Fun Games, Jackpots und die neue SpielVO

Verwaltungsgericht Duesseldorf

Beschluss v. 09.05.2006 - Az.: 3 L 657/06

Leitsatz

Der Betrieb ein Jackpot-Systems verstößt gegen das Vergünstigungsverbot des § 9 Abs. 2 SpielVO.

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

 

Sachverhalt

(vgl. Entscheidungsgründe)

Entscheidungsgründe

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 3. April 2006 wiederherzustellen beziehungsweise gegen die Zwangsgeldandrohung anzuordnen, hat keinen Erfolg.

Nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs, wenn die Behörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse angeordnet hat. Gemäß § 8 Satz 1 AG VwGO haben Rechtsbehelfe, die sich gegen Maßnahmen der Vollzugsbehörden in der Verwaltungsvollstreckung richten, keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO und § 8 Satz 2 AG VwGO auf Antrag eines Betroffenen die aufschiebende Wirkung wiederherstellen beziehungsweise anordnen. Ein solcher Antrag hat Erfolg, wenn die angegriffene Maßnahme offensichtlich rechtswidrig ist und demnach ein öffentliches Vollziehungsinteresse nicht bestehen kann oder wenn das private Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs das öffentliche Vollziehungsinteresse aus sonstigen Gründen überwiegt. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Ordnungsverfügung vom 3. April 2006 ist nicht offensichtlich rechtswidrig; es spricht vieles für ihre Rechtmäßigkeit.

Zur Begründung wird zunächst auf die angefochtene Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin Bezug genommen (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO ). Diese hat die maßgeblichen Vorschriften der Spielverordnung (SpielVO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Januar 2006 (BGBl. 2006 I S. 280) beachtet und in zutreffender Weise nach den § § 14 Abs. 1 OBG und 15 Abs. 2 GewO die einzelnen Anordnungen getroffen.

Die Untersagung der Aufstellung und des Betriebes verschiedener in der Ordnungsverfügung konkret bezeichneter Unterhaltungsspielgeräte (Fun-Games) ist ebenso rechtmäßig wie die Untersagung der Aufstellung, Einrichtung und des Betriebes von sogenannten Jackpot-Systemen und sonstigen Verlosungen und Gewinnsystemen (vgl. Nr. 1 und Nr. 2 der Ordnungsverfügung).

Die genannten Spielgeräte (Fun-Games) verstoßen gegen § 6a SpielVO. Gemäß § 6a SpielVO ist die Aufstellung der Betrieb von Spielgeräten, die keine Bauartzulassung oder Erlaubnis nach den §§ 4 , 5 , 13 oder 14 SpielV erhalten haben oder die keine Erlaubnis nach § 5a SpielV bedürfen, verboten, wenn diese als Gewinn Berechtigungen zum Weiterspielen sowie sonstige Gewinnberechtigungen oder Chancenerhöhungen anbieten (Buchstabe a)) oder wenn auf der Grundlage ihrer Spielergebnisse Gewinne ausgegeben, ausgezahlt, auf Konten, Geldkarten oder ähnliche zur Geldauszahlung benutzbare Speichermedien aufgebucht werden (Buchstabe b)).

Unerheblich ist es, dass die Vorrichtungen des Token-Auswurfs bei den als Fun-Games betriebenen Geräten unterbrochen sind, da sie jederzeit ohne Aufwand wieder aktiviert werden können. Unstreitig sind die Geräte allesamt mit der o.g. Vorrichtung ausgestattet. Es ist nicht nachvollziehbar, dass entsprechende Geräte vom Antragsteller aufgestellt, aber eingeschränkter als werksmäßig vorgesehen betrieben werden. Insbesondere sind die Vorrichtungen zum Token-Auswurf nicht dauerhaft verschlossen.

Das Jackpot-System des Antragstellers ist nicht mit § 9 Abs. 2 SpielV vereinbar. Danach darf der Aufsteller eines Spielgerätes oder der Veranstalter eines anderen Spieles dem Spieler neben der Ausgabe von Gewinnen über gemäß den §§ 33c und 33d der Gewerbeordnung zugelassenen Spielgeräte oder anderen Spiele keine sonstigen Gewinnchancen in Aussicht stellen und keine Zahlungen oder sonstige finanziellen Vergünstigungen gewähren.

Vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 23. März 2005 - 11 TG 175/05 (zu Token-Spielgeräten); Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 4. März 2005 - 1 Bf 215/04 (zu Fun-Games und Bonus-Dollar- Vergünstigungen).

Dabei kommt es nicht zwingend darauf an, dass das Jackpot-System mit dem einzelnen Spielgerät verbunden ist.

Die Anordnung hinsichtlich der näher bestimmten Aufstellung der zulässigen Geldspielgeräte (Nr. 3 der Ordnungsverfügung) beruht auf § 3 Abs. 2 SpielVO. Gemäß § 3 Abs. 2 SpielVO darf in Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen je 12 qm Grundfläche höchstens ein Geld- oder Warenspielgerät aufgestellt werden; die Gesamtzahl darf jedoch zwölf Geräte nicht übersteigen. Der Aufsteller hat die Geräte einzeln oder in einer Gruppe von jeweils höchstens zwei Geräten in einem Abstand von mindestens 1 Meter aufzustellen, getrennt durch eine Sichtblende in einer Tiefe von mindestens 0,80 Meter, gemessen von der Gerätefront in Höhe mindestens der Geräteoberkante.

Die Aufforderung, an den Geldspielgeräten das Originalzulassungszeichen der physikalisch-technischen Bundesanstalt gut sichtbar anzubringen, ergibt sich aus § 6 Abs. 1 Satz 1 SpielVO (Nr. 4 der Ordnungsverfügung). Danach darf der Aufsteller nur Geld- oder Warenspielgeräte aufstellen, an denen das Zulassungszeichen der physikalisch-technischen Bundesanstalt deutlich sichtbar angebracht ist.

Die Untersagung der Gewährung von finanziellen Vergünstigungen (Nr. 5 der Ordnungsverfügung) findet ihre Rechtsgrundlagen in § 9 Abs. 1 Satz 1 SpielVO. Nach dieser Vorschrift darf der Aufsteller eines Spielgerätes oder der Veranstalter eines anderen Spieles dem Spieler für weitere Spiele hinsichtlich der Höhe der Einsätze keine Vergünstigungen, insbesondere keine unentgeltlichen Spiele, Nachlässe des Einsatzes oder auf den Einsatz oder darüber hinausgehende sonstige finanzielle Vergünstigungen gewähren.

Die Aufforderung, in der Spielhalle Informationsmaterial über Risiken des übermäßigen Spielens sichtbar anzulegen (Nr. 6 der Ordnungsverfügung), beruht auf § 6 Abs. 4 Satz 2 SpielVO. Danach hat der Aufsteller von Geldspielgeräten in einer Spielhalle Informationsmaterial über Risiken des übermäßigen Spielens sichtbar auszulegen.

Die Androhung von Zwangsgeldern (Nr. 8 der Ordnungsverfügung) beruht auf den §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60 und 63 VwVG. Rechtliche Bedenken hiergegen sind ebenfalls nicht ersichtlich.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung (Nr. 9 der Ordnungsverfügung) ergibt sich aus § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO.

Auch im Übrigen überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Verfügung gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung. Ein Interesse, wirtschaftliche Ziele oder verbotene Tätigkeiten zu verfolgen, ist rechtliche nicht schutzwürdig. Demgegenüber sind Besucher der Spielhalle und Spieler vor unkontrolliertem Spielen (Spielsucht beziehungsweise pathologisches Spielverhalten) und vor einem unkontrollierten übermäßigen fortdauernden Weiterspielen vor dem Hintergrund von erwarteten Geldgewinnen oder versprochenen Vergünstigungen zu schützen (vgl. auch § 6 Abs. 4 SpielVO). Die vom Antragsteller vorgebrachten Argumente vermögen angesichts des Wortlauts und der gesetzgeberischen Intention der SpielV nicht zu überzeugen.

Angesichts der Vollziehbarkeit der Grundverfügung besteht kein Anlass, vom Regelvorrang des Vollziehungsinteresse nach § 8 Satz 1 AG VwGO abzuweichen.

Die Antragsgegnerin hat schließlich die sofortige Vollziehung der Ordnungsverfügung auch im Sinne von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ausreichend begründet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO .

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 3 Nr. 2 , 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004, Ziffern II Nr. 1.5 und 54.2.1 (NVwZ 2004, 1327).