Vermittlung von Sportwetten

Verwaltungsgericht Stuttgart

Beschluss v. 07.01.2008 - Az.: 4 K 6081/07

Leitsatz

1. Es bestehen erhebliche rechtliche Bedenken, ob das deutsche Glücksspiel-Monopol mit dem EU-Recht vereinbar ist.

2. Der Klage eines Vermittlers von privaten Sportwetten, der eine sofort vollziehbare behördliche Untersagungsverfügung erhalten hat, ist daher im einstweiligen Rechtsschutzverfahren aufschiebende Wirkung zu gewähren.

Tenor

In der Verwaltungsrechtssache (…) gegen (…) wegen Vermittlung von Sportwetten, hier: Antrag gem. § 80 Abs. 5 VwGO, hat die 4. Kammer des Verwaltungsgericht Stuttgart durch (…) am 07. Januar 2008 beschlossen:

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 28.11.2007 wird wiederhergestellt bzw. angeordnet.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 7.500,- € festgesetzt.

Sachverhalt

s. Entscheidungsgründe

Entscheidungsgründe

Der gegen die sofortige Vollziehung der Untersagungsverfügung des Antragsgegners vom 28.11.2007 gerichtete Antrag ist nach § 80 Abs. 5, Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO bzw. nach § 80 Abs. 5, Abs. 2 S. 2 VwGO i.V.m. § 12 LVwVG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg.

Im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht eine Interessenabwägung vorzunehmen zwischen dem privaten Interesse der Antragstellerin, vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens der angegriffenen Verfügung keine Folge leisten zu müssen, und dem öffentlichen Interesse, diese sogleich vollziehen zu können.

Dabei kommt jedenfalls im Falle einer - hier formell ordnungsgemäß begründeten - behördlichen Anordnung der Vollziehung nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO den voraussichtlichen Erfolgsaussichten eine wesentliche, aber nicht allein ausschlaggebende Bedeutung zu.

Die Kammer hat durch Beschlüsse vom 24.07.2007 (4 K 4435/06 u.a.) mehrere Klageverfahren, die vergleichbare Untersagungsverfügungen betreffen, ausgesetzt und den Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung verschiedener im vorliegenden Kontext relevanter gemeinschaftsrechtlicher Fragen ersucht, weil sie durchgreifende Bedenken gegen die Vereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit dem Gemeinschaftsrecht hat.

Mit Rücksicht hierauf hat sie das hier zugrunde liegende Hauptsacheverfahren (4 K 6058/07) durch Beschluss vom 02.01.2008 in entsprechender Anwendung des § 94 VwGO bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ausgesetzt.

Auch wenn der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bislang die von der Kammer formulierten Bedenken nicht geteilt hat (vgl. u.a. B.v. 26.07.2007 - 6 S 2020/06), ist es im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung der Antragstellerin nicht zuzumuten, angesichts durchgreifender gemeinschaftsrechtlicher Bedenken gegen die gegenwärtige nationale Rechtslage und Verwaltungspraxis vor einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs die angegriffene Verfügung zu befolgen, und zwar ungeachtet der von der Kammer hier ausdrücklich offen gelassenen Frage, ob nicht in der bislang fehlenden gesetzlichen Regelung ein zusätzlicher Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht liegen könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.