August 2006. Die Untersagungsverfügung sei nach §§ 64, 65 Abs. 1 GWB sofort vollziehbar und daher bis zu einer möglichen rechtskräftigen Aufhebung durch den Bundesgerichtshof geltendes Recht.

Es widerspreche im Übrigen der Einheitlichkeit der Rechtsordnung, wenn das Landgericht die Kündigung für rechtmäßig erkläre, während das Bundeskartellamt zu dem Ergebnis gekommen sei, die Kündigung seien Bestandteil eines Kartellrechtsverstoßes. Die Frage, ob die Beklagte zur Kündigung des Geschäftsbesorgungsvertrags berechtigt gewesen sei, stelle sich nicht.

Jedenfalls treffe es nicht zu, dass die Kündigungen trotz ihrer kartellrechtswidrigen Motivation rechtmäßig gewesen seien. Der Geschäftsbesorgungsvertrag habe dazu dienen sollen, die von der (…) akquirierten Spielaufträge an die Beklagte weiterzuleiten. Das Vertragsverhältnis sei ausschließlich auf Wunsch der Beklagten nicht mit der (…) als gewerblichem Spielvermittler sondern mit dem Rechtsvorgänger der Klägerin als technischem Dienstleister begründet worden.

Die (…) sei daher in dem Vertragsverhältnis der Parteien nicht als "Dritte" anzusehen. Die Beklagte habe ein vertragliches Kündigungsrecht gegenüber der Klägerin nicht zur kartellrechtswidrigen Behinderung der (…) nutzen dürfen. Darüber hinaus habe sich die Klägerin mit der Ausweitung ihrer Tätigkeit als "virtuelle Annahmestelle" nicht vertragswidrig verhalten. "Virtuell" im Sinne des Geschäftsbesorgungsvertrages bedeute "elektronisch".

Die Klägerin habe eine Annahmestelle betreiben sollen, bei der Spielaufträge elektronisch entgegengenommen und elektronisch an die Beklagte weitergeleitet würden. Dies habe sie sowohl hinsichtlich der von der (…) über das Internet generierten als auch bezüglich der von der (…) terrestrisch generierten Spielaufträgen getan. Sie habe die ihr von der (…) elektronisch zugeleiteten Spielaufträge elektronisch an die Beklagte weitergeleitet.

Die Beklagte verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

II.

Die Berufung ist unbegründet.

Das Landgericht hat richtig entschieden. Die geltend gemachte Ansprüche auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigungen vom 24. Oktober bzw. 30. November 2005 und auf Wiedereröffnung der elektronischen Schnittstelle stehen der Klägerin nicht zu, weil der Geschäftsbesorgungsvertrag durch die außerordentliche Kündigung vom 30. November 2005 wirksam beendet wurde und ein Kontrahierungszwang der Beklagten mit der Klägerin nicht besteht.

Gegenstand des Geschäftsbesorgungsvertrags war der Betrieb einer virtuellen Annahmestelle durch die Klägerin. Mit der Annahme terrestrisch generierter Umsätzen weitete die Klägerin ihre Annahmetätigkeit vertragswidrig aus. Dadurch verschaffte sie der (…) die Möglichkeit, ohne vertragliche Vereinbarung mit der Beklagten terrestrisch generierte Umsätze in das Netz der Beklagten einzuspeisen.

Nachdem die Klägerin sich weigerte, ihre vertragswidrigen Aktivitäten zu beenden, war die Beklagte berechtigt, den Geschäftsbesorgungsvertrag zu kündigen. Der Beschluss des Bundeskartellamts vom 23. August 2006 und die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 23. Oktober 2006 stehen der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung nicht entgegen und stellen keine Grundlage für den Anspruch der Klägerin dar, ihr Zugang zu der elektronischen Schnittstelle der Beklagten zu verschaffen.

Ein kartellrechtlicher Anspruch der Klägerin auf Wiederanschluss ist nicht gegeben, weil die Klägerin nicht dargelegt hat, dass sie als Anbieter von technischen Dienstleistungen von der Beklagten abhängig ist. Die gegen diese Gründe des Landgerichts mit der Berufung vorgetragenen Einwände greifen nicht.

1.

Über die Kartellrechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Kündigungen ist nicht bereits durch den Beschluss des Bundeskartellamts vom 23. August 2006 für das vorliegende Zivilverfahren verbindlich entschieden.

