Haftung für Gewinne bei Gewinnspielen

Landgericht Osnabrueck

Urteil v. 24.11.2005 - Az.: 5 O 2509/05

Leitsatz

1. Der bei einem Gewinnspiel allgemein vorgenommene Haftungsausschluss ("Der Rechtsweg ist ausgeschlossen") bezieht sich nicht auf die zeitlich später erfolgte konkrete Gewinn-Benachrichtung.

2. Eine schriftliche Gewinn-Benachrichtung aufgrund eines tatsächlich durchgeführten Gewinnspiels ist eine Gewinnzusage iSd. § 661 a BGB.

3. Der Gewinner einer Urlaubsreise hat keinen Anspruch auf Teilnahme zu einem zeitlich konkreten Termin.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Sachverhalt

Der Kläger verlangt Auszahlung des Wertes einer Reise nach Mexiko, die er bei einem von der Beklagten veranstalteten Preisausschreiben gewonnen hat.

Die Beklagte, eine Gardinenherstellerin, veranstaltete in der Zeit vom 15.09. bis 15.11.2003 ein Gewinnspiel, dessen Hauptgewinn unter dem Motto "Mit (...) ins Land der Azteken" in einer Reise für 2 Personen nach Mexiko bestand. In der Teilnahmekarte heißt es unter anderem:

"Zusammen mit (...), dem Reisespezialisten für Mexiko, verlost (...) als Hauptgewinn eine Traumreise für 2 Personen ins Land der Mayas und Azteken."

Danach wird eine Rundreise durch Mexiko im Einzelnen beschrieben. Weiter heißt es auf der abzusendenden Teilnahmekarte: "Der Rechtsweg ist ausgeschlossen".

Im Dezember 2003 übermittelte die Beklagte dem Kläger folgende Gewinnzusage (Bl. 8 d.A.):

"Reisegewinn Mexiko

2 Personen im DZ, 12 Tage Reise, HP im Wert von ca. 6.500 €."

Am 12.02.2004 wandte sich der Kläger mit der Bitte um weitere Informationen an die in diesem Schreiben als Ansprechpartner genannte Marketing-Agentur. Diese antwortete mit E-mail vom 27. Februar 2004 und verwies auf den Reiseveranstalter, der bereits über den Hauptgewinn informiert sei. Als Anhang übersandte die Marketing-Agentur dem Kläger ein ausführliches Reiseprogramm mit sieben möglichen Reiseterminen in der Zeit zwischen April 2004 und November 2004 (Bl. 57 ff. d.A.). Dieses enthält den Hinweis auf eine jeweilige Mindestteilnehmerzahl von 6 Personen.

Am 03.03.2004 wandte sich der Reiseveranstalter an den Kläger und sandte erneut die bereits von der Marketing-Agentur übersandten Informationen (Bl.57 ff. d. A.). Der Kläger teilte daraufhin mit, dass er aus beruflichen Gründen nur zum Jahreswechsel Urlaub machen könne. Mit Schreiben vom 27.05.2004 wies diese darauf hin, dass zur Weihnachtszeit eine preisentsprechende Reise nicht bzw. mit erheblichem Preiszuschlag angeboten werden könne. Sie bot dem Kläger an, eine Reise zur Weihnachtszeit in ein anderes Land zu buchen, wobei sie einen Reisepreis von 2.000 € pro Person zur Verfügung stellen könne. Sie wolle sich aber nach einer Mexiko-Reise über die Weihnachtszeit weiter erkundigen.

Mit E-Mail vom 21.06.2004 wandte sich der Kläger an die Geschäftsführerin der Beklagten und teilte mit, dass er mit der Bereitstellung von 4.000 € für eine Reise zur Weihnachtszeit nicht einverstanden sei. Am 24.06.2004 bot der Reiseveranstalter dem Kläger eine 16tägige Reise durch Mexiko zur Weihnachtszeit zu einem Mehrpreis von € 545 je Person an, deren ausführliche Beschreibung ein Schreiben vom 02.07.2004 enthält.

