Fun Games und die neue SpielVO
Leitsatz
Spielgeräte, die eine Berechtigung zum Weiterspielen als auch mit der Möglichkeit einer Chancenerhöhung durch eine Risikotaste ausgestattet sind, fallen unter das Fun Games-Verbot des § 6 a SpielVO.
Tenor
(...)
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 8.000,00 EUR festgesetzt.
Sachverhalt
(vgl. Entscheidungsgründe)
Entscheidungsgründe
Der sinngemäß gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 12. Mai 2006 gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 5. Mai 2006 wiederherzustellen, bzw. hinsichtlich der darin enthaltenen Zwangsgeldandrohungen anzuordnen, ist zulässig, aber nicht begründet.
Im Falle der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes nach § 80 Abs. 2 der VwGO kann das Gericht nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherstellen bzw. anordnen, wenn das Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung vorrangig ist. Ein überwiegendes Aussetzungsinteresse ist gegeben, wenn der Rechtsbehelf mit erheblicher Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird, d. h. wenn die angefochtene Verfügung offensichtlich rechtswidrig ist.
Hingegen setzt sich das gegenläufige Vollziehungsinteresse durch, wenn die angefochtene Verfügung als offensichtlich rechtmäßig anzusehen ist und darüber hinaus ein - von der Behörde nach § 80 Abs. 3 VwGO schriftlich darzulegendes - besonderes öffentliches Interesse an ihrer Umsetzung vor Abschluss des Rechtsschutzverfahrens in der Hauptsache besteht.
So liegt der Fall hier.
Nach gegenwärtiger Sach- und Rechtslage bestehen weder durchgreifende Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Ordnungsverfügungen noch daran, diese schon vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu vollziehen.
Die lediglich formelle Begründungspflicht des § 80 Abs. 3 VwGO hat der Antragsgegner erfüllt. Die Begründung ist auf den konkreten Fall bezogen und lässt erkennen, dass sich der Antragsgegner des Ausnahmecharakters der sofortigen Vollziehung bewusst war. In der angefochtenen Verfügung wird ausgeführt, dass die Allgemeinheit wirksam vor den Gefahren der Ausnutzung des Spieltriebs geschützt werden müsse, und dass ein öffentliches Interesse unter Zurückstellung der Interessen der Antragstellerin besteht, die Untersagungsverfügung bereits vor Eintritt der Bestandskraft durchzusetzen.
Nach der im vorliegenden Verfahren allein möglichen summarischen Prüfung erweist sich die angegriffene Ordnungsverfügung, die der Antragstellerin untersagt,
1) sog. Fun-Games (Crown Jewels 5000, Magic Games II, Lion (2 x), Multi Game II und Pokerautomat) und
2) Jackpot-Systeme zu betreiben,
3) bestimmte Abstände zwischen den Geldspielgeräten einzuhalten und
4) Informationsmaterial über Risiken des übermäßigen Spielens sichtbar auszulegen, als rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die Anordnungen zu 1) und 2) ist - wie zutreffend vom Antragsgegner angegeben - § 15 Abs. 2 der GewO oder jedenfalls § 14 des OBG NRW, vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 8. Mai 2006 - 6 B 10359/06 -; Hess. VGH, Beschluss vom 23. März 2005 - 11 TG 175/05 - GewArch 2005, 255; Verwaltungsgericht (VG) Neustadt, Beschluss vom 8. März 2006 - 4 L 180/06.NW -, weil für die als Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeiten zu wertenden Spielgeräte der Antragstellerin die erforderliche Zulassung gemäß § 33 c Abs. 1 Satz 1 GewO nicht vorliegt.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird gemäß § 117 Abs. 5 VwGO von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen, da die Kammer der Begründung des Verwaltungsakts folgt.
Auch das Gericht ist der Ansicht, dass die in der Ordnungsverfügung angeführten Spielgeräte, die nach Auskunft des Antragsgegners sowohl mit der Möglichkeit der Punktesammlung für eine Berechtigung zum Weiterspielen als auch mit der Möglichkeit einer Chancenerhöhung durch eine Risikotaste ausgestattet sind, unter den Tatbestand des § 6 a Satz 1 Buchstabe a SpielVO fallen und damit unzulässig sind. Dabei beschränkt sich das Verbot in § 6 a Satz 1 Buchstabe a SpielVO nicht auf die Möglichkeit, die Punkte zu späterem Weiterspielen an diesen oder anderen Geräten oder zur Auszahlung von Gewinnen zu spielen, vgl. LG Oldenburg, Urteil v. 5. Juli 2006 - 12 O 1148/06 -; LG Osnabrück, Urteil vom 10. März 2006 - 15 O 180/06 -.
Nach dem Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift des § 6 a Satz 1 Buchstabe a SpielVO, die sich im Rahmen der Ermächtigungsnorm des § 33 f GewO mit dem Ziel der Eindämmung der Betätigung des Spieltriebs verhält, ist dies eindeutig; denn die Gelegenheit, unbegrenzt weiterspielen zu können und die Chance das Punktekonto durch Betätigen einer Risikotaste zu erhöhen, wodurch das Weiterspielen zusätzlich ermöglicht wird, sind geeignet, den Spieltrieb eines Spielers für überlange Zeiten zu wecken.
Die Entscheidung des VG Augsburg, Beschluss vom 31. Januar 2005 - Az 4 S 05.38 - GewArch 2005, 208 mit der Unterscheidung von Gewinnspiel und SpielVOergnügen steht dem nicht entgegen, da diese vor der Änderung der SpielVOerordnung zum 1. Januar 2006 ergangen ist und daher den Tatbestand des § 6 a Satz 1 Buchstabe a SpielVO nicht berücksichtigen konnte.
Die Anordnungen in der streitigen Ordnungsverfügung zu Nr. 3 und 4, denen die Antragstellerin nicht entgegengetreten ist, finden ihre Rechtsgrundlagen in §§ 3 Abs. 2 und 6 Abs. 4 SpielVO .
Unter Berücksichtigung der nach alledem rechtmäßigen Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 5. Mai 2006 fällt die danach vorzunehmende Interessenabwägung zu Ungunsten der Antragstellerin aus, weil die ungenehmigte Aufstellung der Spielgeräte und die Nichteinhaltung der Abstände zwischen Geldspielgeräten wegen der damit verbundenen Gefahren der Spielsucht ein sofortiges Einschreiten rechtfertigen. Eine formell illegale gewerbliche Tätigkeit verdient in aller Regel keinen Vollstreckungsschutz.
Ist demnach die sofortige Vollziehung der Grundverfügung berechtigt, besteht kein Anlass, hinsichtlich der rechtmäßig erlassenen Zwangsgeldandrohungen vom Regelvorrang des Vollzugsinteresses nach § 8 Satz 1 AG VwGO NRW abzuweichen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 2 , 52 Abs. 1 des GKG.