Fun Games und die neue SpielVO
Leitsatz
1. Durch die nachträgliche technische Veränderung eines (ursprünglich) gemäß § 33 c GewO zulassungspflichtigen Spielgeräts entfällt seine formelle Zulassungspflichtigkeit nicht.
2. Das Fehlen von zeitlichen Übergangsvorschriften von der alten zur neuen SpielVO ist verfassungsgemäß.
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
Sachverhalt
(vgl. Entscheidungsgründe)
Entscheidungsgründe
I.
Die Antragstellerin ist eine offene Handelsgesellschaft, die eine Spielhalle unter dem Namen (...) in der (...)-Straße im Gebiet der Antragsgegnerin betreibt. Dort sind folgende Spielgeräte aufgestellt: Geräte Magic Games (Löwen-Entertainment), 2 Geräte Magic Games II (Löwen-Entertainment) und 3 Geräte Multi-Game (Bally Wulff). Diese Spielgeräte boten die Möglichkeit, sogenannte Token zu gewinnen. Mittlerweile wurden die Spielapparate umgebaut und verändert. Aber auch nach dem Umbau verfügen die Geräte über einen sogenannten Hopper und damit über ein Bauteil, das zur Ausgabe von Geld oder Token geeignet ist.
Mit Verfügung vom 16.06.2006 untersagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin bezogen auf ihre Spielhalle in der (...)-Straße das Aufstellen und den Betrieb von Spielgeräten,
a) die als Gewinn Berechtigungen zum Weiterspielen sowie sonstige Gewinnberechtigungen oder Chancenerhöhungen gewähren,
b) bei denen auf der Grundlage ihrer Spielergebnisse Gewinne ausgegeben, ausgezahlt, auf Konten, Geldkarten oder ähnliche zur Geldauszahlung benutzbare Speichermedien aufgebucht werden (Nr. 1).
Ferner wurde der Antragstellerin aufgegeben, die unter Ziffer 1 untersagten Spielgeräte sofort nach Aushändigung dieser Verfügung außer Betrieb zu nehmen und innerhalb einer Woche aus den Betriebsräumen zu entfernen (Nr. 2). Durch Nr. 3 wurde die sofortige Vollziehung der Regelungen in Nr. 1 und 2 der Verfügung angeordnet. Ferner wurde der Antragstellerin für jede festgestellte Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,-- EUR angedroht, für den Fall, dass diese die in Nr. 2 der Verfügung genannte Stilllegungs- und Beseitigungsfrist nicht beachten sollte (Nr. 4). Die Verwaltungskosten für diesen Bescheid wurden auf 472,58 EUR festgesetzt (Nr. 5).
Der Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, die Antragstellerin habe in ihrer Spielhalle Spielgeräte aufgestellt, deren Betrieb und Aufstellung verboten sei. Der Betrieb eines zulassungspflichtigen Spielgerätes, das vom Aufsteller technisch verändert worden sei, bleibe ohne die Feststellung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt formell illegal und müsse deshalb eingestellt werden.
Die Anordnung des Betriebsverbots und der Beseitigung aller untersagten Spieleinrichtungen aus der Spielhalle sei das angemessene Mittel, die rechtswidrigen Spieleigenschaften nachhaltig zu beenden. Andernfalls bestünden die spielsuchtfördernden und vermögensgefährdenden Gefahren fort, was es zu verhindern gelte. Außerdem würden dann der Antragstellerin durch den rechtswidrigen Betrieb nicht hinnehmbare Wettbewerbsvorteile gegenüber ihren Mitbewerbern am Markt verschafft, die ihre Spielhallen entsprechend den geltenden Rechtsnormen betrieben. Wie sich aus den durchgeführten Kontrollen ergeben habe, sei von der Antragstellerin noch keines der beanstandeten Spielgeräte aus der Spielhalle entfernt worden. Da die Antragstellerin ausdrücklich das Anerkennen einer Rechtspflicht insoweit verweigere, seien die Regelungen in Ziffern 1 und 2 des Bescheides notwendig, um zukünftigem Missbrauch gegen die gesetzlichen Vorschriften zeitnah und effizient begegnen zu können. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtfertige sich aus den Gefahren für die Gäste, die durch Aufstellung und Betrieb der verbotenen Spielgeräte entstehen könnten, nämlich eine überhöhte Vermögensgefährdung und die Förderung der Spielsucht. Die gesetzte Beseitigungsfrist sei ausreichend bemessen. Das gewählte Zwangsmittel sei geeignet, ein rechtskonformes Verhalten durchzusetzen.