Mit Anwaltschreiben vom 21.09.2004 an die Beklagte ließ der Kläger ausführen, dass der Reiseveranstalter offensichtlich nicht in der Lage sei, ihm eine adäquates Angebot zu übermitteln. Er wolle deswegen selbst eine Reise zum Gegenwert von 6.500 € buchen oder aber eine von ihm nachgewiesene Reisemöglichkeit bei einem beliebigen Reiseveranstalter zu entsprechenden Konditionen von der Beklagten buchen lassen. Unter Fristsetzung auf den 12. Oktober 2004 forderte der Kläger die Beklagte auf, zu erklären, ob und inwieweit sie sich zu diesen Alternativen bereit erkläre. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 25.10.2004 ab. Zuvor hatte sie mit Schreiben vom 15. Oktober 2004 eine weitere E-Mail des Reiseveranstalters an den Kläger weitergeleitet, mit der diesem wahlweise eine 15tägige Reise oder eine 8tägige Reise durch Mexiko jeweils mit Terminen zwischen Februar und Mai 2005 angeboten wurde.

Der Kläger ist der Meinung, die Beklagte sei nicht willens oder nicht in der Lage, die angekündigte Leistung zu erbringen, und schulde deshalb Schadensersatz. Die von ihr angebotenen Leistungen seien stets mit Einschränkungen wie einer nötigen Mindestteilnehmerzahl versehen gewesen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.500 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 12.10.2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie meint, aufgrund der Bestimmung in dem Teilnahmeschein sei der Rechtsweg ausgeschlossen. Darüber hinaus habe es sich bei der Gewinnzusage offensichtlich um eine Pauschalreise gehandelt, die der Kläger nicht zu jedem beliebigen Zeitpunkt antreten könne.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Zwar enthält die Teilnahmekarte die Bestimmung, dass der Rechtsweg ausgeschlossen sei. Dies bezieht sich aber allein auf die Durchführung des Preisausschreibens und die Gewinnziehung, die nicht klagbar sein soll. Die Klage stützt sich auf die im Anschluss ohne Einschränkungen erteilte Gewinnzusage, die ohne weiteres einklagbar ist.

Die Klage ist aber unbegründet. Der geltend gemachte Anspruch steht dem Kläger aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

Unmittelbar aus der Gewinnzusage kann der Kläger einen Anspruch nicht herleiten. Diese beinhaltet nämlich nur eine Reise, nicht aber Zahlung des Gegenwertes, denn gewonnen wurde eine Reise im Wert von ca. 6.500 €.

Auch ein Anspruch aus § 281 BGB scheidet aus.

Zwar besteht aufgrund der Gewinnzusage ein Schuldverhältnis zwischen den Parteien. Dabei kann dahinstehen, ob sich das Schuldverhältnis rechtlich aus § 661 a BGB ergibt, weil die Beklagte mit der Gewinnzusage als geschäftsähnlicher Handlung verpflichtet ist, den versprochenen Gewinn zu leisten, oder aber die Gewinnzusage sogar ein selbstständiges Schuldversprechen gem. § 780 BGB darstellt (vgl. hierzu OLG Hamburg, OLG-Rechtsprechung 2004, 109). Denn unabhängig davon, auf welchen Rechtsgrund man den Anspruch des Klägers stützen will, ergäbe sich bei einer Pflichtverletzung ein Anspruch aus den §§ 280 ff. BGB (für § 661 a BGB: Palandt/Sprau, BGB, 64. Aufl. 2005, § 661 a Rz. 4; für § 780 BGB: OLG Hamburg aaO.).

Ein Anspruch aus § 281 BGB scheitert aber aus zwei Gesichtspunkten. Es fehlt schon an einer Pflichtverletzung im Sinne von § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB (hierzu unter 1.). Des Weiteren hat der Kläger der Beklagten keine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt (hierzu unter 2.).

1.

Eine Pflichtverletzung im Sinne von § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Beklagten nicht vorzuwerfen.

Dabei stellt sich zunächst die Frage, was Inhalt der Gewinnzusage und damit der im Sinne von § 281 Abs. 1 S. 1 BGB geschuldeten Leistung war. Zunächst ist die dem Kläger zugesandte Gewinnzusage (Bl. 8 d. A.) heranzuziehen, wonach es sich um einen Reisegewinn nach Mexiko, 2 Personen im Doppelzimmer, 12 Tage Reise, Halbpension im Wert von ca. 6.500 € handelt.

Weiter konkretisiert wird diese Gewinnzusage durch die in der ursprünglichen Teilnahmekarte enthaltene Reisebeschreibung, die als "invitatio ad offerendum" den Inhalt der späteren Gewinnzusage bestimmte. In dieser Beschreibung wies die Beklagte ausdrücklich darauf hin, dass die Reise in Zusammenarbeit mit der Fa. (...) als Reisespezialisten für Mexiko veranstaltet werde. Damit richtete sich der zugesagte Gewinn auf eine von dieser Firma organisierte Reise.

