Fun Games, Jackpot-Verbot und die neue SpielVO
Leitsatz
1. Unterhaltungsspielgeräte, bei denen der Spieler mittels Spielpunkten Berechtigung zum Weiterspielen erlangen kann, verstoßen gegen § 6a SpielVO.
2. Das Vergünstigungsverbot des § 9 Abs.2 SpielVO ist umfassend zu verstehen. Es erfasst jede Art von Jackpots, auch ungekoppelte.
Tenor
1. Der Antrag wird auf Kosten des Antragstellers abgelehnt.2. Der Streitwert wird auf 20.000,- EUR festgesetzt.
Sachverhalt
(vgl. Entscheidungsgründe)
Entscheidungsgründe
Der sinngemäß gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen Nr. 1 bis 3. der Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 26. Oktober 2006 wiederherzustellen und hinsichtlich der Zwangsgeldandrohungen anzuordnen, ist gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - zulässig, aber unbegründet.
Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Ordnungsverfügung, mit der dem Antragsteller, soweit von ihm angegriffen, aufgegeben worden ist, sog. Fun Games, die gegen § 6a SpielVO verstoßen, nicht mehr aufzustellen und den Betrieb von 7 näher bezeichneten Fun Games einzustellen und die Geräte zu entfernen sowie untersagt worden ist, Jackpotanlagen und sonstige Verlosungs- und Gewinnsysteme, die nach § 9 SpielVO unzulässig sind, aufzustellen, einzurichten und zu betreiben und schließlich aufgegeben worden ist, den vorhandenen Geldwechsler bzw. Tokenmanager entweder zu entfernen oder so herzurichten, dass eine Einsatzrückgewähr (Wechseln von Weiterspielmarken in Geld) dauerhaft nicht möglich ist, überwiegt gegenüber dem privaten Interesse an einem Vollziehungsaufschub, weil die Ordnungsverfügung nach summarischer Prüfung sehr wahrscheinlich rechtmäßig ist. Zur Begründung verweist die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in der angegriffenen Verfügung (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO), denen sie folgt.
Ergänzend wird ausgeführt, dass das unter Nr. 2. ausgesprochene Verbot von Jackpotanlagen und sonstiger Verlosungs- und Gewinnsysteme zu Recht erfolgt ist, weil solche Einrichtungen gegen § 9 Abs. 2 SpielVO verstoßen. Hiernach darf der Aufsteller eines Spielgerätes oder der Veranstalter eines anderen Spieles dem Spieler neben der Ausgabe von Gewinnen über gemäß den §§ 33 c und 33 d GewO zugelassene Spielgeräte oder andere Spiele keine sonstigen Gewinnchancen in Aussicht stellen und keine Zahlungen oder sonstige finanzielle Vergünstigungen gewähren.
Dieses Verbot gilt umfassend.
Insbesondere spielt es keine Rolle, ob die Jackpotsysteme kostenlos oder kostenpflichtig sind. Es ist auch unbeachtlich, ob die Jackpotanlagen mit Spielgeräten vernetzt sind oder nicht; auch entkoppelte Jackpotsysteme sind nach § 9 Abs. 2 SpielVO nicht erlaubt, vgl. VG Lüneburg, Beschluss vom 18. Juli 2006 - 5 B 21/06 -; VG Osnabrück, Beschluss vom 25. April 2006 - 1 B/2106 -, GewArch 2006, S. 389; VG Würzburg, Beschluss vom 7. März 2006 - W 5 S 06.162 -; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 20. Oktober 2006 - 7 L 591/06 -.
Mit der Einfügung des § 9 Abs. 2 SpielVO wollte der Verordnungsgeber nämlich erklärtermaßen sämtliche Zahlungen und Vergünstigungen verbieten, die neben der Ausgabe von Gewinnen über zugelassene Spielgeräte oder andere Spiele gewährt werden, und dabei vor allem Jackpotsysteme unabhängig von ihrer jeweiligen formalrechtlichen Ausgestaltung verhindern, vgl. Bundesratsdrucksachen 655/1/05, Seite 5 f. und 655/2/05, Seite 3.
In Anwendung dieser Grundsätze sind die vorgefundenen Jackpotsysteme unzulässig, weil sie sonstige Gewinnchancen anbieten und als Gewinn Barauszahlungen ausschütten. Dies hat der Antragsteller nicht in Abrede gestellt.