Unter dem 22.06.2006 erhob die Antragstellerin Widerspruch gegen diese Verfügung. Zur Begründung führte sie aus, bei den in der Spielhalle in der (...)-Straße aufgestellten Geräten handele es sich nicht um solche, die dem Anwendungsbereich des § 6a S. 1 lit. a) SpielV unterfielen. Auch die Untersagungsverfügung halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die vorgefundenen Geräte seien solche, die keine Token oder Geld auswürfen, nicht mit Hinterlegungsspeichern versehen seien, bei denen eine Einsatzrückgewähr nicht stattfinde und die kein zeitversetztes Weiterspielen ermöglichten. Auch die übrigen Regelungen des Bescheids seien rechtswidrig.
Am 23.06.2006 hat die Antragstellerin um gerichtlichen Eilrechtsschutz nachgesucht.
Sie vertieft ihre Darlegungen aus dem Widerspruchsschreiben und ist der Ansicht, die Geräte unterfielen nicht dem Geltungsbereich des § 6a SpielV . Bei diesen Apparaten handele es sich nämlich um solche, bei denen lediglich Punkte auf einer Punkteanzeige erspielt werden könnten, welche aber nicht über technische Möglichkeiten verfügten, die erspielten Punkte in Gewinne umzuwandeln und auszugeben.
Die Auffassung der Antragsgegnerin, zum „One-Way-Einsatz“ von Weiterspielmarken umgerüstete „Fun-Games“ seien formell illegal, da keine durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt vorzunehmende Prüfung vorliege, sei nicht nachvollziehbar. Überdies halte die Spielverordnung, die am 01.01.2006 in Kraft getreten sei, mangels gleitender Übergangsvorschriften selbst einer Überprüfung am Maßstab der Verfassung nicht Stand. Insoweit genieße die Antragstellerin Vertrauensschutz, da sie nicht unerhebliche finanzielle Aufwendungen für diese Geräte getätigt habe.
Die Antragstellerin beantragt, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Untersagungsverfügung vom 16.06.2006 hinsichtlich deren Ziffer 1 und 2 wiederherzustellen sowie die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung zu Ziffer 4 der Untersagungsverfügung vom 16.06.2006 und gegen die Festsetzung der Verwaltungskosten zu Ziffer 5 des Bescheids vom 16.06.2006 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen.
Sie der Ansicht, ihre Verfügung sei rechtmäßig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Behördenakte verwiesen, die sämtlich Gegenstand der Beratung gewesen sind.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Der angefochtene Bescheid vom 16.06.2006 ist offensichtlich rechtmäßig und in der Sache auch eilbedürftig.
Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen für sofort vollziehbar erklärten Verwaltungsakt auf Antrag eines Betroffenen ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Ein solcher Antrag ist begründet, wenn das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers, die Vollziehung bis zu einer Entscheidung über seinen Rechtsbehelf hinauszuschieben, nicht überwiegt. Das ist dann der Fall, wenn der Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist. Denn an der sofortigen Vollziehung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts kann kein vorrangiges öffentliches Interesse bestehen. Umgekehrt ist der Rechtsschutzantrag abzulehnen, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig und seine Vollziehung eilbedürftig ist.
Vorliegend überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Verfügung das private Aufschubinteresse der Antragstellerin. Die Vollziehung der Verfügung ist auch eilbedürftig.
Die gegen die Antragstellerin mit Bescheid vom 16.06.2006 verfügte Untersagung des Aufstellens und des Betriebs der entsprechenden Spielgeräte sowie das Gebot, diese Apparate außer Betrieb zu nehmen und innerhalb einer Woche aus den Betriebsräumen zu entfernen, sind offensichtlich rechtmäßig. Insoweit nimmt die Kammer ausdrücklich auf den angefochtenen Bescheid Bezug (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO analog). Anders als im angefochtenen Bescheid ist die Rechtsgrundlage jedoch nicht in § 6 a SpielV selbst, sondern in § 11 HSOG i. V. m. § 6 a SpielV zu sehen. Dies ist jedoch ein rechtlich unschädlicher Begründungsmangel, da die Antragsgegnerin alle wesentlichen Umstände in dem Bescheid aufführt, die die Untersagung und die Beseitigung der Geräte zu rechtfertigen vermögen. Eine Wesensänderung der Verfügung tritt hierdurch nicht ein. Der Rechtsschutz der Antragstellerin wird durch diese Auslegung auch nicht verkürzt.
Ergänzend ist insoweit auszuführen, dass sich die Antragstellerin nicht darauf berufen kann, die Geräte seien zwischenzeitlich umgebaut worden. Eine Zulassung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt kann nicht dadurch umgangen werden, dass die Geräte dergestalt verändert werden, dass sie dann nach Ansicht eines Antragstellers nicht mehr zulassungspflichtig seien sollen.