Weiter ergibt sich aus der Reisebeschreibung, dass es sich um eine geplante Rundreise durch Mexiko handelte. Ein durchschnittlicher Empfänger konnte die Beschreibung nur so verstehen, dass es sich um eine organisierte Gruppenreise zu gewinnen war. Dass derartige Reisen nicht zu jedem beliebigen Zeitpunkt angetreten werden können, sondern von der jeweiligen Reiseplanung des Veranstalters abhängen, ist allgemein bekannt und musste von einem durchschnittlichen Leser auch so verstanden werden. Dass es sich nicht um eine individuell geplante Tour handelt, ergibt sich auch schon im Zusammenhang mit dem Reisepreis.

Dass eine Reise von 6.500 € für zwei Personen nach Mexiko nicht individuell – nur für den Kläger und seine Begleitung - organisiert sein konnte, ist auch offensichtlich.

Die Beklagte ist den ihr obliegenden Verpflichtungen aus dieser Gewinnzusage vollen Umfangs nachgekommen. Sie hat dem Kläger wiederholt eine Vielzahl von Terminen angeboten, die dieser mit dem Argument, er könne nur an Weihnachten Urlaub nehmen, allesamt nicht annehmen wollte. Dass er hierauf keinen Anspruch hatte, erschließt sich schon aus dem Umstand, das Weihnachten bekanntlich in südlichen Ländern die Hochpreissaison ist und er nicht ohne Weiteres davon ausgehen konnte, innerhalb des ihm zugestandenen Reisebudgets gerade an Weihnachten die Reise antreten zu können.

Das Angebot des Reiseveranstalters vom 24.06.2004 für eine 16tägige Reise an Weihnachten unter Zuzahlung von 545 € pro Person kann vor diesem Hintergrund nur als Kulanzangebot verstanden werden, das der Kläger jedoch auch nicht angenommen hat. Wenn der Kläger lediglich an Weihnachten reisen konnte, handelt es sich um seine persönliche Lebensplanung, die nicht der Beklagten angelastet werden kann. Ebensowenig ist eine Pflichtverletzung in dem Umstand zu sehen, daß die Reisetermine von einer Mindestteilnehmerzahl abhingen. Zum einen war diese niedrig bemessen (6 Personen). Zum anderen handelt es sich um eine für Rundreisen übliche Bedingung, die sich damit im Rahmen der Gewinnzusage hält. Schließlich hat der Kläger gar nicht konkret versucht, eine der angebotenen Reisen zu buchen.

2.

Weiter scheitert ein Anspruch auch daran, dass der Beklagten keine wirksame Nachfrist gesetzt worden ist. Ein Anspruch aus § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB setzt voraus, dass der Gläubiger dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder zur Nacherfüllung bestimmt hat. Eine solche Fristsetzung ist der vorgelegten Korrespondenz nicht zu entnehmen.

Insbesondere enthält das Schreiben vom 21.09.2004 keine wirksame Fristsetzung. Der Kläger hat der Sache nach mit diesem Schreiben keine Nachfrist gesetzt, sondern erklärt, daß er eine Erfüllung durch die Beklagte ablehne. Er hat nämlich der Beklagten keine Gelegenheit zur Nacherfüllung durch Bereitstellung einer Reise gegeben, sondern direkt die Zahlung von 6.500 € oder die Bezahlung einer von ihm gebuchten Reise verlangt. Beides war aber nicht Gegenstand der Gewinnzusage. Gewonnen hat der Kläger – wie oben ausgeführt - eine von der Beklagten durch die Fa. (...) zu organisierende Reise.

Die Fristsetzung war auch nicht ausnahmsweise entbehrlich. Hierfür reichen nämlich Meinungsverschiedenheiten über den Inhalt des Vertrags nicht aus (vgl. Palandt/Heinrichs BGB, 64. Aufl. 2005, § 281 Rnz. 14). Im Gegenteil muß dem Gegner gerade dann, wenn – wie hier – wegen unterschiedlicher Auffassungen über die vertragsgerechte Erfüllung umfangreich korrespondiert wird, durch ausdrückliche Fristsetzung zur Vertragserfüllung deutlich gemacht werden, daß nach Fristablauf die Erfüllung abgelehnt werde.

Weitere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich.