Fun Games und die neue SpielVO

Oberverwaltungsgericht Lueneburg

Beschluss v. 10.01.2008 - Az.: 7 ME 179/06

Leitsatz

Unterhaltungsspielgeräte, bei denen der Spieler mittels Spielpunkten eine Berechtigung zum Weiterspielen erlangen kann, verstoßen gegen § 6a SpielVO.

Sachverhalt

s. Entscheidungsgründe

Entscheidungsgründe

1.

Der Antragsteller wendet sich gegen die Bewertung des Verwaltungsgerichts, auch der Gewinn von Punkten, die ein (direktes) Weiterspielen ermöglichen, unterfalle § 6 a Satz 1 lit. a) SpielV und sei deshalb verboten.

Der Antragsteller verfolgt mit der Beschwerde seine Rechtsansicht weiter, dass Berechtigungen zum Weiterspielen i.S. dieser Vorschrift nur solche Berechtigungen seien, die ein späteres Weiterspielen an diesem oder einem anderen Gerät ermöglichen, nicht aber solche, die eine Verlängerung des begonnenen Spiels ermöglichten.

In der Begründung zur Neufassung der Spielverordnung (vgl. BR-Drs 655/05 v. 30.08.2005) ist u.a. ausgeführt, dass außerhalb der Grenzen der §§ 13 und 14 SpielV (bauartzugelassene Geld- und Warenspielgeräte) der gewerbliche Betrieb nur an solchen Spielgeräten zulässig sein solle, die keine finanziellen oder materiellen Gewinne außerhalb von Freispielmöglichkeiten im engen Rahmen ermöglichten. § 6 a SpielV stelle damit eine Komplementärregelung zu diesen Bestimmungen dar.

Das Verbot dieser Vorschrift sei umfassend angelegt. Dies widerspricht der Ansicht des Antragstellers, die SpielV enthalte eine Regelungslücke. Der Umstand, dass weder in der Spielverordnung selbst noch in der Verordnungsbegründung Punktgewinne ausdrücklich erwähnt werden, spricht nicht für die Zulässigkeit solcher spielzeitverlängernden Berechtigungen.

Der Verordnungsgeber hatte keine Veranlassung, die Ausweisung von Punktgewinnen als solche zu verbieten. Maßgeblich ist unter dem Gesichtspunkt der Eindämmung eines übermäßigen Spieltriebs allein, ob und gegebenenfalls wie sich diese Gewinne auf den weiteren Spielablauf auswirken.

Insoweit lässt die Spielverordnung keinen Zweifel daran, dass Berechtigungen zum Weiterspielen ausnahmslos, also auch dann, wenn sie auf Punktgewinnen beruhen und der Verlängerung des begonnenen Spiels dienen, unzulässig sind. Zulässig ist unter den näher bezeichneten Voraussetzungen des § 6 a S. 3 SpielV allein der Gewinn von maximal sechs Freispielen (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 26.02.2007 - 4 B 1552/06 -, NVwZ-RR 2007, 390).

In Übereinstimmung mit dem gesetzlichen Ermächtigungsrahmen sind die Regelungen des § 6 a SpielV im Einzelnen daran orientiert, welche Spielabläufe vom Spieler als "Gewinn empfunden" werden, einen "ausgesprochen starken Spielanreiz" und/oder eine "besonders gefährliche Bindung an ein bestimmtes Gerät" bewirken und/oder ob der Spieleinsatz noch in einem so angemessenen Verhältnis zur Anzahl möglicher Freispiele steht, dass dies über ein bloßes Unterhaltungsspielgerät nicht hinausgeht.

Diese Vorschrift setzt nicht voraus, dass Weiterspielberechtigungen in Token oder aufladbaren Speicherchips etc. verkörpert oder/und dass erspielte und auf einer Anzeige festgehaltene Punkte über eine technische Einrichtung des Spielgerätes selbst in Gewinne umgewandelt und ausgegeben werden (vgl. HessVGH, Beschl. v. 16.01.2007 - 8 TG 1753/06 -, NJOZ 2007, 1735 (1741) = GewArch 2007, 290).

Es reicht vielmehr für ein Verbot gem. § 6 a S. 1 lit. a SpielV aus, dass die angezeigten Spielpunkte nicht unmittelbar in maximal sechs Freispiele umgesetzt, sondern "aufaddiert" und zum Weiterspielen genutzt werden können, so dass mit der dadurch potenziell unbegrenzten Weiterspielberechtigung die die Dauer des Spielens begrenzende Vorschrift des § 6 a Satz 3 SpielV umgangen wird.