Durch eine Veränderung zulassungspflichtiger Geräte kann ihre formelle Zulassungspflichtigkeit nämlich nicht entfallen. Vielmehr ist das Aufstellen solcher Apparate formell illegal. Auch das VG Neustadt (B. v. 08.03.2006 - 4 L 180/06 -) hat entschieden, dass die nach § 33c Abs. 1 S. 1 GewO zuständigen Behörden nicht befugt seien, materielle Feststellungen zur Legalität eines gemäß § 33 c Abs. 1 S. 1 GewO ursprünglich erlaubnispflichtigen, in seiner Funktionsfähigkeit veränderten Spielgerätes zu treffen.
Die Feststellung, ob ein zulassungspflichtiges Spielgerät nach technischen Veränderungen des Apparates noch der Zulassung bedürfe oder zulassungsfrei sei, liege allein in der Kompetenz der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt. Der Betrieb eines zulassungspflichtigen Spielgeräts, das vom Aufsteller technisch verändert worden sei, bleibe ohne diese Feststellung der Bundesanstalt formell illegal. Diese Rechtsansicht wurde auch vom OVG Rheinland-Pfalz (B. v. 08.05.2006 - 6 B 10359/06 -) bestätigt.
Hiernach kann das aus der Eigenschaft eines Geldgewinnspielgerätes folgende Erfordernis einer Bauartzulassung nach § 33c Abs. 1 S. 2 GewO nicht nachträglich durch Veränderung der Programmierung entfallen. Denn diese Geräte seien - nach erneutem Eingriff in die Geräte-Software - nach wie vor technisch grundsätzlich geeignet, als Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit verwendet zu werden. Diese Ausführungen macht sich die beschließende Kammer ebenfalls zu Eigen. Selbst die Firma Löwen-Entertainment GmbH räumt mit Schreiben vom 30.05.2006 (Bl. 58 d. BA) ein, es sei stets ihre Position gewesen, dass nach Inkrafttreten der Neufassung der Spielverordnung die weitere Verwendung der alten „Magic-Games“-Version problematisch sei. Dies habe sie bereits im Januar 2006 mit einem Rundschreiben allen Kunden mitgeteilt.
Für eine solche Auslegung spricht ferner, dass nach § 11 SpielV die Physikalisch-Technische Bundesanstalt im Benehmen mit dem Bundeskriminalamt über den Antrag auf Zulassung der Bauart eines Spielgerätes im Sinne des § 33c Abs. 1 S. 1 GewO entscheidet. Nach § 12 Abs. 1 SpielV hat der Antragsteller dem Antrag auf Zulassung der Bauart eine Beschreibung des Spielgerätes, einen Bauplan, eine Bedienungsanweisung, eine technische Beschreibung der Komponenten sowie ein Mustergerät beizufügen. Es ist somit Sache der Antragstellerin, sich um eine entsprechende Bauartzulassung der von ihr verwendeten veränderten Geräte zu bemühen.
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin verstößt die Spielverordnung auch nicht gegen Verfassungsrecht.
Übergangsvorschriften waren insoweit auch im Hinblick auf von den Automatenaufstellern getätigte Investitionen nicht erforderlich.
Sofern die Antragstellerin Investitionen für Apparate tätigte, die nicht dem geltenden Recht entsprechen, unterfällt dies ihrem Unternehmerrisiko. Es bleibt ihr - worauf die Antragsgegnerin zutreffend hinweist - unbenommen, andere Geräte einzusetzen, die der Spielverordnung entsprechen.
Eine Übergangsregelung war schon deshalb nicht erforderlich - unabhängig von der Frage, ob der bisherige Einsatz der Geräte zulässig war -, da der Gesetzgeber durch die Neuregelung der Spielverordnung akute Missstände in der Berufswelt, wie hier die Verhinderung von Spielsucht unterbinden wollte (vgl. BVerfG, U. v. 27.10.1998 - 1 BvR 2306/96, 2314/06, 1178/07, 1109/07, 1110/07 -, BVerfGE 98, 265 , 309 f.).
Die Androhung eines Zwangsgeldes erfolgte ebenfalls rechtmäßig und hat ihre Grundlage in §§ 2, 68, 69, 76 HessVwVG. Die Festsetzung der Verwaltungskosten erfolgte ebenfalls rechtmäßig. Auch insoweit bezieht sich die Kammer auf die angefochtene Verfügung.
Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen, da sie unterlegen ist (vgl. § 154 Abs. 1 VwGO ). Die Festsetzung des Streitwertes hat ihre Grundlage in §§ 52, 53 Abs. 3 GKG.