Die in § 33 Abs. 4 GWB geregelte Bindungswirkung der Feststellung des Kartellrechtsverstoßes setzt eine bestandskräftige Entscheidung der Kartellbehörde oder eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung voraus. Solche Entscheidungen gibt es hier nicht.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in dem Beschluss vom 23. Oktober 2006 nur über die Anträge des deutschen Toto- und Lottoblocks entschieden, bis zur Entscheidung in der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der vom deutschen Lotto- und Totoblock und von den Landeslotteriegesellschaften gegen die Untersagungsverfügungen des Bundeskartellamts eingelegten Beschwerden wiederherzustellen.

Dieser Beschluss bewirkt nur die sofortige Vollziehbarkeit des Beschlusses des Bundeskartellamts, also nicht seine Bestandskraft. Mit dem Beschluss liegt auch keine rechtskräftige Entscheidung über die Feststellung der Kartellrechtsverstöße vor.

Die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Bundeskartellamts zu den Kartellrechtsverstößen sind nicht etwa deshalb für das vorliegende Zivilverfahren verbindlich, weil es, so die Berufungsgründe, es der Einheitlichkeit der Rechtsordnung und den Bedürfnissen einer effizienten Wettbewerbsordnung widerspräche, wenn im Zivilverfahren anders entschieden würde als in dem sofort vollziehbaren Beschluss des Bundeskartellamts.

Träfe diese Erwägung zu, dann wäre § 33 Abs. 4 GWB, der für eine Bindung der Zivilgerichte eine bestandskräftige Entscheidung der Kartellbehörde oder eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung voraussetzt, obsolet. Eine Gefährdung der Einheitlichkeit der Rechtsordnung liegt auch nicht vor. Die Befolgung der vollziehbaren Anordnung nach § 32 Abs. 1 GWB kann im Bußgeldverfahren sichergestellt werden (§ 81 Abs. 2 Nr. 2 a, Abs. 4 GWB).

Im Übrigen dürfte hier die vermeintliche Abweichung des landgerichtlichen Urteils von dem Beschluss des Bundeskartellamts dadurch verursacht sein, dass die Zivilklage durch die "falsche" Partei erhoben worden ist, nämlich durch den technischen Dienstanbieter anstatt durch den gewerblichen Spielvermittler (…), dessen Wettbewerb durch den Beschluss des Bundeskartellamts geschützt wird und den die Klägerin inzwischen auch vor dem Landgericht in Anspruch genommen hat.

Es braucht nicht entschieden zu werden, ob der Beschluss des Bundeskartellamts in der Fassung des Beschlusses des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 8. Juni 2007 eine Feststellung im Sinn des § 33 Abs. 4 GWB dahin enthält, dass die von der Beklagten gegenüber der Klägerin ausgesprochenen Kündigungen kartellrechtswidrig sind.

2.

Die geltend gemachte Unwirksamkeit der Kündigungen des Geschäftsbesorgungsvertrags ergibt sich auch nicht, wie die Klägerin meint, aus Art. 81 Abs. 2 EG-Vertrag, § 1 GWB i. V. m. § 134 GWB. Die Nichtigkeitsfolge dieser Vorschriften betrifft nur die zwischen den Unternehmen getroffenen wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen bzw. die von den Unternehmensvereinigungen getroffenen wettbewerbsbeschränkenden Beschlüsse.

Hierunter fällt die Kündigung des Geschäftsbesorgungsvertrags nicht, weil es sich bei der Kündigung weder um eine Vereinbarung noch um einen Beschluss handelt. Auf die Abgrenzung zwischen Ausführungs- und bloßem Folgevertrag kommt es dementsprechend nicht an. Eine Nichtigkeit der Kündigung lässt sich auch nicht damit begründen, sie sei von den aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen der Mitglieder des deutschen Lotto- und Tottoblocks erfasst.

Ein faktisch wirkendes abgestimmtes Verhaften stellt weder eine schuldrechtliche Vereinbarung noch einen Beschluss dar und kann deshalb nicht nichtig sein (Zimmer in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl., § 1, Rdnr. 217).

3.

Eine Nichtigkeit der Kündigungen oder ein Kontrahierungszwang der Beklagten lässt sich auch nicht auf Art. 81 Abs. 1, 82 EG, §§ 1, 21 Abs. 1 GWB i. V, m. § 33 Abs. 1 oder Abs. 3 GWB stützen (zum Kontrahierungszwang als Anspruch auf Unterlassung oder Schadensersatz: Bornkamm in Langen/Bunte, Kartellrecht, 10. Aufl., § 33 GWB, Rdnr. 89, 94).

a) Allerdings wäre die Klägerin berechtigt, einen Anspruch aus diesen Vorschriften geltend zu machen. Denn der Unterlassungs- oder Schadensersatzanspruch steht dem "Betroffenen" zu, wobei betroffen gemäß § 33 Abs. 1 Satz 3 GWB derjenige ist, der als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist.

