Derzeitige Ausgestaltung der Sportwetten in Baden-Württemberg europarechtswidrig
Leitsatz
1. Der rechtliche Rahmen für Sportwetten in Baden-Württemberg ist mit Verfassungs- und Europarecht vereinbar.
2. Die derzeitige Ausgestaltung des Vertriebs der Sportwetten über Annahmestellen führt dazu, dass das Glücksspiel als Gut des täglichen Lebens erscheint. Dies trägt dem Ziel der Bekämpfung der Spielsucht nicht ausreichend Rechnung, so dass ein Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit vorliegt.
Sachverhalt
Die Klägerin betreibt ein Wettbüro in Baden-Württemberg, in dem sie Sportwetten an einen in Malta konzessionierten Veranstalter vermittelt. Das Regierungspräsidium Karlsruhe untersagte ihr diese Tätigkeit. Dagegen erhob sie Klage. Sie ist der Ansicht, das staatliche Wettmonopol verstoße gegen Europarecht.
Entscheidungsgründe
Das Gericht gab der Klage statt. Eine Untersagungsverfügung habe die Klägerin nicht ausgesprochen werden dürfen.
Zwar sei die nun geltende Rechtslage in Baden-Württemberg und das darin vorgesehene staatliche Monopol weder verfassungs- noch europarechtswidrig. Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus dem Sportwetten-Urteil seien erfüllt worden. Das Ziel der Spielsuchtbekämpfung werde mit den Regelungen im Glücksspielstaatsvertrag und im Baden-Württembergischen Ausführungsgesetz systematisch verfolgt.
Jedoch stelle die derzeitige tatsächliche Ausgestaltung des staatlichen Angebots an Sportwetten einen Verstoß gegen die europarechtliche Dienstleistungsfreiheit dar. Die vom Land Baden-Württemberg hierzu konzessionierte GmbH vertreibe Sportwetten insbesondere über Lotto- und Toto-Annahmestellen. Dort werde die Teilnahme an Sportwetten neben Bedarfsartikeln des täglichen Lebens, z.B. Zeitschriften, angeboten. So entstehe der Eindruck, die Teilnahme an dem Glücksspiel sei unbedenklich. Dies werde noch dadurch unterstützt, dass das Land immer wieder den gemeinnützigen Charakter des Glücksspiels unterstreiche. So werde häufig darauf hingewiesen, dass die Einnahmen aus den Sportwetten der Allgemeinheit zukämen.
Auch die hohe Dichte an Annahmestellen sowie die Möglichkeit, unbegrenzt oft teilzunehmen, führen aus Sicht des Gerichts dazu, dass die Suchtrisiken tatsächlich nicht eingegrenzt werden. Das Vertriebssystem führe daher zu einer Unvereinbarkeit mit Europarecht. Aus diesem Grund könne aus der derzeitigen Rechtslage keine Untersagung begründet werden. Damit war die gegen die Klägerin gerichtete Verfügung aufzugeben, obwohl diese nicht über eine Erlaubnis in Deutschland verfügte.