Im Hinblick auf Nr. 1. der Ordnungsverfügung geht die Kammer nach der gebotenen summarischen Prüfung davon aus, dass die genannten sieben Spielgeräte (ohne den Jackpot Magic Chance) gegen § 6a Satz 1 lit. a) SpielVO verstoßen, weil sie allesamt Gewinnberechtigungen zum Weiterspielen, teilweise auch Chancenerhöhungen anbieten. Beides ist nach dem ausdrücklichen Verordnungstext unzulässig.
Der Gewinn von Spielpunkten ist als unzulässige Berechtigung zum Weiterspielen i.S.v. § 6 a S. 1 lit. a SpielVO anzusehen. Denn das Verbot beschränkt sich nicht auf die Möglichkeit, die Punkte zu späterem Weiterspiel an diesem oder anderen Geräten auf Speichern zu hinterlegen oder zur Auszahlung von Geld zu verwenden, vgl. auch VG Aachen, Beschluss vom 20. Juli 2006 - 3 L 295/06 -; LG Osnabrück, Urteil vom 10. März 2006 - 15 O 180/06 -; LG Oldenburg, Urteil vom 5. Juli 2006 - 12 O 1148/06 -.
Letzteres ist im Wesentlichen durch § 6 a S. 1 lit. b SpielVO geregelt, während lit. a gerade weiter geht und nach dem eindeutigen Wortlaut - vorbehaltlich § 6 a S. 3 SpielVO - jegliche Berechtigung zum Weiterspielen ausschließt. Diese Würdigung entspricht auch Sinn und Zweck der Vorschrift, denn die Gelegenheit unbegrenzt weiter spielen zu können sowie die Chance, das Punktekonto durch Betätigen der Risikotaste zu erhöhen (und wiederum zusätzlich weiterspielen zu können), sind geeignet, den Spieltrieb eines Spielers für überlange Zeit zu wecken. Der Verordnungsgeber hat auch die Gefahr gesehen, dass Fun-Game-Spielsequenzen sehr lange ausgedehnt werden und der Spieler „Rückholchancen" nicht als Einsatzrückgewähr sondern als Gewinn empfindet, vgl. Bundesratsdrucksache 655/05 vom 30. August 2005, S. 18.
Dementsprechend sieht auch die Verwaltungsvorschrift zum Vollzug der §§ 33 c, 33 d, 33 i und 60 a Abs. 2 und 3 der Gewerbeordnung sowie der Spielverordnung (SpielVVwV) unter Nr. 6 vor, dass der Betrieb solcher Geräte, die aufgrund spielinterner Aufaddierung von Punkten die Möglichkeit weiterer Spiele eröffnen, verboten ist. Die SpielVOVwV konstatiert, dass typisch für Fun- Game-Geräte die Möglichkeit ist, durch einen vorgegebenen Gewinnplan Punkte (oder anders bezeichnete Anrechte) zu gewinnen, um mit diesen das entgeltliche Spiel zu verlängern. Schließlich kann der Antragsteller sich nicht darauf berufen, dass die von ihm betriebenen Fun Games dem Unterhaltungsspielgerät Flipper gleichgestellt sein müssten. Der Flipper als reines Unterhaltungsspielgerät, welches in erheblichem Maße durch Geschicklichkeit gesteuert werden kann, ermöglicht von vornherein keine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, BVerwG, Urteil vom 23. November 2005 - 6 C 8/05 -.
Etwas anderes gilt für die Fun Games als elektronisch gesteuerte Spielgeräte mit kurzer Spieldauer ohne nennenswerte Steuerungsmöglichkeit. Letztlich sind sie sogar gefährlicher als herkömmliche Geldspielgeräte, da sie ohne die Beschränkungen von § 13 SpielVO betrieben werden können und erheblich höhere Verluste ermöglichen.
In Anwendung dieser Grundsätze sind die sieben Spielgeräte nicht mit § 6a Satz 1 lit. a SpielVO vereinbar und fallen auch nicht unter die Ausnahmeregelung des § 6a Satz 3 SpielVO. Denn die Geräte funktionieren allesamt dergestalt, dass der Spieler für seinen Geldeinsatz ein Punktekonto erhält und dieses durch wiederholtes Spielen aufstocken oder aufzehren kann. Dies schließt es aus, dass es sich um die nach § 6 a Satz 3 SpielVO ausnahmsweise zulässige Gewährung von sechs Freispielen handelt, die dann ihrerseits keine weiteren Freispiele gewähren dürfen. Auf die Frage, ob der Auswurf von Weiterspielmarken (nunmehr) durch technische Umrüstung ausgeschlossen ist und Punkteguthaben nicht (mehr) auf externe Medien gespeichert werden können und auch nicht auf sonstige Weise eine Einsatzrückgewähr erfolgt, kommt es nicht an. Aufgrund der Aussage eines Zeugen bestehen allerdings Zweifel daran, dass in der Spielhalle des Antragstellers nicht doch Punkteguthaben ausgezahlt werden. Die Kammer geht auch davon aus, dass Fun Games, die den Anforderungen von § 6 a SpielVO genügen, sich wirtschaftlich kaum betreiben lassen.
Bei dem in Nr. 3 der Ordnungsverfügung angesprochenen „Geldwechsler" dürfte es sich um das Bl. 28 der Verwaltungsvorgänge abgelichtete Gerät handeln, wie es bei der Kontrolle der Spielhalle am 5. September 2006 vorgefunden worden ist. Danach können mit diesem Gerät Weiterspielmarken gekauft und wieder eingelöst werden und es kann Geld gewechselt werden. Bezahlt werden kann mit Münzen und Geldscheinen, außerdem ist ein Schlitz für eine Geldkarte oder/und einen Speicherchip vorhanden. Das spricht dafür, dass damit nicht nur abgebucht sondern auch wieder aufgebucht werden kann. Dies legt den Verdacht nahe, dass dieses Gerät zumindest dazu dient, Einsätze zurückzugewähren, und sogar die Möglichkeit eröffnet, Gewinne auszuzahlen. Hiervon ausgehend ist die Aufforderung, diesen „Geldwechsler" zu entfernen oder so herzurichten, dass eine Einsatzrückgewähr dauerhaft nicht möglich ist, rechtlich nicht zu beanstanden. Dass dafür das Verkleben des Schlitzes mit Pappe und Tesafilm nicht ausreicht, liegt auf der Hand.
Möglicherweise verstößt der „Geldwechsler" auch gegen § 9 Abs. 2 SpielVO. Bei der Kontrolle der Spielhalle am 5. September 2006 wurde festgestellt, dass die beanstandeten Fun Games mit Geld und mit Token bespielt werden können. Bei der Kontrolle am 26. Oktober 2006 erklärte die Aufsicht, mit den am „Geldwechsler" gekauften Token könnten nur die Fun Games und der Trendy - dieses Gerät ist offenbar bislang vom Antragsgegner noch nicht beanstandet worden - bespielt werden und für eine Toke im Wert von 2,50 EUR erhalte man mehr Punkte bzw. Spiele als für den gleichen Geldbetrag. Wenn letzteres zutrifft, handelt es sich bei der Ausgabe von Token wahrscheinlich um eine gemäß § 9 Abs. 2 SpielVO verbotene Rabattgewährung, weil die Möglichkeit, unter bestimmten Umständen billiger spielen zu können, eine finanzielle Vergünstigung im Sinne dieser Vorschrift darstellt, die nicht gewährt werden darf. Dies kann letztlich jedoch auf sich beruhen, weil die angefochtene Verfügung darauf nicht gestützt ist.
Die Zwangsgeldandrohungen begegnen ebenfalls keinen Bedenken. Sie entsprechen den anzuwendenden und in der Verfügung angegebenen Rechtsvorschriften.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes. Die Kammer setzt für jedes der beanstandeten sieben Spielgeräte wie auch für die Jackpotanlage einschließlich Geldwechsler im Hauptsacheverfahren 5.000,00 EUR an, weil anzunehmen ist, dass sich die Aufstellung dieser Geräte bei einem geringeren Jahresgewinn kaum lohnt. Für das vorliegende Eilverfahren ermäßigt sich die Gesamtsumme von 40.000,- EUR wegen des nur vorläufigen Charakters der Entscheidung um die Hälfte.