Diese Regelung ist weit zu verstehen. Grundsätzlich kann bei einem Verstoß gegen die genannten Wettbewerbsregeln jeder Schadensersatz oder Unterlassung verlangen, der durch die wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung oder ein entsprechendes Verhalten geschädigt wurde (Emmerich in Immenga/Mestmäcker a. a. O., § 33 GWB, Rdnr. 27).

Insbesondere zählen zu den Anspruchsberechtigten Abnehmer und Lieferanten, auch wenn sich die Kartellabsprache nicht gegen sie richtet (Bornkamm a. a. 0, Rdnr. 19). Also könnte auch die Klägerin, die der Beklagten die technischen Dienstleistungen für den Anschluss der Spielvermittler an das elektronische Netz der Beklagten zur Verfügung stellte, einen Unterlassungs- oder Schadenersatzanspruch aus §§ 33 Abs. 1, Abs. 3 GWB geltend machen.

b) Ferner geht der Senat zu Gunsten der Klägerin davon aus, dass es gegen Art. 81 Abs. 1, 82 EG, §§ 1, 21 Abs. 1 GWB verstößt, wenn die Beklagte Spielumsätze gewerblicher Spielvermittler allein deshalb zurückweist, weil die Umsätze auf einer terrestrischen Vermittlung beruhen.

Es wird auch unterstellt, dass kartellrechtswidrig nach diesen Vorschriften alle gegen gewerbliche Spielvermittler gerichteten Maßnahmen wie insbesondere Vertragskündigungen sind, welche ausschließlich deshalb ergriffen werden, weil der betreffende gewerbliche Spielvermittler, Glücksspiele über terrestrische Vermittlungsstellen vermittelt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Juni 2007 - VI Kart 15/06).

c) Um ein solches kartellrechtswidriges Verhalten handelt es sich aber jedenfalls im Hinblick auf die fristlose Kündigung des Geschäftsbesorgungsvertrags nicht.

Zwar liegt es auf der Hand, dass die von der Beklagten gegenüber der Klägerin - technischer Dienstleister - ausgesprochenen Kündigungen faktisch auch gegen den gewerblichen Spielvermittler, die (…), gerichtet waren, weil die (…) damit begonnen hatte, in Niedersachsen und in anderen Bundesländern einen terrestrischen Vertrieb aufzubauen. Der Beweggrund für die Kündigungen lag aber, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht ausschließlich darin, dass die (…) an der Aufnahme der gewerblichen Spielvermittlung über stationäre Vermittlungsstellen gehindert werden sollte.

Vielmehr kündigte die Beklagte den Geschäftsbesorgungsvertrag auch wegen der im Verhalten der Klägerin liegenden Vertragsverletzung. Aus folgenden Gründen lag eine zur fristlosen Kündigung berechtigende Vertragsverletzung der Klägerin vor:

Die Klägerin selbst war nicht gewerblicher Spielvermittler. Ihr waren in dem Geschäftsbesorgungsvertrag die Aufgaben einer virtuellen Annahmestelle übertragen worden. Soweit die Klägerin geltend macht, dass auf Wunsch der Beklagten eine vertragliche Anbindung an die Beklagte nur durch der Klägerin als technischem Dienstleister und nicht durch den gewerblichen Spielvermittler erfolgt sei, kommt es darauf nicht entscheidend an.

Die rechtliche Beurteilung ist aufgrund der getroffenen Vereinbarung vorzunehmen. Diese Vereinbarung hat das Landgericht dahin verstanden, dass sich die Tätigkeit der Klägerin nicht auf terrestrisch generierte Umsätze habe beziehen sollen. Diese Auslegung wird vom Senat geteilt.

Die Berufung macht geltend, "virtuell" bedeute in dem Vertrag "elektronisch" in dem Sinn, dass die Klägerin die von den gewerblichen Spielvermittlern terrestrisch oder in anderer Weise generierten Spielaufträge auf elektronischem Wege annehmen und auf elektronischem Wege an die Beklagte weiterleiten solle. Dies überzeugt den Senat nicht.

Es liegt nahe, unter einer "virtuellen Annahmestelle im Spiel- und Wettgeschäft" eine Annahmestelle zu verstehen, die Spiel- und Wettaufträge über das Internet hereinholt, möglicherweise auch über "Telesales" (Telefonmarketing), jedenfalls aber nicht über terrestrische Annahmestellen, also Annahmestellen, in denen ein persönlicher Kontakt zwischen dem Spielteilnehmer und dem Personal der Annahmestelle besteht (Supermärkte, Tankstellen u.s.w.).

Hierfür spricht auch Ziff. 4.2 des Geschäftsbesorgungsvertrags, wo es heißt, der virtuelle Zugang zur Annahmestelle sei täglich von 0:00 bis 24:00 Uhr anzubieten. Hierfür spricht ferner die tatsächliche Durchführung des Geschäftsbesorgungsvertrags. Nach dem unstreitigen Sachverhalt gab es seit Vertragsabschluss Anfang 2002 bis zum Jahr 2005 keine terrestrisch gewonnenen Spielaufträge, die von der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin an die Beklagte weitergeleitet wurden.

Mit dem Entgegennehmen und Weiterleiten von terrestrisch generierten Umsätzen verstieß die Klägerin gegen den Geschäftsbesorgungsvertrag. Da sie trotz Aufforderung der Beklagten nicht bereit war, ihre Tätigkeit wieder zu beschränken, war die Beklagte berechtigt, den Geschäftsbesorgungsvertrags zu kündigen. Die Beklagte hat die fristlose Kündigung auch auf diese Vertragsverletzung gestützt, wie sich aus dem Kündigungsschreiben der Beklagten vom 30. November 2005, dort unter Ziff. 1 und Ziff. 5, ergibt.

4.

Dass die Beklagte kartellrechtlich nicht verpflichtet ist, von der Klägerin auch solche Spielumsätze entgegenzunehmen, die von Dritten (gewerblichen Spielvermittlern) in terrestrischen Annahmestellen generiert wurden, ist sach- und interessengerecht.

Die Beklagte muss nicht mit jedem gewerblichen Spielvermittler zu beliebigen Bedingungen zusammenarbeiten. Ihr steht insoweit ein Ermessensspielraum zu, innerhalb dessen sie sowohl eigene Interessen als auch Gesichtspunkte der Gefahrenabwehr berücksichtigen kann.

Die Beklagte darf gewerbliche Spielvermittler ablehnen, wenn ausreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese bei der Ausgestaltung und beim Betrieb des Vermittlungsgeschäfts die ordnungsrechtlichen Vorgaben der §§ 4,14 Abs. 2 LottStV nicht einhalten.

Wenngleich die gewerbliche Spielvermittlung im Rahmen der gesetzlichen Anforderung grundsätzlich zulässig ist und die Gefahrenabwehr als Aufgabe nicht den Lottogesellschaften sondern den zuständigen staatlichen Stellen obliegt (BGH, Urteil vom 9. März 1999 - KVR 20/97), so muss doch der Beklagten die Möglichkeit belassen werden, durch Vereinbarungen mit den betreffenden Spielvermittlern sicherzustellen, dass die für die Vereinbarkeit des staatlichen Monopols mit dem Grundgesetz erforderliche Ausrichtung der Werbung und des Vertriebs an den Zielen der Suchtbekämpfung und der Begrenzung der Wettleidenschaft erfolgt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Juni 2007 - VI Kart 15/06).

Darüber hinaus kann die Beklagte eine vertragliche Regelung mit dem jeweiligen gewerblichen Spielanbieter verlangen, ob und ggf. welche Provision sie für die Spielvermittlung zu zahlen hat, wie die Übermittlung technisch abgewickelt werden soll und welche sonstigen Bedingungen bei der Spielvermittlung gelten sollen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23. Oktober 2006 - VI Kart 15/06).

Insbesondere ist die Beklagte nicht ohne weiteres verpflichtet, der Klägerin als Schwestergesellschaft der (…) ohne vertragliche Grundlage für die Übermittlung der von der (…) terrestrisch generierten Umsätze dieselben Konditionen einzuräumen, die mit ihr für virtuelle Umsätze vereinbart worden sind.

Die Klägerin hat auch in der Berufungsinstanz nicht dargelegt, dass die im Geschäftsbesorgungsvertrag vereinbarten Konditionen mit denen vergleichbar sind, die die (…) von der Beklagten hätte in Anspruch nehmen können.

5.

Ein kartellrechtlicher Anspruch wegen eines gegenüber der Klägerin - und nicht gegenüber der (…) als gewerblichem Spielvermittler - erfolgten Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil nicht ersichtlich ist, dass die Beklagte im Verhältnis zur Klägerin als technischer Dienstleister marktbeherrschend ist. Dafür hat die Klägerin auch in der Berufungsinstanz nichts vorgetragen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO liegen nicht vor.