Fun Games und die neue SpielVO

Verwaltungsgericht Stade

Beschluss v. 15.05.2006 - Az.: 6 B 807/06

Leitsatz

Das Verbot des § 9 Abs.2 SpielVO ist umfassend zu verstehen und verbietet jede Form der zusätzlichen Gewinnchance oder sonstigen finanziellen Vergünstigungen. Weder vom Gewerbetreibenden selbst, noch durch Dritte mit dessen Genehmigung oder Duldung, darf den Spielern und sonstigen Besuchern der Spielhalle angeboten werden, sich über elektronische Medien, schriftliche Teilnahmeerklärungen oder Entgegennahme der Daten durch Personen, an Gewinnspielen, Verlosungen oder Geschicklichkeitsspielen zu beteiligen, welche Geld- oder Sachgewinne in Aussicht stellen.

Tenor

(...)

Sachverhalt

(vgl. Entscheidungsgründe)

Entscheidungsgründe

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Der Antragsgegner hat das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 3 VwGO schriftlich begründet.

Die Begründung für den Sofortvollzug genügt der zwingenden Formvorschrift des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Denn der Antragsgegner hat konkret das besondere öffentliche Interesse dafür, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig ist und dass das Interesse der Antragstellerin, bis zur rechtskräftigen Entscheidung von dem von ihr angegriffenen Verwaltungsakt nicht betroffen zu werden, zurücktreten muss, dargelegt (vgl. Kopp/Schenke, Komm. z. VwGO, 14. Aufl., § 80 VwGO Rdnr. 84 m. w. N.). Die vorgenommene Interessenabwägung findet ihre Begründung zugunsten des besonderen Vollzugsinteresses darin, dass vorliegend der Schutz der Allgemeinheit vor einer Förderung des übermäßigen Spieltriebs höher anzusetzen sei als die Interessen der Antragstellerin.

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung der von der Antragstellerin erhobenen Anfechtungsklage (6 A 806/06) wiederherstellen, wenn die sofortige Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes nicht im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt. Das ist dann der Fall, wenn sich der angefochtene Verwaltungsakt nach der im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden summarischen Überprüfung aller Wahrscheinlichkeit nach als nicht rechtmäßig darstellt, da an der sofortigen Vollziehung einer rechtswidrigen Verfügung kein überwiegendes öffentliches Interesse anerkannt werden kann. Andererseits ist das überwiegende öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Verfügung dann anzunehmen, wenn sich diese mit großer Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig darstellt.

Hier bestehen nach summarischer Prüfung keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides des Antragsgegners vom 23. März 2006.

Die nachträgliche Aufnahme von Auflagen zu der der Antragstellerin am A. erteilten Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle beruht auf § 33i Abs. 1 Satz 2 der Gewerbeordnung - i.V.m. § 36 Abs. 1 VwVfG -.

Danach kann die Erlaubnis mit einer Auflage verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

Die nachträglichen Aufnahme der Auflage unter Ziff. II. 2. - gegen die sich die Antragstellerin wendet - ist zum Schutze der Gäste erforderlich.

In dieser Auflage heißt es :

„Weder vom Gewerbetreibenden selbst, noch durch Dritte mit dessen Genehmigung oder Duldung, darf den Spielern und sonstigen Besuchern der Spielhalle angeboten werden, sich über elektronische Medien, schriftliche Teilnahmeerklärungen oder Entgegennahme der Daten durch Personen, an Gewinnspielen, Verlosungen oder Geschicklichkeitsspielen zu beteiligen, welche Geld- oder Sachgewinne in Aussicht stellen.“

Diese Auflage sichert die Einhaltung des § 9 Abs. 2 der zum 1. Januar 2006 in Kraft getretene Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit vom 17. Dezember 2005 - SpielV - (BGBl. I 2006 Nr. 6, S. 280).

Demnach darf der Aufsteller eines Spielgerätes oder der Veranstalter eines anderen Spieles dem Spieler neben der Ausgabe von Gewinnen über gemäß den §§ 33c und 33d der Gewerbeordnung zugelassene Spielgeräte oder andere Spiele keine sonstigen Gewinnchancen in Aussicht stellen und keine Zahlungen oder sonstige finanziellen Vergünstigungen gewähren.

Die gegenüber dem ursprünglichen Entwurf durch die Beratung im Bundesrat letztlich beschlossene Fassung des § 9 Abs. 2 SpielV verfolgt das Ziel, zusätzliche Gewinnerwartungen und sonstige Vergünstigungen unabhängig von der Teilnahme an sonstigen Spielen zu untersagen (vgl. die Begründung des Bundesrats vom 4. Oktober 2005 - Bundesrat Drs. 655/1/05 -). Dabei ist das Verbot des § 9 Abs. 2 SpielV umfassend. Verboten wird das In-Aussicht-Stellen von sonstigen Gewinnchancen, unabhängig, in welcher Form dies geschieht.

Die Antragstellerin kann auch nicht mit Erfolg einwenden, die Auflage sei deshalb „unverhältnismäßig“, weil ihr dadurch zum Beispiel bereits untersagt werde, in ihren Geschäftsräumen Geräte wie einen Fernseher oder ein Radio zu betreiben oder Tageszeitungen auszulegen, die ebenfalls Gewinnspiele und Preisausschreiben anböten. Diese Medien sind aufgrund ihrer allgemeinen Ausrichtung als Werbemittel für eine Spielhalle grundsätzlich ungeeignet. Sie begründen, sofern sie von der Antragstellerin nicht gezielt eingesetzt werden, daher keinen mit § 9 Abs. 2 SpielV vergleichbaren Spielanreiz und werden daher von dieser Vorschrift und der auf sie gestützten streitigen Auflage nicht erfasst.Auch gegen die vom Antragsgegner unter Ziff. V. und VI. gesetzte Frist, Geräte, schriftliche Unterlagen, Aushänge oder elektronische Anzeigen im Sinne der Ziffer. II. 2. am Tag nach der Zustellung des angefochtenen Bescheides abzuschalten bzw. zu entfernen, bestehen keine Bedenken. Die Androhung des Zwangsgeldes - Ziff. IX. Nr. 6 - ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Für die insoweit erstrebte Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist daher kein Raum. Die Zwangsgeldandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 64, 70 Nds. SOG i.V.m. § 70 NVwVG. Das Zwangsgeld ist in einer bestimmten Höhe schriftlich angedroht worden. Dabei hat der Antragsgegner die Androhung mit dem durchzusetzenden Verwaltungsakt zulässigerweise verbunden. Die Höhe des Zwangsgeldes von 2.000 € verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes hält sich noch im unteren Bereich des gesetzlichen Rahmens und lässt Ermessensfehler zulasten der Antragstellerin nicht erkennen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 2 GK