Die Gelegenheit, unbegrenzt weiterspielen zu können, ist geeignet, den Spieltrieb eines Spielers für überlange Zeit zu wecken (so auch HessVGH, a.a.O., S. 1742; ebenso VGH B-W, Beschl. v. 11.10.2007 - 6 S 773/07 -, juris).

Aus den Aussagen des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 23.11.2005, - 6 C 8.05 -, DVBl. 2006, 519) zu "weiteren Spielen" kann schon deshalb nicht auf eine einschränkende Auslegung des § 6 a SpielV geschlossen werden, weil diese Entscheidung zur alten Rechtslage ergangen ist und der Verordnungsgeber bewusst über diese Rechtsprechung hinausgegangen ist.

Aus diesen Gründen bedarf es auch nicht der Erörterung weiterer, vom Antragsteller angeführter Rechtsprechung und Literatur, soweit sie aus der Zeit vor dem 01. Januar 2006 stammt. Aus dem vom Antragsteller angeführten Beschluss des OVG NRW v. 03.04.2007 (- 4 B 2757/06 -, NVwZ-RR 2007, 522 = GewArch 2007, 386) kann er bereits deshalb nichts herleiten, weil es bei den dort behandelten Geräten nicht um Punkte ging, die zum Weiterspielen berechtigen, sondern allein um mit dem Spiel zu erzielende "Highscore"-Punkte.

2.

Soweit die Beschwerdebegründung den erstinstanzlichen Vortrag zum von der Antragsgegnerin beanstandeten Fehlen einer PTB-Zulassung wiederholt, mangelt es entgegen § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO an einer Auseinandersetzung mit dem verwaltungsgerichtlichen Beschluss, der Fragen einer möglichen "formellen Illegalität" nicht behandelt, weil er ausschließlich mit Ausführungen zu materiellen Fragen - im Ergebnis zutreffend - begründet ist.

3.

Auch hinsichtlich des untersagten Betriebs des sog. TV-Glücksrades ist die Beschwerde unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Möglichkeit der Teilnahme an einer Verlosung, die jedem Inhaber einer Kundenkarte einmal am Tag offen steht, zutreffend als Inaussichtstellen einer sonstigen Gewinnchance i.S.d. § 9 Abs. 2 SpielV angesehen.

Auch diese Vorschrift dient dazu, den Spieltrieb einzudämmen. Nicht zuletzt die Verknüpfung mit einer Kundenkarte und der täglich einmal gebotenen Chance dient der Kundengewinnung und -bindung. Der Spieler soll unter Inaussichtstellen einer kostenlosen Gewinnchance möglichst häufig in die Spielhalle gelockt werden.

Der Betreiber tut dies nicht zu karitativen Zwecken, sondern in der Erwartung, der Besucher werde sich, wenn er schon mal da ist, auch den dort aufgestellten Spielgeräten zuwenden. Dass dies nicht der Eindämmung, sondern der Förderung des Spieltriebs dient, dürfte nicht zu bestreiten sein.

Mit dieser Zielsetzung unterscheidet sich das Angebot eines TV-Glücksrades in einer Spielhalle von ähnlichen Verlosungen, wie sie andere Kaufleute gelegentlich - weder täglich noch beschränkt auf Inhaber einer Kundenkarte - bieten (wie hier auch OVG NRW, Beschl. v. 18.12.2006 - 4 B 1019/06 -, GewArch 2007, 288).

Der vom Antragsteller angeführte Beschluss des Verwaltungsgerichts München (v. 09.05.2006 - M 16 S 06.1579 -, juris (LS)) überzeugt schon deshalb nicht, weil § 9 Abs. 2 SpielV nicht zuletzt nach der mit dieser Vorschrift verfolgten Zielsetzung keinen Anhaltspunkt für eine Differenzierung unter den Gesichtspunkten vor, nach oder statt eines Spiels an einem Spielgerät bietet.

Soweit sich das Verwaltungsgericht München bei der (vom Antragsteller mitgeteilten) Auslegung auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (v. 23.11.2005, - 6 C 8.05 -, a.a.O) stützt, bezieht sich dieses auf eine andere Rechtslage (vgl. oben unter 1. am Ende).